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9 Einzelfallstudien

9.2 Peter

Peter lebt bei seiner erziehungsberechtigten Großmutter, da sein Vater nicht gewillt war, die Erziehungsrolle zu übernehmen und der Aufenthaltsort seiner leiblichen Mut-ter bis heute unbekannt ist. Die GroßmutMut-ter steht noch im Berufsleben, so dass seine Tante am Nachmittag als Aufsichtsperson fungiert.

Infolge der Überbefürsorgung ist der Blick der Großmutter für die tatsächlich vorhan-den extremen Verhaltensprobleme eingeengt. Ihrer Einschätzung nach ist Peter ein im Verhalten unauffälliges Kind. Sein Vater ist derselben Meinung, lediglich auf der Skala für aggressives Verhalten sieht er seinen Sohn im Signifikanzbereich.

Für beide gibt es keine Hinweise für eine internalisierende Störung, während alle an-deren relevanten Bezugspersonen schon im Kindergarten und im ersten Schuljahr sein auffälliges, nicht der Norm entsprechendes Verhalten, aufzeigten. Verbale Be-drohungen und sogar tätliche Angriffe auf Mitschüler und Bezugspersonen standen an der Tagesordnung, so dass er mehrmals in der Neuropsychiatrischen Abteilung des Kindes- und Jugendalters im LKH Klagenfurt, anfangs voll- und später teilstatio-näre Aufnahme fand, um vor Ort, mittels neurologischen und klinisch-psychologisch-psychopathologischen Untersuchungen, den Ursachen seines abnormen Verhaltens auf den Grund zu kommen.

Alle getroffenen Maßnahmen zum Zwecke einer positiven Verhaltensänderung zeitig-ten keinen Erfolg, sogar eine medikamentöse Indikation brachte nicht die erhoffte Verbesserung.

9.2.2 Schullaufbahn

Aus mehreren pädagogischen Berichten geht hervor, dass Peter schon am Beginn seiner schulischen Laufbahn ein hohes Maß an Unaufmerksamkeit, einen immensen Bewegungsdrang und eine Unbeherrschtheit an den Tag legte, die nicht selten in völliger Distanzlosigkeit mündeten.

So hat er große Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit längere Zeit aufrecht zu erhal-ten, an ihn gerichtete gezielte Anweisungen aufzunehmen, geschweige denn durch-zuführen und neue Lehrinhalte kognitiv richtig einzuordnen. Besonders auffällig ist die massive Störung im Sozialverhalten, die durch Distanzlosigkeit, oppositioneller Haltung, hoher Aggressions- und Gewaltbereitschaft und häufigen Gebrauch von Fäkalwörtern zum Ausdruck gebracht wird.

Da mit dem Weiterverbleib im problematischen Familienverband keine positive Prog-nose hinsichtlich einer Linderung seiner sozial-emotionalen Probleme gestellt werden konnte, entschloss sich die Großmutter, einer Fremdunterbringung im SPTZ Josefi-num zuzustimmen und die Erziehungsgewalt in professionelle Hände zu legen.

Mit Beginn des Schuljahres 2006/07 wurde er als ordentlicher Schüler an uns unse-rer Schule aufgenommen und absolvierte erfolgreich die 3. Klasse und anschließend die 4. Klasse. Der Sonderpädagogische Förderbedarf wurde ihm bereits im Schuljahr 2005 auf Grund seiner Defizite im sozial-emotionalen Bereich bescheidmäßig zuer-kannt.

Er scheint nicht die Fähigkeit entwickelt zu haben zwischen Gefühlen und Sachver-halten zu unterscheiden. Sein VerSachver-halten ist mehrheitlich nicht akzeptabel und teilwei-se als gefährlich für sich und teilwei-sein soziales Umfeld einzustufen.

Ich möchte nun sein abweichendes Verhalten an einem Beispiel aufzeigen:

Zum Zwecke meiner Forschungstätigkeit wurde am 7.04.2008 zu Beginn der 2.

