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Ausgangssituation Dilemma

Im Dokument Was kann Bildung bewirken? (Seite 66-69)

Anhand der Theorie des transformativen Lernens nach Mezirow, welches im theoretischen Teil dieser Arbeit ausführlich dargestellt wurde, können Dilemma bzw.

Krisen die Auslöser für transformative Lernprozesse sein. Der Ansatz des Deutungslernens welches im fünften Kapitel erklärt wurde, bestätigt diese Annahme.

Erwachsene lassen sich auf Lernprozesse ein, wenn sie nicht mehr weiterwissen, sich in einem Dilemma befinden und nach neuen Erklärungsmöglichkeiten suchen.

Eine Veränderung durch Lernen in der Erwachsenenbildung ist infolgedessen mit der Transformation der Deutungsmuster verbunden (vgl. Arnold 2010a: 63).

Die Erfahrungen der Kursteilnehmerinnen bezüglich Dilemmas drückten sich in Form von Selbstzweifel, geminderten Selbstwert, Demotivation, Schamgefühl, finanziellen Sorgen und Angst aus. Eine Interviewpartnerin (KT 3, 33 Jahre, 3 Kinder und alleinerziehend) bringt das Dilemma mit ihrer Aussage folgendermaßen zum Ausdruck:

„Die Krise ist für mich so, wenn du im Moment aus deiner Situation einfach nicht herauskommst und dich auch nicht heraussiehst. Es ist so depressiv und man weiß einfach nicht, was man dagegen tun sollte.“ (KT 3, Z. 46-48)

8.1.1 Selbstzweifel und Demotivation

Vier Kursteilnehmerinnen (KT 1, KT 2, KT 3 und KT 5) fühlen sich in ihrer Zeit der Arbeitslosigkeit wertlos und hatten große Selbstzweifel, was wiederum die eigene Motivation beeinflusste und zu depressiver Verstimmung führen kann. Für KT 4, die sich auf eine Arbeit im Büro bewarb, war die Situation vor dem Kurs unbefriedigend und frustrierend nachdem sie etliche Bewerbungen versandt hatte, aber immer nur Absagen erhielt und zu keinem Vorstellungsgespräch eingeladen wurde (vgl. KT 4, Z.

33-37).

Auch KT 5 empfand ihren Zustand der Arbeitslosigkeit als asozial, nicht zur Gesellschaft gehörend und demotivierend. Nachdem sie aufgrund ihrer drei Kinder lange Zeit zu Hause war, hatte sie das Gefühl nicht mehr dazuzugehören. Für sie drehte sich im Leben fast alles um das Thema Kinder und Erziehung. Dabei vergaß sie mehr oder weniger auf sich selbst (vgl. KT 5, Z. 3-17).

„Ich war dort in der Krisenzeit so eine richtige Mutti, wie sie im Bilderbuch steht. Eine Mutti, die eben nicht mit beiden Füßen im Leben steht. Die einfach sich aufopfert für alles Drumherum und auf sich selbst voll vergisst. Das war in dieser Zeit sicher so.“ (KT 5, Z. 54-56).

Eine ältere Kursteilnehmerin, KT 1, die kurz vor ihrem fünfzigsten Lebensjahr stand, empfand ihr Alter und ihre lange Zeit bei den Kindern zu Hause als großes Problem je wieder eine Arbeit im Büro zu finden. Immer wieder wurden ihre Bedenken auch von ihrem privaten Umfeld bestätigt, was in ihr Selbstzweifel auslöste. Hinzu kam, dass sie große Angst hatte, den Anforderungen der heutigen Arbeitswelt standhalten

Ausgangslage definierte sie zwar als Problem jedoch nicht als große Lebenskrise (vgl. KT 1, Z. 31-42).

Eine andere Wiedereinsteigerin, KT 3, die den Kurs bereits zum zweiten Mal besuchte, gab an, dass sie vor Kursbeginn depressiv und unmotiviert war, da sie schon sehr lange daheim war und es zu keiner passenden Arbeitsaufnahme kam.

Aufgrund dessen und der für sie aussichtslosen finanziellen Situation war sie verzweifelt und demotiviert (vgl. KT 3, Z. 36-45).

