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Archiv "Arzt und Patient in der Leistungsgesellschaft" (20.03.1975)

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Den Wissensstand stetig aktualisieren

Das Kongreßthema "Krankheit und Therapie im Längsschnitt" sei von besonderer Beutung für den prakti- schen Arzt, insbesondere den Haus- arzt, erklärte Prof. Dr. med. Albert Schretzenmayr, Vorsitzender des Deutschen Senats für ärztliche Fortbildung. Es gelte, den Wissens- stand der Ärzte durch ständige Fortbildung zu aktualisieren und zu verbessern. Das Angebot an Fort- bildungsmöglichkeiten sei in kei- nem anderen Land so vielfältig wie gerade bei uns. Auch lasse der Fortbildungseifer kaum zu wün- schen übrig, nur nähmen die Jour- nalisten davon leider recht wenig Notiz.

~ Schretzenmayr befürwortete ei- ne Umstrukturierung und Verbesse- rung der ärztlichen Fortbildung;

eine bloße Ausweitung des Ange- bots sei eher negativ als positiv zu werten. Notwendig sei vielmehr eine Effizienzkontrolle und Effi- zienzsicherung der ärztlichen Fort- bildung, ähnlich wie sie bereits auf einem anderen Sektor, näml·ich der Labormedizin, gegeben sei. Das Multiple-choice-Verfahren und das Feed-back-System seien allesamt bewährte und einfache Unterrichts- methoden, um den Wissensstand kontinuierlich zu erweitern und zu überprüfen.

Die Einführung eines Fortbildungs- zwanges, wie er in den Ostblock- staaten üblich ist, lehnte Schretzen- mayr mit aller Entschiedenheit ab.

Auch die Schaffung einer Präsenz- pflicht an Fortbildungsakademien führe nicht weiter. Eine liberale Effizienzkontrolle sei bei allen Formen der ärztlichen Fort- bildung anwendbar und belas- se dem einzelnen Arzt im Gegen- satz zu Zwangsmaßnahmen den notwendigen Entscheidungsspiel- raum, ob er sich durch Literatur- studium, Abendkurse, Klinik- oder Akademiebesuche oder durch die Teilnahme an Fortbildungskongres- sen auf dem aktuellen Stand des

Wissens halte. DÄ

Die Information:

Bericht und Meinung

Arzt und Patient

in der Leistungsgesellschaft

Festvortrag von Professor Schettler in Badgastein und in Davos

Die Begriffe Leistung und Lei- stungsgesellschaft sind heute aus- gesprochene Reizworte geworden, die man mit den unterschiedlich- sten Vorstellungen verbindet wie beispielsweise Leistungsdruck, Leistungsbejahung oder Leistungs- verweigerung. Diese Schlagworte schließen demnach sowohl positi- ve als auch negative Wertungen ein. Diese Feststellung nahm Pro- fessor Dr.Dr.h.c. Gotthard Schettler.·

Direktor der Medizinischen Univer- sitätsklinik Heidelberg, zum Anlaß, um in seinem Festvortrag, den er in den Eröffnungsveranstaltungen in Badgastein und Davos hielt, diese kontradiktorischen Begriffe kritisch unter die Lupe zu nehmen und die Zusammenhänge zwischen Lei- stung und Krankheit aus ärztlicher Sicht zu beleuchten. Den System- kritikern, die die Leistungsgesell- schaft ablehnen, hielt Schettler entgegen, daß ein moderner lei- stungsfähiger Industriestaat ohne Leistungsgesellschaft nicht existie- ren könne. Heute sei mit dem Be- griff der Lebensqualität vielfach eine überwiegend negative Aussa- ge verbunden (ungleiche Bildungs- und Vermögensverteilungschancen;

Umweltverschlechterung; I nhuma- nität des sogenannten Leistungs- drucks sowie ein Konsumterror usw.).

Diese einseitige Sicht der Dinge helfe bei der Problemlösung je- doch nicht weiter. Es sei das Ge- bot der Stunde, daß Qualitätsprin- zip nicht im Gegensatz, sondern in Harmonie mit dem humanen Lei- stungsprinzip zu sehen. Deshalb sei es eines der wichtigsten sozialpäd- agogischen Anliegen in unserer Gesellschaft, den Begriff der Le- bensqualität positiv zu motivieren.

