• Keine Ergebnisse gefunden

Auswahl der Interviewpartnerinnen

Im Dokument Was kann Bildung bewirken? (Seite 58-0)

7.3 Forschung Lernprozesse

7.3.1 Auswahl der Interviewpartnerinnen

Die Interviews wurden außerhalb der Kurszeiten im Seminarraum durchgeführt und mit dem Handy aufgezeichnet, was einwandfrei funktionierte. Die Atmosphäre im Raum war durch den Kursbesuch den interviewten Personen und mir vertraut, es war ruhig und wir wurden von niemandem gestört. Zusammengefasst berichteten insgesamt zehn Kursteilnehmerinnen über ihre persönlichen Erfahrungen bzw.

Veränderungen durch den Besuch der Kiwi-Kursmaßnahme. Die fünf transkribierten Interviews, dessen demografische Daten mit Hilfe eines einheitlichen Kurzfragebogens erhoben und anonymisiert wurden, hatten folgende Ausgangssituationen:

Zusammenfassende Ergebnisse des Kurzfragebogens (KT steht hier für Kursteilnehmerin): Orientierung in der Interviewsituation ein Leitfaden vorbereitet. Dafür werden zu sämtlichen abgefragten Bereichen einerseits Erzählaufforderungen und andererseits Fragen formuliert. Die Erzählaufforderungen überwiegen in den meisten Fällen.

Sowohl mit der Reihenfolge der Bereiche als auch der Fragen kann wie auch in anderen Interviews flexibel umgegangen werden (vgl. Flick 2011: 275).

Der hier angewandte Leitfaden beinhaltete folgende Fragen, die einerseits narratives und andererseits semantisches Wissen erfassen sollte:

 Was hat sich durch die Teilnahme am Kiwi-Kurs bei dir verändert?

 Was verbindest du mit dem Thema positive Veränderung durch den Kurs?

 Wenn du an den Kursanfang, an deinen ersten Kurstag denkst, wie hast du dich damals gefühlt?

 Würdest du behaupten, dass du dich damals in einer Krise/einem Dilemma befunden hast? Und was verstehst du unter Krise/Dilemma?

 Was bedeutet es für dich arbeitslos zu sein?

 Wenn du an den letzten Kurstag denkst bzw. die Zeit danach, hat sich deiner Meinung nach in deinem Leben etwas verändert?

 Was verstehst du unter Selbstbewusstsein?

 Was habe ich als Kursleiterin konkret gemacht oder gesagt, was dich berührte bzw. zum Nachdenken anregte? Welche Handlungen und Aussagen von mir haben dich zum Nachdenken angeregt? Welche Arbeitsblätter waren für dich sehr hilfreich?

 Welche Situationen im Kurs brachten dich zum Reflektieren bzw.

Nachdenken?

Durch das episodische Interview sollen die Vorzüge von narrativen Interviews und Leitfadeninterviews genutzt werden. Der Interviewer kann sich mittels Leitfragen in Bezug auf Ereignisse, die erzählt werden und Begriffe, die definiert werden sollen, steuernd eingreifen. Dadurch wird die einseitige narrative Interviewform von einem offenen Dialog abgelöst. Auch bei diesem Verfahren besteht wie bei erzählgenerierenden Interviews das Problem, dass manche Interviewpersonen größere Schwierigkeiten haben zu erzählen als andere. Durch das Erzählen von mehreren umgrenzten Situationen relativiert sich dieses Problem (vgl. Flick 2007:

244f.).

7.3.3 Ergänzende Aufzeichnungen

Als Abschluss einer Kiwi-Kursmaßnahme werden mit den Wiedereinsteigerinnen die Veränderungen, die bei ihnen seit Besuch des Kiwi-Kurses eingetreten sind, in Form von spontanen Gedanken festgehalten. Diese Aufzeichnungen aus den Kursgruppen sollen neben den Interviews bestätigende bzw. ergänzende Informationen über Veränderungsprozesse liefern.

