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Reaktion der Bemessungsgrundlage auf die Konjunktur

Kantone mit Sonderlasten

5.3 Verringerung der Unterschiede in der finanziellen Leistungsfähigkeit und in der Steuerbelastung der Kantone

5.3.2 Reaktion der Bemessungsgrundlage auf die Konjunktur

Die EFV hat in einer Studie für den vorliegenden Wirksamkeitsbericht die Wirkung der Kon-junktur auf den Ressourcenausgleich eingehend untersucht.1 Es wurde analysiert, wie die Konjunktur auf die Aggregierte Steuerbemessungsgrundlage, das Ressourcenpotenzial wie auch auf wichtige Branchen wirkt. Ein spezielles Augenmerk gilt den Auswirkungen von Kon-junkturausschlägen (Boomjahr 2007 und Krisenjahr 2009).

Konjunktur und Bemessungsgrundlage

In der Schweiz dauert ein Konjunkturzyklus erfahrungsgemäss vier bis acht Jahre. In einem ersten Schritt wird gezeigt, dass die zwei wichtigsten Elemente der ASG, die massgebenden Einkommen natürlicher Personen und die massgebenden Gewinne juristischer Personen von der Konjunktur beeinflusst werden.2

Für die massgebenden Einkommen natürlicher Personen lassen sich die Ergebnisse wie folgt zusammenfassen:3

– Die Konjunktur der Schweiz (nationale Konjunktur) wirkt sich mit einer Verzögerung von bis zu drei Jahren auf die Einkommen aus. Diese Verzögerung ist hauptsächlich auf die nationale und internationale Konjunktur zurückzuführen.

– Die kantonale Konjunktur schlägt sich bereits nach einem Jahr in den Einkommen nieder.

– Für die Bankenwertschöpfung und damit den Finanzsektor lässt sich kein signifikanter Ein-fluss auf die Einkommen nachweisen.

Insgesamt deuten die Schätzungen darauf hin, dass sich die nationale und vor allem die Konjunktur der EU mit einer Verzögerung von bis zu drei Jahren auf die massgebenden Ein-kommen der natürlichen Personen auswirken, während sich die kantonale Konjunktur rascher auswirkt.

Für die Gewinne juristischer Personen sind die Ergebnisse wie folgt:

– Die nationale Konjunktur wirkt zeitnäher auf die Gewinne als auf die Einkommen (max.

2 Jahre).

– Einen signifikanten direkten Einfluss auf die Gewinne haben zudem die europäische Kon-junktur (über die Wechselkurse), die Entwicklung des Finanzsektors und Ölpreisschwan-kungen.

1 Die Studie EFV (2013a) stellt eine eingehende Analyse der Wirkung der Konjunktur auf den Ressourcenausgleich dar. Die Ausführungen im Wirksamkeitsbericht fassen die Hauptergebnisse der Studie zusammen.

2 Diese zwei Elemente machen bereits über 85 Prozent der ASG aus. Der Nichteinbezug der Vermögen natürlicher Personen in die Analyse hat drei Gründe: 1. machen sie einen geringeren Anteil der ASG aus (weniger als 5 Pro-zent), 2. weisen sie durch die Anpassung des Faktors Alpha im Referenzjahr 2012 einen erheblichen Strukturbruch auf und 3. sind sie auch stark von anderen Faktoren wie z.B. der Entwicklung auf den Immobilienmärkten beein-flusst. Die Elemente quellenbesteuerte Einkommen und Steuerrepartition wurden auf Grund ihres geringen Anteils an der ASG nicht in die Analyse einbezogen. Die quellenbesteuerten Einkommen weisen im Übrigen eine hohe Korrelation mit den Einkommen der natürlichen Personen auf.

3 Für die Analyse der Konjunktureffekte wurde eine sog. Paneldatenregression verwendet. Zur Erklärung des verwen-deten Schätzmodells vgl. EFV (2013a) Kasten 1 und Tabelle 2.

– Die Schätzergebnisse zur kantonalen Konjunktur zeigen im Gegensatz zum Effekt auf die Einkommen der natürlichen Personen kein einheitliches, interpretierbares Bild. Ebenfalls keine schlüssigen Resultate weisen die Schätzungen mit den Variablen Exporte, BIP der 15 westlichen EU-Staaten, BIP der USA, Ertragslage der Industrie und den wichtigsten Schlüsselbranchen (Banken, Tourismus, Uhren-, und Maschinen- und Pharmaindustrie).

