• Keine Ergebnisse gefunden

Steuererleichterungen im Rahmen der Regionalpolitik (ehemals «Bonny-Beschluss»)

Jährliche Veränderung SSE in Franken pro Einwohner,

5.4.5 Steuererleichterungen im Rahmen der Regionalpolitik (ehemals «Bonny-Beschluss»)

Rechtliche Grundlagen

Auf den 1.1.2008 ist das Bundesgesetz über Regionalpolitik in Kraft getreten.1 Damit erhielt der ehemalige so genannte «Bonny-Beschluss» über Steuererleichterungen zu Gunsten wirt-schaftlicher Erneuerungsgebiete2 in Artikel 12 des Gesetzes eine neue Rechtsgrundlage:

Art. 12 Steuererleichterungen

1  Soweit ein Kanton Steuererleichterungen nach Artikel 23 Absatz 3 des Bundesgeset­

zes vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kan­

tone und Gemeinden gewährt, kann der Bund für die direkte Bundessteuer ebenfalls Steuererleichterungen gewähren.

Steuererleichterungen bei der direkten Bundessteuer werden nur gewährt, soweit:

a. ein industrielles Unternehmen oder ein produktionsnaher Dienstleistungsbetrieb neue Arbeitsplätze schafft oder bestehende neu ausrichtet;

b. das Vorhaben die regionalwirtschaftlichen Anforderungen dieses Gesetzes er­

füllt;

c. der Kanton die Nachzahlung von missbräuchlich beanspruchten Steuererleichterungen verlangt.

3  Der Bundesrat legt, nach Konsultation der Kantone, die Gebiete fest, in denen Unter­

nehmen von diesen Erleichterungen profitieren können, und regelt die Modalitäten der Finanzaufsicht, insbesondere die Pflicht, Informationen über die Wirkung der ge­

währten Steuererleichterungen einzuholen und weiterzuleiten.

1 SR 901.0.

2 Der einschlägige Artikel 6 des ehemaligen Bonny-Beschlusses hatte folgenden Wortlaut: «Einem Unternehmen können bei der direkten Bundessteuer Erleichterungen eingeräumt werden, wenn der Kanton, in dem das

Vorha-100

Dem Kernanliegen des Bonny-Beschlusses wird somit auch nach Inkrafttreten des neuen Bun-desgesetzes Rechnung getragen; dies auf seinerzeitigen Wunsch des Parlaments und einer Mehrheit der Kantone. Der Perimeter der Fördergebiete wurde mit den neuen Verordnungen3 indessen deutlich reduziert.

Problemstellung im Zusammenhang mit dem Ressourcenausgleich

Im Rahmen des Ressourcenausgleichs wird die finanzielle Leistungsfähigkeit der Kantone an der steuerlich ausschöpfbaren Wertschöpfung gemessen. Diese Grundidee wird mit Hilfe der Steuerstatistik umgesetzt. Dementsprechend basiert der Ressourcenausgleich auf dem Ressourcenpotenzial der Kantone; dessen Datenbasis ist die Aggregierte Steuerbemessungsgrundlage.

Nun werden die Steuererleichterungen zu Gunsten wirtschaftlicher Erneuerungsgebiete bei der Aggregierten Steuerbemessungsgrundlage nicht in Abzug gebracht. Das bedeutet, dass die betroffenen Gewinne der juristischen Personen vollständig in das Ressourcenpotenzial ein-fliessen, der Ressourcenindex der entsprechenden Kantone somit keine Reduktion erfährt.

Kritik an der Nichtberücksichtigung der Steuererleichterungen beim Ressourcenpotenzial

Im Vorfeld der Inkraftsetzung der NFA ist gegenüber der beim Ressourcenausgleich gelten-den Praxis teilweise Kritik in dem Sinn geübt worgelten-den, dass Gewinne von Unternehmun-gen, denen im Rahmen der Regionalpolitik Steuererleichterungen gewährt werden, im Ressourcenpotenzial nur teilweise berücksichtigt werden sollten.

Im Zusammenhang mit der angesprochenen Kritik ist allerdings anzufügen, dass diese The-matik seit Erscheinen der dritten NFA-Botschaft im Jahr 2006 nie mehr zu politischen Diskus-sionen Anlass gegeben hatte.

Für eine nur teilweise Berücksichtigung der Steuererleichterungen im Ressourcenpotenzial wurden im Vorfeld der Inkraftsetzung der NFA folgende Argumente vorgebracht:

– Die Steuererleichterungen beruhten auf Bundesrecht. Der Bund lege somit eine reduzierte Besteuerung dieser Gewinne nahe. Damit schränke die Regionalpolitik des Bundes indirekt die Ausschöpfbarkeit dieser Gewinne ein, weshalb die Gewinne nicht vollständig in das Ressourcenpotenzial einfliessen dürften. Die vollständige Berücksichtigung bestrafe jene Kantone, welche von den Instrumenten der Regionalpolitk des Bundes Gebrauch machen.

– Des Weiteren bestehe eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Holding-, Domizil- und gemischten Gesellschaften, wo die Kantone – auch aufgrund einer Bundesregelung, dem Steuerharmonisierungsgesetz – ebenfalls einen relativ grossen Handlungsspielraum für eine reduzierte Besteuerung von Unternehmensgewinnen hätten.