Abbildung 4: Darstellung Veränderungsprozesse (Kursmaßnahme Kiwi im Dezember 2016)

Die Aufzeichnungen, siehe Beispiel Abbildung 5, stammen aus drei Kursmaßnahmen welche im Dezember 2016, Februar 2017 und März 2017 stattfanden. Ergänzend werden sie in den Auswertungen der Interviews, in der Kategorie der transformativen Lernprozesse, festgehalten.

7.3.4 Transkribieren

Nach Abhören der zehn Interviews entschied ich mich nicht alle Interviews zu transkribieren. Aufgrund Sättigung der ausgewählten Interviews, wurden die restlichen fünf Interviews nicht mehr transkribiert.

Die Auswertung des Datenmaterials beginnt mit dem Transkribieren der Interviews, welches von mir selbst durchgeführt wurde. Durch das Transkribieren kommt es zur intensiven Auseinandersetzung mit dem Material und kann somit bereits als Erkenntnis- und Bearbeitungsprozess genutzt werden. Im Prozess des Hörens und Schreibens wurden dabei erste Assoziationen, Auswertungsideen in Form von Memos und Fettgedrucktem festgehalten und es kam zu ständigen Reflexionen. Die Verschriftlichung vergegenwärtigt zum einen und nötigt zum anderen, insofern von außen auf sich und die Interaktion mit der interviewten Person zu schauen. Die gesamten Interviews wurden dabei vollständig transkribiert (vgl. Langer 2013:

515-Eine vollständige Textfassung des verbal erhobenen Materials wird mit Hilfe des wörtlichen Transkribierens hergestellt, welches die Grundlage für eine ausführliche interpretative Auswertung gewährt. Um eine gute Lesbarkeit zu erlangen, wurde die Übertragung in normales Schriftdeutsch gewählt. Da die inhaltlich-thematische Ebene im Vordergrund stand, wurde der Dialekt bereinigt, Satzbaufehler behoben und der Stil teilweise geglättet (vgl. Mayring 2002: 89ff.).

7.3.5 Auswertung der episodischen Interviews

Ausgewertet wurden die episodischen Interviews laut den Auswertungstechniken für Leitfadeninterviews nach Christine Schmidt. Die Auswertungsstrategie versteht sich als Mischform der hermeneutisch-interpretierenden und der empirisch-erklärenden Inhaltsanalyse nach Bos und Tarnai (1989) und lässt sich als Form der qualitativen Analyse als inhaltsanalytisch einordnen. Die Auswertungsmethode besteht aus den Arbeitsschritten Kategorisieren, Kodieren, quantifizierendes Darlegen des Materials und Interpretieren. Gemäß dieser Technik wird das Datenmaterial nach Themen geordnet und thematisch zusammengefasst. Die aus dem Material entwickelten Themen werden als Auswertungskategorien bezeichnet. Von ihrem methodologischen Ansatz her lässt sich diese Methode als theorieorientiert einordnen (vgl. Schmidt 2013: 473f.)

Nach Christiane Schmidt lassen sich daraus folgende Arbeitsschritte ableiten:

1. Entwickeln von Auswertungskategorien am Material 2. Erstellen eines Auswertungsleitfadens

3. Kodierung der Interview-Transkripte 4. Quantifizierende Materialübersichten

5. Vertiefende Fallinterpretationen (vgl. Schmidt 2013: 475-482).

Im ersten Schritt wurde das vorhandene Datenmaterial nach Themen und Aspekten durchgesehen und des Weiteren mit eigenen Anmerkungen ergänzt um dann die Kategorien zu bilden. Die gewählten Auswertungskategorien werden im zweiten Schritt beschrieben und zu einem Auswertungsleitfaden zusammengestellt, woraufhin die Transkripte hinterher kodiert werden. In dieser Phase kann durch das weitere Überarbeiten der Transkripte der entwickelte Leitfaden durch neue Auswertungskategorien aus den Interviews ergänzt oder abgeändert werden (vgl.

Schmidt 2013: 475ff.)

