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7 Methodenkatalog zur Prävention von destruktiver Aggression an der ASO Josefinum

7.2 Methoden zur Entspannung und Konzentration

Die täglichen Begleiterscheinungen der SchülerInnen meiner Klasse sind Hektik, An-gespanntheit, die Unfähigkeit zur Ruhe zu kommen und sich zu sammeln, gepaart mit Aggressions- und Gewalttendenzen. Es muss aber deutlich gesagt werden, dass die letzt genannten Verhaltensauffälligkeiten natürlich nicht behoben werden kön-nen, doch helfen Entspannungsspiele und Spiele die Konzentration zu fördern, eine

ausgewogene Balance zwischen Anspannung und Entspannung zu finden und die Fähigkeit zur Muße und Besinnung zu reaktivieren. Die bewusste Steuerung der Aufmerksamkeit, das Aufspüren und die Entfaltung der eigenen Kräfte, um von innen heraus stark zu werden, sind nur möglich, wenn Spannungen gelöst werden, Ruhe und Erholung einkehren und Stille sich breitmacht (vgl. Portmann/Schneider 2004, S.

9).

Die von mir ausgewählten und erprobten Spiele und Übungen verfolgten das Ziel, das gemeinsame Erleben und die Freude am Spiel zu erhöhen, sowie die Harmonie und das soziale Klima in der Klasse zu verbessern, was letztendlich auch zur Prä-vention von Gewalt und Aggression beitragen sollte. Außerdem dienten sie der Stär-kung der Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten, der Förderung der Fantasie und Kreativität und dem Vertrauensaufbau gegenüber anderen.

Was die Auswahl der Spiele betraf, musste ich Einschränkungen vornehmen, da die Fülle an Angeboten meinen mir auferlegen Zeitrahmen von drei Wochen bei Weitem übertraf. Außerdem sind fast alle beschriebenen Spiele auf eine größere Gruppe ausgelegt, so dass auch hier notgedrungen, Reduktionen in der Auswahl vorgenom-men werden mussten.

Zur Durchführung der Spiele braucht man keine oder ganz wenige Vorbereitungen, kein besonderes Material und nur den Klassenraum, der den Anforderungen jedes Spiels hinreichend genügt. Meistens reicht es die Sessel beiseite zu rücken und ei-nen Sitzkreis herzustellen. Allerdings muss der Spielleiter genaue Kenntnis des Spielablaufs und der Spielregeln haben, um den Fokus als teilnehmender Beobach-ter auf die Reaktionen der Spielenden zu richten.

Die für die einzelnen Spiele benötigte Zeit ist variabel und davon abhängig, ob die Gruppe bereits Kenntnis vom Spiel hat oder es erst lernen muss. (Einige Spiele mussten wegen begeisterter Zustimmung wiederholt werden, was den Effekt der Entspannung und Konzentration verstärkte und vom Spielleiter erwünscht war und forciert wurde).

Alle ausgewählten Spiele müssen so angelegt sein, dass kein Wettbewerbsdenken mit Siegern und Verlierern aufkommt. Spiele sollen mit Freude, Genuss und Harmo-nie erfüllt sein und allen Mitspielern gemeinsam Entspannung und das Gefühl der Zusammengehörigkeit vermitteln. Nach Beendigung jedes Spiels ist den Mitspielern

Zeit und Gelegenheit einzuräumen, über ihre Erfahrungen, die sie während des Spiels gemacht haben, zu sprechen.

Übungen und Spiele zum Abbau von Unruhe und Erregung

Viele SchülerInnen sind heute nicht mehr in der Lage einige Zeit still zu sitzen, nicht zu reden oder einfach nichts zu tun. Sie befinden sich in einem ständigen Erregungs- und Spannungszustand, der wiederum Ausgangspunkt für eine permanente Gewalt- und Aggressionsbereitschaft sein kann. Schon allein die Anwesenheit anderer oder vermeintliche angestrengte Mitarbeit können für eine erhöhte Erregung verantwort-lich sein.

