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9 Einzelfallstudien

9.5 Marcel

9.5.1 Familiärer Hintergrund

Marcel und seine zwei jüngeren Schwestern leben mit ihren Eltern in einer beschei-den eingerichteten Wohnung in der Nähe von Klagenfurt. Steigende finanzielle Be-lastungen machten in der Vergangenheit mehrere Wohnungswechsel notwendig.

Sein Vater, der selbst fast seine gesamte Schulzeit im SPTZ Josefinum verbrachte, kümmert sich wenig um das schulische Wohlergehen seines Sohnes, während sich seine Mutter mit der Erziehung ihrer Kinder überfordert fühlt.

Marcel verbringt jedes Wochenende bei seiner Familie, doch ist er nicht betrübt, wenn er aus irgendwelchen Gründen im Heim bleiben muss, weil er weiß, dass viele Aktivitäten angeboten werden, die ihm zu Hause vorenthalten werden.

Über gemeinsame Unternehmungen mit der Familie verliert er kaum Worte, so dass das Verhältnis zwischen Eltern und Sohn nicht näher erläutert werden kann.

Die Mutter erscheint nur sporadisch an Eltersprechtagen, insofern ist ihr Interesse am schulischen Fortgang ihres Sohnes auch nicht allzu groß.

Da sie sich zudem außerstande sah ihren Erziehungspflichten entsprechend nach-zukommen, stimmte sie einer Fremdunterbringung ihres Sohnes ab dem Schuljahr 2007/08 im SPTZ Josefinum zu.

9.5.2 Schullaufbahn

Marcel wurde im Schuljahr 2001/02 in einer Volkschule in Mittelkärnten eingeschult und hat mittlerweile den fünften Schulwechsel hinter sich. Schon bald zeigten sich seine Defizite vor allem im sozial-emotionalen Bereich, die bei geringsten Frustratio-nen, Aggressionen und Gewaltakte gegen seine Umgebung, gegen seine Mitschüle-rInnen und gegen sich selbst in Gang setzten. In solchen Situationen ist es unmög-lich ihn zur Räson zu bringen, da er vollkommen ausrastet und laut tobend den Klas-senraum verlässt.

Die Zuerkennung eines Sonderpädagogischen Förderbedarfs war unumgänglich, um ihm Hilfen anzubieten zu können, mit seinen Gewalt- und Aggressionsausbrüchen besser zu Rande zu kommen.

Bald darauf wurde nach einem Antrag der Schule eine Ausdehnung des Sonderpä-dagogischen Förderbedarfs auf Unterweisung nach dem Lehrplan der Sonderschule amtlicherseits befürwortet, da eine mögliche Überforderung seiner Leistungsfähigkeit im Raum stand, die seine anfangs geschilderte Problematik noch verschärfen hätte können.

Marcel besucht ab dem Schuljahr 2007/08 unsere Schule und wird in allen Gegens-tänden nach dem Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule unterrichtet. Die Verhal-tensproblematik hat sich insofern ein wenig gebessert, da seine Verhaltensauffällig-keiten, dank der besseren Überschaubarkeit in einer kleinen Gruppe, schon im An-satz erkennbar sind und sofort Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können.

Er wird im Schuljahr 2008/09 eine Sonderschule in Klagenfurt besuchen. Die Unter-bringung im SPTZ Josefinum bleibt aber aufrecht.

9.5.3 Kognitive, emotional und körperliche Beeinträchtigungen

Die Bewertungen im kognitiven Bereich decken sich mit den bereits genannten Defi-ziten, wobei die Beeinträchtigungen der Selbsteinschätzung der eigenen Fähigkeiten,

insbesondere der Leistungsfähigkeit, die mit einem plötzlichen unerklärlichen Leis-tungsabfall augenscheinlich zu Tag tritt, als markanteste Punkte herausgestrichen werden müssen.

