Patient nahtlos in das unter- suchte Kollektiv hereinpassen muss, würde mich vielmehr in- teressieren, wie der Gewinn hinsichtlich der Überlebens- zeit für den Patienten bei le- benslanger Therapie ausfallen würde. Liegt es mir hingegen daran, Interventionen unter- einander zu vergleichen, wie zum Beispiel Betablocker bei Herzinsuffizienz, dann komme ich um die relative Risiko- reduktion nicht herum . . . Dr. Michael Patten,Bülberg 1, 34431 Marsberg
Das Wörtchen „relativ“
wird oft überlesen
Dem Kollegen Meyer ist in sei- ner Aussage zuzustimmen. Die Angaben zum relativen Risiko verzerren die Realität erheb- lich, zumal die meisten Kolle- gen das Wörtchen relativ ein- fach überlesen. Die Publikati- on von Ergebnissen klinischer Studien hat sich seit der Verab- schiedung des Consort State- ments sehr verbessert, aber lei- der fand die Angabe der abso- luten Risikodifferenz bislang dort keinen Eingang in die Publikationsempfehlungen . . . Andererseits wird das relative Risiko auch zur Beschreibung von Risiken bei der Arzneimit- teleinnahme verwendet. Diese Praxis ist nicht weniger frag- würdig, weil es hier zu einer Überbewertung von Risiken kommen kann, die unter Um- ständen eine sinnvolle Thera- pie unnötig ins Zwielicht set- zen . . . Wie wäre Ihre Risiko- wahrnehmung hinsichtlich der Verschreibung einer Therapie, wenn Sie damit konfrontiert würden, dass durch die Thera- pie das Risiko einer schwerwie- genden Erkrankung/Kompli- kation um 26 Prozent anstiege (relatives Risiko)? Wie würden Sie jedoch reagieren, wenn Ih- nen gesagt würde, dass die ab- solute Risikoerhöhung für das gleiche Geschehen tatsächlich 0,4 Prozent betrüge? Würde das nicht auch die Verschrei- bungsempfehlung ähnlich ver- ändern, wie in dem Beispiel mit den therapeutischen Effekten?
Dr. med. C. Hoffmann, Feldstraße 10, 85445 Oberding
Und zu dem Beitrag „Statine: Nur wenige profitieren von einer intensi- ven Therapie“ von Klaus Koch in Heft 13/2005:
Große Anerkennung
Ganz große Anerkennung für die beiden Artikel von Klaus Koch. Warum: In einfacher und damit guter Sprache, die sich nicht fehldeuten lässt, wird die übliche Täuschung und Irre- führung durch „korrekte“ Sta- tistik berichtet und belegt. Da- mit hängt zusammen, wie die Meinungsführer und Vertrei- ber bisher (meist) die Anwen- der mit Taschenspielertricks zur Folgsamkeit genötigt ha- ben – was eben nicht nur bei Statinen so ist und war . . . Horst Peters,Kielstraße 34, 44145 Dortmund
Arzt – Patient
Zu dem Beitrag „Arzt-Patienten-Ver- hältnis: Zwischen Individualisierung und Standardisierung“ von Prof. em.
Dr. med. Hanfried Helmchen in Heft 13/2005:
Wissenschaft ist ein Prozess
Hanfried Helmchen erhebt vor dem Hintergrund des von ihm in den Vordergrund gestellten individuellen Arzt-Patienten- Verhältnisses Bedenken gegen eine zu weit gehende Standar- disierung der Therapie durch Leitlinien, deren Verbindlich- keit er bezweifelt.Wie Sawicki im selben Heft darlegt, soll durch Leitlinien ein notwendi- ger und gerechtfertigter Ermes- sensspielraum des Arztes nicht eingeschränkt werden. Sie sind in den Worten des ehemaligen
Präsidenten der Bundesärzte- kammer, Prof.Vilmar, ein „Kor- ridor der ärztlichen Vernunft“.
