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10. D ARSTELLUNG DER E RGEBNISSE

10.4 Fallübergreifende Analyse

10.4.7 Die Rolle der Organisation

Die Frage nach der Rolle der Organisation in Bezug auf das Bewusstsein der Förderung von Frauen, wurde im Interview konkret gestellt. Intention war es herauszufinden, welchen Einfluss Organisationskultur aber auch vorhandene Strukturen auf den Frauenanteil in Leitungspositionen nehmen. Teilweise wurde bereits in den Einstiegserzählungen der Frauen Antworten auf die Fragen gegeben, teilweise musste konkret nach etwaigen geschlechtsspezifischen Fördermaßnahmen gefragt werden. Der Tenor aller drei Interviewpartnerinnen war sehr wohl, dass das Bewusstsein von Seiten der Geschäftsführung für das Thema der Frauenförderung in Leitungsposition eine wichtige Rolle spielt, wobei konkrete Maßnahmen, wie beispielsweise eine Frauenquote in den jeweiligen Organisationen nicht vorhanden waren bzw. sind.

Maßnahmen so konkret jetzt nicht, aber es wird sehr viel also zumindest auf Geschäftsleitungsebene schon viel thematisiert und das allein ist, finde ich, ist ja schon ein großes Merkmal, dass man darüber spricht, dass man sich darüber austauscht, dass man Meinungen einholt. Dass man auch ein gemeinsames Bild dazu entwickelt und ein gemeinsames Vorgehen auch also weil das würden ja jetzt nicht alle so sehen vielleicht, dass man bei gleicher Qualifizierung ähm wen bevorzugt oder auch nicht (Interview 2: 669 - 676).

Hier wird auch wieder angedeutet, dass es nicht selbstverständlich ist oder eben nicht von allen so gesehen wird, dass eine Leitungsposition bei gleicher Qualifikation eher mit einer Frau nachbesetzt wird. Gleichzeitig wird genau dies von allen drei Frauen in ihren jeweiligen Einrichtungen positiv hervorgehoben. Das zeugt auch auf dieser Ebene von einem starken Bewusstsein der Frauenförderung aus einem Mangel an weiblichen Führungskräften heraus. Interviewpartnerin 2 weist diesbezüglich auch darauf hin, dass es in dem Fall von positiver Bedeutung für die Karriere ist, eine Frau zu sein, da dies in ihrer Organisation bewusst gefördert wird.

Hat sicher ein Stück weit eine Bedeutung, dass ich eine Frau bin, weil, das glaube ich schon, ein hohes Anliegen ist auch zur Zeit auch ohne jetzt auch eine Quote zu haben, Frauen in Führungspositionen zu bekommen, überhaupt keine Frage (ebd.:

624 - 627).

In der Organisation der ersten Gesprächspartnerin werden zwar keine konkreten Maßnahmen genannt, jedoch erwähnt auch sie ein sehr bewusstes und gezieltes Ansprechen und die Förderung weiblicher Mitarbeiterinnen seitens der Leitung.

Das gibt es schon, also ein Bewusstsein gibt es auf jeden Fall und es waren damals alle sehr unglücklich, warum sich so wenig Frauen, wenn jetzt Leitungsjobs frei waren, bewerben. Ähm und das wird schon gefördert und es werden dann auch Frauen gezielt angesprochen und versucht zu motivieren und wir haben auch, wenn jetzt, es ist auch schon vorgekommen, wenn sich zwei beworben haben, also mehrere und dann ist ein Mann und eine Frau übriggeblieben, die halt beide gleich geeignet oder gleich gut waren, dass man dann gesagt hat: dann nehmen wir die Frau (Interview 1: 382 - 390).

Hier kommt nochmals das bereits aufgegriffene Thema der geringen Bewerbungen weiblicher Mitarbeiterinnen für Leitungspositionen auf. Dies wird ebenso von Interviewpartnerin 2 in Verbindung mit der Verantwortung und Rolle angesprochen, die eine Organisation hier trägt.

