• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Reform des Medizinstudiums: Fakultätentag bekennt Farbe" (15.11.1996)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Reform des Medizinstudiums: Fakultätentag bekennt Farbe" (15.11.1996)"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

B

ereits im März 1996 hatte der Vorstand der Bundesärzte- kammer dem Bundesministe- rium für Arbeit und Sozial- ordnung gegenüber signalisiert, daß er wesentliche Elemente des Ent- wurfs einer neuen Approbationsord- nung (in der Fassung der Bund-Län- der-Arbeitsgruppe vom Dezember 1995) mittragen würde, zumal die Re- formabsichten auf der Grundlage vie- ler Beschlüsse vieler Deutscher Ärz- tetage seit 1959 basierten. In der Ziel- richtung unterscheiden sich auch nicht die Reformkonzepte der „ver- faßten“ Ärzteschaft und des Medizi- nischen Fakultätentages: nämlich die Intensivierung des Medizinstudiums, die Vertiefung der praktischen Aus- bildung von Beginn des Studiums, die praktische Unterrichtung und Unter- weisung der Studenten in kleinen Gruppen, die Überantwortung eines relativ weiten Spielraums an die me- dizinischen Fakultäten und die Ein- führung einer Modellklausel.

Auch die Einführung des Faches Allgemeinmedizin als obligatorisches Lehr- und Prüfungsgebiet, die stärke- re Gewichtung mündlicher Prüfungen gegenüber dem Multiple-choice-Ver- fahren, das erweiterte Angebot soge- nannter multidisziplinärer Vorlesun- gen sowie die Berücksichtigung der Qualitätssicherung sind Anliegen, die der Deutsche Ärztetag in konkreten Vorschlägen formuliert hatte.

Ein wesentliches Essential der Ärzteschaft ist auch die Forderung, die obligatorische 18monatige Bil- dungsphase „Arzt/Ärztin im Prakti-

kum“ (AiP) entfallen zu lassen. Auch unterstützt die Bundesärztekammer Absichten, Prüfungsfragen künftig nicht zu veröffentlichen sowie neue Prüfungselemente, „Fragenzusammen- stellungen“ und „Fallstudien“, im Unterricht wieder stärker in den Mit- telpunkt zu rücken.

Auf alle Reformvorstöße und den Entwurf aus dem Bundesgesund- heitsministerium reagierte der Medi- zinische Fakultätentag zunächst ebenso wie die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizini- schen Fachgesellschaften (AWMF) im Frühjahr mit einer kategorischen Ablehnung, ohne ein eigenes Kon- zept vorzulegen. In der Hoffnung, nicht nur angehört, sondern auch er- hört zu werden, hat der Medizinische Fakultätentag am 7. Juni in Leipzig ei- ne Präsidialkommission unter Lei- tung von Prof. Dr. med. Dr. med. h. c.

Gerhard Lehnert, Universität Erlan- gen-Nürnberg, eingesetzt mit dem Auftrag, ein eigenes Reformkonzept zu entwerfen. Dies ist nun geschehen;

das Konzept ist dem Präsidium des MFT zugeleitet worden. Der Vor- schlag mit Kalkulationsbeispielen soll nun am 26. November anläßlich eines außerordentlichen Fakultätentages erörtert und dann an die politischen Adressaten gerichtet werden.

Wiewohl es bisher innerhalb des MFT-Präsidiums auch abweichende Meinungen gibt, so konzentriert sich das Vorschlagspapier der Präsi- dialkommission auf Essentials, die auch die Bundesärztekammer und die Bund-Länder-Arbeitsgruppe für

wichtig und zielführend erachten. So soll das Studium konsequent praxis- gerechter ausgestaltet werden, aber ein striktes Junktim von geänderter Approbationsordnung/Bundesärzte- ordnung und der auf Länderebene an- zupassenden Kapazitätsverordnung für die 36 Ausbildungsstätten für Me- dizinstudenten beachtet werden. Die Kapazitätsfragen müßten vorab ge- klärt und politisch klargelegt werden, auch was die finanziellen, personellen und baulichen sowie kapazitätsbezo- genen Ressourcen an den Hochschu- len und Fakultäten betrifft.

Weniger Studenten Während der Hauptversamm- lung des Hartmannbundes (Verband der Ärzte Deutschlands e.V.) am 18.