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die massgebenden Gewinne juristischer Personen sowohl durch die kantonale, nationale und internationale (v.a. EU) Konjunktur relativ zeitnah beeinflusst werden. Allerdings kann durch die Konjunktur nur ein kleiner Teil des kurzfristigen Gewinnverlaufs erklärt werden. Insgesamt weisen die Einkommen der natürlichen Personen einen stärkeren Zusammenhang zur Konjunktur auf als die Unternehmensgewinne.

Kantonale und nationale Konjunktur

In einem zweiten Schritt wurde anhand von Streudiagrammen untersucht, wie unterschied-lich die Konjunkturreagibilität der kantonalen Konjunktur ist und welche Rolle gewisse Schlüsselbranchen für einzelne Kantone spielen.

Aus nachfolgender Abbildung lässt sich ablesen, dass die kantonalen Konjunkturentwick-lungen grösstenteils mit dem nationalen Konjunkturzyklus synchronisiert sind. Auf der ver-tikalen Achse ist jeweils das Wachstum des kantonalen BIP und auf der horizontalen Achse das Wachstum des nationalen BIP aufgetragen. Jeder Datenpunkt im Diagramm zeigt die BIP-Entwicklung eines bestimmten Jahres. Die Steigung der eingezeichneten Regressions-linie sowie das sog. Bestimmtheitsmass zeigen den Zusammenhang zwischen der kanto-nalen und der natiokanto-nalen Konjunktur. Der Kanton Zürich weist z.B. einen proportiokanto-nalen Zusammenhang zur Schweizerischen Volkswirtschaft auf. So zeigt Abbildung 5.06, dass die Steigung der Regressionslinie ungefähr 1 beträgt. Zudem können 72 Prozent der Kon-junkturschwankungen des Kantons Zürich durch die nationale Konjunktur erklärt werden (rot eingefärbte Prozentzahl, entspricht dem sog. Bestimmtheitsmass R2). Stark durch die nationale Konjunkturentwicklung getrieben sind die Kantone Tessin, Waadt und Neuenburg (Bestimmtheitsmass 80 oder höher). Dagegen ist die Wirtschaft in den Kantonen Uri, Appenzell-Innerrhoden und Glarus weniger stark von der nationalen Konjunktur beeinflusst (Bestimmtheitsmass unter 40).

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Abbildung 5.06 Kantonale versus nationale Konjunktur – Zusammenhang von nationa-lem und kantonanationa-lem realen BIP 1981–2011 (R2:= Prozentangabe in rot) realen BIP 1981 – 2010 (R2:= Prozentangabe in rot)

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Zur Abklärung wie abhängig die kantonale Konjunktur von verschieden Schlüsselbranchen4 ist, wurde die Wachstumsrate des kantonalen BIP der Wachstumsrate der Wertschöpfung der jeweiligen Branche gegenübergestellt. Exemplarisch wird in nachfolgender Abbildung die Korrelation zwischen dem Finanzsektor (Kreditgewerbe und Versicherungen) und dem kanto-nalen BIP gezeigt.

4 Die untersuchten Schlüsselbranchen sind der Finanzsektor (Banken und Versicherungen), die pharmazeutische In-dustrie, die Uhren-, und Maschinenindustrie sowie der Tourismus. Die dazugehörenden Streudiagramme finden sich im Bericht EFV (2013a) in den Abbildungen 2 bis 7.

Abbildung 5.07 Zusammenhang von realer Wertschöpfung Finanzsektor und kantona-lem realen BIP 1981–2010 (R2:= Prozentangabe in rot)

Prozentangabe in rot)

Erwartungsgemäss übt der Finanzsektor einen positiven Einfluss auf das BIP der Kantone mit einem relevanten Finanzplatz (Zürich, Genf und Tessin) sowie auf den Kanton Zug aus.

Die Tatsache, dass die Entwicklung des Finanzsektors 35 Prozent der Schwankungen des BIP des Kantons Zürich erklärt, macht deutlich, dass der Finanzsektor für Zürich eine wesentlich grössere Bedeutung hat als für die anderen Kantone. In den Kantonen Genf, Zug und Tessin beträgt dieser Effekt noch rund 10 Prozent, während in den übrigen Kantonen praktisch kein Einfluss des Finanzsektors auf das BIP festgestellt werden kann (Bestimmtheitsmass nahe bei 0).

