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Jährliche Veränderung SSE in Franken pro Einwohner,

5.5 Gewährleistung einer minimalen Ausstattung mit finanziellen Ressourcen der Kantone

5.5.2 Zielgrösse 85 beim Ressourcenausgleich

Historie

Die Idee einer «Mindestausstattung» der Kantone mit eigenen Ressourcen geht auf die Anfänge des Projekts NFA zurück. Jene Arbeitsgruppe, die sich mit der «Stärkung der Eigenfinanzierungskraft der Kantone» befasste, schlug im Jahr 1995 vor:1

Ein Ziel des Finanzausgleichs ist, dass jeder Kanton seine Kernaufgaben ohne übermässige Belastung seiner Bürgerinnen und Bürger selber finanzieren kann. [...] Die Gruppe ist der An-sicht, dass die Festlegung der Mindestausstattung aufgrund der unterschiedlichen Ausgaben der Kantone und Gemeinden2 zur Erfüllung ihrer Grundaufgaben erfolgen sollte. Dabei ist aufgrund der Vergleichsdaten anzunehmen, dass die garantierte Mindestausstattung, ohne dass eine optimale Grösse bestimmt werden kann, zwischen 82 und 90 Indexpunkten liegen sollte. Ausserdem müsste ein pragmatisches Vorgehen zur Bestimmung eines garantierten Minimums nach Ansicht der Arbeitsgruppe von den aktuell für den Ausgleich verfügbaren Beträgen ausgehen. Diese beiden Methoden führen zu übereinstimmenden Ergebnissen.

Für die Bestimmung der Mindestausstattung waren demnach folgende Gedanken wegwei-send:

– Jeder Kanton soll die ihm zugeordneten Aufgaben möglichst autonom erfüllen können.

Faktisch bedingt dies, dass jeder Kanton seine Basisaufgaben autonom finanzieren kann.

Dies soll ihm möglich sein, ohne dass er die Bürgerinnen und Bürger mit Steuern über- mässig belasten muss. Jeder Kanton soll deshalb – nach Ressourcenausgleich – eine be-stimmte Mindestausstattung an eigenen Mitteln aufweisen.

– Die Festlegung dieser Mindestausstattung sollte aufgrund der interkantonalen Disparitäten bei den Pro-Kopf-Ausgaben der Kantone und ihrer Gemeinden zur Erfüllung ihrer Grund-aufgaben3 erfolgen. Die Überlegung dabei war: Je niedriger sich das Ausgabenniveau

1 Stärkung der Eigenfinanzierungskraft der Kantone / Reinforcement de la capacité financière propre des cantons, Rapport final du groupe de travail 4 à l’organe directeur, Berne, décembre 1995.

2 Es ist üblich, bei interkantonalen Ausgaben-Vergleichen auf die Ausgaben der Kantone plus ihrer Gemeinden abzu-stellen. Dadurch wird die von Kanton zu Kanton unterschiedliche Aufgabenteilung zwischen Kanton und Gemein-den neutralisiert.

3 Zu den Grundaufgaben wurden damals alle Aufgaben gemäss funktionaler Gliederung gezählt, mit Ausnahme der kantonalen Hochschulen und der von Kanton zu Kanton und von Jahr zu Jahr stark schwankenden kantonalen Bei-träge an die Finanzierung der Nationalstrassen.

Bei gleichbleibendem Verhältnis zwischen horizontalem und vertikalem Ressourcenausgleich müssten die ressourcenstarken Kantone 2014 rund 202 Millionen weniger an die ressour-censchwachen Kantone zahlen, und der Beitrag des Bundes würde um fast 297 Millionen reduziert. Dies hiesse aber auch, dass die ressourcenschwachen Kantone insgesamt 499 Mil-lionen oder 13,4 Prozent weniger Beiträge bekämen. Wegen der veränderten Progression würden die Auswirkungen auf die ressourcenschwächsten Kantone moderater ausfallen als auf solche mit einem Ressourcenindex von annähernd 100.

