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5 Das sozialpädagogische und therapeutische Zentrum für Kinder und Jugendliche Josefinum

6.3 Prävention und Intervention

6.3.3 Maßnahmen auf der individuellen Ebene

Auf der individuellen Ebene geht es um den Umgang mit einzelnen Schülern. Nach einer akuten Gewalttat, die mit einer unaggressiven Reaktion (Behindern, deutliche Stoppsignale etc.) beendet werden sollte, ist unverzüglich ein Gespräch mit den Be-teiligten, also Täter und Opfer, herbeizuführen, in dem es vor allem darum gehen sollte, dem Täter die Botschaft zu vermitteln, dass Gewalt in der Klasse oder in der Schule unter keinen Umständen toleriert wird und gezielte Gegenmaßnahmen ergrif-fen werden (vgl. Olweus 200, S. 97).

Sollten die ergriffenen Maßnahmen nicht fruchten, ist, wie schon erwähnt, ein Ge-spräch mit den zuständigen SozialpädagogInnen zu arrangieren, damit der Ernst der Situation klar zum Ausdruck gebracht wird.

Analog zu den täterbezogenen Maßnahmen sind der Schutz und die Stärkung typi-scher Opfer in den Mittelpunkt der Betrachtungen zu stellen. Das typische Opfer, das ängstlich und unsicher agiert und nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen möchte, muss unter allen Umständen gegen Gewaltakte geschützt werden, damit die Gefahr erneuter Gewaltversuche vollständig oder fast gebannt ist. Es muss darauf vertrauen können, dass ihm in Notsituationen eine Lehrkraft zur Seite steht und jede gewünschte Hilfe zuteil werden lässt. In diesem Zusammenhang sei hingewiesen, dass Lehrkräfte die Pflicht haben, für den Schutz des Opfers Sorge zu tragen.

Es kann aber auch vorkommen, dass Lehrkräfte selbst Opfer von schweren Angriffen und tätlicher Gewalt werden. In diesem Fall ist es notwendig eine Eskalation der Ge-waltsituation zu verhindern und sowohl Täter als auch Opfer professionelle Hilfe an-gedeihen zu lassen.

Für den Täter bietet sich ein temporärer Aufenthalt in der Neuropsychiatrischen Ab-teilung des Kindes und Jugendalters im LKH Klagenfurt an, in der eine professionelle Abklärung der Ursachen und Motivation des abnormen Verhaltens erfolgt. Das Opfer sollte so rasch als möglich einer Supervision zugeführt werden, damit die Gefahr vermindert wird, lange Zeit unter den schweren Folgen des Erlebnisses zu leiden.

7 Methodenkatalog zur Prävention destruktiver Aggression und Gewalt an der ASO Josefinum

Im Laufe meiner langjährigen Dienstzeit an der Allgemeinen Sonderschule und im Speziellen an der Sonderschule Josefinum hatte ich oftmals die Gelegenheit, an Fortbildungsveranstaltungen, die sich mit der Problematik im Umgang mit Problem-kindern beschäftigten, teilzunehmen. Alle Referenten betonten in ihren Aussagen, man sollte Verständnis für „schwierige“ Kinder aufbringen und sie nicht zu verändern versuchen, damit man selbst das Leid, gepflastert mit Supervision und psychosoma-tischen Zuständen, einigermaßen leichter ertragen kann (Ledl 2007, S. 26).

Das heißt aber nicht, dass das Agieren gewaltbereiter SchülerInnen nicht beachtet, durchschaut und verstanden werden muss, sondern im Gegenteil, es müssen Maß-nahmen gesetzt werden, die die SchülerInnen befähigen, ihr Verhalten zu ändern (vgl. ebd. 2007, S. 26).

In den letzten Jahren sind viele Modelle bezüglich Gewaltprävention an Schulen entwickelt worden, die einerseits zum Ziel haben, Lehrkräfte und SchülerInnen vor unverhofften Gewalthandlungen zu schützen, auf Bedrohungssituationen aufmerk-sam zu machen und Hilfe zu bieten, Gefahren rechtzeitig zu erkennen, und anderer-seits der alltäglichen Gewalt von SchülerInnen mittels einer Vielfalt von Programmen, Maßnahmen und Projekten zu begegnen.