Dazu hätten insbesondere auch die Ärzte ihren erzieherischen Beitrag zu leisten.

Auch die Gesundheitspolitik könne nicht auf das Leistungsprinzip ver- zichten. Die konkrete Forderung laute: Jeder einzelne müsse sei- nen Beitrag zur Erhaltung der Ge- sundheit leisten, auch wenn dies nicht immer leicht sei. Eine ärztli- che Selbstverständlichkeit sei es, mit allen zu Gebote stehenden Mit- teln die beste ärztliche Versorgung zu erbringen, indem alle Möglich- keiten der Krankheitsfrüherken- nung, Heilfürsorge und Rehabilita- tion ausgeschöpft werden. Dem Arzt als Bewahrer der Lebensquali- tät "Gesundheit" seien dabei be- deutende Aufgaben gestellt.

Prof. Schettler rückte die weitver- breitete Ansicht zurecht, sämtliche Folgen der Wohlstandsgesell- schaft, insbesondere die ärztlich festumrissenen Risikofaktoren, sei- en in der Mehrzahl auf den über- steigerten "Leistungsdruck" zu- rückzuführen. Würde man die be- kannten Risikofaktoren in objekti- ver Weise differenzieren, so ergebe sich vielmehr, daß sie in den mei- sten Fällen aus Verhaltensstörun- gen resultieren.

Dabei sei die falsche Ernährung ein Schlüsselfaktor. Dies gelte ins- besondere für die in den letzten Jahren vermehrt festzustellenden Störungen des Fettstoffwechsels, für Diabetes, Gicht, Fettsucht und auch für den Faktor mangelnder körperlicher Übung. Schettler:

"Unsere präventiven und rehabili- tativen Maßnahmen müssen daher diese Verhaltensstörungen und ihre Folgen bekämpfen, wenn sie

DEUTSCHES ARZTEBLATT Heft 12 vom 20. März 1975 803

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Die Information:

Bericht und Meinung

DAMIT BEFASSTEN SICH DIE ZEITUNGEN Badgastein und Davos

festgestellt sind. Präventive Maß- nahmen kommen zwangsläufig im Alter zu spät. Daraus ergibt sich, daß die Früherkennung wirksam in den frühen Lebensphasen, nämlich bei Jugendlichen beginnen muß".

An die Ärzteschaft appellierte Schettler, alle Möglichkeiten der Diagnose und Therapie auszu- schöpfen. Rationell zu diagnosti- zieren bedeute nicht in erster Li- nie und ausschließlich, sich des Computers zu bedienen, sondern erfordere vielfach gezielte und ein- fachere Maßnahmen. An der Spitze stehe dabei die sorgfältige Ana- mnese. Sie führe in mindestens der Hälfte aller Fälle auf den richtigen Weg und erspare viele sogenannte Suchtests, sagte Schettler. Im Hin- blick auf die Kosteninflation, insbe- sondere in den Krankenhäusern und auf dem Medikamentensektor, forderte Schettler alle Verantwortli- chen dazu auf, die Mißbräuche der Arzneimitteltherapie abzustellen.

Eine mehr pragmatisch bestimmte Ausbildung der Ärzte, insbesonde- re auf dem Gebiet der Pharmako- therapie unter Beachtung der klini- schen Pharmakologie, könne dazu einen entscheidenden Beitrag lei- sten. Insbesondere müsse eine ge- zieltere Therapie auf dem Gebiet der Antibiotika angestrebt werden.

Denn nicht immer sei das teuerste Medikament auch das beste.

Wenn die Kostenexplosion im Ge- sundheitswesen heute allenorts be- schworen werde, so kämen in die- sem Entwicklungstrend nicht zu- letzt auch die übersteigerten For- derungen an die Leistungs- und Konsumgesellschaft zum Aus- druck. Herabsetzung des Rentenal- ters, spürbare Verkürzung der wö- chentlichen Arbeitszeit, Einführung des Schichtdienstes in Kranken- häusern, Bürokratisierung und Re- glementierung der Verwaltung u. a.

sind, so Prof. Schettler, sichtbare Anzeichen dafür, daß sich auch in Zukunft der Kostentrend fortsetzen wird. Um so mehr sei es notwendig, die Verantwortung auf den einzelnen zurückzuverlagern und den Sozialisierungsabsichten entschieden entgegenzutreten. HC

Teure Kassen

„ . . . Der Sozialaufwand wächst schneller als die Arbeitsentgelte.

