Die Information:
Bericht und Meinung NACHRICHTEN
• Fortsetzung von Seite 1807 haltsfreibetrag für Alleinstehende mit Kindern bleibt dagegen er- halten.
Arbeitslosengeld, Kurzarbeiter- geld, Schlechtwettergeld und Ar- beitslosenhilfe werden künftig bei der Besteuerung berücksichtigt.
Dadurch soll verhindert werden, daß die Geldleistungen der Nürn- berger Bundesanstalt durch Steu- errückerstattungen im Lohnsteu- erjahresausgleich oder über die Einkommensbesteuerung nach- träglich aufgebessert und unange- messen erhöht werden.
Eine Belastung bedeutet vielfach die Einbeziehung geringfügiger Einkommen in die Beitragspflicht zur Sozialversicherung durch die angestrebte Beseitigung der Versicherungsfreigrenze. Künftig werden damit alle Beschäftigten versicherungspflichtig. Ausnah- men gelten lediglich für Beschäfti- gungen im privaten Haushalt und für jede Beschäftigung von Stu- denten und Schülern.
Mindestbeitrag
in der Krankenversicherung In der Krankenversicherung wird ein Mindestbeitrag eingeführt, da der Beitrag mindestens nach ei- nem Arbeitsentgelt von 390 DM berechnet werden muß. Ein ge- ringfügiges Einkommen von 100 DM monatlich wird künftig mit einem Krankenversicherungsbei- trag von 46,80 DM belastet, wenn der Beitrag der Krankenkasse 12 Prozent beträgt. Insgesamt liegt die Sozialbelastung in diesem Fall bei knapp 70 DM. An diesem Ex- trem-Beispiel wird der Unsinn der Neuregelung und der Sinn der bis- herigen Regelung, nämlich Ar- beitsverdienste unter 390 DM mo- natlich von der Beitragspflicht freizustellen, deutlich. Der Anreiz, in die Schwarzarbeit auszuwei- chen, dürfte sich noch verstärken.
Dennoch rechnet die Bundesre- gierung mit hohen Mehreinnah-
men, so in der Rentenversiche- rung mit 600 Millionen DM und in der Krankenversicherung mit 300 Millionen DM. Für die Arbeitgeber liegt ein gewisser Vorteil darin, daß künftig der Beitrag von Arbeit- gebern und Arbeitnehmern jeweils zur Hälfte aufzubringen ist, wäh- rend bislang für die Beiträge auf Einkommen unter 440 DM der Ar- beiter allein aufzukommen hatte.
Dieser Grundsatz soll für Auszubil- dende und für Schwerbehinderte auch künftig gelten.
Nach 1983 muß mit einer Erhö- hung der Sozialbelastung gerech- net werden, weil dann der Beitrag zur Rentenversicherung wieder auf 18,5 Prozent steigen soll und es wenig wahrscheinlich ist, daß dann die Arbeitslosenversiche- rung wieder mit einem Beitrags- satz von 3 Prozent auskommen wird. Die für 1982/83 vorgesehene Verlagerung der Beitragsbela- stung zwischen Arbeitslosen- und Rentenversicherung erspart den Versicherten zwar gegenwärtig höhere Beitragsleistungen, sie lei- tet aber die weitere Erhöhung der Beitragssätze ein. wst
Geräte-Prüfung
für 100 Millionen DM?
In einem Schreiben an die Par- lamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung, Frau Anke Fuchs, haben der Bundesverband der Freien Berufe (BFB) und der Deutsche Industrie- und Handels- tag (DIHT) gegen das Vorhaben des Bundesarbeitsministeriums protestiert, durch ein Gesetz „Prü- fungen" medizinisch-technischer Geräte vorzuschreiben, die nach Expertenschätzungen Kosten von mehr als 100 Millionen DM jährlich verursachen würden. Beide Ver- bände protestierten gegen den vorgesehenen bürokratischen Umfang der Prüfungen und den Vorrang der amtlich anerkannten Überwachungsorganisationen vor den freiberuflichen Sachverstän- digen. asa
DIE GLOSSE
Sorge um den Arbeitsminister
Zur Bekämpfung der Arbeitslosig- keit beschäftigt sich der Bundes- arbeitsminister mit einem Be- schäftigungsprogramm. Das Wort Arbeit klingt nicht mehr fein, durch das böse Wort Arbeitslosig- keit ist es anrüchig geworden, deshalb nehmen es der Arbeitsmi- nister und seine Mitarbeiter nicht mehr in den Mund. Sie sprechen nur noch von Beschäftigten. Zur Durchführung des Beschäfti- gungsprogrammes muß ein neuer Beschäftigungsminister berufen werden.
Neben den Arbeitsämtern sind Be- schäftigungsämter einzurichten.
Damit können schon eine Menge Beschäftigte ihre Beschäftigung finden. Die zu Beschäftigenden haben natürlich Anspruch auf Be- schäftigungsverträge.
Der Gesetzgeber muß sich damit beschäftigen, neben dem Arbeits- recht nun noch ein Recht auf Be- schäftigung zu schaffen. Die Ar- beitsgerichte werden aufatmen, denn fortan werden im Streitfalle zwischen Beschäftigungsgeber und Beschäftigungsnehmer sich die Beschäftigungsgerichte damit beschäftigen müssen.
Im Krankheitsfall wird der Arzt damit beschäftigt, die Beschäfti- gungsunfähigkeit des Beschäftig- ten festzustellen. Handel und Industrie werden Beschäftigungs- kleidung und Beschäftigungs- werkzeug herstellen. Es wird Beschäftigungsmäntel, Beschäfti- gungsschuhe und Beschäfti- gungshosen geben.
Nicht nur in den Nervenkliniken, wo bisher die Kranken mittels Be- schäftigungstherapie von entspre- chenden Beschäftigungsthera- peutinnen umsorgt wurden, ist man besorgt, womit sich der Ar- beitsminister beschäftigt.
Dr. med.
Friedrich Wilhelm Frentzen
1808 Heft 39 vom 24. September 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT