A 408 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 9|
2. März 2012NATIONALER KREBSPLAN
Grünes Licht von der Politik
Nach einer Zeit der Stagnation scheint ein Wendepunkt erreicht: Die Umsetzung des Nationalen Krebsplans nimmt Fahrt auf. Auf dem Krebskongress sagte der Bundesgesundheitsminister seine Unterstützung zu.
E
r lobe nur sehr selten, doch mit der Entwicklung des Na- tionalen Krebsplans und dem jetzi- gen Engagement der Politik sei er äußerst zufrieden, sagte Prof. Dr.med. Werner Hohenberger, Präsi- dent der Deutschen Krebsgesell- schaft, anlässlich des Auftakts des Deutschen Krebskongresses 2012.
„Der Plan wird von der Politik end- lich adäquat zur Kenntnis genom- men. Wir sind sehr zuversichtlich, dass wir auch künftig Unterstüt- zung erhalten.“
Aus dem offensichtlich seltenen Lob des Präsidenten spricht Er - leichterung: Denn nachdem es lange politisch still um den Nationalen Krebsplan war, gibt es jetzt grü- nes Licht für die Umsetzung des be- reits im Juni 2008 vom Bundesge- sundheitsministerium, der Deutschen
Krebsgesellschaft, der Deutschen Krebshilfe und der Arbeitsgemein- schaft Deutscher Tumorzentren ini- tiierten Konzepts. Kurz vor dem Krebskongress, dessen gesundheits- politischer Schwerpunkt diesmal der Nationale Krebsplan war, traf sich Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) mit den zuständigen Spitzenorganisationen, um die Um- setzung abzustimmen. Nun sollen konkrete Maßnahmen ergriffen wer- den. „Ich will die Rahmenbedingun- gen im Gesundheitssystem so ge- stalten, dass ausgehend von dem ho- hen Versorgungsniveau Krebserkran- kungen möglichst vermieden, früh erkannt und nach den neuesten wis- senschaftlichen Erkenntnissen be- handelt werden“, erklärte Bahr.
Der Nationale Krebsplan be- schreibt vier Handlungsfelder und
definiert 13 Ziele (Kasten). Vor al- lem sollen die Früherkennungsan- gebote für Gebärmutterhals- und Darmkrebs weiterentwickelt wer- den. „Mit einem persönlichen Einla- dungssystem und verbesserten In- formationen können wir mehr Men- schen erreichen. Alle sollen sich frei entscheiden, ob sie an der Krebs- früherkennung teilnehmen wollen oder nicht“, betonte der Minister.
Krebsregister im Fokus Der Nutzen von Screeningpro- grammen sei zwar erwiesen, den- noch müsse man auch an die Ri - siken für Patienten denken, die überdiagnostiziert würden, gab der Präsident des Deutschen Krebskon- gresses 2012, Prof. Dr. med. Peter Albers, zu bedenken. „Wir brau- chen eine konsequente Nutzenbe- wertung von Früherkennungsver- fahren“, erklärte der Urologe. Dabei verwies er auf das Prostatakarzi- nom, das bisweilen so langsam wächst, dass eine Behandlung nicht unbedingt erforderlich ist. Hier seien risikoadaptierte Programme gefragt.
Ein weiterer Schwerpunkt des Nationalen Krebsplans liegt in der Weiterentwicklung der onkologi- schen Versorgungsstrukturen und deren Qualität. Priorität soll der flä- chendeckende Ausbau von klini- schen Krebsregistern bekommen.
Dafür setzt sich vor allem auch Ho- henberger ein. „Mit unserer gegen- wärtigen Qualitätssicherung können wir zwar beurteilen, wie gut Leitli- nien umgesetzt werden, aber nur klinische Krebsregister machen er- kennbar, wie sich diese Behandlung auf das Überleben und die Lebens- qualität unserer Patienten auswirkt“, betonte er. Bislang fehlten vor allem gesetzliche Vorgaben.
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Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
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Handlungsfeld 1: Weiterentwicklung der KrebsfrüherkennungZiel 1: Steigerung der Inanspruchnahme der Krebsfrüherkennungsprogramme
Ziel 2: Berücksichtigung der europäischen Emp- fehlungen
Ziel 3: Evaluation der Früherkennungsprogramme hinsichtlich ihres Nutzens
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Handlungsfeld 2: Weiterentwicklung der onkologischen Versorgungsstrukturen und der QualitätssicherungZiel 4: Qualitativ hochwertige Versorgung für alle Patienten
Ziel 5: Einheitliche Konzepte und Bezeichnungen für die Qualitätssicherung sowie Zertifizierung on- kologischer Behandlungseinrichtungen
Ziel 6: Evidenzbasierte Behandlungsleitlinien (S3-Leitlinien) für alle häufigen Tumorarten Ziel 7: Sektorenübergreifende, integrierte onkolo- gische Versorgung
Ziel 8: Onkologische Qualitätsberichterstattung Ziel 9: Angemessene psychoonkologische Versor- gung
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Handlungsfeld 3: Sicherstellung einer effi- zienten onkologischen BehandlungZiel 10: Fairer und schneller Zugang zu nach- weislich wirksamen innovativen Krebstherapien
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Handlungsfeld 4: Stärkung der Patienten - orientierungZiel 11: Niederschwellige, zielgruppengerechte und qualitätsgesicherte Informations-, Beratungs- und Hilfsangebote
Ziel 12: Adäquater Umgang mit Krebspatienten und ihren Angehörigen durch Verbesserung der Kommunikationskompetenzen sowie Stärkung der Patientenkompetenz
Ziel 13: Aktive Einbeziehung von Patientinnen und Patienten in die Entscheidung über medizinische Maßnahmen