Ich glaube es braucht Strukturen, die vorgeben, dass es so sein soll, wenn es nicht von selbst passiert, was es das halt nicht tut. Genau. Und auch ein bisschen dieses, vielleicht diesen Anschub leistet und bietet quasi Frauen dahin zu bekommen, es sich auch zuzutrauen, ja (Interview 2: 639 - 642).

Es wird von ihrer Seite nochmals jenes Thema der direkten Förderung angesprochen, welches im anschließenden Teil ob seiner Bedeutung noch genauer analysiert wird. Sie sieht in ihrer Einrichtung durchaus, dass das Leitungspersonal bemüht ist, Mitarbeiterinnen zu ermutigen, sich für Führungspositionen zu bewerben. Dies geschieht jedoch auf einer

sehr informellen Ebene, wobei sie es als sinnvoll erachten würde, diese Förderung auf struktureller Ebene zu verankern, da dieses informelle Vorgehen den Nachteil der hohen Intransparenz mit sich bringt. Interviewpartnerin 3 beantwortet die Frage nach der Rolle der Organisation mit der Einschätzung, dass diese eine sehr starke Rolle spielt, wenn es um Frauen in Führungspositionen geht. In ihrer Organisation hat sie den Eindruck, dass die Geschäftsführung sehr bewusst darauf achtet, Frauen in Leitungspositionen zu fördern, dementsprechend ausgeglichen fällt das Geschlechterverhältnis auf Leitungsebene innerhalb der Organisation aus. Auffallend ist hierbei, dass die Geschäftsführung weiblich ist. Interessant wäre hier die Klärung der Frage, ob sich männliche und weibliche Führungskräfte dem Thema der Frauenförderung in Führungspositionen ohne strukturelle Vorgaben wie beispielsweise Quotenregelungen gleich viel Gewicht verleihen, oder ob es hier geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Hier kann jedenfalls die Samplingauswahl für die Arbeit kritisch reflektiert werden, da nur Frauen befragt wurden. Aufschlussreich für diese Frage wäre sicherlich eine Befragung und Einschätzung seitens männlicher Führungskräfte. Da sich die vorliegende Arbeit jedoch mit der weiblichen Perspektive beschäftigt, wurden nur Frauen befragt.

Aus den geführten Gesprächen konkret feststellbar ist die Tatsache, dass es in diesen Organisationen und seitens der Interviewpartnerinnen ein sehr starkes Bewusstsein gibt für die Förderung von Frauen in Leitungspositionen, welche allerdings daraus resultiert, dass diese konkrete Förderung immer noch notwendig ist, da es viel weniger Frauen in Führungspositionen zu geben scheint als Männer. Dies ist insofern beachtenswert, als dass der soziale Bereich ein sehr frauendominiertes Feld ist. Das auffällige Ungleichgewicht der Geschlechterverhältnisse ist im sozialen Bereich ein bestimmendes Thema, welches auch immer wieder Personalsuche und Personalentscheidungen beeinflusst. In Stellen-ausschreibungen wird oftmals aus „teamparitätischen Gründen― explizit nach männlichen Mitarbeitern gesucht bzw. werden Männer bei gleicher Qualifizierung Frauen bevorzugt.

Vor diesem Hintergrund scheint es umso bemerkenswerter wie sehr sich die Geschlechterverhältnisse auf Führungsebene zugunsten der Männer verschiebt. Auch in den geführten Interviews wurde dieses Thema immer wieder angesprochen und kritisch hinterfragt.

10.4.7.1 Die Spezifika des sozialen Bereichs und die Suche nach Männern

In der Gesprächsanalyse aufgefallen ist die Tatsache, dass in allen drei Gesprächen zumindest einmal die prinzipielle Geschlechterparität im sozialen Bereich angesprochen und vor allem kritisch hinterfragt wurde.

