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Archiv "Reform des Medizinstudiums: Mehr Praxisbezug angesagt" (16.01.1998)

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ines der größeren Reform- werke, das sich die Bonner Koalition noch für diese Le- gislaturperiode vorgenommen hat, könnte mit einer „Punktlandung“

abgeschlossen werden: Das Bundes- kabinett stimmte am 17. Dezember 1997 dem Verordnungsentwurf ei- ner neuen Approbationsordnung für Ärzte zu, die erstmals nach 1972 die Grundlagen für das Medizinstu- dium auf eine geänderte Basis stel- len und zugleich den veränderten Rahmenbedingungen sowohl in per- soneller, finanzieller als auch im Hinblick auf die notwendigen Kapa- zitäten anpassen soll.

Die Approbationsordnung für Ärzte ist nach § 4 Abs. 1 der Bundes- ärzteordnung durch den Bundesrat zustimmungspflichtig. Und hier liegt die eigentliche Brisanz, weil nach Maßgabe der novellierten Approba- tionsordnung die Kapazitäten für die Hochschulmedizin entsprechend angepaßt werden müssen. Die Län- der werden die Kapazitätsverord- nungen kurzfristig entsprechend än- dern müssen, damit die Studienan- fängerzahl im Fach Humanmedizin um rund 20 Prozent verringert wer- den kann, das heißt von bisher 10 500 auf künftig rund 8 000 Studi- enbeginner. Dadurch sollen auch die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, daß eine zielgerechte, mehr praxisbezogene und fächerübergrei- fende Ausbildung möglich wird.

Der Kabinettsentwurf ist eine mit Kompromissen durchsetzte Ver- sion des ursprünglichen Eckpositio- nenpapiers des Bundesministeriums für Gesundheit von Mitte Dezember 1995 und einem inhaltlich weitge- hend deckungsgleichen Entwurf ei- ner Bund-Länder-Kommission, bei- des Entwurfsabsichten, denen die

Ärzteschaft (auch die Bundesärzte- kammer) zugestimmt hatte.

Die Bundesärztekammer hat beim Hearing am 19. November 1997 vorgetragen, daß eine längere Verzögerung und ein Neubeginn der Reformdebatte in der kommenden Legislaturperiode kontraproduktiv wären und die Chance auch im In- teresse der Studenten nicht verpaßt werden sollte, Verbesserungen im Medizinstudium zu bewirken.

Geänderte Staatsprüfung

Ziel ist es, durch einen früheren Einstieg in die praktische Arbeit der Medizinstudenten und einer intensi- veren Unterweisung am Kranken- bett die berufspraktische Qualifika- tion zu verbessern. Voraussetzung ist deshalb, daß das Studium künftig stärker und früher theoretische und Grundlagenfächer mit klinischen und erfahrungsbezogenen Ausbil- dungsinhalten verknüpft. Deshalb sollen künftig klinische Inhalte be- reits in den ersten Studiensemestern Bestandteil des Grundlagenstudi- ums werden. Darüber hinaus soll der Unterricht auch fächerübergreifend gestaltet werden. Querschnittsberei- che wie etwa Prävention, Gesund- heitsförderung, Medizin des Alterns und des alten Menschen, Medizin- ethik, Umweltmedizin und Gesund- heitsökonomie sollen verstärkt mit- einbezogen werden. Die Lehrinhal- te sollen in den Querschnittsberei- chen themenbezogen, am Gegen- stand ausgerichtet, problemorien- tiert und fächerverbindend vermit- telt werden.

Die Staatsprüfung soll grundle- gend geändert werden. An die Stelle der Prüfung fächerspezifischen Wis-

sens soll eine Prüfung treten, die fächerübergreifendes und gegen- standsbezogenes Wissen in den Mit- telpunkt rückt. Die Prüfung soll schwerpunktmäßig Wissen überprü- fen, das der angehende Arzt später als Grundlage seiner beruflichen Tätigkeit braucht. Die Prüfung soll schriftlich und mündlich im An- schluß an das Praktische Jahr durch- geführt werden, also zu einem Zeit- punkt, in welchem auch überblick- bare Erfahrungen in der Kranken- versorgung vorliegen.