Auch in unserer Schule werden in den Klassen auf Grund der Zunahme der Gewalt und Aggressionsbereitschaft, Konzepte, Methoden und Projekte mit gewaltpräventi-ver Zielsetzung angewendet. Dabei handelt es sich aber nicht um ausgearbeitete und in sich geschlossene Programme, sondern um individuelle und persönliche Ver-suche von Lehrkräften, der Gewalt und Aggression präventiv entgegenzuwirken.

Im Vordergrund steht dabei immer das langfristige Bemühen, den SchülerInnen ein Vorbild zu sein und sie darin zu unterstützen, soziale und emotionale Kompetenz zu erlangen, um Konflikte ohne Einsatz von Gewalt zu lösen.

Unsere SchülerInnen, die durchwegs in sozial deprivierten Familienverhältnissen aufgewachsen sind, brauchen vermehrt Strategien und Vorgehensweisen, die

Zu-wendung, Verständnis, Ermutigung und Anerkennung als positive Gegenerfahrung zum Inhalt haben (vgl. Hurrelmann/Bründel 2007 S. 179).

Mit meiner Forschungstätigkeit will ich einen kleinen Beitrag zur Prävention von Ge-walt und Aggression leisten und habe mich deshalb für die Methode des forschenden Lernens entschieden, die sich nicht so sehr auf Expertenwissen stützt, sondern mich veranlasste, selbstwirksam zu werden. Unter Selbstwirksamkeit versteht man „die handlungsbezogene Komponente der Identität, die sich auf den Einfluss bezieht, den man selbst auf eine zukünftige Situation hat und ob man das positiv bewältigen kann“

(Ledl 2007, S. 27).

Im Folgenden wende ich mich den Methoden zu, die im Zeitraum vom Jänner 2008 bis Ende Juni 2008 zur Anwendung kamen und von meinen SchülerInnen, das sei vorweg gesagt, großteils positiv angenommen wurden.

7.1 Entspannungsübungen, -techniken

Im Hinblick auf die Lebenssituation der SchülerInnen, welche häufig durch Unruhe, Hektik und ein Übermaß an verschiedenen Reizeinflüssen geprägt ist, haben Ent-spannungstechniken und -spiele eine große Bedeutung, da sie verhaltensauffälligen Kindern helfen, mit der Flut an visuellen auditiven Angeboten besser umgehen zu können.

Um den Gewalt- und Aggressionstendenzen der SchülerInnen entgegenzuwirken, werden gemeinsam, als eine Art „Vorbehandlung“, verschiedene Entspannungsritua-le durchexerziert, die den Zweck haben, für ein Wohlfühlklima in der Klasse sorgen.

Die Kinder sollen in der Alltagssituation Ruhepunkte finden können und Hilfen erhal-ten, wie sie zur Ruhe kommen können. Erst ein minimales Maß an Ruhe und Ent-spanntheit ermöglicht es, mit verhaltensauffälligen SchülerInnen erfolgreich weiter zu arbeiten.

Gelingt es der Lehrkraft nicht für ein Entspannungsklima zu sorgen, sind SchülerIn-nen mit motorischer Unruhe, Angespanntheit und hoher Erregung weder für den Un-terricht und Lernprozesse aufnahmefähig, noch für eine Förderung im Sozialverhal-ten zugänglich und oft auch nicht in der Lage, ja sogar ruhige und konzentrierte Spie-le durchzuführen, selbst wenn ihnen diese Spaß machen.

Entspannungstechniken sind aber keine Wundermittel, mit deren Hilfe die Gewalt- und Aggressionstendenzen von SchülerInnen reduziert oder sogar abgebaut werden können. Sie sind auch nicht in der Lage Verhaltens- oder psychische Probleme zu beseitigen (vgl. Petermann 2007, S. 37).

Zum Abbau von körperlicher Erregung und Gefühlen der Angespanntheit, die durch Angst, Aggression oder motorischer Unruhe entstanden sind, eignen sie sich in her-vorragender Weise. Werden Entspannungsverfahren erfolgreich durchgeführt, sind sie ein Garant für erfolgreiches Lernen, Spielen und Arbeiten.

Während der Übungsphase und einige Zeit danach ist die Tendenz des Auftretens von Gewalt- und Aggressionsakten äußerst gering, was sich durch meine langfristige teilnehmende Beobachtung und den daraus folgenden Aufzeichnungen bestätigen lässt.

Entspannung ist ein natürlicher Vorgang und tritt je nach SchülerIn und äußeren Be-dingungen unterschiedlich leicht, sowie verschieden intensiv auf.