Stunde eine Übung angesetzt, welche auf das Ziel ausgerichtet war, Spannungen zu lösen, Ruhe, Erholung und Stille einkehren zu lassen. Diese Übung wurde nach mei-nen Aufzeichnungen ohne mei-nenmei-nenswerte Störungen beendet und in der nachfolgen-den Reflexion gab es durchwegs positive Rückmeldungen. Auch in der darauf fol-genden Stunde waren nach Rücksprache mit dem für den Sachunterricht

zuständi-gen Klassenlehrer und der Assistenzlehrerin keine erwähnenswerten Unstimmigkei-ten unter den Schülern bekannt geworden.

Die Eskalation der Gewalt begann am Ende der 4. Stunde, vorerst in Form von ge-zielter verbaler Bedrohung gegen einen Mitschüler und darauf in körperlichen Atta-cken, denen der besagte Mitschüler und auch die Assistenzlehrerin ausgesetzt wa-ren.

Nun zur Chronologie:

Peter wurde vom Klassenlehrer höflich aufgefordert eine schon begonnene Aufgabe zu Ende zu bringen. Normalerweise nahm er solche Anweisungen zwar murrend zur Kenntnis und war auch in den meisten Fällen bereit, diesen Anordnungen Folge zu leisten. Manchmal übte er sich in der Oppositionshaltung und verweigerte die Arbeit, da er wusste, dass seine Haltung keine nennenswerten Konsequenzen nach sich ziehen würde. Diesmal kam es aber anders.

Da er nicht gewillt war, nur einen Strich zu machen, fühlte er sich in die Enge getrie-ben und versuchte, seine aufgestauten Aggressionen am schwächsten Glied in der Kette, nämlich Marcel, abzureagieren, indem er ihn mit verbalen Drohungen über-häufte. Marcel wusste sich nicht anders zu helfen, als zu flüchten und sich im Klosett einzusperren.

Die Assistenzlehrerin versuchte noch Peters Intention, Marcel zu verfolgen, zu verei-teln, da Gefahr in Verzug bestand. Sie bekam aber einen Schlag ins Gesicht ver-passt, der eine blutende Unterlippe zur Folge hatte.

Ich wurde daraufhin vom Klassenlehrer zu Hilfe geholt, um Peter von seinem Vorha-ben, Marcel körperliche Gewalt anzutun, abzuhalten. Peter stand vor der geschlos-senen Klosetttür und drohte Marcel zu attackieren. Er schreckte auch davor nicht zurück, mir ebenfalls Gewalt anzudrohen, worauf ich versuchte, die angespannte Situation durch beruhigendes Zureden zu entkrampfen.

Da dies nichts fruchtete, bat ich die Heimpsychologien, die zufällig in der Nähe ein Gespräch mit einer Sozialpädagogin führte, um Hilfe.

Sie war dazu sofort bereit und ersuchte mich, telefonisch den zuständigen Sozialpä-dagogen zu verständigen. Dieser meldete sich jedoch nicht und ich vergewisserte mich sodann, ob sich die Situation weiter zuspitzte oder beruhigte.

Der Heimpsychologin gelang nicht, trotz des ihr zur Verfügung stehenden psycholo-gischen Repertoires, Peter zur Räson zu bringen. Ganz im Gegenteil, sie wurde tät-lich angegriffen und er verletzte sie mit seinen Fingernägeln im Brustbereich. Eine ca. 10 cm lange Risswunde war die Folge dieser Attacke. Peter prahlte nun mit der Bemerkung, dass jeder weiß, was passiert, wenn man sich mit ihm auf eine Konfron-tation einlässt. Daraufhin verließ er den „Tatort“ Richtung Wohngruppe.

Die Heimpsychologin ließ sich vorerst verarzten, verständigte am Nachmittag Peters Großmutter, schilderte den unliebsamen Vorfall und ersuchte sie, ihren Enkel am nächsten Tag in der Früh abzuholen, um ihm ein paar Tage Gelegenheit zu geben, sich seines abnormen Verhaltens zu besinnen.