Nachstehend angeführte und erprobte Spiele bieten solchen SchülerInnen Gelegen-heit, „ihre Unruhe und Erregung auszuagieren, ohne vollständig die Kontrolle darüber zu verlieren“ (Portmann/Schneider 2004, S. 14).

Arbeitnehmer

Dieses Spiel eignet sich insbesondere zum Abbau von Bewegungsdrang und zur Dämpfung von Nervosität und Unruhe.

Alle SchülerInnen sitzen im Klassenraum im Kreis. Der Spielleiter nennt der Reihe nach verschiedene Tätigkeiten, die die Mitspieler pantomimisch ausführen müssen. Beispiels-weise beginnt er mit der Aufforderung „hüpfen!“ – alle hüpfen.

Es werden anschließend vor allem solche Tätigkeiten ausgewählt und nachzuahmen sein, die viel Bewegung erfordern und möglichst den ganzen Körper beanspruchen.

Nach und nach sollten die geforderten Tätigkeiten immer ruhiger werden und mit dem Ausschütteln der Extremitäten, Hinsetzen und in Verbindung mit ruhigem und gleichmä-ßigem Atmen in einem Schlafzustand münden.

Nach etwa einer Minute kommt die sanfte Aufforderung des Spielleiters zum Aufwachen.

Das Spiel ist damit beendet (vgl. ebd. 2004, S.16).

Gehen wie ein alter Mann

Das Ziel dieses Spiels ist es, einerseits Unruhe und Spannungszustände zu mildern und andererseits pantomimische Bewegungsabläufe für bewegungsgehemmte und

ungeübte SpielerInnen unter Zuhilfenahme eines Rhythmusinstrumentes zu erleich-tern.

Der Spielleiter schlägt beispielsweise eine Handtrommel oder lässt Musik von einer CD abspielen. In meinem Fall spielte ich Musikstücke auf einer Gitarre. Während des Spiels gibt er Anweisungen, wie sich die MitspielerInnen frei im Klassenraum oder auch paar-weise bewegen sollen, z.B. wie

- ein alter Mann

- ein Wanderer, der einen schweren Rucksack trägt

- eine Mutter, die einen Kinderwagen eine steile Straße hinaufschiebt - ein Geselle, der mit einem Lehrling ein Leiter trägt

- ein Supersportler, der mit einem Anfänger Tennis spielt u.s.w.

(vgl. ebd. 2004, S. 21)

Pferderennen

Dieses Spiel eignet sich in besonderer Weise zum Abbau von verbaler und motori-scher Unruhe und fand bei den SchülerInnen begeisterten Anklang.

Alle Spielerinnen und der Spielleiter sitzen auf ihren Stühlen im Kreis. Durch Vorma-chen und ZwisVorma-chenrufen gibt der Spielleiter die jeweils auszuführenden Bewegungen und Geräusche vor, die die Stimmung bei einem Pferderennen wiedergeben sollen.

Es beginnt damit, dass sich alle SpielerInnen mit den Händen auf ihre Oberschenkel schlagen und dabei das Pferdegetrappel „Tarab, tarab, tarab, …“ murmeln. Diese Be-wegung und das Gemurmel werden während des gesamten Spiels beibehalten. Zusätz-lich gibt der Spielleiter durch Zwischenrufe und Vormachen an, was jeweils zu tun ist.

Ruft er beispielsweise „Rechtskurve“ müssen sich alle nach rechts legen. Ruft er „O-xer“ müssen alle aufstehen und mit erhobenen Armen einen Sprung andeuten. Es geht dann weiter mit „Doppeloxer“, „Dreifacher Oxer“, „Zuschauertribüne“ (alle jubeln),

„Wassergraben“ (alle blubbern mit den Fingern) und weitere beliebige Geräusche und Bewegungen, die für ein Pferderennen typisch sind (vlg. ebd. 2004, S. 27).