Im dritten Arbeitsschritt kommt es mit Hilfe des Auswertungsleitfadens zur Kodierung des Materials. Unter Kodieren wird hier im Gegensatz zum Coding nach Glaser und Strauss (1968) die Zuordnung des Materials zu den Auswertungskategorien verstanden. Demnach werden aus dem Material alle Textstellen herausgefiltert, die den Auswertungskategorien zugeordnet werden können. Die gewählten Textpassagen beschränken sich hierbei nicht nur auf die Kategorie entsprechend der Fragen aus dem Leitfaden. Im weiteren Schritt wird für die gewählten Kategorien die Kodierung vorgenommen (vgl. Schmidt 2013: 477ff.).

Die Ergebnisse der Kodierung werden dann im vierten Schritt in Form einer übersichtlichen Tabelle dargestellt, die zudem einen quantitativen Überblick über Häufigkeitsangaben des Materials liefert. Durch die Darstellung mittels Gesamtübersicht für alle untersuchten Fälle zu den ausgewählten Kategorien kann das Material übersichtlich dargestellt werden. Im letzten und fünften Schritt sollen vertiefende Fallinterpretationen pro einzelnen Fall durch das intensive Befassen mit den Transkripten erstellt werden. Ziel dieser Fallinterpretationen ist es, vorhandene Hypothesen zu überprüfen, neue aufzustellen und/oder zu neuen theoretischen Überlegungen zu gelangen (vgl. Schmidt 2013: 481ff.).

7.3.6 Auswertung des Forschungstagebuches

Um zu verständlichen und plausiblen Deutungen zu gelangen, sind für die Auswertung von Forschungstagebüchern gestufte Vorgehensweisen empfehlenswert. In der Regel fängt man mit dem Paraphrasieren eines Textabschnittes an, wobei kritische Textpassagen hervorgehoben werden. In einem weiteren Schritt werden dann Kategorien in Form von Überschriften den Textausschnitten zugeordnet. Mit dieser Verdichtung wird der gesamte Text nach Themen oder Überschriften geordnet. Am Rand des Textes sollen Memos notiert werden, damit in weiterer Folge mit dem Deuten und Interpretieren begonnen werden kann. Der Vergleich von Textstellen zu gleichen Themen sowie von möglichst kontrastiven Situationen ermöglicht des Weiteren zu einer abschließenden Deutung und Erkenntnis zu gelangen (vgl. Fischer/Bosse 2013: 880).

Mithilfe der Kategorien wird das vorhandene Datenmaterial sortiert, indem einzelne Textpassagen den zutreffenden Kategorien zugeordnet werden, was man kodieren

Kategorien gebildet werden. Für die Aktionsforschung ist es günstig beide Methoden zu vermischen. Man unterscheidet zwischen der deduktiven und der induktiven Vorgehensweise. Beim deduktiven Vorgehen erfolgt die Kategorienentwicklung vor Durchsicht des Materials. Aufgrund des theoretischen Wissens werden Schlüsselbegriffe definiert, mit denen dann das Datenmaterial abgesucht wird.

Während beim induktiven Vorgehen die Kategorien während und nach der Durchsicht des Datenmaterials entstehen. Auf der einen Seite sollte man das vorhandene Vorverständnis nutzen und andererseits offen sein für neue Aspekte. Die induktive Vorgehensweise lässt sich in folgende Schritte festhalten:

 Im ersten Schritt soll das vorhandene Datenmaterial in Form des Forschungstagebuches aufmerksam durchgelesen werden und jene Stellen, die im Sinne der Fragestellung aussagekräftig (überraschend, interessant, unerwartet) erscheinen, markiert bzw. unterstrichen werden.

 Im zweiten Schritt werden die markierten Textstellen aufgesucht und Kategorien, einem Schlüsselbegriff, der den Inhalt der gewählten Stelle in Kurzform ausdrückt, zugeteilt.

 In einem dritten Schritt werden die Kategorien auf ein eigenes Kategorienblatt festgehalten.

 Im vierten Schritt werden die Textstelle/n zu den Kategorien notiert, auf die sie sich beziehen mittels folgender Angaben: Kurzbezeichnung des Textes, der kodiert wird, Seitennummer des Textes und Zeilennummer der markierten Textstelle.

