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Vereinbarkeit von Beruf und Familie

10. D ARSTELLUNG DER E RGEBNISSE

10.4 Fallübergreifende Analyse

10.4.1 Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Wie bereits in der Vorstellung der Interviewpartnerinnen erwähnt, waren zwei der befragten Frauen kinderlos und eine der Frauen Mutter einer mittlerweile volljährigen Tochter, die sie alleinerziehend großgezogen hat. Das Kinderthema und vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wurde von allen drei Gesprächspartnerinnen mehrmals angesprochen. Auch die ersten beiden Frauen haben in unterschiedlichen Kontexten hervorgehoben, dass ihre Kinderlosigkeit in ihrem Karriereverlauf sicherlich von Vorteil war.

Also ich würde schon sagen, es ist ein großer Teil von, also die Arbeitszeiten, das meine ich sozusagen, die Einteilung ist nicht sehr flexibel. Und das ist sicher für Personen mit kleinen Kindern zum Beispiel, oder auch zu pflegenden Angehörigen oder was auch immer sozusagen, die doch nicht so viel Rückhalt haben, dass das gut geht, schon schwierig (Interview 2: 743 - 748).

Interessant an dieser Interviewpassage ist neben der klaren Formulierung der notwendigen Flexibilität als Führungskraft auch die Tatsache, dass hier unterbewusst „Personen mit kleinen Kindern― und „pflegende Angehörige― mit Frauen gleichgesetzt wird, welche diese Arbeiten immer noch vornehmlich machen. In den geführten Gesprächen wird deutlich, dass es in Leitungspositionen oftmals an Flexibilität der Arbeitszeiten fehlt und auch die Aufgaben, je nach Organisation auch eine örtliche Flexibilität verlangt.

Ähm, also dass Frauen sich das weniger zutrauen oder vielleicht das auch weniger machen können, also ich selber habe keine Kinder, deshalb bin ich nie in der Situation gewesen, da das irgendwie unter einen Hut bringen zu müssen. Aber es ist schon glaube ich sehr schwierig, wenn man auch immer wieder auch irgendwo hinfahren muss, auf irgendwelche Seminare, auf Führungsbesprechungen, also da glaube ich, dass das für Frauen schwieriger ist, das unter einen Hut zu bringen (Interview 1: 338 - 345).

Auch Interviewpartnerin 2 erklärt in Bezug auf die Vereinbarkeit von Leitungsposition und Familie:

Ich glaube grundsätzlich schon, sehr flexibel ist es nicht. Also das glaube ich kann etwas sein, was einen abschreckt. [...] Das heißt, also die Frage ist schon quasi: ist es wirklich gut mit Familie zum vereinbaren, ja(Interview 2: 720 - 726).

Es wird auch zweimal ein kurzer Einblick gewährt inwiefern das Kinderthema die Interviewpartnerinnen in früheren und auch schon karriererelevanten Zeiten beeinträchtigt hat.

Na ja, also mir ist jetzt grad eingefallen, aber das ist auch damals in der Vergangenheit, dass es damals, als ich diese erste Stelle übernommen habe als Leiterin, war es so, dass eine Kollegin in einem anderen Bundesland auch Leiterin war. Die hat dann ein Baby bekommen und war in Karenz und es war klar, dass sie diese Stelle nicht mehr bekommt als Leiterin. Weil sie ja jetzt weg war. Und die ist dann auch nachbesetzt worden mit einem Mann. Also man hat eine Leitungsposition nicht mehr bekommen, wenn man in Karenz gegangen ist und das war – also es kommt mir jetzt alles so absurd vor (lacht) – das war damals nicht einmal ein Aufschrei. Das hat sich aber total geändert. Das ist natürlich jetzt nicht mehr so (Interview 1: 353 – 363).

Interviewpartnerin 3 hat sich ebenfalls während ihrer Schwangerschaft für einen neuen Job beworben und ihre Schwangerschaft bewusst nicht erwähnt, um keinen Grund zu bieten, sie nicht anzustellen.

Februar 1990, wusste schon, dass ich schwanger bin, habe es nicht gesagt damit sie mich nehmen (Interview 3: 232 - 233).

