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7 Methodenkatalog zur Prävention von destruktiver Aggression an der ASO Josefinum

7.3 Methoden zum Umgang mit Gewalt und Aggression

Kinder und Jugendliche finden in der heutigen Zeit, die durch veränderte Sozialisati-onsbedingungen, durch geänderte Familienstrukturen und durch Brüchigkeit menschlicher Beziehungen geprägt ist, nicht die Möglichkeit vor, soziale Erfahrungen zu machen, die es ihnen leichter machen würde, positive Kontakte zu anderen zu knüpfen, sich in eine Gruppe einzuordnen, aufeinander zuzugehen, Rücksicht zu nehmen und Konflikte konstruktiv auszutragen (vgl. Portmann 2004, S. 11).

Nachteilige Folgen dieser Entwicklung sind eine starke Ich-Bezogenheit und eine zunehmenden Aggressivität der Kinder und Jugendlichen.

Es fällt demnach der Schule neben der Wissensvermittlung vermehrt die Aufgabe zu, den Kindern Fertigkeiten zu vermitteln, ihre von Wut geleiteten und aggressiven Im-pulse beherrschen zu lernen, um befriedigende Beziehungen zu anderen aufzuneh-men und aufrechterhalten zu können. Nur durch eine bewusste zielgerichtete päda-gogische Auseinandersetzung mit Gewalt und Aggression, die nicht von ununterbro-chener Harmonie getragen ist, sondern auch Gefühle von Wut und Aggression mit einem angespannten inneren Reizzustand zulassen, ist es möglich, Konflikte ohne gegenseitige Verletzungen und Beschädigungen durchzustehen und auszutragen.

Um pädagogische Prozesse zur konstruktiven Bewältigung von Wut, Gewalt und Ag-gression zu aktivieren, eröffnen vor allem Interaktionsspiele den Kindern die

Mög-lichkeit, Gefühle und Bedürfnisse mit in die Spielsituation einzubringen, aktiv und selbst bestimmt zu handeln und ohne Angst die Folgen ihres Handelns zu erfahren.

Soziale Spiele gestatten gerade auf der emotionalen Ebene vielfältige Beziehungen zwischen den Gruppenmitgliedern, in denen die Kinder „festgefahrene Verhaltens-muster überwinden und Fähigkeiten üben, die für prosoziales Verhalten notwendig sind“ (ebd. 2004, S. 14).

Soziale Spiele und Interaktionsübungen können den Kindern helfen, aggressive Ge-fühle wahrzunehmen und auszudrücken, die Auslöser für Wut und Aggressionen zu erkennen, ein besseres Verständnis für sich selbst und andere zu entwickeln, dem Aufbau von Wut und Aggression entgegenzuwirken und zur Stärkung des Selbst-wertgefühls beizutragen (vgl. ebd. 2004, S.16).

Aggressive Gefühle wahrnehmen und ausdrücken

Aggressiven Kindern fehlt oft der Zugang zu ihren eigenen Gefühlen, daher sind sie auch nicht in der Lage, Gefühle anderer bewusst und differenziert wahrnehmen zu können. Sie müssen zunächst lernen, sich ihrer eigenen Gefühle bewusst zu werden, diese zuzulassen und klar und unmissverständlich auszudrücken.

Wenn ich wütend bin

Diese Übung dient der kontrollierten und konstruktiven Bewältigung von Gefühlen des Ärgerns, der Wut und Aggression. Werden diese Gefühle verdrängt, gelingt ei-nerseits die Spannungsabfuhr nicht und andererseits wird die Ventilfunktion zum Ab-bau aggressiver Verhaltensmuster nicht in Gang gesetzt.

Die SchülerInnen sitzen im Kreis auf ihren Sesseln. Jedes Kind hat nun die Aufgabe, seinen Namen zu nennen und eine Geste eines Wutanfalles vorzuzeigen, wie z.B.:

- Ich heiße Markus und wenn ich wütend bin, mache ich so:

Ballt seine rechte Hand zur Faust und macht eine Bewegung, als wenn er zu-schlagen wollte.