Im Laufe meiner Beobachtungen fiel mir auf, dass sich anfangs einige SchülerInnen überhaupt nicht entspannen konnten, was sich aber nach kontinuierlichen Übungs-phasen über einen längeren Zeitraum hinweg, legte. Es bedarf einer ausdauernden Übung, um schnell in einen Entspannungszustand zu gelangen und diesen über ei-nen Zeitraum von mehreren Minuten oder sogar Stunden aufrechtzuerhalten (vgl.

Petermann 2007, S. 39).

Das Wunschziel, während meiner Forschungstätigkeit eine Entspannung über meh-rere Stunden zu erzielen, konnte nicht realisiert werden, da die Zeit der intensiven Übung zu kurz bemessen war und auch andere Verfahren zur Prävention von Gewalt und Aggression zur Anwendung gelangen sollten.

Das Autogene Training

Dieses Entspannungsverfahren geht auf den Berliner Nervenarzt Prof. Dr. Johannes H. Schulz zurück, der im Jahre 1926 eine Technik entwickelte, die es dem Patienten ermöglichen sollte, ohne Hypnose, also ohne Fremdbeeinflussung, positive Effekte herbeizuführen, die ihm in einen ähnlichen Zustand wie in der Hypnose versetzen können (vgl. Hennig 2003, S. 7).

Vorbereitung

Vor der ersten Durchführung des Autogenen Trainings werden die SchülerInnen über das bevorstehende Geschehen im Hinblick auf Durchführung und des Auftretens von Körperempfindungen informiert. Damit ist auch die Hoffnung einer erhöhten Motivati-on zum Kennen lernen eines neuen Entspannungsverfahren verbunden. Vorbehalte, Unsicherheiten, aber auch Ängste können so schon im Vorfeld reduziert werden.

Den SchülerInnen muss klar gemacht werden, dass sie nach der Entspannungspha-se körperlich ruhiger sind, sich ihre Konzentration weEntspannungspha-sentlich verbesEntspannungspha-sert und kaum mehr unangenehme Gefühle wie Wut, Aggression oder Angst empfinden. Sie müs-sen aber auch dahingehend aufgeklärt werden, dass dieses Verfahren nicht als

“Zaubermittel“ eingesetzt werden kann, um schulische Probleme oder Schwierigkei-ten mit MitschülerInnen zu minimieren oder sogar zu verhindern. Auch soll mit der Entspannungs- oder Ruheübung keine Leistung mit Wetteifercharakter verbunden werden. Es ist absolut unwichtig, wie schnell sich jemand entspannen kann oder bei-spielsweise wie stark seine Wärmeempfindung ist. Ebenso ist jegliche Anstrengung fehl am Platz, um zwanghaft eine Entspannung herbeizuführen (vgl. Petermann 2007, S. 79).

Äußere Bedingungen

Es sollte dafür gesorgt werden, dass Lärm und Außengeräusche möglichst vermie-den wervermie-den, was in einem Klassenraum nicht immer zu gewährleisten ist. (Einmal musste das Autogene Training abgebrochen werden, da ein Lehrer die Klasse betrat, um sich aus einem Schrank ein Unterrichtsmaterial zu holen. Die Störung hatte weit reichende Folgen, da der Übungsverlauf gestoppt werden musste und die neu ange-setzte Übungseinheit nicht mehr das erwünschte Ergebnis zeitigte).

Das Autogene Training kann im Liegen aber auch im Sitzen durchgeführt werden, doch muss in beiden Fällen auf die richtige und angenehme Körperposition geachtet werden. (Alle SchülerInnen meiner Klasse haben sich für die Liegeposition entschie-den, was im Vorfeld mit einer Bereitstellung von Decken verbunden war).

In jedem Fall ist beim Liegen auf die Rückenlage und auf die räumliche Distanz zwi-schen den Übenden einerseits und dem Übungsleiter andererseits zu achten. Der Gefahr der Verletzung der Intimsphäre wird somit entgegengewirkt. Außerdem kann

der Übungsleiter am besten den Entspannungszustand der SchülerInnen von außen beurteilen.

In der Liegehaltung dürfen die Beine nicht gekreuzt werden, die Arme liegen ent-spannt rechts und links neben dem Körper und der Kopf darf nicht zur Seite geneigt sein (vgl. Petermann 2007, S. 81).