[...] mir fällt auf, dass es Männer oder wenn ich so Annoncen durchgehe aus Geschlechterparität sind Männer bevorzugt. Wenn man bedenkt, wie viele Leute, wie viele Frauen machen die FH und wie viele Männer, erstens. Warum werden Männer bevorzugt? Wieviel Klientel im Sozialbereich ähm sind Frauen und wieviele Männer, ähm und von Armut so betroffen sind. Ist unfair. Ist unfair! Trotzdem werden Männer bevorzugt, weil sie einerseits so selten sind. Im sozialen Bereich prinzipiell, weil sie sozusagen ähm den Ausgleich schaffen ähm und zum anderen in Leitungsfunktionen: ich glaube, weil sie sich wirklich, weil es wirklich ein Netzwerk ist (Interview 3: 848 - 857).

Hier wird einerseits nochmals ganz konkret die für Frauen benachteiligende Problematik der Netzwerke angesprochen, wenn es um die Vergabe von Leitungspositionen geht.

Gleichzeitig wird die durchaus übliche Suche nach Männern im sozialen Bereich aus professioneller Sicht stark hinterfragt bzw. als unnötig empfunden. Auch Interviewpartnerin 2 steht der Notwendigkeit der Mindestanzahl männlicher Mitarbeiter skeptisch gegenüber.

Wo immer ich ein bisschen schon hänge, ich mit mir und so ist schon zum Beispiel dieses Dogma auch im niedrigschwellig / also auf Basismitarbeiter*innenebene, es braucht unbedingt diese Anzahl von Männern, da bin ich mir z.B. gar nicht so sicher, ob das immer so sein muss. (...) Also, so. Genau. Ich kann es ein bisschen nachvollziehen das Argument, ich glaube nur nicht unbedingt daran, muss ich zugeben. (lacht) Aber ja (Interview 2: 685 - 690).

Wichtig ist hier hervorzuheben, dass nicht von der Leitungsebene, sondern von einem prinzipiellen und vor allem an der Basis vorkommenden Phänomen im sozialen Bereich die Rede ist. Interessant ist die Kombination aus der Tatsache, dass in Ausschreibungen für Basismitarbeiter*innen im Sinne der Geschlechterparität oft bewusst nach Männern gesucht wird, weil ein Frauenüberschuss herrscht. Umgekehrt gibt es mittlerweile auch oft Ausschreibungen für Leitungspositionen, wo explizit nach Frauen gesucht wird, weil so ein starker Männerüberschuss herrscht, dem entgegengetreten werden soll.

Und selbst in unserer Einrichtung ist es so, dass von 17 Leitungen oder 25 nur 9 Frauen sind. Was nicht wiederspiegelt wie es im Betrieb ausschaut. Genau. Wobei wir auf Geschäftsleitungsebene tatsächlich sehr ausgeglichen sind, das muss man schon dazu sagen. Leitungsebene ist nicht ganz dort (Interview 2: 632 - 634).

Die Erfahrung von Interviewpartnerin 3 deckt sich mit dem Eindruck, dass im sozialen Bereich mehr Männer als Frauen in Führungspositionen sitzen und schildert ihre damalige Frustration bezüglich dieser Ungleichverteilung.

Und das, wenn ich das [Name der Einrichtung] nicht bekommen hätte, also den Job nicht bekommen hätte, wäre ich aus dem Sozialbereich raus gegangen. Zum einen weil man als Frau, aus meiner Wahrnehmung nach wie vor, ich habe ja auf der FH, wie ich den Magister gemacht hab, waren dort, mehr Männer als Frauen. Die Männer waren alle in Leitungsfunktionen. Die waren alle SOZAKler, wie ich und haben dann noch einmal einen draufgelegt ähm und einen Magister gemacht. Und die Männer waren alle, die mit mir auch damals, die waren alle, die sind alle in Leitungsfunktionen, die Frauen nicht (Interview 3: 822 - 830).

Hier ist jedoch nochmals darauf hinzuweisen, dass genau auf Grund der ungleichen Geschlechterverteilung der Tenor aller drei Interviewpartnerinnen derjenige ist, dass auf Leitungsebene stark versucht wird, Frauen zu fördern. Interviewpartnerin 3 sagt explizit, dass in ihrer Organisation Männer nicht bevorzugt werden, wenn es um die Nachbesetzung einer Leitungsposition geht. Weiters in zwei Interviews positiv hervorgehoben und sicherlich charakteristisch für den sozialen Bereich ist die gleiche Entlohnung bei gleicher Arbeit.