Zudem gesellen sich noch Denkstörungen, die in nicht zusammenhängenden Argu-mentationen und Gedankensprüngen erkennbar sind.

Mit einem hohen Beeinträchtigungsgrad werden im Bereich der Emotionalität, Gefüh-le der Ohnmacht und der Hilflosigkeit, wie etwa das Gefühl des „Ausgeliefertseins“, angemerkt

Seine bei kleinsten Anlässen in Gang gesetzte Erregbarkeit, das Gefühl der Sinnlo-sigkeit und Versagensängste werden ebenfalls als Beeinträchtigungsfaktoren ange-sehen.

Im Sozialverhalten offenbaren sich die Beeinträchtigungen in der Impulsivität, in der mangelnden Selbstregulation und in der Überaktivität, die vor allem durch eine moto-rische Unruhe und Nervosität gekennzeichnet ist.

In der Beziehungsgestaltung gibt es durchwegs geringe Beeinträchtigungsfaktoren, sieht man von seiner niedrig angesetzten Frustrationstoleranz und vom andauernden Suchen nach Nähe zu Betreuungspersonen ab.

Erwähnenswert ist noch sein manchmal zur Schau gestelltes regressives Verhalten, wo er alle Register eines kleinkindhaften Gehabes ziehen kann.

9.5.4 Biografische und aktuelle Belastungen/Traumen

In diesem Bereich werden einige markante und gravierende familien- oder Umwelt bedingte Beeinträchtigungsfaktoren, die seine Entwicklung und Sozialisation mitbe-stimmt haben, vermerkt.

Einschränkungen gab es vor allem bei der Befriedigung grundlegender physischer, psychischer und sozialer Bedürfnisse im Sinne mangelnder körperlicher Betätigung, Stärkung der eigenen Interesse und Ermöglichung von Sozialkontakten, wobei

letzte-re, infolge des oftmaligen Wohnungs- und Schulwechsels, nicht zur Reifung gelan-gen konnten.

Seine mit Erziehungsaufgaben überforderte Mutter einerseits und sein mit wiederhol-ter Arbeitslosigkeit kämpfender Vawiederhol-ter andererseits, haben einen nicht unwesentli-chen Anteil an der fehlgeleiteten Entwicklung ihres Sohnes.

Zu beachten sind noch die Belastungen, die in negativen Beziehungen zu Gleichalt-rigen zum Ausdruck kommen, ist doch Marcel meistens den Anfeindungen seiner körperlich überlegenen MitschülerInnen ausgesetzt, denen er als Prellbock ihrer ag-gressiven verbalen oder körperlichen Attacken dient und zwangsläufig nur mit den ihm zur Verfügung stehenden erlernten geschilderten Gegenmaßnahmen antworten kann.

9.5.5 Biografische und aktuelle Ressourcen

Wenn bisher fast ausschließlich von Beeinträchtigungen die Rede war, müssen nun auch die biografischen und aktuellen Ressourcen in Augenschein genommen wer-den, die von seinen zuständigen BetreuerInnen im Fragebogen als mitbestimmend für einen positiven Entwicklungsverlauf gewertet wurden.

In erster Linie werden seine kommunikativen Kompetenzen angemerkt, die ihm das sich selbst Mitteilen, das Zuhören und das Eingehen auf Andere erleichtern. Außer-dem ist das Gefühl der Zugehörigkeit, im Sinne einer sozialen Integration, stark aus-gebildet, welches von seinen Mitschülern leider viel zu selten erwidert wird.

Was seine Familie und sein nahes Umfeld betrifft, sind starke Ressourcen bei positi-ver Rückmeldung einer vollbrachten außergewöhnlichen Leistung zu positi-vermerken. An-erkennung und Wertschätzung könnten ihn zu weiteren Leistungssteigerungen ani-mieren.