 Im letzten und fünften Schritt sollen die Kategorien in Form einer Kurzbezeichnung am Rand der Textstelle im Datenmaterial, auf die sie sich beziehen, notiert werden (vgl. Altrichter/Posch 2007: 195f.).

8 Ergebnisdarstellung der transformativen Lernprozesse

Auf den nachfolgenden Seiten erfolgen die Auswertung sowie die Interpretation der Interviews. Die Ergebnisse der jeweiligen Kategorien werden nach einer kurzen Beschreibung ausführlich dargestellt. Die einzelnen Interviewpartnerinnen werden mittels Kurzbezeichnung KT, für Kursteilnehmerin, geführt. Direkt im Anschluss jeder Kategorie bzw. Unterkategorie erfolgt die Interpretation der Ergebnisse. Folgende Kategorien kristallisierten sich aus dem vorhandenen Datenmaterial heraus:

(1) Ausgangssituation Dilemma

Die Teilnehmerinnen befinden sich zu Kursbeginn in unterschiedlichsten Ausgangssituationen, meistens Krisen, die ihr Leben oder ihre Person betreffen. Aus dieser Kategorie heraus wurden zwei Unterkategorien gebildet, die die Situation des Dilemmas darstellen. Zum einen ist es die Kategorie Selbstzweifel und Demotivation und zum anderen die Kategorie finanzielle Sorgen. Eine Perspektiventransformation kann einerseits durch die Zunahme transformativer Bedeutungsschemata infolge einer Reihe von Dilemmas und andererseits als Reaktion auf ein von außen herangetragenes Dilemma entstehen. Dazu gehören beispielsweise Trennung, Scheidung, Kündigung, Tod, Krankheit, der Auszug der Kinder aus dem Elternhaus, Eintritt in den Ruhestand, Durchfallen bei einer wichtigen Prüfung usw. (vgl. Mezirow 1997: 142).

(2) Einstellung zur Kursmaßnahme

Diese Kategorie erfasst zum einen ob die Teilnahme am Kiwi-Kurs freiwillig oder unfreiwillig war und zum anderen mit welcher Einstellung und Sichtweise die Kursmaßnahme besucht wurde. Auch in dieser Kategorie wurden zwei Unterkategorien gebildet:

Was soll mir der Kurs bringen?

Positive Einstellung

(3) Transformative Veränderungsprozesse

In dieser Kategorie geht es um wesentliche Erkenntnisse zur Beantwortung der Forschungsfrage. Aus der Kategorie der transformativen Veränderungsprozesse entstanden die Unterkategorien Veränderung der eigenen Einstellung, Funktion der Gruppe und Jobsuche. Transformatives Lernen umfasst die Transformation von Bedeutungsschemata und Bedeutungsperspektiven. Wenn wir durch Bewertung unserer Annahmen

zu einer Problemlösung diese als unbegründet befinden, schaffen wir neue Annahmen oder wir transformieren unsere alten und gleichzeitig unsere Interpretation von Erfahrung, dadurch findet tägliches Lernen statt. Wenn wir im Leben dazu gezwungen werden, die Prämissen, die wir als gegeben hinnehmen anders und neu zu bewerten, entsteht eine Perspektiventransformation, die mit größeren Veränderungen im Leben verbunden sind (vgl. Mezirow 1997:164).

(4) Was hat dich im Kurs zum Nachdenken gebracht?

Die Auslöser, die vermutlich transformative Lernprozesse in Gang gesetzt haben, sollen in dieser Kategorie eruiert werden. Ein zur Desorientierung führendes Dilemma, welches den Prozess einer Transformation einleitet, kann auch infolge einer Diskussion, eines Gedichtes, Buches, Bildes usw.

geschehen, wodurch einem die Augen geöffnet werden. Jede größere Herausforderung kann zu einer Transformation führen. Diese schmerzhaften Herausforderungen stellen oft tief verankerte persönliche Wertvorstellungen in Frage (vgl. Mezirow 1997: 142).

