A
m 28. August 2003 hat Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) den Referentenentwurf ei- nes Kostenrechtsmodernisie- rungsgesetzes vorgestellt. Ne- ben der Strukturreform der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) ist unter anderem die Ablösung des Zeugen- und Sachver- ständigen-Entschädigungsge- setzes (ZuSEG) durch das Ju- stiz-Vergütungs- und Entschä- digungsgesetz (JVEG) vorge- sehen, nach dem unter ande- rem medizinische Gerichts- gutachten vergütet werden.Begrüßenswert ist, dass der so genannte Ostabschlag von minus 10 Prozent abgeschafft werden soll. Die Gebühren für medizinische Gutachterlei- stungen nach Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG (derzeit noch Anlage zu § 5 ZuSEG) werden durchschnittlich um 25 Prozent angehoben, Befundscheine zwischen 21 und 44 Euro ver- gütet (derzeit zwischen 10 und 20 Euro). Die Schreibgebühren werden nicht abgeschafft, aber auf den Stand von 1994 einge-
froren (2 Euro pro Seite mit jeweils 2 700 Anschlägen).
Inakzeptabel sind jedoch die für die freien Gutachten vorgeschlagenen Honorar- gruppen. Mit dem Ziel, die zunehmend konfliktiven Ko- stenfestsetzungsverfahren zu entschärfen, werden anstelle des derzeitigen Bemessungs- rahmens (zwischen 25 und 52 Euro je Stunde, § 3 Abs. 2 ZuSEG) Honorargruppen mit festen Stundensätzen gebil- det. Für die Ärzte sind Stun- densätze in Höhe von 50 Eu- ro (Einfache Beurteilungen), 60 Euro (Gutachten durch- schnittlichen Schwierigkeits- grades) und 85 Euro (Gut- achten hohen Schwierigkeits- grades) vorgesehen. Die Bun- desärztekammer hält demge- genüber an ihrer Forderung nach einem Mindeststunden- satz in Höhe von 75 Euro fest.
Bei genauer Betrachtung erweisen sich die Honorar-
gruppen für alle Sachver- ständigen-Gruppen als Fort- schreibung des Ist-Zustands, obwohl die Bundesjustizmi- nisterin eine „maßvolle“ Ge- bührenanhebung für alle Betroffenen, Rechtsanwälte, Sachverständige, Dolmetscher unter anderem verspricht.
Wenigstens die Preissteige- rungen der vergangenen zehn Jahre in Höhe von durch- schnittlich 1,4 Prozent im Jahr sollen ausgeglichen werden.
Wegen der Lethargie des Bundesministeriums für Ge- sundheit und Soziale Siche- rung bei der Weiterentwick- lung der GOÄ muss man jedoch dem Einsatz der Bun- desjustizministerin für ihre Klientel Anerkennung zollen.
Die Absichtserklärung der Bundesjustizministerin über eine Gebührenanpassung mag für die Rechtsanwälte im Re- ferentenentwurf auch umge- setzt worden sein – nicht je-
doch für die Sachverständi- gen. Fairerweise darf man nicht verschweigen, dass 70 Prozent der anwaltlichen Dienstleistungen inzwischen außergerichtlich anfallen und somit die Anhebung der Rechtsanwaltsgebühren nicht voll auf die Gerichtskassen durchschlagen wird. Unter dem Gebot der Kostenneu- tralität wird die den Sachver- ständigen in Aussicht gestell- te Ablösung des Entschädi- gungsprinzips durch eine lei- stungsgerechte Honorierung jedoch Makulatur. Beson- ders hart hiervon betroffen sind die medizinischen Sach- verständigen, weil der echte Marktwert der medizini- schen Sachverständigengutach- ten durch die überwiegende Abhängigkeit der ärztlichen Gebühren von öffentlich-recht- lichen Kostenträgern verzerrt wird. Dies hat dazu geführt, dass medizinische Gutachten derzeit zu einem skandalös niedrigen Stundensatz von durchschnittlich nur 45 Euro entschädigt werden.
Dr. med. Regina Klakow-Franck V A R I A
Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 403. Oktober 2003 AA2603
50 – 60 – 85
GOÄ-Ratgeber