Ein großer Teil der Ressourcen, die mitbestimmend für eine positive Entwicklung und Problembewältigung laut Bewertung seiner BetreuerInnen waren, liegt in den unter-stützenden Beziehungen zu Erwachsenen. LehrerInnen und BetreuerInnen genießen

sein absolutes Vertrauen, dennoch er wird nicht müßig, diesen Vertrauensvorschuss oftmals am Tag zu überprüfen.

Dieses „schleimige“ Verhalten wird von seinen Mitschülern angekreidet und ist auch ein entscheidendes Motiv, ihre Antipathie mittels Gewalt- und Aggressionsakte zu dokumentieren.

9.5.6 Förderliche Methoden zur Prävention seiner Aggressions- und Ge waltbereitschaft

Auch Marcel hat im Beobachtungszeitraum von etwa einem halben Jahr an allen Übungen teilgenommen und folglich zu einer vollständigen Datensammlung und -auswertung beigetragen. Der Modus betreffend der Darstellung der Tagebuchauf-zeichnungen und deren Analyse wurde beibehalten, damit ein klares Bild über Erfolg oder Misserfolg der eingesetzten Methoden zur Prävention von Gewalt und Aggres-sion gezeichnet werden konnte.

A) Entspannungsübungen, -techniken

a) Autogenes Training - (2. und 3. Jännerwoche)

07.01.2008; 09.01.2008; 1401.2008;

(…) ist konzentriert bei der Sache; lässt sich nicht aus der Ruhe bringen; Ruhe-, Schwere- und Wärmegefühl bestens internalisiert; beschreibt in der Reflexionsphase ausführlich seine Gefühle während der Übungsphasen; kann sich gut artikulieren; keine Störungen in den nachfolgenden Unterrichtsstunden; eigene Bewertung der Übungen: „Sehr zufrieden stellend“;

Das Autogene Training hat sich als Methode zum Abbau seiner Defizite im sozial-emotionalen Bereich bewährt, da es gelungen war, seine Frustrationstoleranzschwel-le ein wenig zu erhöhen, um damit seine gegen MitschüFrustrationstoleranzschwel-ler und sich selbst gerichte-ten Aggressionen einigermaßen im Zaum zu halgerichte-ten. Weiters zu bemerken war die beruhigende und entspannende Wirkung des Autogenen Trainings, die seine Impul-sivität und Überaktivität vorübergehend fast zum Stillstand brachte. Erfreulich war auch festzustellen, dass Marcel im Verlaufe der Übungen keinen Anfeindungen

sei-ner Mitschüler ausgesetzt war und für ihn somit kein Anlass bestand, Gegenreaktio-nen in Form von Gewalt- und Aggressionshandlungen zu setzen.

b) Progressive Muskelentspannung - (4.Jännerwoche)

21.01.2008; 25.01.2008;

(…) kann die Anweisungen gut umsetzen; korrekte Ausführung bewirkt Erleben von Anspan-nung und EntspanAnspan-nung; kleine Störversuche seiner Mitschüler scheinen ihre Wirkung nicht zu verfehlen; Hänseleien während der Reflexionsphase; kann sich vorerst zunehmend beherrschen;

dann Gegenreaktionen zur Verteidigung gegen persönliche Angriffe; eigene Bewertung der Ü-bungen: „Sehr zufrieden stellend“;

Marcel war um die korrekte Ausführung der Anleitungen bemüht und zog sich da-durch den Unmut seiner Mitschüler zu. Seine Gegenreaktionen äußerten sich in ver-balen Beschimpfungen und im unerlaubten Entfernen aus der „Gefahrenzone“, wobei letztere Maßnahme nur der Überprüfung der unterstützenden Beziehung der jeweili-gen Bezugsperson diente.

Der Einsatz der Progressiven Muskelentspannung hatte auf Marcels Verhalten be-züglich Prävention von Gewalt und Aggression eher eine nachteilige Wirkung.