Dass die Standardisierung und Zertifizierung ihrer Qualität (z. B. durch ÄZQ bzw. IQWiG) und damit ihres Verbindlich- keitsgrades ebenso notwendig ist wie ihre ständige Aktualisie- rung, erscheint selbstverständ- lich; denn Wissenschaft ist ein Prozess, ein nie endender Dis- kurs.Wenn freilich Helmchen schreibt, dass der Arzt seinen Ermessensspielraum durch ra- tional begründbare Entschei- dung ständig verteidigen müsse, so scheint er sich in einen Wi- derspruch zu seiner vorange- henden Argumentation zu be- geben: Denn was anderes als Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen oder nach- prüfbar dokumentierter ärztli- cher Erfahrung könnten solche rationalen Entscheidungsgrün- de sein, abgesehen vom indivi- duellen Willen des Patienten und der ärztlichen Beurteilung seiner individuellen Dispositi- on? Diese Information in der notwendigen Vollständigkeit sich zu besorgen und sie kri- tisch zu bewerten, dürfte jedoch für den einzelnen Arzt unter Praxisbedingungen sehr schwie- rig, wenn nicht unmöglich sein.
(Klaus Koch weist im selben Heft des DÄ beispielsweise auf die intendierte Desinformation durch Angabe der relativen Ri- sikoreduktion in der Darstel- lung von Studienergebnissen hin.) Genau dazu aber hilft ihm eine seriöse und nach EbM- Kriterien erstellte unabhängige Leitlinie, wie sie etwa die AkdÄ laufend publiziert. Er mag nachvollziehbare Gründe ha- ben, von ihren Primärempfeh- lungen abzuweichen und zum Beispiel ein Medikament außer-
halb seiner bislang zugelasse- nen Indikation oder ein ho- möopathisches Heilmittel ein- zusetzen. Rational kann aber seine Entscheidung nur ge- nannt werden (und so dürften in Zukunft auch zunehmend Gerichte – zu Recht, wie ich meine – entscheiden), wenn er zuvor den Inhalt der Leitlinie als die komprimierte Darstel- lung des aktuellen Stands der Wissenschaft zur Kenntnis ge- nommen hat. Hierin liegt ihre berechtigte Verbindlichkeit.
Gerade in der praktischen Pharmakotherapie resultieren durch Verordnungsfehler eine erschreckend große Anzahl von Schäden und jährlich Zehntau- sende von Toten in Deutsch- land. Um diese beklagenswerte und auch ökonomisch zu Buche schlagende Situation zu ändern, wird die Therapiestandardisie- rung durch Leitlinien nur ein erster notwendiger Schritt sein, der gefolgt sein muss von der möglichst baldigen Einführung geeigneter, potenzielle Fehler erkennender und damit ver- meidender computerassistier- ter Arzneiverordnungs-Syste- me (vgl. DÄ, Heft 8/2005: „Arz- neitherapie(un)sicherheit“ von Priv.-Doz. Dr. med. Daniel Grandt et al.).
Prof. Dr. med. Bruno Müller- Oerlinghausen,Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft, Jebensstraße 3, 10623 Berlin
Modernisierung
Zu der Berichterstattung über den 108. Deutschen Ärztetag zum Thema
„TOP VI: Transparenz für Patienten, Rechtssicherheit für Ärzte: ,Moderni- sierung der GOÄ‘“ von Dr. rer. pol.
Harald Clade in Heft 19/2005:
Ostzuschlag
Ich fordere von den Vorsitzen- den Hoppe und Jonitz einen dreitägigen Streik der niederge- lassenen Ärzte in ganz Deutsch- land, da ohne diesen Ulla Schmidt nicht einlenken wird.
Zusätzlich wäre die Forderung nach einem zehnprozentigen Zuschlag Ost für fünf Jahre zu erwägen, um Ärzte anzulocken.
Dr. med. Ch. Höver,Am Danewend 7, 13125 Berlin
Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 24⏐⏐17. Juni 2005 AA1737
B R I E F E
Foto:Ute Grabowsky