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Archiv "Japan und seine Medizin" (24.10.1974)

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Spektrum der Woche Aufsätze Notizen

BLICK ÜBER DIE GRENZEN

Japan und seine Medizin

Utz P. Merten und Ulfert Merten

Zweite Fortsetzung und Schluß

6. Die Krankenhausambulanzen Die Einrichtungen der Ambulanzen sind entsprechend der allgemeinen Einrichtung des jeweiligen Hospi- tals. Großräumig, hell und auf ei- nen möglichst schnellen, wartefrei- en Ablauf des Patientenaufenthal- tes eingerichtet, stellt die Ambu- lanz des „Ktasato University Hospi- tals" eine positive Realisierung ei-

ner solchen. Einrichtung dar (Abbil- dung 11). Nicht immer sind die Am- bulanzen ausreichend räumlich und technisch eingerichtet, und dem oben aufgeführten Beispiel entsprechen nur wenige andere.

Oft sind sie mit so geringen Mitteln und auf so kleinem Raum aufge- baut, daß sie weder den Anforde- rungen der Patienten noch denen der Ärzte gerecht werden. Die hohe Frequenz diagnostischer und the- rapeutischer Abteilungen verschie- dener Hospitäler läßt sich z. Z. nur schwer einer prozentualen Analyse unterwerfen, da die Grenzen zwi- schen ambulanten und stationären Patienten fließend und von Hospital zu Hospital sehr verschieden sind.

Bei Polikliniken, die in den letzten Jahren entstanden sind, ist ein starker Flächenzuwachs zu ver- zeichnen. Dennoch ist in einigen Bereichen die flächenintensive Nut- zung — charakteristisch für alle Altbauten — nicht reduziert wor- den. Allgemein kann über die ja- panischen Ambulanzen gesagt wer- den, daß sie in allen Größenord- nungen bestehen und oft von mehr Patienten aufgesucht werden, als sie behandeln können. Die hohen Patientenzahlen in den Ambulan- zen großer Krankenhäuser resultie- ren aus einem in der Bevölkerung weit verbreiteten Glauben, mittels

der modernen Technik könnten Diagnose und Therapie besser durchgeführt werden, und diese sei an großen Krankenhäusern am be- sten. Wenn dieser Glaube auch — wie von allen Seiten bestätigt — weit verbreitet ist, so steht dem ge- genüber die Auffassung des JMA, daß 80 Prozent aller japanischen Patienten ausschließlich oder als erstes vom niedergelassenen Arzt behandelt werden. Diese Aussage wird durch die Statistik (siehe vor- ne) bestätigt, die ausweist, daß rund 70 Prozent der täglich sich in medizinischer Behandlung befin- denden Patienten auf die niederge- lassene Praxis entfallen. Die Kran- kenhausambulanz ist für den niedergelassenen Arzt eine Kon- kurrenz, der er mit seinen zahlrei- chen „Clinics" begegnet und aus der sich die „Open-staff-Hospitals"

gebildet haben, die für Patient wie Arzt die Vorteile beider Systeme vereint.

Für die Krankenhäuser stellen die großen Abulanzen einen wesentli- chen Bestandteil dar, da es die in Deutschland üblichen Überweisun- gen des Patienten aus der Praxis ins Krankenhaus so gut wie nicht gibt. Der behandelnde Arzt schickt seinen Patienten entweder in die Ambulanz des betreffenden Kran- kenhauses, entweder als Notfall oder zur Abklärung des Krankheits- bildes. Der Patient hat aber auch die Möglichkeit, direkt in die Am- bulanz zu gehen, ohne vorher ei- nen niedergelassenen Arzt aufge- sucht zu haben. Von dieser letzte- ren Möglichkeit machen viele Pa- tienten Gebrauch, da sie nur ihren Krankenkassenausweis vorzulegen brauchen, aus dem Nummer und

Name des Patienten entnommen werden. Der Ausweis verbleibt beim Patienten, so daß dieser schon am nächsten Tag einen an- deren Arzt aufsuchen kann, ihm da- mit die Möglichkeit einer Mehrfach- konsultation gegeben ist. Die Am- bulanz stellt für jedes Hospital die Aufnahmeschleuse dar, die jeder Patient vor einer stationären Auf- nahme durchlaufen muß.

