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Archiv "Kirchen nehmen Stellung zur Sterbehilfe: Absage an aktive Euthanasie" (17.05.1996)

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P O L I T I K LEITARTIKEL

H

eutzutage forderten „immer mehr Menschen und auch Or- ganisationen: Wenn das Lei- den eines Sterbenden uner- träglich ist, sollte aktive Sterbehilfe erlaubt werden“, sagte der Vorsitzen- de der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Karl Lehmann, in Bonn.

Es solle eine Lebensverlängerung vermieden werden, welche die Men- schenwürde bedroht. Gerade die Möglichkeiten der modernen Medi- zin trügen wesentlich zu einer unnöti- gen Verlängerung des Leidens bei.

Und mit dieser Forderung eines

„menschenwürdigen Sterbens“ ver- binde sich oft gleichzeitig die Forde- rung nach einer individuellen Selbst- bestimmung über das eigene Leben und den eigenen Tod.

Schmerztherapie

Anlaß zur Sorge besteht für die Kirchen wohl auch deshalb, weil in den Niederlanden Ärzte, die aktive Sterbehilfe leisten, unter bestimmten Voraussetzungen straffrei ausgehen.

„Die Stellungnahme der Kirchen ist schließlich auch ein Beitrag in dem Streit um die Thesen des australi- schen Ethikers Peter Singer“, stellte der Vorsitzende des Rates der Evan- gelischen Kirche in Deutschland, Landesbischof Dr. Klaus Engelhardt, fest: „Singer und alle, die ihm folgen, öffnen – auch wenn sie es nicht wollen – mit der Befürwortung der aktiven Beendigung von menschlichem Le- ben in einzelnen Fällen die Büchse der Pandora.“

Die Ablehnung aktiver Sterbe- hilfe wurde von Bischof Lehmann be- gründet:

1 Die Bitte um aktive Sterbe- hilfe gründe oft in der Angst vor unnötigen Schmerzen. „Demgegen- über ist zu erwidern, daß die moder- ne Schmerztherapie eine weitgehen- de Schmerzlinderung möglich macht.

Die Kirchen fordern, daß dieses Wis- sen unter den Ärzten noch stärker als bisher verbreitet wird.“

1 Das deutsche Recht verbiete es dem Arzt, das Leben eines Todge- weihten durch aktives Eingreifen ge- zielt zu verkürzen. Grundlage des Vertrauensverhältnisses von Arzt und Patient sei seit jeher der ärztliche Auftrag, menschlichem Leben nicht zu schaden, sondern es zu erhalten und zu fördern.

1 Es bestehe außerdem die Ge- fahr, daß eine Rechtsordnung, die ak- tive Sterbehilfe zuließe, den Lebens- schutz zum Schaden aller mindert und Schleusen zur Vernichtung angeblich sinnlosen oder unnützen Lebens öff- ne.

1 Der Ruf nach dem erlösen- den Tod sei oftmals ein „Schrei nach Nähe und Begleitung sowie die Bitte, nicht allein gelassen zu werden“.

Ethisch verantwortlich und recht- lich unbedenklich seien die passive und die indirekte Sterbehilfe. Passive Sterbehilfe ist nach Definition der Kirchen „der Verzicht auf eine le- bensverlängernde Behandlung bei ei- nem unheilbar Kranken, dessen Tod bald zu erwarten ist. Sie setzt die Zustimmung des Patienten voraus“.

Indirekte Sterbehilfe werde geleistet,

„wenn tödlich Kranken ärztlich ver- ordnete schmerzlindernde Medika- mente gegeben werden, die als un- beabsichtigte, aber unvermeidbare Nebenfolge den Todeseintritt be- schleunigen können“.

Ausdrücklich gewürdigt wurde von den Kirchen das Engagement der Hospize. Im Mittelpunkt der Hospiz- idee stehe die persönliche Zuwen- dung zum Patienten, so Landesbi- schof Engelhardt.

Wille des Patienten In der Leitlinie zur ärztlichen Be- gleitung Sterbender widmet sich die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie ebenfalls ausführlich der Notwendig- keit einer menschlichen Zuwendung zum Patienten und der Linderung von Beschwerden während des Sterbevor- gangs. Der Entwurf der Chirurgen be- tont zwar ausdrücklich, daß auch Be- handlungsbegrenzung zum ärztlichen Auftrag gehören kann. Eine Ent- scheidung darüber müsse streng indi- viduell und für die jeweils gegebene Situation getroffen werden. Besonde- re Bedeutung mißt der Entwurf in diesem Zusammenhang dem Willen der Patienten bei. Der Arzt sei ver- pflichtet, den Willen beziehungsweise den mutmaßlichen Willen des Patien- ten für die gegebene Situation festzu- stellen. Therapiebegrenzung habe, so die Leitlinie, das Ziel, einem Patien- ten Belastungen durch eine spezielle Therapiemaßnahme zu ersparen, wenn diese für seine individuelle Si- tuation keine Hilfe bringt.

Auf der anderen Seite grenzen sich die Chirurgen ebenso wie die Kir- chen deutlich von jeglicher Form akti- ver Euthanasie ab. Sie betonen, daß Hilfen zur Selbsttötung und inten- dierte Tötung generell nicht zur „ärzt- lichen Sterbebegleitung“ und nicht zum ärztlichen Behandlungsauftrag gehören. Gisela Klinkhammer A-1305 Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 20, 17. Mai 1996 (17)

Kirchen nehmen Stellung zur Sterbehilfe

Absage an aktive Euthanasie

Die katholische und die evangelische Kirche haben sich gemeinsam gegen jede Form von aktiver Sterbehilfe ge- wandt. In einer Schrift mit dem Titel „Im Sterben: Umfan- gen vom Leben“ sprechen sich die Kirchen für eine „Be-

gleitung Schwerkranker und Sterbender als eine christliche

und menschliche Aufgabe“ aus. Leitlinien zur ärztlichen Be-

gleitung Sterbender wurden auch beim diesjährigen Kon-

greß der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie vorgestellt.

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