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Veränderung der eigenen Einstellung

Im Dokument Was kann Bildung bewirken? (Seite 72-76)

8.3 Transformative Veränderungsprozesse

8.3.1 Veränderung der eigenen Einstellung

Bei allen interviewten Wiedereinsteigerinnen stellten sich Veränderungen in Bezug auf Motivation, Selbstbewusstsein, Grundsatzeinstellung zu sich selbst und zur Umwelt ein. Zwei Interviewpartnerinnen berichten, dass sie durch den Kursbesuch wieder eine positivere Einstellung und Zuversicht zum Leben bekommen haben:

„Ja, auf jeden Fall bin ich viel positiver. Ich nehme aus dem Kurs das heraus, dass man aus dem größten Pech oder dass man halt meint, das ist das größte Pech was einem passieren kann, dass man aus dem trotzdem noch ein kleines Glück macht und irgendwie geht das. Und irgendwie fängt man dann auch an danach zu leben und es lebt sich viel besser.“ (KT 1, Z. 121-126)

Eine weitere Interviewpartnerin meinte, dass sie vom Kurs deshalb profitierte indem sie jetzt viel offener, selbstbewusster und mutiger geworden ist. Die Auswirkungen zeigen sich auch in ihrem Äußeren, denn heute kleidet sie sich in anderen Farben, nicht mehr ausschließlich in schwarz und grau (vgl. KT 2, Z. 74-79). Bei einer

anderen Interviewpartnerin hat sich die familiäre Situation verändert. Heute hat sie vor ihrem Ex-Mann keine Angst mehr und lernt loszulassen. Auch sie hat das Gefühl durch den Kurs selbstbewusster, stärker geworden zu sein und traut sich heute mehr zu. Zudem weiß sie aus dem Kursinhalt, wo sie Unterstützung findet und dass sie sich Hilfe holen kann, wenn sie welche braucht (vgl. KT 3, Z. 51-62). Eine Interviewpartnerin, die bereits vor zwei Jahren den Kurs besuchte, behauptet, dass sie seit dem Kursbesuch selbstbewusster ist und dass sie wieder mit beiden Beinen im Leben steht. Wenn sie an den ersten Kurstag denkt, wird ihr diese Entwicklung bewusst (vgl. KT 4, Z. 135-155).

Auf die Frage, ob der Kurs zu einer Veränderung führte, kam von einer weiteren Wiedereinsteigerin, die der Ansicht ist, dass ihre Einstellung vor dem Kurs sehr negativ war (vgl. KT 1, Z. 130-132), folgende Antwort:

„Ja, und zwar ausschließlich zu einer positiven Veränderung. In der Form, dass sich mein Grundsatzdenken einfach verändert hat. Und das ist auch nicht von heute auf morgen gegangen, sondern das hat sehr wohl eine gewisse Zeit gedauert. Eigentlich fast genauso lange wie der Kurs gedauert hat. Und es war am Anfang gar nicht so einfach für mich, streckenweise war es auch eine sehr schwierige Phase, ich sage einmal ein Kampf mit sich selber, wenn man sich darauf einlässt.“ (KT 1, Z. 3-9)

Auf dieselbe Frage antwortete eine Interviewpartnerin, die bereits Erfahrungen mit anderen Kursmaßnahmen hatte und im unfreiwilligen Kontext die Kursmaßnahme besuchte:

„Ich finde schon sehr viel. Die Krise ist viel weniger geworden. Ja, man ist viel motivierter, auch durch die Gruppe. Man rutscht nicht mehr so ab und fällt nicht mehr in die Kuschelzone zurück. Ja, es ist jetzt alles viel besser. Ich bereue es nicht, dass ich diesen Kurs gegangen bin. Es hat sich einiges verändert, vor allem meine Einstellung zum Leben und zum Kurs. Dass es doch kein Scheiß ist wie ich am Anfang gedacht habe, dass es so richtig war, dass ich den Kurs gegangen bin.“ (KT 2: Z. 29-35)

Ergänzend zu den Auswertungen der Interviews wird hier zusätzliches Material vom letzten Kurstag, wie in Abbildung 6 dargestellt und im Kapitel ergänzende Aufzeichnungen beschrieben, verwendet:

Abbildung 5: Darstellung Veränderungsprozesse (Kursmaßnahme Kiwi im März 2017)

