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1 Einleitung

1.4 Empirisch-qualitative Methode

Als Schulleiter und Klassenlehrer mit einer zehnstündigen Lehrverpflichtung habe ich die Möglichkeit, gehaltvolle Informationen über die interessierende Praxis zu erhal-ten, da ich an der Alltagspraxis längerfristig teilnehmen, mit ihr vertraut werden und sie in ihren alltäglichen Vollzügen beobachten kann (vgl. Lüders 2007, S. 385).

Diese, in der Reihe der Datenerhebungsverfahren für qualitative Untersuchungsme-thoden geeignete Form, wird als teilnehmende Beobachtung bezeichnet, in der der

„Forscher über ein soziales Milieu, in dem er selbst mehr oder weniger als „normales“

Mitglied teilhat, Daten erhebt“ (Cropley 2005, S. 92).

Nach Meinung von Altrichter und Posch (2007) besteht die bedeutsamste Leistung von BeobachterInnen in der Sensibilität für das, was beobachtet wird (vgl. Altrich-ter/Posch 2007, S. 129).

Die Bemühungen des teilnehmenden Beobachters gehen dabei in zwei Richtungen.

Erstens sind seine Beziehungen im und um das Feld einer näheren Betrachtung wert, weil hier Dilemmata zu Tage treten, die ihm einerseits als distanzierten teilneh-menden Beobachter die Verpflichtung auferlegt, nur seinen wissenschaftlichen

Stan-dards und Aufgaben Folge zu leisten und er andererseits in der „jeweiligen Situation sozial und kulturell verträglich handeln muss (Lüders 2007, S 386).

„Der teilnehmende Beobachter muss also zwei Rollen gerecht werden: Unvoreinge-nommenheit und persönliche Beteiligung“ (Bruyn 1966, S.14).

Dieser Rollenkonflikt kann der Sache nach nicht gelöst werden, sondern lässt sich nur durch wenige charakteristische Konflikte beschreiben und durch entsprechende pragmatische Empfehlungen formulieren.

Die zweite Bemühung des teilnehmenden Beobachters gilt den verschiedenen Pha-sen des Forschungsprozesses, beginnend mit der Phase der Problemdefinition, dann der Kontaktaufnahme, weiters des Feldeinstiegs, danach die Etablierung einer Feld-rolle und ihre Aufrechterhaltung, später des Erhebens und Protokollierens von Daten, dann des Ausstiegs aus dem Feld und schließlich der Auswertung, der theoretischen Verarbeitung und Veröffentlichung der Ergebnisse (vgl. Lüders 2007, S. 387).

Nach Altrichter/Posch (2007) sind in der in der Vorbereitung von Beobachtungen drei Vorüberlegungen nötig.

Erstens ist aus dem Strom der Ereignisse z.B. das bestimmte Verhalten eines Schü-lers während einer Übungseinheit zu beschreiben oder anders ausgedrückt: „Je en-ger begrenzt der Gegenstand der Beobachtung ist, desto genauer kann sie erfolgen“

(Altrichter/Posch 2007, S. 130).

Die zweite Vorüberlegung betrifft die Frage nach dem Grund der Beobachtung und mit welchen Annahmen und Erwartungen die Beobachtung erfolgt. Dabei soll das Bemühen um Objektivität bei der Beobachtung nicht im Vermeiden von Vor-Urteilen bestehen, sondern diese kennen zu lernen, „damit der eigene Anteil an einer Er-kenntnis abgeschätzt und bei der Interpretation berücksichtigt werden kann“ (ebd.

2007, S. 30).

Wann und wie lange beobachtet wird, stellt sich als Frage der dritten Vorüberlegung.

Die Perspektive ist dabei auf die Zeiträume gerichtet, in der die Übungseinheiten an-zusetzen sind und in der der teilnehmenden Beobachterrolle besondere Aufmerk-samkeit zu schenken ist.