Eine Kursteilnehmerin, KT 2, ging es in der Zeit der Arbeitslosigkeit vor Kursbeginn aus den ähnlichen Gründen nicht gut. Sie schämte sich dafür, dass sie arbeitslos war. Überdies wurde sie zunehmend bequemer und träge was sich darin äußerte indem sie am liebsten zu Hause blieb und ihr das Weggehen von daheim Stress verursachte (vgl. KT 2, Z. 9-23). Eine weitere Kursteilnehmerin, die ihre Situation auch als demotivierend erlebte, gab ebenso an sich für ihre Arbeitslosigkeit zu schämen:

„Es ist einfach schlimm, wenn man zu denen gehört, die arbeitslos sind. Ich war dann bei denen, wo sie beim Arzt gefragt haben wo man versichert ist.

Und dann sagt man, ja beim AMS, und das ist nicht lustig. Es hat für mich einfach keinen guten Status, obwohl, wie gesagt viele nichts dafür können.“

(KT 5, Z. 7-10)

8.1.2 Finanzielle Sorgen

Arbeitslosigkeit stellt für Betroffene neben der finanziellen Einschränkung meistens eine schwere Belastung dar, die weit mehr als nur ein Knick in der Erwerbsbiografie ist (vgl. DGB Bereich Arbeitsmarktpolitik 2010: 1f.).

Zwei Kursteilnehmerinnen, KT 2 und KT 3, beide alleinerziehend erwähnen explizit die finanziellen Sorgen aufgrund Arbeitslosigkeit als schlimme Belastung. Für KT 2 haben die finanziellen Sorgen enorme Auswirkungen auf die Partnerschaft und das Umfeld. Aufgrund der Geldnot nehmen der Ärger und Stress zu was sich in Form von Streit mit dem Partner und sinkender Selbstmotivation auswirkt (vgl. KT 2, Z. 24-26/

KT 3, Z 44).

8.1.3 Interpretation

Die Interviews zeigen durchgehend, dass sich alle fünf Interviewpartnerinnen in einer schwierigen Situation befanden. Sie nahmen ihre Zeit der Arbeitslosigkeit vor dem Kursbeginn zwar unterschiedlich war, jedoch ist allen gemein, dass sie sich in einer unzufrieden stellenden Lebensphase bewegten, die eine Art Dilemma darstellt. Drei der interviewten Personen waren davon überzeugt, dass sie sich in einer Krise, so genannten Dilemma befanden. Zwei Wiedereinsteigerinnen empfanden die Situation zwar als unbefriedigend, würden es jedoch nicht als Krise bezeichnen.

Die Auswertung der Interviews zeigt, dass alle Kursteilnehmerinnen vor dem Kurs in einer schwierigen Lebenssituation standen, die sich unterschiedlich auswirkte.

Interessant zu beobachten ist, dass sich die Frauen offensichtlich in einer Krise befanden, diese jedoch nicht bewusst wahrnahmen oder teilweise negierten. So gab KT 1 an, dass bei ihr eigentlich alles passte und sie sich in keiner Krise befand. Erst nach einer bestimmten Zeit im Interview erwähnte sie, dass sie unzufrieden ist und dass sie Selbstzweifel und Ängste plagen. Diesbezüglich meinte KT 4, dass sie in ihrer Situation zwar feststeckte und einfach nicht weiterkam, dies für sie aber keine Krise bedeutete. Die meisten Krisen und Dilemma-Erfahrungen, die die Kursteilnehmerinnen mit ihrer Arbeitslosigkeit verbanden, waren neben dem geringen Selbstwert, die finanziellen Sorgen (KT 2 und KT 3) und dass sie sich wegen ihrer Arbeitslosigkeit schämten (KT 2 und KT 5).

Die zusätzliche Belastung in Form von finanziellen Ängsten erwähnen zwei Interviewpartnerinnen, die alleinstehend sind. Die anderen drei Interviewpartnerinnen sind verheiratet bzw. leben in einer Lebensgemeinschaft und werden vermutlich diese Belastung weniger zu spüren bekommen.

Im Dokument Was kann Bildung bewirken? (Seite 66-69)