Das Datenmaterial in Form von individuellen Eindrücken, die am letzten Kurstag anonym erarbeitet und auf Pinnkarten festgehalten werden, stammt aus insgesamt vier unterschiedlichen Kursen im Zeitraum Dezember 2016 bis Mai 2017. Auf die von der Kursleiterin gestellte Frage, was sich seit dem Besuch des Kiwi-Kurses verändert bzw. was der Kurs bewirkt hat, kamen folgende Antworten (wiederholende Punkte, wie beispielsweise mehr Selbstbewusstsein usw. werden hier nur einmalig notiert):

 Mehr Selbstbewusstsein, mehr Zuversicht, mehr Motivation

 sicheres Auftreten

 Komfortzone verlassen, raus aus dem Alltag

 Überzeugter einen Job zu finden

 Sich selbst wieder in einem anderen Licht sehen

 Neue überzeugende Bewerbungsunterlagen

 Bin reflektierter und kenne meine Stärken

 Positivere Einstellung

 Neuorientierung, neue Berufsziele

 Keine Angst mehr vor Bewerbungsgesprächen

 Neue Lebensziele

 Auseinandersetzung mit dem was ich beruflich will

 Kenne jetzt meine Stärken

 Über sich selbst nachdenken

 Viele neue Freundschaften geschlossen uvm. (vgl. Sterling 2016/17: o.S.).

In diesem Sinne versteht Erwachsenenbildung Anregung zur Konstruktion neuer und anderer Welt- und Selbstbilder, Reflexion der Wirklichkeitskonstruktion, mitunter auch Perturbation durch Querdenken und Irritation (vgl. Siebert 2011: 92).

8.3.2 Interpretation

Im Wesentlichen kam es bei allen interviewten Wiedereinsteigerinnen durch den Besuch der Kursmaßnahme zu einer generellen Veränderung in ihrer Einstellung.

Die häufigsten Veränderungen gab es hinsichtlich einer Steigerung des Selbstbewusstseins, Selbstwert, der Zuversicht und der Motivation, vieles wird heute in ihrem Leben und in ihrer Umwelt anders und bewusster wahrgenommen.

Aufgrund der Ergänzungen (siehe Beispiel Abbildung 6), die direkt aus den Kursmaßnahmen vom letzten Kurstag stammen, können diese transformativen Veränderungsprozesse bestätigt werden. Durch den Besuch der Kursmaßnahme, egal ob im unfreiwilligen oder freiwilligen Kontext, wurden eigene Denk- und Handlungsweisen reflektiert und verändert.

Hinzu kommt, dass alle Kursteilnehmerinnen über eine ähnliche Ausgangssituation verfügten. Allen gemein ist, dass sie Beruf und Kinderbetreuung unter einen Hut bringen müssen. Der Austausch untereinander, im Kurs oder auch in den Pausen,

gibt den Wiedereinsteigerinnen das Gefühl nicht alleine mit dieser Problematik zu sein und nach neuen oder anderen Lösungswegen zu suchen.

ErwachsenenbildnerInnen sollen ihre KursteilnehmerInnen dabei unterstützen, ihre Erfahrungen in einer Art zu deuten, die ihnen gestattet, die Gründe für ihre Probleme und ihre ihnen zur Verfügung stehenden Handlungsmöglichkeiten klarer zu verstehen, damit sie den Prozess der Entscheidungsfindung qualitativ verbessern können (vgl. Mezirow 1997: 172). Verglichen mit den Projekten Schritte und FliQ, welche im vierten Kapitel ausführlich dargestellt sind, gibt es mit der hier untersuchten Kursmaßnahme etliche Übereinstimmungen. Nach Zeuner (2014) sind bei den meisten interviewten Frauen Entwicklungen eingetreten, die im Sinne von Daniel Schugurensky (2002) als Transformation des individuellen Bewusstseins und als eine Transformation des individuellen Verhaltens anerkannt werden können.

Innerhalb der Projekte kam es durch ständige Reflexionsprozesse zu einer Auseinandersetzung mit den bisherigen Einstellungen und Erfahrungen. Die Interviewpartnerinnen bestätigen, dass sich ihre Verhaltensweisen sowohl innerhalb der eigenen Familie als auch im Umgang mit anderen Menschen verändert haben und dass ihr Selbstbewusstsein gewachsen ist (vgl. Zeuner 2014: 126).

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