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Archiv "Reform des Medizinstudiums: Ringen um Details" (26.06.1995)

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Reform c es Medizinstudiums

Ringen um Details

Im Bundesgesundheitsministerium laufen die Vorarbeiten für einen Gesetzent- wurf zur Änderung der Approbationsordnung für Ärzte (8. Novelle) und die eben- falls zu revidierende Bundesärzteordnung auf Hochtouren. Bereits in der vergan- genen Legislaturperiode ist eine Reform des Medizinstudiums angekündigt wor- den, nachdem Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer im Mai 1993 dafür den

„Startschuß" gab. In dieser Legislaturperiode soll die „Kuh endlich vom Eis".

POLITIK

Im Laufe des Herbstes und bis zum Jahreswechsel 1995/96 will die Fachabteilung „Gesundheitsvorsor- ge, Krankheitsbekämpfung" des See- hofer-Ministeriums einen Referen- ten-Entwurf für Projekte 8. Novelle zur Approbationsordnung für Ärzte und zur Änderung der Bundesärzte- ordnung fertigstellen, nachdem am 29./30. Juni in Mainz ein Experten- Symposium zur Erörterung von Grundsatzfragen durchgeführt wur- de. Anfang 1996 bis Mitte 1996 — so die Planungen in Bonn — soll die par- lamentarische Entscheidung fallen.

Das Ministerium strebt an, möglichst im parlamentarischen Vorfeld mit den Expertengruppen, den betroffe- nen Körperschaften und Spitzenver- bänden Fachfragen zu klären, so daß dann die Politik am Zuge wäre, um noch offene Fragen politisch zu ent- scheiden und ein konsensfähiges Konzept über die Hürden zu bringen.

Reformziel:

Mehr Praxisbezug

Bei der jüngsten Delegierten- konferenz der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizini- schen Fachgesellschaften (AWMF) am 6. Mai in Frankfurt/Main präzi- sierte der für die Reformvorhaben zuständige Abteilungsleiter des Bun- desgesundheitsministeriums, Mini- sterialdirektor Dr. jur. Rudolf Grupp, die bisher zwischen den Beteiligten weitgehend unstrittigen Eckpositio- nen. Es bleibt bei der ursprünglichen Absicht: Das Studium der Human- medizin soll auf der Basis der achten Novelle mehr Praxisbezug erhalten,

AKTUELL

und zwar schon von Beginn des Stu- diums an. Künftig soll die bisherige traditionelle Trennung des vorklini- schen und klinischen Studienab- schnitts wegfallen und bereits früh- zeitig ein praxisorientierter Unter- richt und eine patientenbezogene Unterweisung der Studenten einset- zen. Darüber hinaus soll der Klein- gruppenunterricht realisiert werden, um auch hier mehr praktische Erfah- rungen bereits zu Beginn des Studi- ums sammeln zu können.

Ziel ist es ferner, den Lehrstoff fächerübergreifend und integrierend darzustellen und bereits während des sechs Jahre umfassenden Medizinstu- diums hausärztlichen Funktionen ein größeres Gewicht einzuräumen.

Erst kürzlich hat eine Sonder- Konferenz der für das Gesundheits- wesen zuständigen Minister und Se- natoren der Länder in Potsdam ein Grundsatzpapier erarbeitet, das ebenfalls für eine Vertiefung der hausärztlichen Funktionen während des Medizinstudiums und eine Auf- wertung der Allgemeinmedizin im akademischen Lehrbetrieb plädiert (vgl. Deutsches Ärzteblatt, Heft 24/1995, Leitartikel).

Studienkapazität:

Konkrete Vorgaben

Wie der leitende Ministerialbe- amte im Seehofer-Ministerium, Dr.

Grupp, vor der AWMF erläuterte, wird die neue Approbationsordnung konkrete Vorgaben über die Relation von Auszubildenden, Studenten und Patienten im Rahmen der Lehr- und Unterrichtstätigkeit enthalten, was

die Länder hinsichtlich der Kapa- zitätsverordnung binden wird. In die- sem Zusammenhang wird eine Ver- ringerung der Zahl der Humanmedi- zinstudenten (heute rund 11 500) um mindestens 20 Prozent erwartet. Dies wäre eine Medizinstudentenzahl, die immer noch um rund 20 Prozent über dem „Ersatzbedarf" infolge altersbe- dingt ausscheidender Ärzte liegt.