Ähnliche Ergebnisse aber in geringerem Ausmass liegen auch in den anderen Jahren vor. Ins-gesamt war die horizontale Dotation 2008-2014 rund 278 Millionen, die vertikale Dotation über 422 Millionen zu hoch.

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der ressourcenschwächsten Kantone im Vergleich zu jenem aller Kantone präsentiert, desto geringer kann – bei gleichem «Kostendeckungsgrad» – auch ihr Einnahmenniveau sein, folglich auch der so genannte standardisierte Steuerertrag pro Einwohner nach Ressourcenausgleich; an ihm misst sich schliesslich auch die Mindestausstattung.

– Entsprechende Untersuchungen ergaben, dass bei den Grundaufgaben das

Ausgabenniveau der ressourcenschwächsten Kantone zwischen rund 10 und rund 20 Pro-zent unter jenem aller Kantone lag. Von da her und mit obenstehender Grundüberlegung war die Mindestausstattung auf 80 bis 90 Punkte festzulegen; dies bei einer durchschnittli-chen Ausstattung aller Kantone von 100 Punkten.

– Dies alles berücksichtigt, empfahl die damalige Arbeitsgruppe eine Mindestausstattung von 87 Punkten.

Auf dieser Empfehlung basierte dann auch der so genannte «Konkretisierungsbericht» zur NFA von 1999.4

In der Vernehmlassung zu diesem Bericht plädierten gewisse ressourcenschwache Kantone, aber auch die CVP, die SPS und der SGB, für einen höheren, einzelne ressourcenstarke Kanto-ne für eiKanto-nen tieferen Wert. Diverse KantoKanto-ne und OrganisatioKanto-nen sprachen sich dafür aus, im Gesetz eine Bandbreite zu verankern; im Vordergrund stand dabei eine solche zwischen 80 und 90 Punkten.

In der Botschaft zur Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgaben zwischen Bund und Kantonen von 2001 wurde dann ein «anzustrebender Zielwert» vorgeschlagen, im Sinne eines Kompromisses der auch heute noch gesetzlich verankerte Wert von mindestens 855. In den Kommissions- und Plenumsdebatten der eidgenössischen Räte war die Höhe des Mindestausstattungsziels dann überraschenderweise kein Thema; der Wert 85 schien «sakro-sankt». Die Diskussionen drehten sich in diesem Zusammenhang einzig um die Frage, ob der Wert 85 ein «garantiertes Minimum» oder ein «anzustrebendes Ziel» darstellen sollte.

Im Artikel 6 Absatz 3 des FiLaG wurde im Jahr 2003 der Wert von mindestens 85 schliesslich als «anzustrebendes Ziel» verankert.

Mindestausstattung im Lichte der aktuellen Daten

Ausgehend von den ursprünglichen Überlegungen, wird im Folgenden untersucht, wie der Zielwert für die Mindestausstattung im Lichte der seitherigen Entwicklung zu beurteilen ist.

Dabei interessiert einmal die Ausgabenentwicklung. Um Abgrenzungsdiskussionen zu vermei-den, wird hier auf die Gesamtausgaben pro Einwohner abgestellt, dabei jedoch auf die für die Kantone (und ihre Gemeinden) letztlich belastungsrelevanten Ausgaben nach Abzug der Bundesbeiträge. Dargestellt werden die Entwicklungen bei den Kantonen insgesamt und bei jenen vier6 Kantonen, die in den letzten rund 20 Jahren, das heisst seit Beginn der

4 EFD/KdK, Der Neue Finanzausgleich zwischen Bund und Kantonen, Bern/Solothurn, 1999.

5 BBl 2002 2568. Der «anzustrebende Zielwert» war damit zu begründen (S. 2476), dass wegen den während vier Jahren jeweils vorgegebenen Dotationen des Ressourcenausgleichs und je nach Konstellation der Ressourcenindizes der Kantone die Erreichung des Mindestausstattungsziels von 85 Prozent des schweizerischen Durchschnitts nicht für alle Kantone und jedes Jahr gewährleistet werden kann.