Viel Überzeugungskraft bedarf es, die SchülerInnen dazu zu bringen, die Augen während der Übungsphase zu schließen. (Zwei Schüler konnten nicht dazu bewegt werden, dieses Ansinnen zu realisieren).

Vertrauen

Von äußerster Wichtigkeit, als Voraussetzung für die Durchführung von Entspan-nung, ist das Vertrauensverhältnis zwischen dem Übungsleiter und den SchülerIn-nen. Ebenso sind vorausgehende Konflikte einer Entspannung abträglich. Erst eine Beilegung mit einer beiderseitigen Zufriedenheit und wenn möglich ein geraume zeit-liche Distanz zum Konfliktgeschehen ermöglicht eine erfolgreiche Durchführung (vgl.

ebd. S. 83).

Zeitlicher Ablauf

Ich war immer darauf bedacht, das Autogene Training als integrierten Bestandteil des Tagesablaufes zu betrachten und habe diese Entspannungstechnik regelmäßig für die Dauer von zwei Wochen eingesetzt. Besonders von Erfolg gekrönt war der Einsatz am Anfang der ersten Stunde, am Beginn der zweiten Stunde, nach einer konzentrierten Lern- und Arbeitsphase und vor allem nach der großen Pause, in der sich die SchülerInnen austoben, bewegen oder motorisch betätigen konnten.

Die Regelmäßigkeit des Einsatzes spielt eine wichtige Rolle, da die Entspannungs-übungen ritualisiert erfolgen müssen, das heißt, dass Ruhe und Entspannung durch das regelmäßige Üben unter gleichen Bedingungen leichter auf Alltagskontexte über-tragen werden können (vgl. ebd. 2007, S. 86).

Die zeitliche Dauer einer Übungsphase sollte auch nicht überstrapaziert werden. Ein Zeitrahmen von ungefähr 10 Minuten pro Einheit hat sich dabei am besten bewährt.

Wichtig in diesem Zusammenhang ist zu bemerken, dass ein strukturierter Tagesab-lauf mit eingeplanten Ruhephasen, verhaltensauffälligen, aggressionsbehafteten

SchülerInnen in großem Maße entgegenkommt, da diese Sicherheiten für ihre Orien-tierung benötigen.

Probleme bei der Anwendung

Als ich mich entschlossen hatte das Autogene Training als ein mögliches Entspan-nungsverfahren anzuwenden, versuchte ich zuerst mittels Einsatzes einer Hör-CD (Autogenes Training für Kinder von Marita Henning, 2003) zum gewünschten Erfolg zu kommen. Schon nach wenigen Minuten musste ich erkennen, dass die SchülerIn-nen nicht in der Lage waren, den EntspannungsinstruktioSchülerIn-nen zu folgen. Außerdem war die Stimmlage der Instruktorin zu hoch und nicht dazu angetan, die Bereitschaft der Probanden ihren Anleitungen zu folgen, zu erhöhen

Erst als ich selber den SchülerInnen die ersten drei Standardformeln (Ruhe, Schwere und Wärme) mit einer tiefer angesetzten, weichen Stimme zu vermitteln versuchte, stellte sich nach einiger Zeit der erwünschte Erfolg ein.

Standardformeln des Autogenen Trainings

1. Ruheübung:

• Ich bin ganz ruhig, ich bin ganz ruhig, ich bin ganz ruhig.

2. Schwereübung:

• Meine Arme sind ganz schwer, meine Arme sind ganz schwer, meine Arme sind ganz schwer.

• Meine Beine sind ganz schwer, meine Beine sind ganz schwer, meine Beine sind ganz schwer.

• Mein ganzer Körper ist schwer.

3. Wärmeübung:

• Meine Arme sind ganz warm, meine Arme sind ganz warm, meine Arme sind ganz warm.

• Meine Beine sind warm, meine Beine sind warm, meine Beine sind warm.

• Mein ganzer Körper ist warm.

4. Zurücknahme:

• Tief Luft holen – Arme fest anziehen – Augen auf.“ (Henning 2003, S. 43).

Am Ende meiner Ausführungen über die Entspannungstechnik des Autogenen Trai-nings darf nicht unerwähnt bleiben, dass jede Übungseinheit mit einer „Zurücknah-me“ abzuschließen ist, damit der Kreislauf wieder in Schwung kommt und keine Missempfindungen, wie Schwindel oder Benommenheit, zurückbleiben.