Außerdem wurde die Neuropsychiatrie des Kindes- und Jugendalters im LKH Kla-genfurt von diesem Vorfall in Kenntnis gesetzt und um eine rasche Aufnahme Peters, zur Abklärung seines abweichenden Verhaltens, ersucht

Nach zwei Tagen kam Peter wiederum in die Schule, wurde daraufhin aber drei Tage vom Unterricht suspendiert, um sich der Tragweite seines Fehlverhaltens bewusst zu werden.

Ein weiterer Vorfall, der allerdings seinen möglichen Ausschluss aus dem SPTZ Jo-sefinum zur Folge haben sollte, ereignete sich Anfang Juni 2008 in seiner Wohn-gruppe, als er zuerst alle in seiner Reichweite befindlichen Gegenstände zertrüm-merte und in der Folge seinen zuständigen Sozialpädagogen tätlich angriff und ihm dabei arge Verletzungen zufügte. Auch den zu Hilfe eilenden SozialpädagogInnen gelang es nicht, ihn ruhig zu stellen, so dass die Polizei, die Rettung und der Amts-arzt verständigt werden musste, der eine sofortige Einweisung in die Neuropsychiat-rie des Kindes und Jugendalters im LKH Klagenfurt veranlasste.

Peters Gewalt und Aggressionsakte sind Paradebeispiele für Norm abweichendes Verhalten und gerade deswegen für meine Forschungsarbeit interessant. Da er den Großteil, der für meine Forschungsarbeit relevanten Übungen mitmachte, wurde er in meine Überlegungen bezüglich Prävention von Gewalt und Aggression mit Hilfe aus-gewählter Methoden miteinbezogen.

9.2.3 Kognitive, emotionale und soziale Beeinträchtigungen

Im Fragebogen wurden die kognitiven, emotionalen und sozialen Beeinträchtigungen als sehr stark bis stark bewertet. Unter den kognitiven Defiziten sind an erster Stelle seine realitätsferne Selbsteinschätzung, seine großen Schwankungen unterworfene Leistungsfähigkeit und seine offenkundig erkennbaren Konzentrationsprobleme zu erwähnen.

Auf der emotionalen Ebene sind Beeinträchtigungen der Erregbarkeit, der Reizbar-keit, der Angespanntheit, sowie der empathischen Kompetenzen augenscheinlich.

Seine emotionale Labilität ist einerseits gekennzeichnet durch Stimmungsschwan-kungen mit unangemessener Hochstimmung und andererseits durch Wutausbrüche, die plötzlich und ohne Vorwarnung einsetzen können.

Im Sozialverhalten sind gravierende Defizite in der Impulsivitätskontrolle und in der Selbstregulation erkennbar. Überaktivität, wie motorische Unruhe und Nervosität, kennzeichnen überwiegend sein Verhalten.

Die schwerwiegendsten Beeinträchtigungen liegen aber auf dem Gebiet der Bezie-hungsgestaltung. Sein grenzüberschreitendes Verhalten ist geprägt von Distanzlo-sigkeit, Rücksichtslosigkeit und Unverlässlichkeit. In einem Konfliktfall nimmt er stets eine oppositionelle Haltung ein und kontert meistens mit physischer oder physischer Aggression oder Gewalt. Tätliche Angriffe auf einen körperlich überlegenen Kontra-henten scheinen seine Aggressions- und Gewaltneigung sogar zu steigern.

9.2.4 Biografische und aktuelle Belastungen/Traumen

Dieser Bereich gibt Auskunft über die mitbestimmenden Ursachen seiner Fehlent-wicklung und schließt den gesamten Ballast physischer und psychischer negativer Einflussnahme mit ein.

Als starke Belastungsfaktoren werden Ohrfeigen, Schläge und Stöße, z.B im Eltern-Kind-Verhalten, genannt. Ebenso sind nicht adäquate Erziehungsmethoden durch seine unmittelbaren Bezugspersonen, wie Beschimpfungen, Beleidigungen und Er-niedrigungen mitverantwortlich für seine fehlgeleitete Entwicklung.