Im Durchschnitt sind für 100 Hospi- talbetten 10 Ärzte angestellt. In der Praxis ist diese Relation aber nicht zutreffend, da die 10 Ärzte täglich zwischen 200 und 300 ambulante Patienten mitbetreuen müssen. Da Ärzte den Dienst turnusmäßig ver-

richten, entfallen in den Fächern wie innere Medizin und Chirurgie täglich etwa 100, in den Fächern HNO, Augen unter anderem etwa 50 Patienten auf einen in der Am- bulanz tätigen Arzt. Diese Überbe- anspruchung des Arztes wird von den verantwortlichen Stellen zwar gesehen und auch für änderungs- notwendig gehalten, entscheidende Schritte zu einer Änderung sind aber unseres Wissens weder in der Durchführung noch in der Planung.

Die gleichen Patientenfrequenzen sind auch in der niedergelassenen Praxis überall anzutreffen, und unter dem z. Z. geltenden Punktesystem, der bestehenden Bewertung und Vergütung ärztlicher Leistung, wird eine solche Arbeitsleistung für die wirtschaftliche Führung einer Am- bulanz, Clinic oder Praxis für unumgänglich gehalten. Wegen dieser Belastung hat sich auch un- ter den Ärzten die scherzhafte Be- zeichnung des „Kamikaze-Dok- tors" gebildet, wobei offenbleibt, ob diese Bezeichnung im Sinne des „heiligen Sturmes" zu werten ist, der den japanischen Kriegern gegen das Heer des Kublai Khan zu Hilfe kam.

7. Rückblick

Der vorliegende Bericht kann nur einen auf einige wenige Punkte be- schränkten Einblick in die japa- nische Medizin geben. Bewußt sind

3112 Heft 43 vom 24. Oktober 1974 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Abbildung 11: Kitasato-University Hospital, bei Tokyo, Wartebereich der Ambulanz und Teil der Eingangshalle

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Japan und seine Medizin

einige Bereiche, wie zum Beispiel die medizinische Forschung und das öffentliche Gesundheitswesen, unberücksichtigt geblieben. Für In- teressenten, die sich eingehender mit dem japanischen Gesundheits- wesen beschäftigen wollen, sei das Buch „A Brief Report an Public Health Administration in Japan" er- wähnt, das jährlich vom Ministe- rium für Gesundheit und Soziales herausgegeben wird und das ge- naue Berichte über Tätigkeiten, Pläne und Statistiken im Gesund- heitswesen enthält. Ähnliche Be- richte werden sowohl von der Ja- pan Medical Association wie auch von der Social Insurance Agency der japanischen Regierung heraus- gegeben und Interessenten kosten- los zur Verfügung gestellt.

Grundlegend für das Verständnis der japanischen Medizin und ihrer strukturellen Eigenarten ist u. a.

auch die Einstellung des Japaners zur Arbeit, die er eher als sein Hobby betrachtet und der sich meist mit seinem Arbeitsplatz iden- tifiziert. Auf die Frage, was sein Be- ruf sei, antwortet ein Japaner meist mit dem Namen der Firma, bei der er beschäftigt ist, und nicht mit sei- ner Stellung in der Firma. Er be- trachtet die Firma als eine Art Ei- gentum und ist ihr meist sein Le- ben lang verbunden. Einen Arbeits- platzwechsel zwischen einzelnen Firmen gibt es so gut wie nicht, und selbst die leitenden Positionen werden bei Vakantwerden aus den Reihen der eigenen Angestellten besetzt. Der Durchschnittsjapaner arbeitet nach Aussage von Profes- sor Naoyoshi Maruo von der Chuo- Universität zwei Monate mehr pro Jahr als ein Schwede und 40 Tage mehr als ein Deutscher. Die Sechs- tagewoche ist noch allgemein ver- breitet, die Fünftagewoche wird erst langsam in einigen Wirtschaftsbe- reichen eingeführt, und Urlaub nimmt sich der Japaner selten. Im Falle einer Erkrankung nimmt er sich oft die ihm gesetzlich zuste- henden Urlaubstage, um eine Min- derung seiner Prämie (eine der Leistungszulage vergleichbare Ein- richtung) zu vermeiden, da diese 25 bis 100 Prozent seines tariflich gesicherten Lohnes ausmacht.