Das beobachtete Verhalten ist für eine spätere Bearbeitung festzuhalten, wobei Auf-zeichnungen nach der Beobachtung im Allgemeinen praktikabler sind, auch wenn

damit gerechnet werden muss, dass einige Details nicht mehr korrekt erinnert wer-den können. In diesem Fall erweisen sich stichwortartige Notizen als wertvolle Ge-dächtnisstützen für eine spätere ausführlichere Darstellung. Beziehen sich die nach-träglichen Aufzeichnungen nicht auf Einzelereignisse, sondern eine Fragestellung wird über einen längeren Zeitraum verfolgt, ist die Führung von Gedächtnisprotokol-len in Form eines Tagebuches angebracht

Eine besondere Bedeutung kommt der Beobachtung durch „Dritte“ zu. Jede Situation vor, während und nach der Übungsphase kann aus der Perspektive des teilnehmen-den Beobachters, aus der Sicht der teilnehmenteilnehmen-den SchülerInnen oder aus der Per-spektive von Dritten gesehen werden.

Eine dritte beobachtende Person kann eine neue Sicht des Geschehens eröffnen, weil sie mehr Zeit zur Verfügung hat und nicht unter Handlungsdruck steht. Diese Person sollte über die Forschungsfrage genauestens unterrichtet sein, um ihre Auf-merksamkeit auf jenen Sachverhalt zu konzentrieren, der für den Forschenden wich-tig ist. In einem abschließenden Gespräch kann die dritte Person ihre Wahrnehmun-gen über das Geschehen einbrinWahrnehmun-gen und mit den Eindrücken des Forschers abglei-chen (vgl. Altrichter/Posch 2007, S. 135 ff.).

Im Zuge meiner Forschungstätigkeit ergaben sich Fragen zur eigenen Rolle während der Übungsverläufe, zur Protokollierung, Fragen des Agierens in heiklen Situationen, zur Nutzung vorhandener Dokumente, des Einsatzes anderer Verfahren und schließ-lich Fragen zur Verhinderung der Unübersichtschließ-lichkeit infolge der Fülle an Daten.

Neben der qualitativen Untersuchungsmethode der teilnehmenden Beobachtung wurde noch ein weiteres Forschungsdesign angesprochen, das sich besonders gut für qualitative Forschung eignet: die Einzelfallanalyse. Die Daten einer Fallstudie er-geben sich entweder aus Interviewprotokollen oder aus Notizen der Beobachtung des Falles (vgl. Cropley 2005, S. 95).

In der Einzelfallanalyse werden besonders die Komplexität des ganzen Falles, die Zusammenhänge der Funktions- und Lebensbereiche in der Ganzheit der Person und der historische, lebensgeschichtliche Hintergrund unter die Lupe genommen.

Fallanalysen erhellen den Blick bei der Suche nach relevanten Einflussfaktoren und

der Interpretation von Zusammenhängen. Sie sind gegenüber anderen Forschungs-methoden im Vorteil, da sie konkret auf die Besonderheiten eines Falles eingehen und tiefer gehende Einsichten für eine genauere Analyse ermöglichen (vgl. Mayring 2002, S. 42).

Als Material zur Datensammlung dienen Anamnesen von Krankengeschichten, Bio-grafien, Fallakte, persönliche Lebenspläne, Lebensläufe u.a.m.

Wie bei allen Forschungsmethoden ist auch bei der Fallanalyse die Vorgehensweise entscheidend.

Nach Mayring (2007) ist dabei ein grober Vorgehensplan einzuhalten, der die Frage-stellung des Falles, die Falldefinition, die spezifischen Methoden, die Datensamm-lung, die Aufbereitung und Kommentierung des Materials beinhalten soll. Schließlich lassen Fallzusammenfassung, Fallstrukturierung und das Einordnen des Falles in einen größeren Zusammenhang das Ergebnis in einem helleren Licht erscheinen (vgl. Mayring 2007, S. 44).