Bereits früher haben vor allem die Bundesärztekammer und der Marburger Bund (Verband der ange- stellten Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e. V.) dafür plädiert, die obligatorische, 18 Monate dau- ernde Phase des Arztes/der Ärztin im Praktikum (AiP) im Zuge der Re- form des Humanmedizinstudiums zu streichen. Auch die AWMF hat sich dafür eingesetzt. Diesem Petitum steht allerdings, so Experten in Frankfurt, die Tatsache entgegen, daß zur Zeit nach Beendigung des Medizinstudiums kein frisch appro- bierter Arzt die in der Ausbildungs- zieldefinition geforderte Fähigkeit zur selbständigen und eigenverant- wortlichen Ausübung des Arztberu- fes vorweisen kann.

Personelle Engpässe

Die Arbeitsgemeinschaft der Fachgesellschaften befürchtet, daß das beabsichtigte neue Konzept der mündlichen Prüfungen im Sinne von sogenannten Kollegialprüfungen (mehrere Prüfer beurteilen einen Prüfling) die personellen Kapazitä- ten der medizinischen Fakultäten überfordern werde. Jedenfalls wird dies in höherem Maße erwartet als beim bisher praktizierten Verfahren, bei welchem ein Prüfer eine Reihe von Prüflingen zu beurteilen hat.

Auch die Forderung, das Qua- litätsniveau der Ausbildung anzuhe- ben (unter anderem durch sogenann- te Prozeß-Evaluation), wird von der AWMF skeptisch beurteilt. Es müsse klargelegt werden, wer für die Qua- litätssicherung der Studentenausbil- dung nach Maßgabe der neuen Ap- probationsordnung verantwortlich ist. Kritisch wird auch angemerkt, daß die Prüfungen zwar Wissen, nicht aber ärztliche Kompetenz überprü- fen. Die ärztliche Kompetenz könne A-1822 (20) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 25/26, 26. Juni 1995

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erfahrungsgemäß erst nach einer län- geren Beobachtung und Unterwei- sung der Medizinstudenten durch ih- re akademischen Lehrer und die sie ausbildenden Ärzte beurteilt werden.

Dies sei bisher in der Phase des Arz- tes im Praktikum bewerkstelligt wor- den oder während der Weiterbil- dungszeit angehender Fachärzte.

Kritisch wurde bei der Frankfur- ter Tagung auch hervorgehoben, daß der wichtige Bereich der Diagnostik im Verhältnis zu der stark gewichte- ten Pharmakotherapie zu wenig berücksichtigt wird. Auch in der The- rapie, so der Wunsch der AWMF, soll- te die Pharmakotherapie nicht iso- liert und herausgehoben betrachtet werden.

Im übrigen wird vorgeschlagen, bei den haus- und allgemeinärztli- chen Funktionen und Lehrinhalten

POLITIK AKTUELL

präziser zu definieren, was unter den entsprechenden Lehrinhalten zu ver- stehen sei.

Gegen die Gliederung in zweiein- halb Jahre bis zur ärztlichen Prüfung und weitere zweieinhalb Jahre bis zur zweiten ärztlichen Prüfung wendet die AWMF ein, daß diese — im Gegen- satz zu einer Aufteilung etwa in drei plus zwei Jahre oder zwei plus drei Jahre — keine Strukturierung in Studi- enjahre zulasse.

Autonomie

der Universitäten

Die Universitätslehrer und die Fachgesellschaften legen unisono Wert darauf, daß die Autonomie der medizinischen Fakultäten und Uni- versitäten erweitert wird. Ein Lö-

sungsansatz wäre dazu, beim ersten Teil der ärztlichen Prüfung ein Ver- hältnis von 50 : 50 bei den schriftli- chen zu den mündlichen Prüfungen vorzuschreiben oder sogar 40 : 60 zu- gunsten der einzelnen Fakultät zu ge- wichten und eventuell auch den schriftlichen Teil so aufzuteilen, daß die Hälfte der schriftlichen Fragen wiederum von der einzelnen Fakultät von einem zentral formulierten Fra- genpool ausgewählt werden kann.