Es darf in diesem Zusammenhang aber nicht außer Acht gelassen werden, dass der frühe Verlust der Mutter einen wesentlichen Anteil an der negativen Gesamtentwick-lung Peters ausmachte.

Als weitere starke Belastungsfaktoren im Bereich der Familie wird die mit den Erzie-hungsaufgaben überforderte Großmutter genannt, die aus falsch verstandener Liebe zu ihrem Enkel, alles gutheißt, was dieser auch anstellen mag.

Als starke Belastungsfaktoren werden auch der häufige Schulwechsel, sowie eine temporäre Suspendierung vom Unterricht genannt.

9.2.5 Biografische und aktuelle Ressourcen

Die bisherigen aussagekräftigen Bewertungen der Belastungen Peters ergeben ein Persönlichkeitsbild, das eher eine düstere Zukunft prognostiziert. Dennoch gibt es einige aktuelle Ressourcen, die Hoffnung machen, ihn aus seinem mit Gewalt und Aggression beladenen Käfig herauszuholen. Sein positives Ressourcenrepertoire könnte durch die Anerkennung und Wertschätzung schon geringster Leistungen, durch den Aufbau unterstützender Beziehungen zu allen Bezugspersonen, durch die Stärkung des Gefühls der Zugehörigkeit zur Gruppe, durch die Förderung der emoti-onalen Zuwendung, wie Einfühlsamkeit, Geborgenheit und Trost, sowie durch einla-dende Kooperation mit der Großmutter betreffend Erziehungsfragen, wesentlich ge-steigert werden und somit zu einer gedeihlichen Entwicklung Peters beitragen.

9.2.6 Förderliche Methoden zur Prävention seiner Aggressions- und Gewaltbe-reitschaft

Peter hat im Forschungszeitraum von rund einem halben Jahr den Großteil der Ü-bungen mitgemacht und die für die Kernaussagen relevanten Daten geliefert.

Nachfolgende Tagebuchaufzeichnungen sind verkürzt und chronologisch dargestellt.

Sie sollen beispielhaft einen Einblick in sein Mitwirken und über Erfolg oder Misser-folg der eingesetzten Übungen bzw. Spiele Aufschluss geben.

A) Entspannungsübungen, -techniken a) Autogenes Training – (2. und 3. Jännerwoche)

07.01.2008:

Ruheübung: ( …) versucht sich zu konzentrieren; gelingt ihm nur ansatzweise; scheint ange-nehme Ruhe vorzutäuschen; beendet die Übung zu früh; keine gravierenden Störungen in den nachfolgenden Stunden; eigene Bewertung der Übung: „Zufrieden stellend“;

09.01.2008:

Schwereübung: (…) kann sich nur schwer mit der Übung identifizieren; täuscht Schweregefühl vor; unkonzentriert und missmutig; fällt durch kleine Störmanöver auf; Störungen setzen sich in den nachfolgenden Stunden fort; eigene Bewertung der Übung: „ Wenig zufrieden stellend“;

14.01.2008:

Wärmeübung; (…) kann sich überhaupt nicht auf die Übung einstellen; versucht seine Mitschüler abzulenken; laufend Störmanöver; bricht sein Mittun ab; fällt durch Oppositionshaltung in den nachfolgenden Stunden auf; eigene Bewertung der Übung: „Wenig zufrieden stellend“;

Seine gravierenden Defizite im kognitiven, emotionalen und sozialen Bereich können mit dem Autogenen Training nicht kompensiert, geschweige denn aufgehoben wer-den. Die hohe Aggressions- und Gewaltbereitschaft ist permanent vorhanwer-den. Es genügt ein kleiner Funke, seine unkontrollierten Ausbrüche zur Explosion zu bringen.