- Ich heiße Wolfgang und wenn ich wütend bin, mach ich so:

Macht mit dem rechten Fuß eine Bewegung, als ob er nach jemanden

treten wollte (vgl. ebd. 2004, S. 20).

Tierisch wütend

Diese Übung eignet sich vor allem zum Abbau einer gespannten Atmosphäre.

Die SchülerInnen bewegen sich frei im Klassenraum und ahmen Bewegungen und Stimmen wilder Tiere nach. Gleichzeitig bedrohen sie sich gegenseitig, dürfen dabei aber andere Tiere nicht wirklich angreifen. Es bleibt bei der Drohgebärde, denn schließ-lich könnte der Kontrahent stärker und gefährschließ-licher als man selbst sein.

Wenn sich die Lage zuspitzt, weil die aggressiven Gefühle nicht mehr im Zaum zu hal-ten sind, versammeln sich, auf ein Zeichen des Spielleiters hin, alle Tiere zu einer fried-lichen Konferenz und tauschen ihre Erfahrungen aus (vgl. ebd. 2004, S. 28).

Mich ärgert an dir …..

Diese Übung bietet jedem Kind die Möglichkeit, einem anderen einmal in Ruhe die Meinung zu sagen, ohne die Befürchtung zu haben, sofort mit Gewalt und Aggressi-on kAggressi-onfrAggressi-ontiert zu werden. Voraussetzung für eine erfolgreiche Durchführung dieser Übung ist ein behutsames Vorgehen und ein Grundvertrauen der TeilnehmerInnen zueinander.

Die SchülerInnen sitzen im Kreis auf ihren Stühlen und ein mutiger Schüler steht auf und stellt sich unmittelbar vor das Kind, über dessen Verhalten er sich beschweren will.

Jede Beschwerde wird mit der Floskel „Du bist ganz in Ordnung, aber mich ärgert …..“

eingeleitet. Das angesprochene Kind darf sich nicht rechtfertigen, sondern entgegnet mit der Floskel „Ich danke dir, dass du mir das mal gesagt hast.“ Dann kommt das nächste Kind an die Reihe, bis alle, die ihren Ärger Luft machen möchten, drangekom-men sind.

Schlussendlich wird den Kindern Gelegenheit geboten, über ihre Erfahrungen während der Übung zu sprechen, beispielsweise über die Gefühle, die man hegt, wenn man ei-nem Kind, das einen ärgert, zuerst etwas Freundliches sagen muss oder wenn man verbal angegriffen wird und sich nicht wehren darf (vgl. ebd. 2004, S. 31).

Ich-Stärke und Selbstwertgefühl aufbauen

Der Aufbau eines positiven Selbstwertgefühls reduziert Unsicherheiten, vermindert Ängste und verringert die Neigung zu aggressiven Verhalten. Ein mit Ich-Stärke

aus-gestatteter Mensch vermag eigene und fremde Gesetze und Grenzen wahrzuneh-men und zu respektieren. Er ist auch in der Lage seine Bedürfnisse und Wünsche anderen mitzuteilen, aber auch Negatives zu äußern und anzunehmen, ohne dabei Gefühle von Angst, Hilflosigkeit und Schuld zu entwickeln, die für die Ausbildung aggressiver Verhaltensmuster verantwortlich zeichnen.

Spiele, die zum Aufbau der Ich-Stärke und des Selbstwertwertgefühls Teil beitragen, ermöglichen eine „positive Entwicklung der menschlichen Fähigkeiten, soziale Be-ziehungen einzugehen und eigenverantwortlich zu handeln“ (ebd. 2004, S. 87).

Ich bin stolz

In diesem Spiel geht es darum, einmal die positiven Erfahrungen der letzten Zeit in Erinnerung zu rufen und preiszugeben. Die Schwierigkeit liegt darin, sich überhaupt an etwas Positivem zu erinnern und die Gefühle, die beim offenen Aussprechen zu Tage treten, zuzulassen.

Der Spielleiter, als teilnehmender Beobachter, ist auch eingeladen seine positiven Erfahrungen mitzuteilen. Dies soll ein Anstoß für weitere Äußerungen der Mitspiele-rInnen sein, wobei kein Zwang ausgeübt werden darf.