Die Progressive Muskelentspannung

Aggression entsteht oft bei zu hoher Anspannung, Überreiztheit und innerer Nervosi-tät. Damit es erst gar nicht zu einem Spannungsaufbau kommt, ist es notwendig, ei-ne Reduzierung der Spannung schon im Ursprung herbeizuführen. Zu diesem Zweck bieten sich Entspannungsübungen, wie die von Edmund Jacobson (1885-1976).beschriebenen Muskelentspannungsübungen, an.

„Die Progressive Muskelentspannung ist vor allem eine leicht erlernbare Methode, durch die eine körperlich-seelische Wohlspannung gefördert wird. Sie ist als Kurz-entspannung in alltäglichen Situationen anwendbar und lässt sich wegen der raschen Wirksamkeit gut mit anderen Übungswegen (z.B. Yoga, Autogenes Training, Zen, MBSR) kombinieren. Für das erfolgreiche Erlernen der Muskelentspannung muss der Übende lediglich in der Lage sein, sich eine bestimmte Zeit auf die Muskeln seines Körpers zu konzentrieren, sowie bestimmte Muskelgruppen systematisch anspannen und lockern zu können. Darüber hinaus ist es notwendig, das in den Sitzungen Er-lernte regelmäßig zu üben.“ (Löhmer/Standhardt 2006, S.4).

In der schulischen Praxis werden Muskelentspannungsübungen je nach Bedarf an-gesetzt, da eine gezielte Durchführung nur etwa 15 Minuten in Anspruch nimmt. Für meine Forschungstätigkeit schien mir ein Zeitrahmen von einer Woche ausreichend, um die Reaktionen meiner SchülerInnen zu beobachten und festzuhalten

Natürlich muss bei verhaltensauffälligen SchülerInnen mit Störaktionen gerechnet werden, doch im Laufe der Zeit gewöhnen sich auch die „schwierigsten Fälle“ an den Übungsablauf und ihr Gesamtverhalten geht in ruhigere Bahnen über.

Der gemeinsame Leitsatz lautet in etwa: „Ich fühle mich gut!“

Alle Beteiligten schließen die Augen, atmen ruhig ein und spannen zum Beispiel die rechte Hand an. Nach 5 Sekunden wird die Hand locker gelassen und dann folgt die Phase der

Entspannung, der rund eine halbe Minute Zeit eingeräumt wird. Dann folgt die linke Hand im selben Rhythmus. Danach werden die Oberarme (rechts/links) angespannt, die Stirn ge-runzelt, die Augenbrauen bewegt, ebenso die Wangen- und Kaumuskulatur, die Brustmus-kulatur und zuletzt die Fersen (vgl. Petermann 2007).

Nach diesen Übungen scheint sich im Körper eine wohltuende Ruhe breit zu ma-chen, die sich auf das weitere schulische Geschehen nur positiv auswirken kann.

In Verbindung mit wohlklingender Musik werden Entspannungsübungen von den SchülerInnen noch besser angenommen.

Wie beim Autogenen Training müssen die Vorbereitung, die äußeren Bedingungen und der zeitliche Ablauf klar vorgegeben und strukturiert sein. Zu den einzelnen Ent-spannungsübungen können Instruktionen mit Assoziationshilfen gegeben werden.

Beispielsweise kann bei der Armübung die Vorstellung assoziiert werden, einen nas-sen Schwamm fest auszudrücken. Am Ende einer jeden Entspannungsübung muss, wie beim Autogenen Training, die „Zurücknahme“ erfolgen, damit sich der Kreislauf wieder stabilisieren kann.

Es wäre illusorisch, wie eingangs schon erwähnt, zu glauben, dass SchülerInnen mit Gewalt- und Aggressionstendenzen in den ersten Trainingseinheiten die Übungen ohne unnötige und unerwünschte Störungen, Lachen oder Sprechen mitmachen, doch in diesem Fall ließ ich mich nicht ablenken und setzte ruhig und bestimmt mei-ne Instruktiomei-nen fort. Erst nach den Übungen kam ich auf die Störaktiomei-nen zu spre-chen und nach den Gründen zu fragen.

Im Gegensatz zum Autogenen Training wurde bei der Progressiven Muskelentspan-nung der Sitzhaltung eindeutig die Präferenz gegeben, weil diese nach Aussage der SchülerInnen als angenehmer erlebt wurde.