Oktober in Baden-Baden gab der Präsident des Fakultätentages, Prof.

Dr. med. Dr. med. h. c. mult. Fritz H.

Kemper, Universität Münster, einen Werkstattbericht der MFT-Kommis- sion: Es führe kein Weg an einer Ver- ringerung der Hochschulzugänger im Fach Humanmedizin vorbei, sollte das Studium tatsächlich praxisgerech- ter und effizienter gestaltet werden.

Das Diskussionspapier geht davon aus, daß mittelfristig nicht wie bisher 10 000 bis 11 000 Medizinstudenten je Jahr zugelassen werden, sondern al- lenfalls 6 000 bis 7 000 (der Entwurf aus dem Bundesgesundheitsministe- rium unterstellt eine Reduktion der Medizinstudentenzahlen um 20 Pro- zent, oder um 2 000 bis 2 500 Studen- A-2987

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 46, 15. November 1996 (15)

Reform des Medizinstudiums

Fakultätentag bekennt Farbe

Noch in dieser Legislaturperiode will die Bundesregierung die bereits Anfang 1994 gestartete Novellierung der Approbationsordnung für Ärzte und die Änderung der Bundesärzteordnung über die parlamentarischen Hürden bringen. Sosehr sich die Reformvorstellungen der Hauptbetroffenen auch im Detail unterscheiden, in der Zielrichtung stimmen sie weitgehend überein: Die bis-

her starre Trennung zwischen vorklinischem und klini-

schem Studienabschnitt soll überwunden und das Medi-

zinstudium von Anfang an praxisgerechter gestaltet wer-

den. Eine Präsidialkommission des Medizinischen Fakul-

tätentages (MFT) hat einen Entwurf konzipiert, der die

Aufteilung des sechsjährigen Studiums in drei gleich

große Studienabschnitte von jeweils zwei Jahren vorsieht.

(2)

ten). Anderenfalls sei keine nachhal- tige Qualitätsverbesserung erzielbar.

Der „kapazitätsrelevante Richt- wert“ für die zweijährige praktische Ausbildung geht von einem Schlüssel von einem Medizinstudenten auf je- weils acht „studiengeeignete“ Patien- tenbetten aus. Für eine zweijährige praktische Ausbildung (davon ein Jahr an einem Lehrkrankenhaus) stünden an einem Universitätsklini- kum mit durchschnittlich 1 400 Bet- ten danach im Durchschnitt 175 Stu- dienplätze pro Jahr für die praktische Ausbildung zur Verfügung.

Zusätzlich müßten 175 Ausbil- dungsplätze pro Jahr an den Lehr- krankenhäusern eingerichtet werden.

Ausschlaggebend für die Begrenzung der Studentenzahl soll dabei die Rela- tion der zur Ausbildung notwendigen und geeigneten Patientenzahl zur Zahl der Studenten in den klinischen Studienabschnitten und in den zwei praktischen Ausbildungsjahren am Ende des Medizinstudiums sein. Da- gegen sollen die bestehenden Kapa- zitäten im ersten Studienabschnitt und/oder die Zahl der Lehrpersonen im Vergleich zur Studentenzahl für die Zulassungsquote eine nachgeord- nete Rolle spielen.

Die Ausbildung der Medizinstu- denten soll nach dem Kommissions- vorschlag wie bisher EG-konform sechs Studienjahre (oder 5 500 Unter- richtsstunden) dauern. Dabei soll sich das Studium in drei gleich große Stu- dienabschnitte gliedern, die mit Prü- fungen abgeschlossen werden sollen.

Eine erste ärztliche Prüfung ist nach dem zweiten Studienjahr, studienbe- gleitende Prüfungen dagegen sind im dritten und vierten Jahr und eine zweite ärztliche Prüfung ist nach dem sechsten Studienjahr vorgesehen.

Die Approbation als Arzt wird nach der erfolgreichen Ablegung der zweiten ärztlichen Prüfung erteilt.

Zusätzlich zum Studium sollen bis zur ersten ärztlichen Prüfung ein Kran- kenpflegepraktikum von 12 Wochen und im klinischen Studienteil bis zum Beginn der zwei praktischen Jahre ei- ne Famulatur abgeleistet werden.