Die Kinder sitzen im Kreis und versuchen den vorgegebenen Satzanfang „Ich bin stolz, dass ich …………“, z.B.

- nicht zugeschlagen habe, als Franz mich gehänselt hat - Karl bei der Hausaufgabe helfen konnte

- meine Angst beim Sprung ins Wasser überwinden konnte (vgl. ebd. 2004, S. 91).

Einerseits und andererseits

Kinder mit Gewalt- und Aggressionstendenzen haben auch gute Eigenschaften und benehmen sich nicht immer abweichend von der Norm. Um die auftretenden Gegen-sätze zwischen normalem und abweichendem Verhalten besser aushalten zu kön-nen und um diese sukzessive zu verändern zu versuchen, muss man diese zuerst kennen gelernt haben. Dafür eignet sich die nun folgende Übung in hervorragender Weise.

Jedes Kind bekommt die Aufgabe, der Reihe nach, nachstehend angeführte Fragen zu beantworten:

- Was kann ich besonders gut? Was sind meine guten Eigenschaften?

- Was kann ich nicht so gut? Was sind meine schlechten Eigenschaften?

- Was gefällt mir an mir?

- Was gefällt mir nicht an mir?

Nach den Selbstbeschreibungen der Kinder werden sie feststellen, dass alle etwas haben, was ihnen gefällt oder nicht gefällt und dass sie, wenn sie wollen, Potentiale haben, diese oder jene Eigenschaften zu ändern. Man kann sie fragen, ob sie wollen, dass ihnen dabei Hilfe zuteil wird oder können sie selbst einander Hilfe angedeihen lassen (vgl. ebd. 2004, S. 94).

Nicht-aggressive Beziehungen aufnehmen

Die Kontaktaufnahme von gewalt- und aggressionsbereiten Kindern scheitert trotz starker Bedürfnisse nach sozialer Zugehörigkeit meist an Berührungsängsten und des Zulassens von Nähe. Erst wenn körperliche Tabus abgebaut sind, sind solche Kinder bereit, nicht-aggressiven Körperkontakt anzunehmen. Daher sollen sie ange-leitet werden, sich auf andere einzulassen, zu kooperieren, anstatt andere nur als Kontrahenten zu sehen. Gerade im Spiel entstehen positive Gefühle füreinander, die den Nährboden für die Entwicklung nicht-aggressiver Beziehungen aufbereiten und konstruktive Konfliktlösungen erst ermöglichen (vgl. ebd. 2004, S. 99).

Gute Nacht

Dieses Spiel wurde von Frau Dr. Herzenberger im Rahmen ihrer Tätigkeit als Prä-ventionsbeauftragte der Stadt Klagenfurt mit den SchülerInnen meiner Klasse durchgeführt und fand unter der Teilnehmerschaft großen Anklang. Der Fokus wurde dabei auf den Abbau auf Berührungsängsten und dem Zulassen von körperlicher Nähe gerichtet. Die Angst vor Körperkontakt soll dabei abgebaut werden und ein do-sierter Umgang mit Körperberührung erlernt werden. Die Erfahrung des eigenen Körpers gehört zur Selbsterfahrung, denn sie bietet Hilfe beim kompetenten Umgang mit dem Körper anderer (vgl. Badegruber 2005, S. 12).

Es werden zwei Gruppen von je drei Schülern gebildet, die im Abstand von drei Metern auf ihren Sesseln sitzen. Eine Gruppe mimt die Schlafenden, während die anderen drei Schüler ihre beiden Hände, auf ein Zeichen der Spielleiterin hin, den Schlafenden sanft auf die Schultern legen. Begleitet wird diese Übung von einer harmonischen Musik.

Nach Beendigung der Musik begeben sich die drei Schüler wieder auf ihren Ausgangs-platz, während die anderen drei nach Aufforderung der Spielleiterin („Krähen eines Hahnes“) munter zu werden, sich räkeln und strecken.

Nun beschreiben sie das Gefühl, das sie während der Berührung erlebt haben und ver-suchen den „beruhigenden Geist“ zu erraten. Danach tauschen die beiden Gruppen ih-re Rollen.

