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ach Meinung von Dámaso Ruiz-Jarabo, Generalan- walt beim Europäischen Ge- richtshof (EuGH) in Luxem- burg, muss der Bereitschafts- dienst auch in deutschen Kran- kenhäusern als Arbeitszeit an-erkannt werden. Denn auch während der Pausen stünden die Ärzte unmittelbar am Ar- beitsplatz für ihre Arbeit zur Verfügung. Dass sie dabei teil- weise auch schlafen dürften, diene ihrer Gesundheit und
der Sicherheit der Patienten, betonte der Generalanwalt am 8. April bei seinem Schlussan- trag. Damit schloss sich Ruiz- Jarabo dem EuGH-Grundsatz- urteil vom 3. Oktober 2000 an, das spanische Ärzte erstritten hatten.
Die Ansicht des Generalan- walts ist für den Gerichtshof nicht bindend. Seine Aufgabe ist es, den Richtern eine recht- liche Lösung der von ihm be- arbeiteten Rechtssachen vor- zuschlagen. In den meisten Fällen folgen die Richter aller- dings dem Votum des Gene- ralanwalts. Das Urteil wird für den Sommer erwartet.
Die Rechtssache C-151/02 geht auf eine Klage des Kieler Krankenhausarztes Dr. Nor- bert Jäger zurück. Um eine Rechtsklärung zum Thema ärztlicher Bereitschaftsdienst zu erreichen, hatte das Lan- desarbeitsgericht Schleswig- Holstein dem EuGH einen Fragenkatalog (Az.: 151/2002) vorgelegt.
A K T U E L L
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A1028 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 1618. April 2003
Kein Patient wünscht sich übermüdete Ärzte im OP. Foto: dpa
Krankenhausärzte
Vorentscheidung in Luxemburg
Der Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs wertet den Bereitschaftsdienst als Arbeitszeit.
Arzneimittel
Grünes Licht für Positivliste
Die Ministerin hofft, 800 Millionen Euro zu sparen.
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as Bundeskabinett hat am 9. April die Einführung ei- ner Liste verschreibungsfähi- ger Arzneimittel beschlossen.Durch die „Positivliste“ kön- ne für gesetzlich Versicher- te „ein dauerhaft hohes und bezahlbares Niveau in der Versorgung mit Arzneimitteln gewährleistet werden“, sagte Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Derzeit gebe es ein auch für Ärzte unüber- schaubares Angebot an Me- dikamenten. Mit dem Instru- ment erhielten die Ärzte eine verlässliche Grundlage zur ra- tionalen und qualitätsgesicher- ten Arzneimitteltherapie. Mit der Liste könnten jährlich rund 800 Millionen Euro ge- spart werden.
Schmidt zufolge enthält die Positivliste alle Arzneimittel, die bei Prävention, Diagnostik und Behandlung von Krank- heiten wirksam und zweck- mäßig einsetzbar sind und von den Kassen erstattet wer- den.Neben schulmedizinischen Arzneimitteln werden auch phytotherapeutische, homöo- pathische und anthroposophi- sche Arzneimittel aufgelistet.
Das Gesetz soll zum 1. Juli in Kraft treten. Eine Zustim- mung des Bundesrates ist nach Meinung der Ministerin nicht erforderlich.
Die Positivliste berücksich- tigt Medikamente, die bis zum 10. Dezember 2002 zugelassen oder genehmigt und in Verkehr waren. Mit einer Übergangsre- gelung werden auch Arznei- mittel einbezogen, die nach diesem Stichtag bis zum In- Kraft-Treten zugelassen wur- den oder eine Genehmigung er- halten haben. Einbezogen wer- den können zudem Präparate, für die ein Antrag auf Aufnah- me gestellt und für die bereits mit einer klinischen Wirksam- keitsprüfung begonnen wurde.
DMP Diabetes
AOK kooperiert mit Hausärzten
Gemeinsames Handbuch
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er Deutsche Hausärztever- band (BDA) und der AOK- Bundesverband haben ein Hausarzt-Handbuch zum Dis- ease-Management von Dia- betikern Typ 2 vorgestellt. Das Buch sei ein weiterer Schritt in einer Partnerschaft für die Patienten, sagten die Vorsit- zenden Prof. Dr. Klaus-Dieter Kossow (BDA) und Dr. Rolf Hoberg (AOK) vergangene Woche in Berlin.Kossow und Hoberg wiesen darauf hin, dass ein erster Grundstein für qualitätsgesi- cherte Behandlungsprogram- me für Diabetes-Patienten be- reits in Hessen gelegt worden sei. Dort hatte der BDA Hes- sen unter anderem mit der AOK eine Rahmenvereinba- rung unterzeichnet, nach der die Kassen mit den Hausärzten
innerhalb des Disease-Man- agement-Programms (DMP) Diabetes Verträge abschließen können. Der Vertrag ist seit dem 1.April in Kraft. Bei sämt- lichen anderen DMP-Verträ- gen sind die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) Ver- tragspartner der Kassen.
Das Diabetes-Handbuch ist Bestandteil des Vertrages in Hessen und steht deshalb zu- nächst den hessischen Haus-
ärzten zur Verfügung. Es ori- entiert sich an der evidenzba- sierten Medizin, erläutert die DMP-Rechtsverordnung und soll den Transfer der DMP in die Praxis erleichtern. Mit dem
Handbuch könne sich der Hausarzt auf seine Rolle als Case-Manager für die chroni- schen Volkskrankheiten vor- bereiten, betonte Kossow. Der BDA unterstütze die DMP trotz mancher Kritik, um die Hausärzte als koordinierende Ärzte bei der Versorgung der Patienten zu stärken.
Um dieses Ziel zu errei- chen, übt der BDA auch in- nerhalb der KVen Druck aus.
„Wir räumen den KVen zwar ein Vortrittsrecht bei DMP- Verhandlungen ein“, sagte Kossow, „wenn die Verträge jedoch nicht auf eine haus- arztzentrierte Lösung hinaus- laufen, schließen wir eigene Verträge ab.“ Das hessische Beispiel demonstriere, wie ein DMP-Vertrag auszusehen ha- be. Hoberg wertete das Vor- gehen in Hessen als „Durch- bruch für andere vertragliche Konstellationen“. Inzwischen haben AOK und BDA auch einen Bundesrahmenvertrag geschlossen, der eine Verein- barung als Basis für mögliche weitere Verträge auf Landes- ebene beinhaltet.