Die Beiträge zu den Sozialversi- cherungen, die alle Schichten der Bevölkerung einschließen, liegen im Bereich der in der EG erhobe- nen Prozentsätze. Dennoch sind die Leistungen dieser Sozialversi- cherungen nur halb so hoch wie die italienischen Sozialversicherun- gen, die wiederum als schwächste innerhalb der EG gelten. Schweden zum Beispiel gibt achtmal soviel für die soziale Sicherung der Bevölke- rung aus wie Japan, das als eine der führenden Industrienationen mit dem höchsten Handelsüber- schuß gilt. Solche Vergleiche sind auch in den Kommentaren japa- nischer Zeitungen zu lesen und ge- ben zu denken. Eine Gegenüber- stellung Japans mit Europa und mit den USA wird aber den japani- schen Verhältnissen nicht gerecht, da hier zwei verschiedene und erst in den letzten Jahrzehnten sich an- gleichende Entwicklungen mitein- ander verglichen werden. Eine ver- gleichende Betrachtung der Sozial- einrichtungen anderer asiatischer Staaten wäre hier für eine Beurtei- lung der Entwicklung des japani- schen Sozialwesens zum Beispiel angebrachter. In den anrainenden kommunistischen Staaten besteht

ein staatliches Sozialwesen, in den nichtkommunistischen Ländern exi- stieren soziale Einrichtungen — wenn überhaupt — nur als Wohl- fahrtseinrichtungen oder sind auf kleine Gruppen, wie etwa Beamte, beschränkt. Lediglich in Singapur sind in den letzten Jahren einige Krankenversicherungen aktiv ge- worden, und es sollen angeblich von der Regierung Pläne einer all- gemeinen Versicherungsmöglich- keit ausgearbeitet werden. Im ost- asiatischen Raum ist Japan das einzige nichtkommunistische Land mit einem umfassenden und arbei- tenden Sozialversicherungswesen.

Wird diese Seite der Medaille be- rücksichtigt, so ist die gewaltlose Entwicklung des japanischen So- zialversicherungswesens alleinste- hend im ostasiatischen Raum. Es ist zu erwarten, daß bei gleichblei- bender wirtschaftlicher Lage die Unterschiede zu europäischen Län- dern in dem nächsten Jahrzehnt schwinden werden.

Struktur und Leitung japanischer Hospitäler sind nach deutschem Chefarztprinzip aufgebaut worden und haben sich nach 1946 unter USA-Einfluß in ein Departmentsy- DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 43 vom 24. Oktober 1974 3113

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Leitungsausschuß

Planungsabteilung

Vize-Direktor

Direktor- Rat der Vorsitzenden für Lehre und medizinische Konferenzen

Klinische Konferenz Ständige Ausschüsse Vize-Direktor

Krankenhaus Verwaltung Ärztliche Verwaltung

— Stations- dienst

— Ambulanz- dienst

Abteilungen Abteilungen Schwestern

Personal

Allgemeines Personal

— Innere Medizin

— Pädiatrie Psychiatrie

— Dermatologie

— Geschlechtskrankheiten

— Neurochirurgie

— Orthopädie

— Geburtshilfe und Gynäkologie

— Urologie

— Oto-rhino-laryngologie

— Ophthalmologie

— Radiologie

— Anästhesiologie

— Klinische und anatomische Pathologie

— Zahnheilkunde

- Laboratorien Physiologie Pathologie

— Radiologie Diagnostik Therapie

— Operations-Abt.

— Intensivstation

— Rehabilitations- dienst

— Unfallstation

— Hämodialyse

— Blutbank

— Autopsie

— Archiv

— Sozialdienst

— Apotheke

—Allg. Verwaltung

— Personal-Abt.

— Buchhaltung

— Beschaffungsabt.

—Techn. Abt.

— Küche

Abbildung 12: Organisationsschema des ITABASHI-Hospitals der NIHON- Universität Tokyo. Der Direktor und der Vize-Direktor der ärztlichen Ver- waltung sind Ärzte, häufig ehemalige Leiter einer der einzelnen Abteilun- gen (11)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Japan und seine Medizin

stem mit entsprechend aufgeteilten Vollmachten und Aufgabengebie- ten umgewandelt. Die strukturelle Gliederung des ltabashi Hospitals der Nihon University, Tokyo, sei hier als repräsentatives Beispiel aufge- führt (Abbildung 12). Nur an weni- gen Hospitälern ist es zu einer ech- ten Wandlung der Hierarchiestruk- turen hin zu einer Aufgaben- und Verantwortungsteilung wie zum Beispiel am Tokyo University Hos- pital gekommen. Dort ist ein Voll- assistent für seine von ihm in der Ambulanz aufgenommenen Patien- ten voll verantwortlich, und Abtei- lungsleiter und Professoren stehen ihm beratend zur Seite. Die Ar- beits-, Entscheidungs- und wissen- schaftliche Abhängigkeit des Assi- stenten ist auf ein geringes, not- wendiges Maß reduziert worden. In den meisten Hospitälern stehen die Assistenten jedoch weiterhin in ei- nem völlig weisungsgebundenen Arbeitsverhältnis, ob sie bezahlte oder unbezahlte Stellen einneh- men. Der Aufbau des Medizinstu-

diums und die berufliche Notwen- digkeit, den „Igaku Hakase" an ei- ner Universitätsklinik zu erlangen, zwingt viele Jungärzte wegen des großen Andrangs, unbezahlte Stel- len anzunehmen. So sind zehn Pro- zent aller Ärzte Japans an Universi- tätskliniken beschäftigt, während kleinere Krankenhäuser über Ärz- temangel klagen. Die Universitäts- kliniken geben ihre Monopolstel- lung nicht auf, sondern gestatten den unbezahlten Assistenten, sich in Halbtagsvertretungen bei nieder- gelassenen Ärzten ihren Lebensun- terhalt nebenher zu verdienen, wenn sie nicht von ihren Angehöri- gen unterstützt werden. In diesem letzten Punkt sucht die JMA durch die Umwandlung nichtuniversitärer Krankenhäuser in Lehrhospitäler eine Änderung herbeizuführen, was aber noch einige Jahre in An- spruch nehmen wird.

Die Krankenhausstrukturen in Ja- pan lassen einen wichtigen Unter- schied zwischen zwei der verschie-

denen Strukturelemente in der me- dizinischen Versorgung der Bevöl- kerung erkennen. Die „Clinic" hat sich aus der Initiative des einzel- nen niedergelassenen Arztes ent- wickelt, sie steht und fällt mit sei- ner Arbeitsleistung und seinem Können. In ihrer Einrichtung, Orga- nisation und der Art des Patienten- stammes bietet sie ein Spiegelbild der Persönlichkeit und des Charak- ters des jeweiligen Arztes. In den Hospitälern hingegen wird der Arzt durch seine Umgebung, durch die vorhandene, meist schon jahrzehn- telang bestehende Organisation geprägt. Seiner Entfaltung sind da- mit Grenzen gesetzt, und seine Weiterbildung wie Tätigkeit voll- ziehen sich in recht fest gefügten Bahnen. Einem Jungarzt helfen solch festgefügte Bahnen, sich nach der fast ausschließlich theo- retischen Universitätsbildung in der Klinik leichter zurechtzufinden, aber nach einigen Jahren werden sie zu einer Behinderung. Verläßt er nach Erlangung des „Igaku Ha- kase" die Klinik und geht in die niedergelassene Praxis, ist für ihn die Umstellung genauso schwer wie für seinen deutschen Kontra- part.

Eine Einrichtung, die die Vorteile beider Strukturelemente verbindet, ist das von der JMA initiierte

„Open-staff-Hospital", das sowohl die Einricl;tung, Mannigfaltigkeit wie die Kontinuität eines großen Krankenhauses in sich vereint, dem einzelnen assoziierten Arzt aber die Möglichkeit einer stationären Behandlung seiner Patienten und damit eine weitere Anwendung sei- ner klinischen Kenntnisse bietet.

Auch ermöglicht diese Einrichtung, daß Patient wie Arzt in den Genuß moderner medizinischer Geräte kommen, die sich ein niedergelas- sener Arzt oder eine „Clinic" we- gen der hohen Kosten nicht an- schaffen können. Die Konsiliartä- tigkeit, der berufliche Meinungs- austausch und die Fortbildung wer- den in einem solchen System ge- fördert, und den angestellten Ärz- ten wird neben der Weiterbildung ein gleitender Übergang aus der abhängigen in die unabhängige Stellung ermöglicht. 1>

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Abbildung 13: lwai-Policlinic, Tokyo: Dispensary. In jede Vertiefung des in der Mitte stehenden Gerätes werden die Medikamente für jeweils eine Einnahme- kombination eingefüllt 'und mittels der darüber sichtbaren Vorrichtung in kleine Plastikbeutel versiegelt