Rhythmus-Lawine

Dieses Spiel eignet sich in hervorragender Weise für die Schulung der Konzentrati-on, der Aufmerksamkeit und der rhythmischen Erziehung.

Der Spielleiter beginnt einen Rhythmus zu klatschen und fordert einen Mitspieler auf ein vorher vereinbartes Zeichen (z.B. blinzeln mit Blickkontakt) auf, den Rhythmus mit-zuklatschen. Allmählich kommt immer ein neuer Mitklatscher dazu, bis am Ende alle klatschen.

Um das Spiel ruhig ausklingen zu lassen, hört, auf ein Zeichen des Spielleiters, einer nach dem anderen mit dem Klatschen auf, bis letztendlich nur der Spielleiter als Klat-scher übrig bleibt.

Noch mehr Konzentration ist erforderlich, wenn bei weiteren Durchgängen der Rhyth-mus an Schwierigkeitsgrad zunimmt und die Lautstärke variiert (vgl. ebd. 2004, S. 29).

Spiele zum Still-Werden und Wahrnehmen

Zur Prävention von Gewalt und Aggression gehören neben vielen anderen Bedin-gungen Konzentration und Entspannung. Als Voraussetzung dafür muss man gelernt haben, still zu werden. Gerade SchülerInnen mit Gewalt- und Aggressionstendenzen müssen angeleitet werden, sich auf Stille einzulassen und allein in die Stille zu lau-schen. Um Stille, vor allem mit geschlossenen Augen zu erfahren, darf die für die Stärkung des Vertrauens in die Gruppe erforderliche Zeit keine Rolle spielen (vgl.

ebd. 2004 S. 33).

Haben die SchülerInnen gelernt in die Stille zu lauschen und mit Stille umzugehen, sollen sie erzählen, was sie in der Stille alles gehört haben. Man möchte nicht glau-ben, wie mannigfach „geräuschvoll“ Stille sein kann.

Stillhalte-König

Der Einsatz dieser Übung ist vor allem dann angebracht, wenn sich in der Klasse Unruhe, Aufregung oder beginnendes Chaos breit macht.

Die Spielerinnen dürfen sich frei in der Klasse bewegen. Auf ein vereinbartes Komman-do des Spielleiters (z.B. Pfiff, Klatschen, etc.) verharren alle starr in der Haltung, in der sie gerade waren. Derjenige, der sich am längsten nicht bewegt, ist der „Stillhalte-König“ und darf den Part des Spielleiters übernehmen (vgl. ebd. 2004, S. 34).

Telegrafieren

Gewalt- und aggressionsbereite Kinder und Jugendliche haben häufig ein gestörtes Körperbewusstsein, da sie nicht in der Lage sind, gut gemeinte Körperkontakte auf-zunehmen.

In diesem Spiel lernen sie, sich berühren zu lassen und andere freundschaftlich zu berühren. Dadurch werden Berührungsängste abgebaut und das soziale Klima ver-bessert.

Die SchülerInnen setzen sich hintereinander auf ihren Sessel und bilden dadurch eine Art „Leitung“, wobei der letzte Schüler, der sein Gesicht auf den Vordermann gerichtet hat, auf ein Kommando des Spielleiters ein einfaches Wort oder ein Bild mit den Fin-gern auf den Rücken des Vordermannes schreibt oder zeichnet. Dieser wiederum „ü-bernimmt“ das Bild oder das Wort und „telegrafiert“ es an seinen Vordermann weiter.

Wenn das Telegramm beim ersten Spieler angekommen ist, wird es mit dem ursprüng-lich abgesandten vergursprüng-lichen. Während des gesamten Vorganges darf weder gespro-chen noch andere Signale, die für das Enträtseln des Wortes oder Bildes hilfreich sein könnten, verwendet werden (vgl. ebd. 2004, S. 48).