Sein grenzüberschreitendes Verhalten ist mit dem Autogenen Training nicht in den Griff zu bekommen, da er stets eine oppositionelle Haltung einnimmt und seine Ge-waltbereitschaft, infolge der mangelnden Impulsivitätskontrolle, fortwährend am Kö-cheln gehalten wird.

b) Progressive Muskelentspannung - (4. Jännerwoche)

25.01.2008:

(…) das erste Mal dabei; schnelle Einstimmung; überraschend gute Mitarbeit; keine Störungen auch in den nachfolgenden Stunden; eigene Bewertung der Übung: Sehr zufrieden stellend“;

Wegen einer einwöchigen Suspendierung vom Unterricht konnte Peter nur an zwei Übungen teilnehmen. Eine treffende Aussage bezüglich Erfolg oder Misserfolg des

Einsatzes der Progressiven Muskelentspannung wäre daher nicht seriös.

B) Spiele zum Abbau von Unruhe und Erregung:

„Arbeitnehmer“, „Gehen wie ein alter Mann“, „Pferderennen“, „Rhythmus-Lawine“ - (1. und 2. Februarwoche)

29.01.2008:

(…) findet pantomimische Bewegungen lächerlich; will durch bizarre Bewegungen Aufmerksam-keit erregen; laute Bemerkungen in der Fäkalsprache; wird von seinen Mitschülern ignoriert;

kommt zur Besinnung und lässt sich auf Übung ein; permanente Störungen in den nachfolgenden Stunden; eigene Bewertung der Übung: „Zufrieden stellend“;

01.02.2008:

(…) versucht meinen Anordnungen Folge zu leisten; Störaktionen bleiben aus; konzentriert bei der Sache; geringfügige Störungen in den nachfolgenden Stunden; eigene Bewertung der Ü-bung: „Sehr zufrieden stellend“;

04.02.2008:

(…) seine Stimmung ist emotional aufgewühlt; andauernde verbale Attacken in Richtung Marcel;

nach langem Zureden zum Mittun bereit; halbherzig bei der Sache; stets auf Störmanöver aus;

aggressionsgeladene nachfolgende Stunden; eigene Bewertung: „Wenig zufrieden stellend“;

08.02.2008:

(…) Konzentrationsschwierigkeiten beim Nachklatschen; Schwächen werden durch verbale Atta-cken kaschiert; stört unentwegt den Ablauf der Übung; Abbruch der Übung; Störungen setzen sich in den nachfolgenden Stunden fort; keine Bewertung möglich;

Der Einsatz der ausgewählten Methoden zeigte bezüglich Prävention von Gewalt und Aggression keine Wirkung. Die Belastungsfaktoren scheinen derart dominant sein Verhalten zu bestimmen, dass überlegt werden muss, psychiatrische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Pädagogik stößt hier an ihre Grenzen.

C) Spiele zum Still-Werden und Wahrnehmen:

„Stillhalte-König“, „Telegrafieren“ - (3. Februarwoche)

13.02.2008:

(…) will sofort Spielleiterfunktion übernehmen; kann nicht warten, bis er an die Reihe kommt;

Störungen vorprogrammiert; hält sich nicht an die Anweisungen; macht, was er will; hemmt seine Mitschüler in ihrem Bemühungen; zieht die Übung ins Lächerliche; bleibt ein Störfaktor in den nachfolgenden Stunden; eigene Bewertung der Übung: „Nicht zufrieden stellend“;

15.02.2008:

(…) klar erkennbare Berührungsängste; kaschiert diese durch undeutliche Weitergabe der ent-schlüsselten Ziffern; unruhiges und nervöses Gehabe; Störungen in den nachfolgenden Stunden bewegen sich im Normalbereich; eigene Bewertung der Übung: „Wenig zufrieden stellend“;

Auch mit diesen Übungen gelang es nicht in sein manifestes negatives Verhaltens-muster einzudringen und eine geringfügige Änderung in Richtung Normalverhalten herbeizuführen.

D) Spiele zum Umgang mit Gewalt und Aggression

a) Aggressive Gefühle wahrnehmen und ausdrücken

„Wenn ich wütend bin“, „Tierisch wütend“, „Mich ärgert an dir“ - (4. Februarwoche und 1.