(5) Kompetenzprofil der Kursleiterin

Um einen Kurs erfolgreich leiten zu können, braucht es unterschiedliche Kompetenzen. Neben der Methoden-, Fach- und Sozialkompetenz sowie der didaktischen Kompetenz braucht es vor allem die persönliche Kompetenz in Form von Empathie und Authentizität (vgl. Nuissl/Siebert 2013: 46).

8.1 Ausgangssituation Dilemma

Anhand der Theorie des transformativen Lernens nach Mezirow, welches im theoretischen Teil dieser Arbeit ausführlich dargestellt wurde, können Dilemma bzw.

Krisen die Auslöser für transformative Lernprozesse sein. Der Ansatz des Deutungslernens welches im fünften Kapitel erklärt wurde, bestätigt diese Annahme.

Erwachsene lassen sich auf Lernprozesse ein, wenn sie nicht mehr weiterwissen, sich in einem Dilemma befinden und nach neuen Erklärungsmöglichkeiten suchen.

Eine Veränderung durch Lernen in der Erwachsenenbildung ist infolgedessen mit der Transformation der Deutungsmuster verbunden (vgl. Arnold 2010a: 63).

Die Erfahrungen der Kursteilnehmerinnen bezüglich Dilemmas drückten sich in Form von Selbstzweifel, geminderten Selbstwert, Demotivation, Schamgefühl, finanziellen Sorgen und Angst aus. Eine Interviewpartnerin (KT 3, 33 Jahre, 3 Kinder und alleinerziehend) bringt das Dilemma mit ihrer Aussage folgendermaßen zum Ausdruck:

„Die Krise ist für mich so, wenn du im Moment aus deiner Situation einfach nicht herauskommst und dich auch nicht heraussiehst. Es ist so depressiv und man weiß einfach nicht, was man dagegen tun sollte.“ (KT 3, Z. 46-48)

8.1.1 Selbstzweifel und Demotivation

Vier Kursteilnehmerinnen (KT 1, KT 2, KT 3 und KT 5) fühlen sich in ihrer Zeit der Arbeitslosigkeit wertlos und hatten große Selbstzweifel, was wiederum die eigene Motivation beeinflusste und zu depressiver Verstimmung führen kann. Für KT 4, die sich auf eine Arbeit im Büro bewarb, war die Situation vor dem Kurs unbefriedigend und frustrierend nachdem sie etliche Bewerbungen versandt hatte, aber immer nur Absagen erhielt und zu keinem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde (vgl. KT 4, Z.

33-37).

Auch KT 5 empfand ihren Zustand der Arbeitslosigkeit als asozial, nicht zur Gesellschaft gehörend und demotivierend. Nachdem sie aufgrund ihrer drei Kinder lange Zeit zu Hause war, hatte sie das Gefühl nicht mehr dazuzugehören. Für sie drehte sich im Leben fast alles um das Thema Kinder und Erziehung. Dabei vergaß sie mehr oder weniger auf sich selbst (vgl. KT 5, Z. 3-17).

„Ich war dort in der Krisenzeit so eine richtige Mutti, wie sie im Bilderbuch steht. Eine Mutti, die eben nicht mit beiden Füßen im Leben steht. Die einfach sich aufopfert für alles Drumherum und auf sich selbst voll vergisst. Das war in dieser Zeit sicher so.“ (KT 5, Z. 54-56).

Eine ältere Kursteilnehmerin, KT 1, die kurz vor ihrem fünfzigsten Lebensjahr stand, empfand ihr Alter und ihre lange Zeit bei den Kindern zu Hause als großes Problem je wieder eine Arbeit im Büro zu finden. Immer wieder wurden ihre Bedenken auch von ihrem privaten Umfeld bestätigt, was in ihr Selbstzweifel auslöste. Hinzu kam, dass sie große Angst hatte, den Anforderungen der heutigen Arbeitswelt standhalten

Ausgangslage definierte sie zwar als Problem jedoch nicht als große Lebenskrise (vgl. KT 1, Z. 31-42).