Bei den anderen untersuchten Schlüsselbranchen zeigt sich, dass wie erwartet die stärkste Abhängigkeit von der Pharmaindustrie im Kanton Basel-Stadt besteht. Die Uhrenindustrie ist für die Kantone Schaffhausen und Neuenburg von hoher Relevanz, die Maschinenindustrie

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für die Kantone St. Gallen, Freiburg, Neuenburg, Solothurn, Bern, Luzern und Waadt. Der Verlauf der Konjunktur ist wie erwartet in den Tourismuskantonen Wallis und Graubünden besonders stark vom Tourismus abhängig.

Glättung des Konjunkturzyklus?

Bei der Berechnung des Ressourcenpotenzials wird zur Glättung von Schwankungen der Mittelwert aus den drei letzten verfügbaren ASG gebildet. Statistisch lässt sich das Ausmass der Glättung des Ressourcenpotenzials gegenüber der ASG über einen Vergleich der Streu-ung (anhand ihrer StandardabweichStreu-ungen) beider Zeitreihen ermitteln. Es zeigt sich, dass der Glättungseffekt des Ressourcenpotenzials in den Kantonen sehr unterschiedlich ist. So fällt beispielsweise die Glättung des Ressourcenpotenzials im betrachteten Zeitraum in den Kan-tonen Graubünden, Jura und Neuenburg mit 75 bis 80 Prozent hoch aus. Dagegen konnte in den Kantonen Basel-Landschaft oder Appenzell Ausserrhoden nur gerade 4 bis 9 Prozent der ASG-Schwankungen geglättet werden. Die grosse Bandbreite der Ergebnisse lässt sich da-durch erklären, dass die Verwendung eines Mittelwerts sehr sensitiv auf extreme Beobachtun-gen reagiert. Findet sich ein extremer Wert in der Dreijahresperiode zur Bildung des Durch-schnitts, so ist der Dreijahresdurchschnitt aufgrund der Ausreissersensitivität des Mittelwerts stark in Richtung des Extremwerts verzerrt. Der Glättungseffekt fällt entsprechend gering aus.

Die Glättung des Ressourcenpotenzials wird somit stärker durch das Muster der Konjunktur als durch die Konjunkturphase selbst bestimmt.

Wirkung starker Konjunkturausschläge

Ein Hauptaugenmerk der Studie der EFV lag bei der Analyse von Konjunkturausschlägen.

Im Folgenden wird zusammengefasst, wie sich das Boomjahr 2007 und die Wirtschaftskrise 2009 auf die ASG auswirkte und wie die zwei Hauptelemente (die Einkommen natürlicher Personen und die Gewinne juristischer Personen) auf diese Konjunkturausschläge reagierten.

Die Untersuchung zeigt, dass die Mehrheit der Kantone gemäss ASG-Index ihre Position im Boomjahr 2007 und in der Wirtschaftskrise 2009 gegenüber dem Schweizer Mittel nur ge-ringfügig verändert hat. Trotzdem ist in Bezug auf das Boomjahr 2007 und die Wirtschafts-krise 2009 kein durchgängig identisches kantonales Reaktionsmuster der ASG festzustellen.

Dies gilt insbesondere für die ressourcenstarken Kantone. Die Analyse erfolgt mit Hilfe eines Vier-Quadranten-Schema des ASG-Index. Als Vergleichsjahre sind die Jahre 2005 bzw. 2008 (in Abbildung 5.08) genommen worden, in denen sich die Schweizer Volkswirtschaft in einer normalen Phase des Konjunkturzyklus befunden hat. 5

5 Mit dem Vier-Quadranten-Schema soll die Veränderung der relativen Position der Kantone in einem Krisen- bzw.

Boomjahr (y-Achse) gegenüber einem Vergleichsjahr (x-Achse) ermittelt werden. Ist ein Kanton im zweiten Qua-dranten (oben rechts) angesiedelt, ist dieser Kanton unabhängig von der Krise oder dem Boom gemäss ASG ressourcenstark. Der Umkehrfall gilt für einen Kanton im vierten Quadranten (unten links). Falls sich ein Kanton im ersten Quadranten (oben links) befindet bedeutet dies, dass er im Krisen- (bzw. Boomjahr) gemäss ASG als ressourcenstark eingestuft werden kann, aber im Referenzjahr als ressourcenschwach. Der Umkehrfall liegt vor, wenn sich der Kanton im dritten Quadranten (unten rechts) befindet. Weiterhin ist eine Winkelhalbierende einge-zeichnet, mit der abgelesen werden kann, wie sich die Position eine Kantons gegenüber den anderen Kantonen im Krisen- (bzw. Boomjahr) verändert hat. Falls ein Kanton rechts der Winkelhalbierenden liegt, bedeutet dies, dass sich seine relative Position im Krisen- bzw. Boomjahr gegenüber dem Vergleichsjahr verschlechtert hat. Linksseitig der Winkelhalbierenden liegt eine Verbesserung vor. Befinden sich die Kantone auf der Winkelhalbierenden, hat sich ihre relative Position nicht verändert. Vgl. Kasten 4, EFV (2013a).