Die Reform des Prüfungswe- sens soll mit geänderten Struktur- vorgaben für die medizinischen Fakultäten und Hochschulen ver- knüpft werden. Prinzipiell werden den mündlichen Teilen Vorrang vor den schriftlichen Teilen eingeräumt, auch im Hinblick auf das Multiple- choice-Verfahren. Die allgemeinme- dizinischen Kompetenzen und Be- züge des Medizinstudiums und die Anforderungen an die Studierenden sollen verstärkt werden. Es soll die Möglichkeit eröffnet werden, Allge- meinmedizin als Wahlfach im Prak- tischen Jahr zu absolvieren. Darüber hinaus werden Blockpraktika von acht bis vierzehn Tagen in der Klinik eingeführt, auch in der Allgemein- medizin.

Unterricht am Krankenbett

Zentrales Ausbildungselement soll künftig der Unterricht am Kran- kenbett werden. Durch eine Verrin- gerung der Gruppengröße der Stu- denten, die am Patienten ausgebil- det werden, von drei auf zwei bei der Patientenuntersuchung und von acht auf sechs bei der Patientende- monstration soll dies gewährleistet A-69

P O L I T I K LEITARTIKEL

Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 3, 16. Januar 1998 (13)

Reform des Medizinstudiums

Mehr Praxisbezug angesagt

Kabinettsentwurf vom 17. Dezember 1997:

Geänderte Strukturvorgaben für die Fakultäten und Reform des Prüfungswesens

E

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werden. Die Bundesregierung ver- spricht sich durch den Kleingruppen- unterricht ein effektiveres Lernen, insbesondere eine Intensivierung des Erfahrungslernens beim Umgang mit den zur Ausbildung geeigneten und willigen Patienten. Auch die Block- praktika sollen den Praxisbezug in- tensivieren.

Im Zuge einer weiteren Deregu- lierung und der Absicht, die Autono- mie der Hochschulen zu erweitern, sollen die Universitäten größere Ge- staltungsfreiheit erhalten. So sollen wesentliche Teile der Prüfungen von den Universitäten in eigener Verant- wortung wahrgenommen werden. Die Prüfungen sollen völlig neu struktu- riert werden. Auch bei der Auswahl der Medizinstudenten sollen die Uni- versitäten und Fakultäten ein ent- scheidendes Mitspracherecht erhal- ten. Ziel ist es, den Leistungswettbe- werb der Fakultäten zu fördern.

Erstmals soll in der Approbati- onsordnung eine Klausel aufgenom- men werden, nach der Modellversu- che von den Vorgaben des Regelstu- dienganges abweichen und die Prü- fungsanforderungen für den ersten Abschnitt der ärztlichen Prüfung in anderer Weise als durch die vorgese- hene Staatsprüfung erbracht werden können. Die Studenten eines solchen Studiengangs sollen aber – zeitgleich mit den Studierenden des Regelstudi- engangs – am zweiten Abschnitt der Prüfung teilnehmen.

l Auch werden das Prüfungswe- sen und die Prüfungsabschnitte völlig neu strukturiert. Die Zahl der Staats- prüfungen wird künftig von vier auf zwei verringert. Durchgängig soll die Wertigkeit der schriftlichen gegen- über den mündlichen Prüfungen ver- mindert werden. Am Ende des sechs- jährigen Studiums ist eine Staatsprü- fung abzulegen, bei der das Wissen und die Fähigkeit des Studenten über- prüft werden, die ihn zur Ausübung des Arztberufes berechtigen. Als Aus- bildungsziel wird ein Arzt postuliert, der seinen Beruf eigenverantwortlich undselbständig ausüben kann, der zur Weiterbildung befähigt und der zur berufsbegleitenden Fortbildung auf- gerufen ist. Entsprechend soll die bisherige obligatorische 18monatige Phase als Arzt/Ärztin im Praktikum (AiP) entfallen. Dr. Harald Clade A-70