Was ich zum Beispiel an unserer Einrichtung gut finde, ist, dass das mit dem Gehalt geregelt ist. Da verdienen einfach Frauen wie Männer, wurscht was sie tun sozusagen, je nach Aufgabengebiet quasi einfach dasselbe. Und das finde ich grandios weil das ist eine Katastrophe, dass das sonst noch nicht so ist (Interview 2:

779 - 784).

Am Ende jedes Interviews wurde um die Einschätzung der Frauen gebeten, ob es in sozialwirtschaftlichen Organisationen als Frau leichter ist Karriere zu machen als in der Privatwirtschaft. Die Antworten sind hier sehr unterschiedlich ausgefallen.

Interviewpartnerin 1 hat hier beispielsweise sehr schnell mit einer positiven Einschätzung reagiert.

Das glaube ich schon. Das glaube ich schon, ohne jetzt zu wissen, wie es jetzt in anderen Organisationen läuft. Aber ich glaube einfach, dass es da [in sozialwirtschaftlichen Organisationen, Anm. d. Verf.] halt auch mehr Bewusstsein auch gibt (Interview 1: 645 - 647).

Sie erzählt anschließend auch von einer Situation, als in der Zentrale eine sehr junge Mitarbeiterin, die noch nicht lange im Betrieb war, relativ schnell und unkompliziert als Leitung eingestellt wurde. Die Frage ist also, ob die generelle Einschätzung der Frage nicht

stark von der jeweiligen Organisation abhängt. Interviewpartnerin 2 schätzt das Thema wiederum komplett komplementär ein und beantwortet die Frage mit einem klaren Nein.

Nein, das glaube ich nicht. Nein. Das glaube ich wirklich nicht. [...] Ich glaube nämlich, also entweder ist es ein Vorurteil, ich glaube nämlich dass viele Leute denken, dass es einfacher ist weil so viele Frauen in diesem Bereich arbeiten, prozentuell gesehen ist es so nicht. Also ich glaube nicht, dass es einfacher ist. Ich glaube, es gibt einfach nur mehr aber in absoluten Zahlen, aber nicht in Prozenten.

Ich glaube nicht, dass es einfacher ist Und ich glaube auch trotzdem, dass dieses, also dass auch in sozialwirtschaftlichen Betrieben dieses Managementding, also auch das mit den Zahlen und Budget und bla und wichtig, also dort wo es dann auch ein bisschen um Prestige geht, ähm durchaus es nicht einfacher ist als in anderen Branchen. Würde ich sagen (Interview 2: 850 - 867).

Interviewpartnerin 3 ist ebenso der Meinung, dass es für Frauen in sozialwirtschaftlichen Organisationen nicht einfacher ist Karriere zu machen. Sie spricht allerdings eher von der allgemeinen Situation von Frauen, die wieder schlechter zu werden scheint und dementsprechend auch im sozialen Bereich rückschrittlich ist.

Nein, glaube ich nicht. Glaub ich nicht. Ich glaube immer mehr, dass es fast schwieriger wird, ehrlich gesagt. [...] Warum nicht? Weil im Moment das Gesellschaftsbild wieder sehr rückschrittlich ist und auch im Sozialbereich rückschrittlich wird ähm und ich glaube, dass bestimmte Errungenschaften, die wir schon erreicht hatten, auch im Sozialbereich verloren gehen. Darum glaube ich es nicht, nein (Interview 3: 991 - 998)

Diesbezüglich gibt es also drei Frauen mit drei unterschiedlichen Ansätzen, wodurch keine einheitliche Tendenz abgelesen werden kann.