7.2 Methoden zur Entspannung und Konzentration

Die täglichen Begleiterscheinungen der SchülerInnen meiner Klasse sind Hektik, An-gespanntheit, die Unfähigkeit zur Ruhe zu kommen und sich zu sammeln, gepaart mit Aggressions- und Gewalttendenzen. Es muss aber deutlich gesagt werden, dass die letzt genannten Verhaltensauffälligkeiten natürlich nicht behoben werden kön-nen, doch helfen Entspannungsspiele und Spiele die Konzentration zu fördern, eine

ausgewogene Balance zwischen Anspannung und Entspannung zu finden und die Fähigkeit zur Muße und Besinnung zu reaktivieren. Die bewusste Steuerung der Aufmerksamkeit, das Aufspüren und die Entfaltung der eigenen Kräfte, um von innen heraus stark zu werden, sind nur möglich, wenn Spannungen gelöst werden, Ruhe und Erholung einkehren und Stille sich breitmacht (vgl. Portmann/Schneider 2004, S.

9).

Die von mir ausgewählten und erprobten Spiele und Übungen verfolgten das Ziel, das gemeinsame Erleben und die Freude am Spiel zu erhöhen, sowie die Harmonie und das soziale Klima in der Klasse zu verbessern, was letztendlich auch zur Prä-vention von Gewalt und Aggression beitragen sollte. Außerdem dienten sie der Stär-kung der Wahrnehmung der eigenen Fähigkeiten, der Förderung der Fantasie und Kreativität und dem Vertrauensaufbau gegenüber anderen.

Was die Auswahl der Spiele betraf, musste ich Einschränkungen vornehmen, da die Fülle an Angeboten meinen mir auferlegen Zeitrahmen von drei Wochen bei Weitem übertraf. Außerdem sind fast alle beschriebenen Spiele auf eine größere Gruppe ausgelegt, so dass auch hier notgedrungen, Reduktionen in der Auswahl vorgenom-men werden mussten.

Zur Durchführung der Spiele braucht man keine oder ganz wenige Vorbereitungen, kein besonderes Material und nur den Klassenraum, der den Anforderungen jedes Spiels hinreichend genügt. Meistens reicht es die Sessel beiseite zu rücken und ei-nen Sitzkreis herzustellen. Allerdings muss der Spielleiter genaue Kenntnis des Spielablaufs und der Spielregeln haben, um den Fokus als teilnehmender Beobach-ter auf die Reaktionen der Spielenden zu richten.

Die für die einzelnen Spiele benötigte Zeit ist variabel und davon abhängig, ob die Gruppe bereits Kenntnis vom Spiel hat oder es erst lernen muss. (Einige Spiele mussten wegen begeisterter Zustimmung wiederholt werden, was den Effekt der Entspannung und Konzentration verstärkte und vom Spielleiter erwünscht war und forciert wurde).

Alle ausgewählten Spiele müssen so angelegt sein, dass kein Wettbewerbsdenken mit Siegern und Verlierern aufkommt. Spiele sollen mit Freude, Genuss und Harmo-nie erfüllt sein und allen Mitspielern gemeinsam Entspannung und das Gefühl der Zusammengehörigkeit vermitteln. Nach Beendigung jedes Spiels ist den Mitspielern

Zeit und Gelegenheit einzuräumen, über ihre Erfahrungen, die sie während des Spiels gemacht haben, zu sprechen.

Übungen und Spiele zum Abbau von Unruhe und Erregung

Viele SchülerInnen sind heute nicht mehr in der Lage einige Zeit still zu sitzen, nicht zu reden oder einfach nichts zu tun. Sie befinden sich in einem ständigen Erregungs- und Spannungszustand, der wiederum Ausgangspunkt für eine permanente Gewalt- und Aggressionsbereitschaft sein kann. Schon allein die Anwesenheit anderer oder vermeintliche angestrengte Mitarbeit können für eine erhöhte Erregung

Viele SchülerInnen sind heute nicht mehr in der Lage einige Zeit still zu sitzen, nicht zu reden oder einfach nichts zu tun. Sie befinden sich in einem ständigen Erregungs- und Spannungszustand, der wiederum Ausgangspunkt für eine permanente Gewalt- und Aggressionsbereitschaft sein kann. Schon allein die Anwesenheit anderer oder vermeintliche angestrengte Mitarbeit können für eine erhöhte Erregung