B) Übungen und Spiele zum Abbau von Unruhe und Erregung

„Arbeitnehmer“, „Gehen wie ein alter Mann“, „Pferderennen“, „Rhythmus-Lawine“ - (1. und 2. Februarwoche)

29.01.2008; 01.02.2008; 04.02.2008; 07.02.2008;

(…) bei allen Übungen begeisterte Teilnahme; Ablenkungsmanöver seiner Mitschüler fast immer vorhanden; Sitzposition variabel an die Spielsituation angepasst; pantomimische Bewegungen und rhythmische Nachahmung bestens gelungen; zunehmende Anerkennung seiner Leistung durch die Mitschüler lässt Ruhe einkehren; keine Störungen; eigene Bewertung der Übungen:

„Sehr zufrieden stellend“;

Mit Hilfe des Einsatzes dieser Methoden konnte eine zunehmende Stärkung des Ge-fühls der Zusammengehörigkeit, im Sinne einer sozialen Integration, erreicht werden, die zur Hoffnung berechtigt, gegen ihn gerichtete Angriffe auf ein Mindestmaß zu

re-duzieren. Der Prävention von Gewalt und Aggression wurde damit ein großer Dienst erwiesen.

C) Spiele zum Still-Werden und Wahrnehmen

„Stillhalte-König“, „Telegrafieren“ – (3. Februarwoche)

12.02.2008:

(…) vorbildhafte Ausführung der Übung; Spielleiterfunktion wurde von ihm erst nach meiner In-tervention übernommen; Mitschüler folgen nicht seinen Anweisungen; erst allmählich Bereitschaft erkennbar; dann klaglose Ausführung; keine Störungen; eigene Bewertung der Übung: „Sehr zufrieden stellend“;

15.02.2008:

(…) Berührungsängste seiner Mitschüler augenscheinlich; Befürchtung um Verlust ihres Status durch intensivere Kontaktaufnahme; zunehmende Bereitschaft der Anerkennung als Mitglied der Gemeinschaft feststellbar; keine Störungen in den nachfolgenden Unterrichtsstunden; eigene Bewertung der Übung: „Sehr zufrieden stellend“;

Marcels Gefühl des „Ausgeliefertseins“ wurde am Beginn des Einsatzes dieser bei-den Übungen noch verstärkt, aber später im Zuge einer längerfristigen Teilnahme doch deutlich abgeschwächt. Außerdem konnte eine Steigerung seines Selbstwert-gefühls festgestellt werden, das ihn befähigte, mit aggressionsgeleiteten Angriffen seiner Mitschüler besser umgehen zu können.

D) Spiele und Übungen zum Umgang mit Gewalt und Aggression

a) Aggressive Gefühle wahrnehmen und ausdrücken

„Wenn ich wütend bin“, „Tierisch wütend“, „Mich ärgert an dir“ - (4. Februarwoche und 1.

Märzwoche)

25.02.2008; 03.03.2008; 06.03.2008;

(…) ist bei allen Übungen begeistert dabei; Wutausbrüche und darauf folgende Beruhigungspha-se täuschend echt gespielt; immer auf gütliche Einigung eines Konfliktes bedacht; beschwichti-gende Argumente; vorsichtige verbale Beurteilung der negativen Eigenschaften seiner

Mitschü-ler; streicht eher positive heraus; ist immer um Konsenslösungen bedacht; keine Störungen; ei-gene Beurteilung der Übungen: „Sehr zufrieden stellend“;

Marcel konnte in den Übungen und Spielen seine Gefühle und Bedürfnisse, auch auf die Gefahr hin von seinen Mitschülern gehänselt zu werden, offen zur Schau stellen.