10.4.7.2 Bewusste Förderung

Es wurde in allen drei Gesprächen zumindest einmal eine Situation bzw. ein Punkt in der Karriere geschildert, in welchem den Frauen durch bewusstes Ansprechen durch ihre - in allen drei Fällen - männlichen Vorgesetzten eine Leitungsposition angeboten wurde. Am auffälligsten war dies im Gespräch mit Interviewpartnerin 1. Sie schildert mehrmals in ihrem Karriereverlauf die Situation, in der sie bewusst von ihrem jeweiligen Vorgesetzten angesprochen und ihr der Job als Leitung angeboten wurde.

Und in dieser Zeit nach acht Jahren hat dann der Leiter, nicht der, dann sondern ein anderer hat gsagt, er hat ein Jobangebot in der Zentrale und ich soll ihn doch, seine ständige Stellvertreterin werden und da war ich dann wie vom Donner gerührt, weil ich nie in meinem Leben daran gedacht hätte irgendeine Leitungsfunktion jemals anzunehmen, auch nicht als Stellvertreterin (Interview 1: 164 - 178).

Sie erzählt auch von einem Erlebnis zu einem späteren Zeitpunkt ihrer Karriere, wo sie zwar schon ein Bewerbungsverfahren durchlaufen musste, jedoch bereits im Vorfeld gezielt Mitarbeiter*innen aussondiert wurden, die für diese Funktion in Frage kamen und diese auch bewusst angesprochen wurden. Und auch Interviewpartnerin 2 erzählt von ihrem Vorgesetzten, der sie sehr gefördert und ihr viel Spielraum gelassen hat. Dies war wichtig für sie, um sich erstmals in einem sicheren Umfeld ausprobieren zu können und herauszufinden, ob sie Gefallen daran findet, in dieser Form Verantwortung zu übernehmen, Mitzugestalten und zu Organisieren.

Hm (...) ja, ich meine, ganz bestimmt war der [Name des damaligen Vorgesetzten], der Chef von [Name der damaligen Einrichtung], ein großer Punkt sozusagen. Also einerseits indem, dass er mir sehr viel übergeben hat, mich sehr viel hat machen lassen, sehr klar gesagt hat / also mein Potential gesehen hat und es auch sehr gefördert hat ähm und oft so was wie einen mentoring part fast gehabt hat und diese Augenhöhe aber schon zeitgleich auch irgendwie zugelassen hat. Also der [Name des damaligen Vorgesetzten] hat auf jeden Fall einen großen Teil daran, hat dazu beigetragen, den Weg zu ebnen ein Stück weit, bzw. so dieses Probierfeld quasi anzubieten, das nicht schlecht ist würde ich jetzt einmal sagen (Interview 2: 230 - 240).

Im dritten Interview kommt dem Thema nicht ganz so großer Stellenwert zu wie in den anderen Gesprächen, doch auch hier wird eine Situation geschildert, in der die Gesprächspartnerin von dem Leiter einer anderen Einrichtung abgeworben wurde, weil er sie in seinem Team haben wollte. Weiters erzählt sie von einem nicht unwichtigen Punkt in ihrer Karriere, als ihr der Geschäftsführer die Verantwortung für den Aufbau eines neuen Bereichs übertrug.

Und dann hat mir der Geschäftsführer angeboten: du, wir brauchen den Bereich Frauenprävention, den gibt es nicht. Bau du den auf. D.h. da war sozusagen das erste mal, dass ich so ein bisschen in die Rolle gehievt wurde von meinem Vorgesetzten. Ähm etwas aufzubauen, jetzt nicht in leitender Funktion aber sozusagen in konzeptioneller Funktion, was ganz was Neues ähm und schon ein bisschen im strategischen Bereich. Das fand ich schon sehr toll, das war sozusagen nicht ausschließlich mit Klient*innenarbeit sondern eben was aufbauen (Interview 3:

404 - 412).

Anhand der Schilderungen wird deutlich, dass die Studienergebnisse von Beher et al. aus dem Jahr 2008, welche zeigen, dass der Rekrutierung durch direktes Fördern in gemeinnützigen Organisationen ein großer Stellenwert zukommt, heute immer noch von Bedeutung sein dürften. Es ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass die befragten Frauen ihren Karriereweg mit sehr viel Selbstbewusstsein und Willensstärke gegangen sind und

Förderung nur einen Teil davon ausgemacht hat bzw. Anstoß gegeben hat, das Interesse an Leitungspositionen zu wecken.

