DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
„Diplom-Mediziner” KURZBERICHT
Bundesregierung könnte mit der Änderung der Bundesärzteord-
nung neben dem herkömm- lichen approbierten Arzt einen weiteren Medizinerberuf kreie- ren. In der geplanten Novelle der Bundesärzteordnung solle näm- lich die Möglichkeit eröffnet wer- den, neben dem Arzt, der zur ei- genständigen Berufsausübung berechtigt ist, eine weitere Be- rufsbezeichnung, etwa Diplom- Mediziner oder Magister der Me- dizin, einzuführen. Die neue Be- zeichnung solle nach Abschluß des Universitätsstudiums verlie- hen werden können, während für die Approbation als Arzt nach dem Studium die zusätzliche Pra- xisphase (Arzt im Praktikum) ver- langt würde. Brauer vermutet, daß die Idee des Diplom-Medizi- ners nicht im Hause des Bundes- gesundheitsministers, der an sich für den Entwurf der Bundesärz- teordnung zuständig ist, geboren wurde, sondern im Bildungsmini- sterium, das schon seit längerem ähnliche „Reform"-Überlegun- gen fürdas Medizinstudium hege.
Auch beim Meran-Kongreß wur- de die Verschiebung der AiP-Zeit um ein Jahr heftig kritisiert. Der Vizepräsident der Bundesärzte- kammer Dr. Gustav Osterwald äußerte sich womöglich noch unverblümter als zuvor Dr. Vil- mar. Osterwald hält die Ver- schiebung für eine glatte Fehl- entscheidung der Bundesregie- rung. Diese habe solange gezö- gert, bis sie sich selbst in Zeitnot gebracht habe. Probleme wür- den durch die Verschiebung nicht gelöst, hingegen würden neue geschaffen, zum Beispiel hinsichtlich der EG-Richtlinie und der Vorbereitungszeit für Kassenärzte.
Der Vorsitzende des Marburger Bundes, Dr. Jörg Hoppe, der auch dem BÄK-Vorstand ange- hört, erklärte den halbherzigen Schritt der Bundesregierung mit Wahltaktik. Verantwortlich sei weniger das Bundesgesund- heitsministerium als das Kanz- leramt, das die Parole „Ruhe vor
der Wahl" ausgegeben habe. Mit der Verschiebung wolle man den Studenten, die gegen den Arzt im Praktikum protestiert hätten, einen Gefallen tun.
In der Vorstellung, neben dem Arzt einen Diplom-Mediziner zu schaffen, sieht Vizepräsident Dr.
Osterwald die Gefahr einer Spal- tung des Arztberufes. Dagegen müsse sich die Ärzteschaft weh- ren. Osterwald erinnerte daran, daß frühere Pläne für einen Di- plom-Mediziner, vor mehr als ei- nem Jahrzehnt vom Wissen- schaftsrat vorgelegt, stillschwei- gend beerdigt wurden.
Relativ positiv in Sachen Diplom- Mediziner äußerte sich in Meran hingegen Professor Dr. Horst Bourmer, der Vorsitzende des Hartmannbundes und Präsident der Ärztekammer Nordrhein. Da- mit werde für jene ein Abschluß geschaffen, die in der prakti- schen Medizin keinen Abschluß finden konnten. Ihnen stünden dann zwar keine Berufsmöglich- keiten als approbierter Arzt of- fen, wohl aber zum Beispiel in der Industrie oder im Journalis- mus. Bourmer bezeichnete im übrigen das Medizinstudium als grundlegend reformbedürftig.
Eine solche Reform müsse in der nächsten Legislaturperiode an- gestrebt werden.
Für eine gründliche Studienre- form setzte sich in Meran auch der Allgemeinmediziner Profes- sor Dr. Hans Hamm ein. Er plä- dierte für eine Abkehr vom Hum- boldtschen Bildungsideal, vom Studium an der Universität, statt dessen für eine straffe, fach- hochschulartige Ausbildung der
„Mediziner". Ihm schwebt als Ideal die medical school angel- sächsischen Typs vor. Realisti- scher Einwand von Dr. Oster- wald: An den medical schools könne vor allem deshalb so in- tensiv ausgebildet werden, weil die Studienplätze streng limitiert sind und kein Studienanwärter auf einen Studienplatz klagen kann! NJ
Medizinischer Fakultätentag
Vorschläge zu einer Verbesserung
des Medizinstudiums
Das Protokoll des Ordentlichen Medizinischen Fakultätentages, der Ende Mai in Heidelberg zu- sammentrat, ist jetzt erschienen.
Es enthält neben zahlreichen Re- feraten und Zusammenfassungen der Diskussionen unter anderem die Beschlüsse des Fakultätenta- ges zu den Themen:
5. Änderung der Approbations- ordnung für Ärzte,
> Organisation des Medizinstudi- ums.
Der Fakultätentag beschäftigte sich auf seiner Tagung intensiv mit Fragen der ärztlichen Ausbil-, dung. So forderte der Vorsitzende des Fakultätentages, Professor Dr.
Kemper, die Rücknahme von Lehr- angeboten, die an Bedeutung ver- loren haben. Dagegen müßten
„neben dem gesicherten Stand der Erkenntnisse ebenso ungelö- ste Fragen und wissenschaftlich kontroverse Themen dargestellt werden".
Diskutiert wurde auch die strikte Trennung zwischen klinischem und vorklinischem Ausbildungs- abschnitt. Professor Dr. Hinrich- sen regte an, in den Normstudien- plan des vorklinischen Abschnitts eine „praxisbezogene Lehrveran- staltung" einzubauen. Dafür eigne sich besonders die „Seminar- form", die zwar in der Medizin kei- ne Tradition hat, die sich aber als angeleitetes Selbststudium in an- deren Studiengängen bewährt.
Professor Hinrichsen kritisierte auch, daß das vorklinische Studi- um zu einer Basiswissens-Vermitt- lung zu verkommen drohe. Diese Entwicklung sei um so bestürzen- der, als der wissenschaftliche Fortschritt in der Medizin bei den Grundlagenfächern beginne. th 2420 (16) Heft 37 vom 10. September 1986 83. Jahrgang Ausgabe A