Es wird immer wieder deutlich, dass der Organisation hier eine große Rolle zukommt. Der Diskriminierung von (schwangeren) Frauen sowie die schlechte Vereinbarkeit von Beruf und Familie - vor allem auf Leitungsebene - könnte durchaus von Seiten der Organisation entgegengewirkt werden.

Ich glaube aber, dass man, also wenn ich jetzt an eine Kollegin denke, die eingestiegen ist und zwei kleine Kinder hatte und noch dazu jetzt nicht von [Name der Einrichtung] sondern von extern – die konnte dann zwar schon die Kinder mitnehmen und ihren Mann, zu solchen / aber ich glaube, da müsste man noch viel mehr machen. Also für Frauen mit kleinen Kindern ist das echt schwierig. Ähm, also ich glaub da ist es für Männer leichter nach wie vor und da müsste man sich mehr überlegen. Modelle oder so, wie man das / oder dass das für Frauen nicht so abschreckend ist, dass man das mehr ermöglicht. Oder auch mehr die Männer, sicher bei [Name der Einrichtung] gehen schon Männer auch in Karenz aber, nicht so lange oder noch nicht, also da könnte man auch noch mehr tun. Also was das jetzt betrifft.

Das ist sicher schwieriger. (Interview 1: 363 - 373).

Insgesamt kann gesagt werden, dass die Vereinbarkeit von Familie, Kindern und Beruf einen großen Stellenwert in Bezug auf den Karriereweg der Frauen einnimmt. Auffallend in den Gesprächen war, dass dieses Thema zunächst nicht von meiner Seite in den Interviews angesprochen wurde, da mir das Ausmaß der Bedeutung für die Karriere einer Frau nicht bewusst war, jedoch in allen drei Interviews seitens der Gesprächspartnerinnen aufgegriffen wurde. Auch wenn die geringe Anzahl der Interviews keinerlei Verallgemeinerung zulassen, so wird im Vergleich der erzählten beruflichen Lebensläufe deutlich, dass die alleinerziehende Mutter auf Grund der schlechten Vereinbarkeit von Beruf und Kind, mehrere Stationen und Umwege sowie bewusstere Entscheidungen in Bezug auf das Timing der Karriereschritte setzen musste. Und das, obwohl sie nicht minder zielstrebig und ehrgeizig war als die beiden kinderlosen Interviewpartnerinnen in ihrer Karriereorientierung und dem Bestreben auf Leitungsebene zu arbeiten, um mitgestalten zu können.

Die Ausbildung habe ich dann gemacht, schon im Hinblick, dass ich irgendwas machen möchte was mich ein bissl in eine bessere Ebene bringt. So ein bisschen Karriere. Mein Kind war damals eben 13. Hab mir gedacht, na jetzt muss ich

irgendwie wieder starten, weil die Zeit der Karriere einer Frau, während das Kind klein ist, ja sehr marginal ist (Interview 3: 655 - 660).

Wie bereits erwähnt, war es allerdings auch den beiden anderen Interviewpartnerinnen durchaus bewusst, dass die Tatsache der Kinderlosigkeit ihnen einiges erleichtert hat in ihrer beruflichen Laufbahn hin zu einer höheren Leitungsposition. Sie sehen die Schwierigkeiten, mit denen Kolleginnen mit Kind(ern) konfrontiert sind und dass dies durchaus ein hemmender Faktor ist, wenn es um den beruflichen Aufstieg geht. Eine der Gesprächspartnerinnen meinte nach dem Interview, dass sie in ihrer Organisation beobachtet, dass je höher die Position ist, die Frauen einnehmen, desto eher sind sie kinderlos bzw. haben bereits erwachsene Kinder oder einen Partner, der zuhause bleibt und sich dementsprechend zeitlich flexibel um die Versorgung der Kinder kümmern kann.

Oder wie sie es Interviewpartnerin 3 so schön auf den Punkt bringt:

Also ohne Kind ist es sicher einfacher, Karriere zu machen (ebd.: 1011).

Die Bedeutung der Verinbarkeit von Beruf und Familie für Frauen in ihrem Karriereweg wird sowohl in der Fachliteratur ale auch in den geführten Interviews immer wieder deutlich und soll in der Diskussion der Ergebnisse nochmals aufgegriffen und genauer betrachtet werden.