Würden die Gewerkschaften tat- sächlich Tariferhöhungen von sechs Prozent, wie Bundeswirt- schaftsminister Friderichs zunächst mutig empfahl, abschließen, kämen die Sozialkassen nicht mehr zu- recht. Daß die Sozialpolitik die In- flation gerade in dem Augenblick antreibt, in dem sich viele um mehr

RHEINISCHE POST

Stabilität bemühen, ist ganz und gar unsinnig. Anders kann es nur werden, wenn sich alle zusammen gegen Vermassung und Nivellie- rung stemmen, die die Kassen in die Habgier treibt. Aber diese kön- nen auch ihren eigenen Beitrag lei- sten, indem sie ihre leitenden Be- amten nicht wie Staatssekretäre bezahlen, nicht Sitzungsgelder ohne Einzelnachweis bis zu 100 Mark gewähren und nicht Ferien- und Kurbetrieb großzügig mitein- ander vermengen." Kurt Naujek

Im Gesundheitswesen explodieren die Kosten

„So umstritten, wie in der Einla- dung des Veranstalters, der Pres- sestelle der deutschen Ärzteschaft, verdeutlicht, war das Thema nun auch wieder nicht. Diskutiert wurde zwischen Fachleuten aus der Ärz- teschaft, den Krankenkassen, der Krankenhausgesellschaft sowie Ar-

beitgeber- und Arbeitnehmer-Ver- tretern über die ,Kostenexpansion im Gesundheitswesen — Analysen, Lösungen'. Der Analysen gab es mehrere, die angebotenen Lösun- gen waren schon rarer und gipfel- ten in der an sich bequemsten, da- für auch nahezu einmütigen Fest- stellung, daß der Bürger für die

ihm angebotenen Gesundheitslei- stungen entweder tiefer in die Ta- sche greifen oder aber, daß das Anspruchsdenken der Bevölkerung in bezug auf die Gesundheits-Lei- stungen zurückgeschraubt werden müsse. Professor Dr. W. Kreien- berg (Kaiserslautern), Präsident der Landesärztekammer Rhein- land-Pfalz: ,Der medizinisch-techni- sche Fortschritt hat einfach mehr Kosten ausgelöst. Wenn Gesund- heitssysteme in anderen Ländern billiger sind, muß man aber auch sehen, was dort angeboten wird...' Reichen ... solch psychologisch-er- zieherische Maßnahmen zum Wohle des nach Gesundheit strebenden Bürgers aus, oder muß den Kosten nicht vielmehr durch organisatori- sche Maßnahmen Einhalt geboten werden? Nach Ansicht von Dr.

Schmitz-Formes ist die Kostenent- wicklung abzubremsen, wenn der Gesetzgeber zu einer Konsolidie- rung des Leistungsvolumens kommt und alle weiteren Reform- pläne zurückstellt ..."

— ECHO

Zu: „Kosteninflation im Kranken- haus" von Rudolf Lehming in Heft 4/1975, Seite 221 f.

Krankenhauskosten

„Die Pflegesätze der Kran- kenhäuser in der Bundesre- publik sind 1974 sprunghaft angestiegen und in der Spit- ze bis über 70 Prozent ange- hoben worden. In einem Be- richt in der jüngsten Ausgabe des DEUTSCHEN ÄRZTE- BLATTES wurde der ,alarmie- rende Anstieg' der Sätze mit der ,Kosteninflation', aber auch mit den Änderungen im Krankenhaus- und Pflege- satzrecht begründet. Aller- dings werde sich der ,steile Anstieg der Pflegesätze' vom vergangenen Jahr ,in glei-

cher Form kaum wiederho- len' ..."

(Stuttgarter Nachrichten und andere Tageszeitungen)

804 Heft 12 vom 20. März 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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