10.4.7.3 Frauen fördern Frauen

Ein weiterer spannender Aspekt, welcher von allen drei Interviewpartnerinnen erwähnt wurde, ist die bewusste Förderung weiblicher Mitarbeiterinnen durch weibliche Vorgesetzte und damit auch die Rolle, welche die Organisation diesbezüglich spielt.

Interviewpartnerin 3 beispielsweise verweist auf ihre weibliche Geschäftsführung, welche großen Wert auf Förderung von Frauen auf Leitungsebene legt und dementsprechend auf dieser Ebene auch die Geschlechterverteilung eine Ausgeglichene ist.

Und die jetzige Geschäftsführung, also bei der [Name der ersten GF] weiß ich, dass sie auch sehr großen Wert darauf legt, dass Frauen in, also die legt Wert darauf. Bei der [Name der zweiten GF] weiß ich nicht genau, aber ich denke auch. Ich denke auch. Ich glaub, dass die Geschäftsführung großen Wert darauf legt, dass die / [...]

Also Männer werden nicht bevorzugt. Auf keinen Fall. Das merkt man auch (vgl.

Interview 3: 927 - 937).

Auf Grund der eigenen Erfahrung sagen zwei Gesprächspartnerinnen, dass sie sich in ihrer Leitungsposition ihrer Verantwortung zur Förderung von Frauen auch sehr bewusst sind und sich dementsprechend darum bemühen, weibliche Kolleginnen zu unterstützen und zu fördern. So meint Interviewpartnerin 2 beispielsweise:

Auf der anderen Seite, wenn ich zwei gleich qualifizierte Personen habe, würde ich mich immer für eine Frau entscheiden. Immer (Interview 2: 629 - 631).

Bei Interviewpartnerin 1 geht es nicht nur per se um Unterstützung in Leitungspositionen, sondern um das Thema der Gleichberechtigung und vor allem Chancengleichheit für alle Mitarbeiter*innen und damit die bewusste Unterstützung und weiblicher Kolleginnen.

Und das kommuniziere ich auch immer jetzt so an junge Kolleginnen, weil ich halt glaube, dass Frauen das können. [...] Ähm wobei ich das ganz wichtig finde, dass Frauen solche Positionen [Leitungspositionen, Anm. d. Verf.] haben. Das ist mir einfach wichtig. Ja. Als Wert. Und ähm ich ja für die / ich denke mir, von der Gleichberechtigung sind wir noch immer entfernt, aber es ist ganz ganz wichtig und es ist auch ganz wichtig, das den jungen Frauen zu sagen, also wenn ich das dann so so mitbekomme, dass es manchmal auch wieder so in eine Gegenrichtung geht, werde ich ganz unglücklich und unruhig irgendwie und hoffe, dass das, was erkämpft wurde, bleibt (Interview 1: 581 - 593).

Das Thema der „Frauen fördern Frauen― soll deshalb nicht unerwähnt bleiben, da es in den Gesprächen den Eindruck macht, dass dies als so wichtig empfunden wird, weil es eben noch immer nicht Normalität ist, dass Frauen und Männern die gleichen Karriereoptionen

offen stehen und somit die bewusste und explizite Förderung von Frauen für weibliche Vorgesetzte ein wichtiges Thema ist. Das Bewusstsein scheint natürlich vor allem deshalb zu bestehen, weil sie in ihrem eigenen Karriereverlauf hemmende Erlebnisse und Diskriminierung erlebt haben. Diese werden immer wieder anhand erzählter Erlebnisse verdeutlicht, wie weiter oben im Kapitel „Zuschreibungen und Stereotype― bereits analysiert und aufgezeigt wurde

Im anschließenden Kapitel sollen nun die Ergebnisse der Gesprächsanalysen mit den theoretischen Erkenntnissen verbunden und deren Bedeutung für die Forschungsfrage diskutiert werden.