6 Es sind dies die Kantone Uri, Jura, Wallis und Freiburg.

Projektarbeiten NFA, stets zu den ressourcenschwächsten gehörten. Bei den Zahlen ist zu be-rücksichtigen, dass im Jahr 2008 eine neue Sektorisierung erfolgte (Abstimmung der funkti-onalen Gliederung der schweizerischen Finanzstatistik auf jene der EU), was in jenem Jahr zu einem gewissen Strukturbruch führte. Es ergibt sich folgendes Bild:

Tabelle 5.06 Pro-Kopf-Ausgaben der Kantone und ihrer Gemeinden*, nach Abzug der Bundesbeiträge; 1994–2011

alle Kantone 10'395 100% 11'770 100% 12'292 100% 12'095 100% 12'187 100% 12'347 100% 12'987 100%

4 ressourcen-schwächste Kantone ***

8'525 82% 9'680 82% 10'481 85% 11'541 95% 11'643 96% 11'825 96% 12'179 94%

Datenquelle: Sonderauswertung der Sektion Finanzstatistik der EFV.

* ohne ausserordentliche Ausgaben

** 1994 = Jahr des Projektbeginns NFA

*** gewogenes Mittel (Kantone UR, JU, VS, FR)

Pro-Kopf-Ausgaben der Kantone und ihrer Gemeinden *, nach Abzug der Bundesbeiträge; 1994-2010 **

1994** 2002 2005 2008 2009 2010

Ausgaben nach Abzug der Bundesbeiträge

2011

Augenfällig ist der Unterschied zwischen den Perioden vor und nach Inkrafttreten der NFA:

Mit dem alten Regime beliefen sich nach Abzug der Bundesbeiträge die Pro-Kopf-Ausgaben der vier ressourcenschwächsten Kantone auf eine Grössenordnung von 80 bis 85 Prozent aller Kantone. Mit der Einführung der NFA ist diese Relation auf rund 95 Prozent angestiegen.

Wie die nachfolgende Tabelle 5.07 zeigt, hängt diese Entwicklung vor allem mit jener der Bundesbeiträge zusammen:

Tabelle 5.07 Bundesbeiträge an Kantone, pro Einwohner (in CHF); 1994–2011 Tabelle 5.07 Bundesbeiträge an Kantone, pro Einwohner (in CHF); 1994-2010

1994 2002 2005 2008 2009 2010 2011

alle Kantone 1'094 1'479 1'479 1'344 1'343 1'352 1'338

4

ressourcen-schwächste Kantone * 2'531 2'681 2'510 1'948 1'898 2'115 2'076

4

ressourcen-schwächste Kantone in

% aller Kantone

231% 181% 170% 145% 141% 156% 155%

Datenquelle: Sonderauswertung der Sektion Finanzstatistik der EFV.

* gewogenes Mittel (Kantone UR, JU, VS, FR)

In den Jahren vor Einführung der NFA ist den vier ressourcenschwächsten Kantone pro Ein-wohner im Vergleich zu allen Kantonen das rund 1 ½- bis 2 ½-fache an Bundesbeiträgen zugeflossen; dies je nach Höhe der Investitionsbeiträge. Nach Inkrafttreten der NFA ist es noch etwa das 1 ½-fache, für die vier ressourcenschwächsten Kantone mithin ein relativer Rückgang um durchschnittlich gut 25 Prozent. Dieser Rückgang dürfte wesentlich von dem

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mit der NFA erfolgten Wegfall der so genannten Finanzkraftzuschläge zu den Bundesbeiträ-gen herrühren.7 Letztlich führte dieser Wegfall indessen nicht zu einer Schlechterstellung der ressourcenschwachen Kantone, denn das Äquivalent der wegfallenden Finanzkraftzuschläge ist seit 2008 im Beitrag des Bundes an den Ressourcenausgleich enthalten und leistet damit auch einen Beitrag an die Finanzierung der Mindestausstattung von 85%.8 Kommt hinzu, dass sich die Ressourcenausgleichszahlungen (und damit auch die Mindestausstattung) seit 2008 fast doppelt so dynamisch entwickelt haben wie die Ausgaben der vier ressourcen-schwachen Kantone bzw. gut 1 ½ mal stärker als die Ausgaben aller Kantone.