Märzwoche)

25.02.2008:

(…) kann sich mit der Rolle hervorragend identifizieren; will damit als „cool“ gelten; bizarre Ges-ten werden von Ewald übernommen; zieht Aufmerksamkeit der Mitschüler an sich; Störungen am laufenden Band; Unruhe mit spannungsgeladener Stimmung; Störungen setzen sich in den nach-folgenden Stunden fort; eigene Bewertung der Übung: „Sehr zufrieden stellend“;

03.03.2008:

(…) sucht sich, wie Ewald, seinen Mitschüler Marcel als Opfer aus; hat keine Gegenwehr zu befürchten; friedliche Konferenz wird als Schauplatz von Gewalt und Aggression genützt; keine Vorschläge zu einer friedlichen Lösung; Gewaltverherrlichung wird propagiert; heftige Störaktio-nen in den nachfolgenden Stunden; eigene Bewertung der Übung: „Sehr zufrieden stellend“;

06.03.2008:

(…) kann seine Abneigungstendenz gegenüber Marcel nicht klar genug definieren; bedient sich

vorwiegend der Fäkalsprache; andere Mitschüler werden trotz ihrer Fehler akzeptiert; geringfügi-ge Störungeringfügi-gen in den nachfolgeringfügi-genden Stunden; eigeringfügi-gene Bewertung der Übung: „Zufrieden stellend“;

Die Mitwirkung an den genannten Interaktionsspielen brachte die Erkenntnis, dass es Peter auf Grund seiner Belastungsfaktoren nicht möglich ist, Gefühle und Bedürfnis-se klar auszusprechen. Um Bedürfnis-seine Unsicherheiten und Ängste zu kaschieren, Bedürfnis-setzt er seine erlernten und bereits manifestierten negativen Verhaltensweisen in Form von Distanzlosigkeit, Rücksichtslosigkeit, psychischer und physischer Aggression ein.

Das Ziel der Übungen, den für die jeweilige Situation passenden Umgang mit Gewalt und Aggression anzuwenden, wurde nicht annähernd erreicht.

b) Ich-Stärke und Selbstwertgefühl aufbauen

„Ich bin stolz“, „Einerseits und andererseits“ – (2. Märzwoche)

13.03.2008:

(…) zeigt alles, was in seinem Verhaltensrepertoire vorhanden ist; erzeugt unruhige und span-nungsgeladene Atmosphäre; plötzlicher Stimmungswechsel durch Schilderung eines persönli-chen Hilfseinsatzes; wirkt dabei ruhig und gelassen; nachfolgende Stunden ohne gravierende Störungen; eigene Bewertung der Übung: „Sehr zufrieden stellend“;

14.03.2008:

(…) Selbstbeschreibung fällt ihm schwer; Fokus der biografischen Erzählungen auf kleinere kri-minelle Handlungen ausgerichtet; will Aufmerksamkeit auf sich lenken; positive Eigenschaften werden nur ansatzweise erwähnt; fühlt sich dabei nicht sehr wohl; Versagensängste spielen mit;

keine nennenswerten Störungen in den nachfolgenden Stunden; eigene Bewertung der Übung:

„Zufrieden stellend“;

Diese beiden Übungen kamen meinem Bestreben entgegen, Peters aktuelle biogra-fische und aktuelle Ressourcen hinsichtlich der Stärkung des Selbstwertes, der Fä-higkeit zur Selbstkontrolle und der Anerkennung, sowie der Wertschätzung eigener Leistungen, mit neuem Leben zu erfüllen.