Dadurch war es ihm möglich, einerseits Gefühle des Ärgerns, der Wut und der Ag-gression kontrolliert und konstruktiv zu bewältigen und anderseits seinen Mitschü-lern einmal in Ruhe die Meinung zu sagen, ohne die Befürchtung zu haben, mit Ge-waltreaktionen konfrontiert zu werden.

b) Ich-Stärke und Selbstwertgefühl aufbauen

„Ich bin stolz“, „Einerseits und andererseits“ – (2. Märzwoche)

12.03.2008, 14.03.2008:

(…) sichtlich bewegt bei der Schilderung anderen geholfen zu haben; negative Reaktionen der Zuhörer bleiben aus; kehrt in Selbstbeschreibung positive Eigenschaften heraus; erregt dadurch Missfallen seiner Mitschüler; erst dann bereit, auch negative Charakterzüge vorzustellen; keine Störungen in den nachfolgenden Stunden; eigene Bewertung der Übungen: „Sehr zufrieden stel-lend“;

Wie bei den Übungen zum Wahrnehmen und Still-Werden konnte mit dem Einsatz dieser beiden Übungen die Stärkung seines Selbstwertgefühls erreicht werden, die ihm eine Hilfe im adäquaten Umgang mit teilweise grundlosen verbalen Angriffen oder versteckten körperlichen Attacken seiner Mitschüler bieten sollen.

c) Nicht aggressive Beziehungen aufnehmen

„Gute Nacht“, „Freundschaft“ zaubern – (1. und 2.Aprilwoche)

02.04.2008:

(…) zeigt keine Berührungsängste; kann sich gut in die Übung einfühlen; keine Probleme er-kennbar; keine Störungen; eigene Bewertung der Übung: „Sehr zufrieden stellend“;

10.04.2008:

(…) kann seiner „Zauberkraft“ keinen rechten Glauben schenken; negative Reaktionen bleiben aus; fühlt sich dadurch bestärkt; keine Störungen; eigene Bewertung: „Sehr zufrieden stellend“;

Das Ziel der Übungen, Marcels Gefühle für andere positiv zu besetzen und nicht-aggressive Beziehungen zur Prävention von Gewalt und Aggression aufzubauen, konnte angepeilt werden, doch fiel er, infolge ungerechtfertigten Anfeindungen seiner Mitschüler, immer wieder in alte negative Verhaltensmuster zurück.

d) Konflikte friedlich lösen

„Streitspiele“ - (3. Aprilwoche)

16.04.2008:

(…) nimmt sofort mit der Opferrolle vorlieb; wirkt aktiv und spielfreudig; in der Täterrolle kommen Aggressionstendenzen zum Vorschein; bringt kreative Konfliktlösungen ein; entfachen heftige Debatten; schließlich siegt die Vernunft; keine weiteren Störungen; eigene Bewertung der Übung:

„Sehr zufrieden stellend“;

Marcel hatte in beiden Rollen keine Schwierigkeiten gegensätzliche Standpunkte an-zuerkennen und in Streitfällen annehmbare Lösungen zu akzeptieren. Es wurde ihm und seinen Mitschülern die Chance geboten, Konflikte friedlich beizulegen und damit freundschaftliche Beziehungen aufzubauen oder zu festigen. Leider hat nur Marcel diese Chance genützt.

E) Rollenspiele

„Streit in der Schule“, „Beziehungskonflikte“ – Kasperlbühne mit Puppenfiguren - (4.

Aprilwoche und 2. Maiwoche)

22.04.2008:

(…) wählt als Streitschlichter den „Kasperl“ aus; auf Beilegung des Streites aus; wirkt ruhig und ausgeglichen; ist gegen ihn gerichtete Kraftausdrücke schon immun; treffende Argumente für gütliche Lösung des Konflikts; keine Störungen in den nachfolgenden Stunden; eigene Bewer-tung der Übung: „Sehr zufrieden stellend“:

08.05.2008:

(…) wählt nun als Nebenbuhler die Räuberfigur aus; Täterrolle scheint ihm ebenso zu behagen;

kann sich verbal gehen lassen; wiederum um gütliche Lösung bemüht; bringt gute Ideen zur

Kon-fliktlösung ein; keine Störungen in den nachfolgenden Stunden; eigene Bewertung der Übung:

„Sehr zufrieden stellend“:

Marcel war sowohl in der Opfer- als auch in der Täterrolle um eine gütliche Streitbei-legung bemüht, die seine positiven biografischen Ressourcen, hinsichtlich kommuni-kativer Kompetenzen und Bemühungen für einen freundschaftlichen Beziehungsauf-bau, ans Tageslicht brachten. Leider wurden seine gut gemeinten Signale von seinen Mitschülern nicht entsprechend gedeutet und erwidert.