3 – Verordnung des Bundesrats über die Gewährung von Steuererleichterungen im Rahmen der Regionalpolitik (SR 901.022) und

– Verordnung des Eidg. Volkswirtschaftsdepartements über die Festlegung der Anwendungsgebiete für Steuererleichterungen (SR 901.022.1).

– Die privilegierte Besteuerung von Holding- und Verwaltungsgesellschaften sei vor allem ein Mittel der Wirtschaftsförderung für Kantone mit positiven Standortfaktoren für Dienstleis-tungen. Kantone mit einer starken Verankerung und Standortvorteilen im Industriesektor könnten davon weniger profitieren. Um im internationalen Standortwettbewerb bestehen zu können, seien solche Kantone deshalb auf Steuererleichterungen angewiesen, und die-se die-seien beim Ressourcenpotenzial folglich ebenfalls zu berücksichtigen.

Argumente für die Nichtberücksichtigung der Steuererleichterungen beim Ressourcenpotenzial

Grosser Handlungsspielraum der Kantone: Die Steuererleichterungen basieren zwar auf einer gesetzlichen Grundlage des Bundes; der Bund gewährt die Steuererleichterungen jedoch subsidiär auf Antrag der Kantone. Somit besteht ein wesentlicher Unterschied zu den privilegiert besteuerten Gesellschaften, wo die reduzierte Besteuerung auf einem Rechtsanspruch im Steuerharmonisierungsgesetz beruht.

Bei den Steuererleichterungen zu Gunsten wirtschaftlicher Erneuerungsgebiete haben die Kantone einen grossen Handlungsspielraum. Das bedeutet, dass die Kantone mit wirt-schaftlichen Erneuerungsgebieten die Höhe ihres Ressourcenpotenzials und damit auch die Ausgleichszahlungen direkt beeinflussen könnten, sofern die Berücksichtigung der Steuererleichterungen nicht auf objektiven, von der effektiven Gewährung von Steuer-erleichterungen losgelösten Kriterien erfolgen würde. Genau diese Beeinflussbarkeit der Ausgleichszahlungen war einer der Hauptmängel des Finanzkraftindexes im früheren Aus-gleichsregime, der mit der NFA ausgemerzt wurde.

Ungleichbehandlung der Kantone: Im Unterschied zur privilegierten Besteuerung von Hol-ding-, Domizil- und gemischten Gesellschaften sind die Steuererleichterungen zu Gunsten wirtschaftlicher Erneuerungsgebiete auf diese Gebiete beschränkt; es können somit nicht alle Kantone von den Steuererleichterungen des Bundes Gebrauch machen. Dies ist zwar durchaus im Sinn der Regionalpolitik, welche die Chancen von strukturell benachteiligten Landesteilen im Steuerwettbewerb erhöhen will. Beim Finanzausgleich dagegen sollen alle Kantone gleich gestellt sein.

Bevorzugung eines spezifischen Instruments des Steuerwettbewerbs: Die Berücksichti-gung der Steuererleichterungen zu Gunsten wirtschaftlicher Erneuerungsgebiete im Res-sourcenpotenzial hätte zur Folge, dass diese gegenüber einer Strategie von allgemein tiefen Steuersätzen bevorzugt würden. Reduziert ein Kanton die Steuerbelastung für juristische Personen generell, so hat dies keinen direkten Einfluss auf das Ressourcen-potenzial. Allerdings ist er mit einem steigenden Ressourcenpotenzial konfrontiert, sofern sich aufgrund der Steuerpolitik tatsächlich neue Firmen ansiedeln, was durch-aus dem Konzept der steuerlich durch-ausschöpfbaren Wertschöpfung entspricht. Würden diskretionäre Steuererleichterungen zu Gunsten wirtschaftlicher Erneuerungsgebiete im Ressourcenpotenzial berücksichtigt, so würde der Mechanismus «niedrigere Steu-ern – Ansiedelung neuer Firmen – steigendes Ressourcenpotenzial» für die betreffen-den Gewinne ausgeschaltet. Es würde ein Fehlanreiz zu Gunsten von diskretionären Steuererleichterungen geschaffen.

Vermischung von Finanzausgleich und Regionalpolitik: Die grundlegenden Voraussetzun-gen für SteuererleichterunVoraussetzun-gen werden durch die Regionalpolitik des Bundes bestimmt.

Bei einer Berücksichtigung der Steuererleichterungen zu Gunsten wirtschaftlicher Erneue-rungsgebiete im Ressourcenpotenzial würde deshalb ein Instrument des Finanzausgleichs

102

in eine direkte Beziehung zur Regionalpolitik gebracht. So hätte z.B. die periodische Fest-le gung der wirtschaftlichen Erneuerungsgebiete Einfluss auf das Ressourcenpotenzial.

Kriterien der Regionalpolitk würden somit die Höhe der Ressourcenpotenziale mitbestim-men, was der mit der NFA realisierten Entkoppelung von Sektorpolitik und Finanzausgleich zuwiderliefe.

Outline

ÄHNLICHE DOKUMENTE