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Japan und seine Medizin

Die niedergelassene Praxis ist in ihrer Gesamtheit von der deut- schen sehr verschieden. Die Form der „Clinic" und die eigene „Dis- pensary" gibt es in Deutschland nicht. Diese Eigenarten haben sich aus der geschichtlichen Entwick- lung gebildet und werden durch das japanische Abrechnungssy- stem begünstigt. In ihm werden im allgemeinen therapeutische Maß- nahmen höher bewertet als diagno- stische. Hierdurch bedingt, sind die Laboratorien der niedergelassenen Praxis nur für die Notfalldiagnostik eingerichtet. In der Röntgendiagno- stik dagegen sind oft die modern- sten Einrichtungen anzutreffen, was auf die große Häufigkeit von Magen-Darm-Erkrankungen in der japanischen Bevölkerung zurück- zuführen ist.

Die in fast jeder Praxis anzutreffen- de „Dispensary" stellt mit ihren Einnahmen für das Budget einer je- den „Clinic" oder Praxis einen wichtigen Teil dar, wirft aber auch Probleme auf. Ihre Vorzüge, die in einer auf den Patienten und die entsprechende Diagnose zuge- schnittene Abpackung jeder einzel-

nen Tablettenkombination (auch Kapseln oder Pulver bestehen, (Ab- bildung 13), sind besonders bei we- niger gebildeten, unaufmerksamen oder sklerotischen Patienten au- genscheinlich. Es ist aber nicht zu übersehen, daß in den Verhandlun- gen des einzelnen Arztes mit den Arzneimittelherstellern kommerziel- le Gesichtspunkte entstehen, die sich auch auf die Auswahl der von den einzelnen Ärzten verschriebe-

nen und verabreichten Medikamen- ten niederschlagen. Eine Trennung zwischen« Rezeptierung durch den Arzt und Verabreichung durch den Apotheker, wie sie in Deutschland besteht und wie sie von der JMA angestrebt wird, soll angeblich von der japanischen Apothekervereini- gung abgelehnt werden. Mit einer Änderung ist auch deshalb so bald nicht zu rechnen, da die Kranken- kassen zur Zeit den Patienten die Kosten für in Apotheken gekaufte Medikamente nicht erstatten, auch wenn diese rezeptiert sind.

In ländlichen Gebieten stellt die

„Clinic" mit ihrer „Dispensary"

eine kleine, festgefügte Einheit dar, die den wesentlichsten Bestandteil

der medizinischen Versorgung der dort ansässigen Bevölkerung aus- macht. Die gegenüber einer ärztli- chen Praxis weiterreichenden Mög- lichkeiten geben ihr hier einen fe- sten Stand. Erst im Laufe der Zeit werden sie wahrscheinlich durch die „Open-staff-Hospitals" abgelöst werden, da diese den Anforderun- gen der medizinischen Entwicklung technisch eher folgen können als die Clinics. Bei seiner flexiblen und weniger gebundenen Verwaltung wird das „Open-staff-Hospital" per- sonaltechnische Schwierigkeiten eher überwinden können als die auch in Japan durch eine schwer- fällige Bürokratie gehemmten gro- ßen Krankenhäuser, und damit in personalpolitisch weniger attrakti- ven ländlichen Gebieten eine bes- sere Praktikabilität aufweisen kön- nen.

Die Krankenhausambulanzen und die „Open-staff-Hospitals" sind zwei Einrichtungen der japani- schen Medizin, die jede für sich ei- nes eingehenden Studiums wert sind. Die Erfahrungen, die sich aus dem Betrieb der Krankenhausam- bulanzen ergeben haben, sind eventuell sowohl für die Kranken- häuser wie für den niedergelasse- nen Arzt in Deutschland eines Ta- ges recht wertvoll zu erfahren. Das

„Open-staff-Hospital" zeigt heute schon, welche Lösungen und Wei- terentwicklungen aus einem maß- vollen Nebeneinander von Kran- kenhausambulanzen und niederge- lassener Praxis entstehen können, und es scheint einen der Wege auf- zuzeigen, wie Patient und Arzt ohne staatlichen Eingriff in den Ge- nuß weitgehender medizinischer Möglichkeiten kommen können.

Literatur bei den Verfassern Anschrift der Verfasser:

Dr. med. Utz P. Merten Youngstown Hospital Ass.

North Unit

Department of Pathology Youngstown, Ohio 44 501 USA

Architekt Ulfert Merten 4032 Lintorf

Duisburger Straße 6

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Referenzen

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