Diese soll auch beim niedergelasse- nen Arzt absolviert werden. Ähnlich wie beim Entwurf aus dem Bundesge- sundheitsministerium wird als Aus- bildungsziel der ebenso praktisch wie

wissenschaftlich-theoretisch in der Medizin ausgebildete Arzt/Ärztin ge- fordert, der/die zur eigenverantwort- lichen und selbständigen ärztlichen Berufsausübung, zur an die Approba- tion anschließenden Weiterbildung und zur berufsbegleitenden Fortbil- dung befähigt ist.

Prävention und Ökonomie

Neben allgemeinen Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten in Dia- gnostik und Therapie sollen auch um- fassende Kenntnisse in der Präventi- on, in der Allgemein-, Sozial- und Umweltmedizin sowie praktische Er- fahrungen im Umgang mit den Pati- enten erworben werden. Prof. Kem- per betonte beim Baden-Badener HB-Kongreß, daß fundierte ethische und gesundheitsökonomische Kennt- nisse auch hilfreich bei der späteren Berufsausübung des Arztes seien.

Während des Medizinstudiums soll das theoretische und klinische Wissen verzahnt und in der ersten Ausbildungsphase in den naturwis- senschaftlichen Fächern auf medizi- nisch relevante Ausbildungsinhalte konzentriert werden. Der zweite Stu- dienabschnitt soll klinische, aber auch theoretische Ausbildungsinhalte ha- ben. Neben der großen Vorlesung, auf deren Beibehaltung besonderer Wert gelegt wird, sollen Blockveranstal- tungen mit fächerübergreifenden Themen durchgeführt werden. Im dritten Studienabschnitt sollen be- gleitend zur praktischen Ausbildung problemorientiert Themen vermittelt werden.

Bei den Prüfungen sollen die Hochschullehrer unmittelbar verant- wortlich eingeschaltet werden; die Prüfungen sollen mündlich erfolgen.

Bundeseinheitliche Prüfungen nach dem sogenannten MC-Verfahren sol- len nur anteilig eingesetzt werden. Sie könnten einer bundesweiten verglei- chenden Prüfung der Prüfungslei- stungen an den Ausbildungsstätten dienen. Ziel ist es auch, infolge der zweijährigen praktischen Unterwei- sung im dritten Studienabschnitt die bisherige 18monatige Pflichtphase als Arzt/Ärztin im Praktikum zu strei-

chen. Dr. Harald Clade

A-2988

P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

(16) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 46, 15. November 1996

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Dezember 1997 dem Verordnungsentwurf ei- ner neuen Approbationsordnung für Ärzte zu, die erstmals nach 1972 die Grundlagen für das Medizinstu- dium auf eine geänderte Basis stel-

Die Erfahrungen haben auch verdeutlicht, daß in vielen Fällen Unkenntnis und gewisse Unsicher- heiten die Ursache für zu hohe Strahlenbelastungen waren und daß die Betreiber

Jedenfalls werde weder das Reformkonzept der Präsidial- kommission des Fakultätentages (vom September 1996) noch der ur- sprüngliche Entwurf einer neuen Ap- probationsordnung

Die „Fachtagung Medizin“ lehnt auch den Vorschlag ab, die Zulassungszahlen für Studien- beginner ausschließlich an der Bet- tenkapazität der medizinischen Fa- kultäten und

Im Februar 1996 hatte sich ein Außerordentlicher Medizinischer Fa- kultätentag (MFT) in einer Resoluti- on gegen den vom Bundesministerium für Gesundheit vorgelegten Entwurf

Seehofer hofft, daß auch die Länder mitspielen: Sie sind jetzt gefordert, die Hochschulkapazitä- ten mittels geänderter Kapazitäts- verordnung so zu ändern, daß die Zahl

In die Reform soll auch das Prüfungswesen ein- bezogen werden: Einerseits soll in Zukunft durch ei- ne stärkere Gewichtung der mündlichen Prüfung bei der Notengebung das Gewicht

sungsansatz wäre dazu, beim ersten Teil der ärztlichen Prüfung ein Ver- hältnis von 50 : 50 bei den schriftli- chen zu den mündlichen Prüfungen vorzuschreiben oder sogar 40 : 60