Eine andere Wiedereinsteigerin, KT 3, die den Kurs bereits zum zweiten Mal besuchte, gab an, dass sie vor Kursbeginn depressiv und unmotiviert war, da sie schon sehr lange daheim war und es zu keiner passenden Arbeitsaufnahme kam.

Aufgrund dessen und der für sie aussichtslosen finanziellen Situation war sie verzweifelt und demotiviert (vgl. KT 3, Z. 36-45).

Eine Kursteilnehmerin, KT 2, ging es in der Zeit der Arbeitslosigkeit vor Kursbeginn aus den ähnlichen Gründen nicht gut. Sie schämte sich dafür, dass sie arbeitslos war. Überdies wurde sie zunehmend bequemer und träge was sich darin äußerte indem sie am liebsten zu Hause blieb und ihr das Weggehen von daheim Stress verursachte (vgl. KT 2, Z. 9-23). Eine weitere Kursteilnehmerin, die ihre Situation auch als demotivierend erlebte, gab ebenso an sich für ihre Arbeitslosigkeit zu schämen:

„Es ist einfach schlimm, wenn man zu denen gehört, die arbeitslos sind. Ich war dann bei denen, wo sie beim Arzt gefragt haben wo man versichert ist.

Und dann sagt man, ja beim AMS, und das ist nicht lustig. Es hat für mich einfach keinen guten Status, obwohl, wie gesagt viele nichts dafür können.“

(KT 5, Z. 7-10)

8.1.2 Finanzielle Sorgen

Arbeitslosigkeit stellt für Betroffene neben der finanziellen Einschränkung meistens eine schwere Belastung dar, die weit mehr als nur ein Knick in der Erwerbsbiografie ist (vgl. DGB Bereich Arbeitsmarktpolitik 2010: 1f.).

Zwei Kursteilnehmerinnen, KT 2 und KT 3, beide alleinerziehend erwähnen explizit die finanziellen Sorgen aufgrund Arbeitslosigkeit als schlimme Belastung. Für KT 2 haben die finanziellen Sorgen enorme Auswirkungen auf die Partnerschaft und das Umfeld. Aufgrund der Geldnot nehmen der Ärger und Stress zu was sich in Form von Streit mit dem Partner und sinkender Selbstmotivation auswirkt (vgl. KT 2, Z. 24-26/

KT 3, Z 44).

8.1.3 Interpretation

Die Interviews zeigen durchgehend, dass sich alle fünf Interviewpartnerinnen in einer schwierigen Situation befanden. Sie nahmen ihre Zeit der Arbeitslosigkeit vor dem Kursbeginn zwar unterschiedlich war, jedoch ist allen gemein, dass sie sich in einer unzufrieden stellenden Lebensphase bewegten, die eine Art Dilemma darstellt. Drei der interviewten Personen waren davon überzeugt, dass sie sich in einer Krise, so genannten Dilemma befanden. Zwei Wiedereinsteigerinnen empfanden die Situation zwar als unbefriedigend, würden es jedoch nicht als Krise bezeichnen.

Die Auswertung der Interviews zeigt, dass alle Kursteilnehmerinnen vor dem Kurs in einer schwierigen Lebenssituation standen, die sich unterschiedlich auswirkte.

Interessant zu beobachten ist, dass sich die Frauen offensichtlich in einer Krise befanden, diese jedoch nicht bewusst wahrnahmen oder teilweise negierten. So gab KT 1 an, dass bei ihr eigentlich alles passte und sie sich in keiner Krise befand. Erst nach einer bestimmten Zeit im Interview erwähnte sie, dass sie unzufrieden ist und dass sie Selbstzweifel und Ängste plagen. Diesbezüglich meinte KT 4, dass sie in ihrer Situation zwar feststeckte und einfach nicht weiterkam, dies für sie aber keine Krise bedeutete. Die meisten Krisen und Dilemma-Erfahrungen, die die Kursteilnehmerinnen mit ihrer Arbeitslosigkeit verbanden, waren neben dem geringen Selbstwert, die finanziellen Sorgen (KT 2 und KT 3) und dass sie sich wegen ihrer Arbeitslosigkeit schämten (KT 2 und KT 5).