Da ich in diesem Spiel nicht die Spielleitung zu übernehmen hatte, konnte ich mich selbst als Spieler einbringen und meine Erfahrungen den Mitspielern weitergeben.

Freundschaft zaubern

Es kommt in diesem Spiel auf die Empfindung an, die die Kinder verspüren, wenn sie selbst als Zauberer agieren oder verzaubert werden. Es wird auch keine Antwort be-züglich der an ihnen geübten Kritik erwartet. Somit entfällt der Druck zu einer Verhal-tensänderung und schafft eine günstige Situation, den Zauberspruch doch insgeheim zu Herzen zu nehmen (vgl. Portmann 2004, S. 109).

Jedes teilnehmende Kind hat die Aufgabe, drei andere Kinder so zu verzaubern, dass sie in Zukunft einen netten und freundschaftlichen Ungang mit ihm pflegen. Mit einem Zauberstab (z.B. ein Lineal) tippt es den Kindern nacheinander auf die Schultern und sagt dabei seinen Zauberspruch, z.B.:

- „Werner, ich verzaubere dich in einen Jungen, der mich nicht immer ärgert und an mir nörgelt“.

- „Maria, ich verzaubere dich in ein Mädchen, das sich nicht über andere lustig macht, wenn sie etwas nicht sofort beherrschen.“

- „Karli, ich verzaubere dich in einen Jungen, der nicht sofort aufbrausend reagiert, wenn der Lehrer nicht sofort Hilfestellung leistet.“

Die verzauberten Kinder müssen den Zauberspruch schweigend über sich ergehen lassen und dürfen keine Reaktion zeigen. Vielleicht werden sie dadurch angeregt, den Zauberspruch zu überdenken und ihr zukünftiges Verhalten dahingehend aus-richten (vgl. ebd. 2004, S. 109).

Konflikte friedlich lösen

Jeder Mensch ist im Lauf seines Lebens absichtlich oder unabsichtlich vielen Konflik-ten ausgesetzt, denen er sich stellen muss. Es geht daher primär nicht um Vermei-dung von Konflikten, sondern um deren faire und angemessene Bewältigung. Eine Konfliktlösung, die von zwei oder mehreren Kontrahenten angestrebt wird, muss nicht zwangsläufig in Machtkämpfen oder Streit ausarten, sondern kann stattdessen als Chance zur Klärung von gegensätzlichen Standpunkten und zur Verbesserung der gegenseitigen Beziehung begriffen werden.

Interaktionsspiele und Übungen können dazu beitragen, Interaktionshemmungen abzubauen oder durch Bewegungstraining den Körper auf gemeinsame Bewegungs-spiele vorzubereiten und damit die Selbsterfahrung stärken (vgl. Badegruber 2005, S. 11).

Sie können aber auch helfen, Konflikte bewusster und aggressionsfreier auszutragen und neue, kreative Ideen zu einer annehmbaren Lösung zu generieren.

Streitspiele

In diesem Spiel geht es hauptsächlich darum, dass durch den Rollenwechsel be-dingt, die veränderten Standpunkte zur Sprache kommen und nach einer für beide Teile gütlichen Konfliktlösung gesucht wird.

Zwei Kinder agieren in einer Streitsituation, die mehrmals pro Tag in der Klasse vor-kommt, daher fällt es ihnen nicht schwer in diese Rollen zu schlüpfen.

- Ein Schüler braucht zum Korrigieren einen Radiergummi und benutzt ganz selbst-verständlich den seines Mitschülers und macht ihn dabei noch kaputt.

- Ein anderer Schüler hat in der Pause sein Jausenbrot verzehrt, hat aber noch Hun-ger. Er nimmt einfach das Brot seines Mitschülers und beißt hinein.

Die beiden Schüler diskutieren das Problem, indem jeweils einer zuerst die Rolle des Opfers und der andere die des Täters übernimmt. Nach einer Weile tauschen sie die Rollen und suchen nach einer Lösung des Konflikts.

Die gefundene Lösung wird einer allgemeinen Diskussion zugeführt, wobei Verbesse-rungsvorschläge eingebracht werden können und erwünscht sind (vgl. Portmann 2004 S. 115).