P O L I T I K LEITARTIKEL/AKTUELL

(14) Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 3, 16. Januar 1998

ie Pflegeversicherung hat sich auf die Versorgung der Pfle- gebedürftigen und ihrer An- gehörigen sowie auf die Versorgungs- strukturen positiv ausgewirkt. Zur Zeit kommen aber weder ein niedri- gerer Beitragssatz noch kosteninten- sive verbesserte Leistungen in Be- tracht. Das sind wichtige Ergebnisse des Berichts über die Entwicklung der Pflegeversicherung, den Bundesar- beitsminister Norbert Blüm (CDU) Ende Dezember 1997 vorlegte. Damit wurde erstmals der gesetzliche Auf- trag erfüllt, alle drei Jahre über diesen Versicherungszweig zu berichten.

Rund 1,7 Millionen Pflegebe- dürftigen wird inzwischen geholfen.

Knapp drei Viertel erhalten im Rah- men der häuslichen Pflege Pflegegeld (bis zu 1 300 DM pro Monat) oder Sachleistungen (bis zu einem Wert von 3 750 DM monatlich). Etwa ein Viertel erhält Geld, um die Pflege im Heim zu finanzieren (monatlich 2 000 bis 3 300 DM). Dazu kommt die Absi- cherung ehrenamtlich pflegender An- gehöriger in der Rentenversicherung.

Hierfür wurden 1997 rund zwei Milli- arden DM aufgewendet. Insgesamt wurden von 1995 bis Mitte 1997 rund 45 Milliarden DM von der Pflegever- sicherung ausgegeben.

Polster für die Zukunft

Sie steht derzeit auf sicherem finanziellen Fundament. Die Rück- lagen beliefen sich Ende 1997 auf 8,9 Milliarden DM. Die vorgesehene Mindestreserve beträgt vier Milliar- den DM. Das hat zu Forderungen ge- führt, den Beitragssatz zu senken. Im Pflegebericht werden die Polster je- doch mit Hinweis auf steigende Ko-

sten verteidigt: Im ambulanten Be- reich wählen immer mehr Pflegebe- dürftige statt des Pflegegeldes die teu- reren Sachleistungen. Aufgrund der demographischen Entwicklung geht man auch davon aus, daß es künftig mehr Pflegebedürftige geben wird, die zudem öfter Anspruch auf maxi- male Leistung haben werden.

Ein Argument für die Einfüh- rung der Pflegeversicherung war sei- nerzeit, die Abhängigkeit pflegebe- dürftiger Menschen von der Sozialhil- fe zu beenden. Das ist dem Bericht zu- folge weitgehend gelungen. Die Trä- ger der Sozialhilfe wurden 1997 schät- zungsweise um rund zehn Milliarden DM entlastet. In der ambulanten Pfle- ge sei „der weit überwiegende Teil“

der Pflegebedürftigen nicht mehr von Sozialhilfe abhängig. Im stationären Bereich fällt die Einschätzung schwe- rer. Vor Einführung der Pflegeversi- cherung waren rund 80 Prozent der Heimbewohner Sozialhilfeempfänger.

Aktuellere Daten gibt es noch nicht.

Verfügbare Angaben über die Ausga- ben im Bereich der Hilfe zur Pflege beziehen sich auf 1996, wobei die 2. Stufe der Pflegeversicherung erst zum 1. Juli in Kraft trat. Im Bundes- arbeitsministerium geht man jedoch davon aus, daß auch im stationären Bereich deutlich weniger Menschen auf Sozialhilfe angewiesen sind.

Als positiv wird auch gewertet, daß sich die „Pflegeinfrastruktur“

verbessert hat. Damit ist gemeint, daß mehr bedarfsgerechte Angebote wie ambulante Dienste oder Tages- und Kurzzeitpflegeplätze vorhanden sind.

1996 arbeiteten im Vergleich zu 1993 rund 75 000 Männer und Frauen mehr als festangestellte Vollzeitkräfte in stationären und ambulanten Einrich-

tungen. Sabine Rieser

Entwicklung der Pflegeversicherung

Beitragssatz bleibt – und der Leistungsumfang auch

Die Pflegeversicherung arbeitet einem ersten Bericht zufolge erfolgreich und steht auf sicherem finanziellen Fundament.

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