Die zusätzliche Belastung in Form von finanziellen Ängsten erwähnen zwei Interviewpartnerinnen, die alleinstehend sind. Die anderen drei Interviewpartnerinnen sind verheiratet bzw. leben in einer Lebensgemeinschaft und werden vermutlich diese Belastung weniger zu spüren bekommen.

8.2 Einstellung zum Kiwi-Kurs

Die interviewten Wiedereinsteigerinnen prägten unterschiedlichste Motivationen zum Besuch der Kursmaßnahme. Einige hatten bereits ihre Erfahrungen mit AMS-Kursmaßnahmen gemacht, was sich vermutlich auf die Einstellung, den Kursbesuch betreffend, auswirkte. Andere wiederum waren unvoreingenommen und neugierig was sie im Kurs erwartet.

8.2.1 Was soll mir der Kurs bringen?

Kursteilnehmerin, KT 1, hatte keinerlei Erfahrungen mit AMS-Kursmaßnahmen und war einerseits neugierig und andererseits skeptisch, was sie im Kurs erwartet. Im Großen und Ganzen besuchte sie die Kursmaßnahme mit der Absicht sich einfach einzulassen bzw. sich überraschen zu lassen:

„Ganz ehrlich gesagt, habe ich mir gedacht, was kann das schon Großes sein, irgendein Blabla wahrscheinlich. Also, mit diesem Gedanken bin ich hergekommen. Und ich dachte mir, ich schaue jetzt einmal was kommt und ich lasse mich überraschen.“ (KT 1, Z. 12-16)

Zwei Interviewpartnerinnen hatten bereits andere AMS-Kursmaßnahmen besucht.

Aufgrund ihrer Erfahrungen besuchten sie im unfreiwilligen Kontext die Kiwi-Kursmaßnahme, denn beiden wurde von Seiten des AMS nahegelegt den Kurs zu belegen. Ihre Einstellung war demzufolge negativ, skeptisch und ohne Motivation.

Lieber wollten sie weiterhin daheim bleiben, weil sie sich nicht vorstellen konnten, dass ihnen der Kurs was bringen sollte (vgl. KT 2, Z. 10-19). Eine Kursteilnehmerin ist Mutter von drei kleinen Kindern. Sie war sich unsicher, ob sie das Zeitmanagement mit Kinderbetreuung und Kursbesuch schaffen kann. Sie sah wenig Sinn im Besuch der Kursmaßnahme und war überdies der Meinung, dass im Kurs lauter demotivierte Frauen sitzen, die ohnehin nicht arbeiten möchten (vgl. KT 5, Z.

24-38).

8.2.2 Positive Einstellung

Zwei Interviewpartnerinnen wussten über den Inhalt und den Aufbau der Kiwi-Kursmaßnahme Bescheid. Eine Interviewpartnerin besuchte die Kiwi-Kiwi-Kursmaßnahme bereits zum zweiten Mal. Demzufolge kannte sie den Inhalt und Aufbau des Kiwi-Kurses und wusste was sie in etwa erwartet. Positiv, neugierig und interessiert gestimmt wurden beide auf ihren eigenen Wunsch hin von ihrer AMS-Beraterin der Kursmaßnahme zugeteilt (vgl. KT 3, Z. 23-35). Die zweite Wiedereinsteigerin kannte

Zwei Interviewpartnerinnen wussten über den Inhalt und den Aufbau der Kiwi-Kursmaßnahme Bescheid. Eine Interviewpartnerin besuchte die Kiwi-Kiwi-Kursmaßnahme bereits zum zweiten Mal. Demzufolge kannte sie den Inhalt und Aufbau des Kiwi-Kurses und wusste was sie in etwa erwartet. Positiv, neugierig und interessiert gestimmt wurden beide auf ihren eigenen Wunsch hin von ihrer AMS-Beraterin der Kursmaßnahme zugeteilt (vgl. KT 3, Z. 23-35). Die zweite Wiedereinsteigerin kannte

Im Dokument Was kann Bildung bewirken? (Seite 58-0)