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Archiv "Mit „Tatütata“ in die Strukturreform" (03.12.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Mit „Tatütata" in die Strukturreform

Mit „Tatütata" begrüßte der Bundesminister für Arbeit und So- zialordnung über eine große PR-An- zeige (veröffentlicht in überregiona- len Tageszeitungen und in Boule- vardzeitungen) die Bundesbürger am Samstag, dem 14. November 1987 (siehe verkleinerte Ausschnitt- wiedergabe unten). Da mußten wie- der einmal Steuergelder locker ge- macht werden, um mit Hilfe einer professionellen Werbeanzeige noch vor Veröffentlichung des Blümschen Sparpaketes für publizistischen Flankenschutz zu sorgen. Wie ge- habt wird mit „Tatütata" und in vorwurfsvollem Ton den Kranken- häusern angekreidet: „Von der Auf- nahme bis ,geheilt entlassen' verge- hen 4184 Mark durchschnittlich."...

Dem Patienten und steuer- wie beitragszahlenden Bundesbürger wird aber gleichzeitig

suggeriert, ehe er er- neut zur Kasse gebe- ten werden soll: Für die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit ist das Teuerste gerade gut genug! Jeder Bürger müsse am medizini- schen und medizi- nisch-technischen Fortschritt — ohne Rücksicht auf sein Einkommen — sofort und ohne Einschrän- kung teilhaben. Mit

„Tatütata" soll aus dem Füllhorn ausge- teilt werden. Von der teuren Herzoperation und der Luftrettung bis zum lebenswichti- gen Medikament. Für sage und schreibe 4184 Mark, durch- schnittlich!

Dazu nur ein ak- tueller Vergleich aus den Selbstkostenblät- tern der Krankenhäu- ser: Bereits die Be- handlung einer akuten

Appendicitis in einem Durch- schnittskrankenhaus (nicht im preis- werteren Belegkrankenhaus) kostet bei einer Verweildauer von 15 Ta- gen und einem Tagespflegesatz von 278,60 Mark 4179 Mark; bei einem Pflegesatz von 304,65 Mark sogar 4569,75 Mark.

Und da will uns die Werbe- Agentur des Arbeitsministeriums weismachen, daß mit „Tatütata"

auch Herzoperationen unter dem Appendicitis-Durchschnittspreis zu haben wären .. .

Was soll also das Lamentieren über die steigenden Beitragslasten der Sozialversicherten und ihrer Ar- beitgeber, über die „Kostenexplo- sion"? Die Heilungskosten im Kran- kenhaus werden mit „Tatütata"

weiter hochschießen — mit oder ohne Strukturreform, mit oder ohne PR- Anzeigen-Flankenschutz. HC Verkleinerter Ausschnitt aus der PR-An- zeige des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung (ohne Bestell-Coupon)

1. Jeden Bürger am medizini- schen Fortschritt teilhaben lassen - ohne Rücksicht auf sein Ein-

kommen.

2. Neue Aufgaben angehen- etwa in der Vorsorge, bei der häuslichen Pflege oder der Bekämpfung der großen Volks- krankheiten.

3. Den hohen Stand der Medizin- technik und Forschung sichem.

4. Die Leistungen auf das medi- zinisch Notwendige konzentrie- ren und gesundheitsbewußtes Verhalten belohnen.

Dabei müssen alle Beteiligten helfen.

Damit unsere Kranken-

versicherung gesund bleibt! tlt

Wohl nirgends auf der Welt wird kranken Menschen besser gehol- fen als bei uns. Hervorragende Leistungen der Gesundheits- berufe und moderne technische Einrichtungen werden für jeden Patienten eingesetzt. Das gilt für die teure Herzoperation oder die Luftrettung ebenso wie für das lebenswichtige Medikament.

Dafür müssen alle Beitragszahler kräftig zahlen, heute bereits 340 Millionen Mark pro Tag. Das ist zehnmal soviel wie noch 1963, obwohl der Arbeitnehmer seit- dem nur fünfmal soviel verdient.

Das bedeutet: Immer weniger bleibt vom Lohn übrig, immer mehr werden die Betriebe be- ' lastet.

Deshalb: Wenn unsere Kranken- versicherung leistungsfähig und finanzierbar bleiben soll, müssen wir sie reformieren:

Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung

Von der Aufnahme bis zu "geheilt entlassen"

vergehen 4.184 Mark. Durchschnittlich.

kann, so Müller Hinzu kommt - Die Trennung von Behandlungs- und Pflegefällen schafft erhebliche Pro- bleme insbesondere für Patienten, die zum Pflegefall „deklariert" wer- den. Sie müssen dann ihr Vermögen oder ihr Einkommen (Rente) einset- zen, oder sie werden zum „Sozialhil- fefall". Die ambulanten sozialpsy- chiatrischen Dienste neigen oft dazu, sich in Konkurrenz zu den niederge- lassen Ärzten um Neurotiker sowie jüngere Leichtkranke zu kümmern.

Die chronisch Kranken werden dabei weitgehend vernachlässigt.

D

ie Finanzierung der Unter- bringung in semi-stationä- ren Einrichtungen ist nicht eindeutig geregelt. Auch stimmt das Konzept nicht immer Eine strikte Trennung Tages-/

Nachtklinik ist nicht immer möglich.

Hinzu kommt. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen für die Tagesklinik die Pflegekosten, für die Nachtklinik jedoch nicht. Trotz Er- füllung der gesetzlichen Bestimmun- gen ist es im Einzelfall oft nicht mög- lich, einen Kostenträger zu finden.

DZV-Präsident Müller kündigte ein acht Punkte umfassendes Pro- gramm der Deutschen Zentrale für Volksgesundheitspflege (Münchener Straße 48, 6000 Frankfurt/Main) an, das ein Ausschuß „Seelische Gesund- heit" in enger Kooperation mit dem Bundesgesundheitsministerium und anderen Spitzenorganisationen in Angriff nehmen will: Gleichstellung der psychisch und somatischen Kran- ken, Dimensionen der Integration medizinischer und sozialer pflegeri- scher Versorgung, Integration zwi- schen ambulanter und stationärer Versorgung unter Berücksichtigung der komplementären Dienste, Ver- knüpfung professioneller und Laien- versorgung, regionale Möglichkeiten der psychiatrischen Versorgung, Qualifikationsmerkmale der Ge- sundheitsberufe, sozialrechtliche und finanzielle Voraussetzungen einer Verbundfinanzierung, „Prävention—

Rehabilitation" in der Psychiatrie.

Zu Beginn der einzelnen Ar- beitsvorhaben will die Deutsche Zentrale für Volksgesundheitspflege Umfragen und Expertenhearings veranstalten. Dr. Harald Clade

A-3354 (14) Dt. Ärztebl. 84, Heft 49, 3. Dezember 1987

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