F) Fantasiereisen

„Stern, Schutzengel und Sonnenschein“, „Der alte Baum und seine Freunde“, Stille aufnehmen“, „Sonnenschein - (3. und 5. Maiwoche; 1. und 3. Juniwoche)

19.05.2008, 27.05.2008; 05.08.2008; 13.05.2008:

(…) fühlt sich in der Fantasiewelt sehr wohl; bewirkt in ihm ein wohltuendes, entspannendes Körpergefühl; Ruhe und Gelassenheit erkennbar; Dokumentation mittels Schilderung einer Viel-falt erlebter unbewusster Eindrücke; keine weiteren Störungen; eigene Bewertung der Übungen;

„Sehr zufrieden stellend“;

Fantasiereisen boten Marcel die Möglichkeit, temporär jegliche Belastungsfaktoren zu minimieren und sich ganz in wohltuende Gedanken zu vertiefen. Das gemeinsa-me Erleben mit der Gruppe und das Hineingleiten in eine andere Gedankenwelt schienen seine emotionalen und sozialen Beeinträchtigungen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren. Damit wurde der Prävention von Gewalt und Aggression ein gu-ter Dienst erwiesen.

9.5.7 Resümee

Im Laufe meiner Forschungstätigkeit konnte ich viele Eindrücke über Marcels Mitwir-kung und Verhalten in den einzelnen Übungs- und Spielphasen gewinnen und zu Papier bringen. Eine abschließende Bewertung über Erfolg oder Misserfolg der ein-gesetzten Methoden zur Prävention von Gewalt und Aggression ist, im Vergleich zu den anderen vier geschilderten Fällen, leichter zu treffen, da Marcel, trotz seiner Be-einträchtigungen, im Gegensatz zu seinen Mitschülern, sein Verhalten der Norm

ent-sprechend steuern kann. Sein mitunter abweichendes Verhalten ist vielfach als Ge-genreaktion auf aggressionsgeleitete Handlungen seiner Mitschüler zu verstehen.

Das Autogene Training hat sich als Methode zum Abbau seiner bereits mehrfach be-schriebenen Defizite im sozial-emotionalen Bereich gut bewährt und hat damit einen kleinen Beitrag zur Prävention von Gewalt und Aggression geleistet.

Kontraproduktiv hingegen war der Einsatz der Methode der Progressiven Muskelent-spannung. Der Effekt war eher nachteilig.

Mit den Methoden zum Abbau von Unruhe und Erregung einerseits und den Übun-gen zum Still-Werden und Wahrnehmen andererseits, konnte nicht nur eine merkli-che Steigerung seiner Bemühungen für Zusammengehörigkeit im Sinne einer sozia-len Integration beobachtet, sondern auch eine Stärkung seines Selbstwertgefühls erreicht werden.

Die Übungen und Spiele zum Umgang mit Gewalt und Aggression dienten zur kon-struktiven, kontrollierten Bewältigung negativer Handlungsmuster und zur friedlichen Beilegung von Konflikten. Marcel konnte auch hier Gutpunkte für sich verbuchen.

In den Rollenspielen kamen seine positiven biografischen Ressourcen zur vollen Ent-faltung und in den Fantasiereisen wurde die entspannende und beruhigende Atmo-sphäre genützt, die Entstehung aggressionsgeleiteter Aktionen zu hemmen.