Um den Praxisbezug zu überprü- fen, soll der schriftliche Teil zur Hälf- te aus zwei Fallstudien bestehen. Es ist noch offen, ob über diese Ein- flußmöglichkeiten der einzelnen Me- dizinischen Fakultät hinausgehend noch weitere Experimentiermöglich- keiten für die Autonomie der Hoch- schulen gewährleistet werden kön- nen. Dr. Harald Clade

Gesundheitserziehung und Gesundheitsförderung

Stärkere Einbindung der Ärzte in die Schule

Innerhalb der Ärzteschaft hat die Streichung der schulärztlichen Eingangsuntersu- chung in Bayern heftige Kritik und Diskussionen ausgelöst. Viele befürchten, daß im Zuge weitreichender Sparmaßnahmen der Schulärztliche Dienst nicht nur in diesem Bundesland zur Disposition gestellt wird.

bau des kinder- und jugendärztlichen Dienstes an den Gesundheitsämtern aus. Als Begründung führten sie un- ter anderem an, daß mehr als 20 Pro- zent der Kinder eines Jahrgangs nicht oder nur teilweise an den kostenlosen U3- bis U9-Untersuchungen teilnäh- men. Mehr als 25 Prozent der unter- suchten Kinder bedürften der Nach- kontrolle und -betreuung durch Haus- und Fachärzte. Außerdem steige die Zahl der beruflichen Um- schüler aus gesundheitlichen Grün- den, weil die Untersuchungen nach dem Jugendarbeitsschutzgesetz zu spät angesetzt seien.

Im Zuge der Ausgabenbegren- zung im Gesundheitswesen hat die bayerische Staatsregierung den Rot- stift bei den schulärztlichen Ein- gangsuntersuchungen angesetzt. Ihre Absicht, in diesem Jahr erstmals auf die Untersuchung der Erstkläßler zu verzichten, stieß beim Berufsverband der Ärzte für Kinder- und Jugendme- dizin Deutschlands e.V. auf heftige Kritik. Der Verband befürchtet, daß die Sparmaßnahme ein erster Schritt zur Abschaffung des Schulärztlichen Dienstes in Bayern ist. Die Mitglie- der forderten die bayerische Staatsre- gierung deshalb auf, ihren Beschluß zurückzunehmen und sich statt des- sen darum zu bemühen, die Effizienz und Qualität des Schulärztlichen

Dienstes zu verbessern. Eine Privati- sierung des Schulärztlichen Dienstes wird im bayerischen Gesundheitsmi- nisterium bereits seit dem letzten Jahr geprüft. Die Sparpläne stießen jedoch schon beim 47. Bayerischen Ärztetag 1994 in Rosenheim auf Ab- lehnung. Die Ärzte befürchten für den Fall einer Streichung der amtli- chen Schulgesundheitspflege einen medizinischen Rückschritt. Es werde dann weder einheitliche und aussage- fähige Statistiken über den Gesund- heitszustand der Kinder noch lücken- lose Durchimpfungen geben.

Auch beim diesjährigen 98.

Deutschen Ärztetag in Stuttgart spra- chen sich die Vertreter der Ärzte- schaft entschieden gegen einen Ab-

Schulärzte sind keine Aufsichtsbeamten

Prof. Dr. phil. Klaus Hurrel- mann, Gesundheitswissenschaftler an der Universität Bielefeld, betont in einer Stellungnahme vom April 1995 ebenfalls die Notwendigkeit des Schulärztlichen Dienstes. Er fordert jedoch eine grundsätzliche Reform.

„Dem Schulärztlichen Dienst ist es in den letzten Jahren nicht gelungen, seine Notwendigkeit und Leistungs- fähigkeit wirksam unter Beweis zu stellen", kritisiert Hurrelmann. Schu- leingangsuntersuchungen würden von Eltern immer noch als eine A-1824 (22) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 25/26, 26. Juni 1995

Referenzen

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