Abbildung 5.08 Reaktion der ASG im Boomjahr 2007 Abbildung 5.08 Die ASG im Boomjahr 2007

AG

Im Boomjahr 2007 liegen die meisten Kantone nahe der Winkelhalbierenden. Dies bedeutet, dass die Mehrheit der Kantone ihre relative Position bezogen auf den ASG-Index nicht verän-dert hat. Jedoch verbessert sich die Position der Kantone Basel-Stadt und Waadt im Boomjahr gegenüber dem Vergleichsjahr 2005 deutlich. Dies ist aufgrund überdurchschnittlich steigen-der Gewinne im ASG-Index zurückzuführen.6 Die Verbesserung der Position der Kantone Schwyz und Zug erfolgte auf Grund ihrer überdurchschnittlich starken Einkommenszunahme.

Hingegen verschlechtert sich der Kanton Zürich im ASG-Index aufgrund eines Sondereffekts

6 Für die Darstellung der Vier-Quadraten-Schema der Indies der massgebenden Gewinne juristischer Personen sowie der Einkommen natürlicher Personen vgl. EFV (2013a) Abbildung 15 und 16.

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bei den massgebenden Gewinnen deutlich. Der Rückgang des Ressourcenindex von Zürich hatte Auswirkungen auf die Höhe der Zahlungen der übrigen ressourcenstarken Kantonen.

Dieser Effekt ist systeminhärent. Kapitel 8 setzt sich mit diesem Effekt, der sogenannten «So-lidarhaftung», vertieft auseinander . Die Verschlechterung des ASG-Index fällt im Übrigen bei den Kantonen Nidwalden und Genf viel geringer aus. Bei den ressourcenschwachen Kanto-nen verbessert sich die Position der Kantone Obwalden und Tessin.

Noch eine geringere Bewegung als in der Phase der Hochkonjunktur ist bei der relativen Po-sition der Kantone im Krisenjahr 2009 gegenüber dem Vergleichsjahr 2008 festzustellen. Die meisten Kantone befinden sich praktisch auf der Winkelhalbierenden des Vier-Quadranten-Schemas.

Abbildung 5.09 Reaktion der ASG im Krisenjahr 2009 Abbildung 5.09 Die ASG im Krisenjahr 2009

AG

Von der Krise im Jahr 2009 sind die Kantone Genf, Neuenburg und Zug überdurchschnittlich betroffen, was auf die rückläufige Entwicklung bei den massgebenden Gewinnen in diesen Kantonen zurückzuführen ist.

Fazit

Die Analyse der Konjunkturwirkung auf den Ressourcenausgleich zeigt, dass die zwei wich-tigsten Elemente der ASG (Einkommen und Gewinne) durch die nationale Konjunktur be-einflusst werden. Die Konjunktur wirkt mit einer Verzögerung von bis zu drei Jahren auf die massgebenden Einkommen und mit einer Verzögerung von nur einem Jahr auf die massge-benden Gewinne. Die ASG ist somit konjunkturabhängig. Die kantonale Konjunktur verläuft in den meisten Kantonen mehr oder weniger synchron zur nationalen Konjunktur. Es sind aber deutliche Unterschiede in der Reaktion auf starke Konjunkturausschläge sichtbar. Die Position eines Kantons gegenüber dem nationalen Durchschnitt verändert sich eher in der Hochkonjunktur (2007) als in der Rezession (2009) und eher bei einem ressourcenstarken als bei einem ressourcenschwachen Kanton. Die unterschiedliche Reaktion der Kantone auf die Konjunktur dürfte u.a. auf die Eigenheit in der kantonalen Wirtschaftsstruktur zurückzufüh-ren sein. Des Weitezurückzufüh-ren ist kein systematischer Zusammenhang zwischen der ASG und dem Ressourcenpotenzial in Bezug auf die Konjunktur festzustellen. Dies ist auf die Bildung von Dreijahresdurchschnitten beim Ressourcenpotenzial (Glättung) zurückzuführen. Die Glättung fällt in den einzelnen Kantonen sehr unterschiedlich aus. Dies ist mit der Ausreissersensitivität bzgl. extremen Beobachtungen in den entsprechenden drei Jahren zu erklären.

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