Es erstaunt deshalb nicht, dass für die vier ressourcenschwächsten Kantone trotz relativ hö-herer Ausgabenlast keine «Finanzierungslücke» entstanden ist, sondern per Saldo gar eine leichte Besserstellung.

Tabelle 5.08 Mindestausstattung (85% des SSE alle Kantone) im Verhältnis zu den Pro-Kopf-Ausgaben der Kantone und ihrer Gemeinden nach Abzug der Bundesbeiträge, in CHF; 2008–2011

Tabelle 5.08

2008 2009 2010 2011

Ausgaben alle Kantone, nach

Abzug der Bundesbeiträge 12'095 12'187 12'347 12'987

2008 = 100 100.0 100.8 102.1 107.4

Ausgaben 4 ressourcen-schwächste Kantone, nach Abzug der Bundesbeiträge *

11'541 11'643 11'825 12'179

2008 = 100 100.0 100.9 102.5 105.5

Mindestausstattung (85% des

SSE aller Kte.) 6'365 6'446 6'648 6'945

2008 = 100 100.0 101.3 104.4 109.1

Mindestausstattung im Verhält-nis zu den Ausgaben nach Abzug der Bundesbeiträge:

- bei allen Kantonen 53% 53% 54% 53%

- bei den 4 ressourcen-schwächsten Kantonen

55% 55% 56% 57%

* gewogenes Mittel (Kantone UR, JU, VS, FR)

Mindestausstattung (85%) im Verhältnis zu den Pro-Kopf-Ausgaben der Kantone und ihrer Gemeinden nach Abzug der Bundesbeiträge, in CHF; 2008-2010

Die Tabelle 5.08 enthält nur Daten für die Jahre 2008 bis 2011, weil für die Jahre vor 2008 der für die Berechnung der Mindestausstattung notwendige standardisierte Steuerertrag der Kantone nicht in vergleichbarer Art verfügbar ist.

Der Wert in Franken für die Mindestausstattung ist im Verhältnis zu den Ausgaben seit Ein-führung der NFA praktisch konstant geblieben; dies namentlich im Verhältnis zu den Ausgaben aller Kantone. Auch in diesem Licht kann der ganz leichte Anstieg der Mindest ausstattung im

7 Vor Einführung der NFA, belief sich die Summe aller Finanzkraftzuschläge zu Gunsten aller ressourcenschwachen Kantone auf ca. 860 Millionen (Quelle: Finanzausgleichsbilanz 2007 der EFV).

8 Zusätzlich ermöglichte der mit dem Übergang zur NFA verbundene Härteausgleich, dass im Vergleich zum früheren Regime kein ressourcenschwacher Kanton schlechter gestellt wurde.

Verhältnis zu den Ausgaben der vier ressourcenschwächsten Kantone ab 2009 noch nicht als signifikant bezeichnet werden; eine Senkung des Zielwerts für die Mindestausstattung wäre aufgrund der aktuellen Datenlage somit verfrüht.

Fazit

Als Fazit kann deshalb festgehalten werden, dass sich aufgrund des Vergleichs mit der Aus-gabenentwicklung zurzeit weder eine Erhöhung noch eine Senkung des Zielwerts 85 für die Mindestausstattung aufdrängt. (Zum Mindestausstattungziel von Index 85 siehe im Übrigen auch Kapitel 9.)

5.6 Ausgleich von übermässigen geografisch-topografischen (GLA)

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