So gesehen war der Einsatz dieser beiden Übungen erfolgreich.

c) Nicht aggressive Beziehungen aufnehmen

„Gute Nacht“, „Freundschaft zaubern“ – (1. und 2. Aprilwoche)

02.04.2008:

(…) will vorerst am Spielgeschehen nicht teilnehmen; nach Gesinnungswandel Berührungsängs-te erkennbar; Ablehnung seines Partners; erzeugt spannungsgeladenes Klima; Mitspieler lassen sich nicht beirren; macht nun gute Miene zum „bösen“ Spiel; mürrisch und missmutig; Störungen in den nachfolgenden Stunden vorprogrammiert; eigene Bewertung der Übung: „Wenig zufrieden stellend“;

10.04.2008:

(…) netter und freundlicher Umgangston bereiten ihm Probleme; kann sich mit den gut gemein-ten Aufforderungen nicht anfreunden; zieht die Übung ins Lächerliche; aufkeimende Unruhe;

setzt sich in den nachfolgenden Stunden fort; eigene Bewertung der Übung: „Zufrieden stellend“;

Die Beeinträchtigungen auf der emotionalen Ebene kommen in diesen Übungen klar zum Vorschein. Der Mangel an empathischer Kompetenz, sowie eine tief angesetzte Erregungs- und Reizbarkeitsschwelle sind nicht zu übersehen.

Leider konnte mit den beiden Übungen nicht einmal ansatzweise ein Zugang zu sei-nen Belastungsfaktoren gefunden werden.

d) Konflikte friedlich lösen

„Streitspiele“ - (3. Aprilwoche)

16.04.2008:

(…) zeigt ebenso wie Ewald spontane Bereitschaft die Rolle des Täters zu übernehmen; fühlt sich in der Täterrolle pudelwohl; übersteigerte Identifikation mit der Täterrolle; Opferrolle wird nicht zur Kenntnis genommen; trägt wenig zu annehmbaren Konfliktlösungen bei; gereizte Stim-mung und Unruhe macht sich breit; eigene Bewertung: „Zufrieden stellend“; Eskalation der Ge-walt in der 4. Stunde;

In dieser Übung kommen Peters Defizite in der Beziehungsgestaltung eklatant zum Vorschein. Seines Erachtens sind Konfliktlösungen nur durch Machtkämpfe oder Streit beizulegen. Es gilt das Recht des Stärkeren.

Das Ziel dieser Übung, in Streitfällen eine Verbesserung der Beziehungen mit ein-vernehmlichen Konfliktlösungen zu erreichen, konnte nur angepeilt werden.

E) Rollenspiele

„Beziehungskonflikte“ - Kasperlbühne mit Puppenfiguren - (4. Aprilwoche; 1. und 2. Mai-woche)

23.04.2008:

(…) will sofort den Part des Nebenbuhlers übernehmen; perverse sexuell angehauchte Einstel-lung verbal dokumentiert; sieht in roher Gewalt und Aggression alleinige Konfliktlösung; egoisti-scher Charakter unverkennbar; Handlung muss oft unterbrochen werden; mehrfache Hinweise auf Einhaltung der Regeln werden ignoriert; trotzdem geringe Störungen in den nachfolgenden Stunden; eigene Bewertung der Übung: „ Zufrieden stellend“;

08.05.2008:

(…) will nicht den Freund spielen; Versagens- und Verlustängste kommen zum Vorschein; ver-hält sich als Zuschauer relativ ruhig; wird nur bei Gewaltszenen aktiver Befürworter; beteiligt sich nicht auf der Suche nach einvernehmlicher Konfliktlösung; geringe Störungen in den nachfolgen-den Stunnachfolgen-den; eigene Bewertung der Übung: „Nicht zufrienachfolgen-den stellend“;

Rollenspiele verfolgen den Zweck, verborgene Wünsche, Sehnsüchte, unbewusste Konflikte, aber auch Traumen mit Hilfe der zu verkörpernden Rolle zu verdeutlichen und ins Bewusstsein zu transportieren. Über das Spiel kann der Akteur seine inneren Gefühle und Konflikte offenbaren und mit der Gruppe bearbeiten.

Gewalt und Aggression spielten schon in Peters frühester Kindheit eine große Rolle und sind immense Belastungsfaktoren für seine Entwicklung und Sozialisation.

Gewalt und Aggression spielten schon in Peters frühester Kindheit eine große Rolle und sind immense Belastungsfaktoren für seine Entwicklung und Sozialisation.