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4 S CHLUSSBETRACHTUNG

4.2 Untersuchungen zu SH2 Domänen-abhängigen Protein-Protein Interaktionen bei

Mittels des neu etablierten SH2 Domänen Arrays konnten mehrere tyrosinphosphorylierte Proteine auf mögliche Interaktionen mit SH2 Domänen-tragenden Signalproteinen untersucht werden. Von besonderem Interesse waren hier zwei Mitglieder der CEACAM-Familie, die ausschließlich auf Granulozyten exprimiert werden und ITAM-ähnliche Signalmotive in ihren zytoplasmatischen Abschnitten tragen. Die zu untersuchenden Rezeptoren waren CEACAM3 und sein evolutionärer Vorläufer, CEACAM4.

CEACAM3 ist ein phagozytischer Rezeptor, der für die Eliminierung von CEACAM-bindenden Pathogenen verantwortlich ist. Bisher wurden bereits diverse Bindungen von SH2

Domänen-tragenden Proteinen an die funktionsrelevante ITAM-ähnliche Sequenz von CEACAM3 beschieben. Sowohl der Guaninnukleotid-Austauschfaktor Vav (Schmitter et al.

2007a) wie auch die Kinasen der Src-Familie (unveröffentlichte Beobachtung) binden über ihre SH2 Domäne direkt an den phosphorylierten zytoplasmatischen Abschnitt dieses Rezeptors. Mit dem SH2 Domänen Array konnten diese bekannten Interaktionen verifiziert werden. Zusätzlich zu den bekannten SH2 Domänen wurden noch andere SH2 Domänen hinsichtlich ihrer Assoziation mit CEACAM3 untersucht. Auf diesem Weg wurden zwei neue, potentielle Bindungspartner für CEACAM3 identifiziert.

Der Rezeptor zeigte eine deutliche phosphorylierungsabhängige Assoziation mit der N-terminalen SH2 Domäne der regulatorischen Untereinheit p55 der PI3K sowie mit der SH2 Domäne des Signalproteins Grb14. Beide Interaktionen konnten durch herkömmliche pull down Experimente bestätigt und in einem semi-synthetischen Versuchsaufbau auf das phosphorylierte Tyr230 der ITAM-ähnlichen Sequenz eingegrenzt werden. So finden sich für CEACAM3 bisher nur SH2 Domänen-Interaktionspartner für das Tyr230, wohingegen bisher keine Bindungspartner für das Tyr241 identifiziert werden konnten. Allerdings wurden gegenwärtig nur gut 20 SH2 Domänen auf eine phosphorylierungsabhängige Assoziation mit CEACAM3 untersucht. Die Darstellung der restlichen ca. 90 SH2 Domänen ist zurzeit noch nicht abgeschlossen, so dass ein umfassenderer Suchlauf noch aussteht.

Ein interessanter Aspekt der bisher identifizierten Interaktionen ist, dass das pTyr230 der ITAM-ähnlichen Sequenz von CEACAM3 auch als Bindungsstelle für den Guaninnukleotid-Austauschfaktor Vav dient (Schmitter et al. 2007a). Des Weiteren ist dieser Tyrosinrest in eine YxxL Sequenz eingebettet, welche als Bindemotiv für SH2 Domänen von PTKs der Src-Familie identifiziert wurde (Songyang et al. 1993). Bisher unveröffentlichte Beobachtungen unserer Arbeitsgruppe zeigen, dass die gut dokumentierten Interaktionen von CEACAM3 mit PTKs der Src-Familie, wie Hck und Yes, ebenfalls am pTyr230 stattfinden (Schmitter et al.

2007b; Buntru et al. 2009). Diesen Sachverhalt betreffend existieren einige, sich gegenseitig nicht ausschließende Möglichkeiten, die die Assoziation eines einzelnen Phosphotyrosins mit mehreren, für die CEACAM3-vermittelte Signaltransduktion erforderlichen Faktoren erklären könnten. Einerseits führt die Bindung der Bakterien eindeutig zur Bündelung mehrerer CEACAM3 Moleküle in einem räumlich eng begrenzten Bereich der Zelle (Schmitter et al.

2004; Buntru et al. 2009). Dies würde es allen pTyr230 bindenden Komponenten ermöglichen, sich gleichzeitig in derselben Region der Zelle anzureichern. In diesem Fall würde ein Teil der phosphorylierten Rezeptoren mit jeweils einem SH2 Domänen enthaltenden Protein im

Schlußbetrachtung

Komplex vorliegen. Die Größe der Anteile würde sich hier durch die Affinitäten und relativen lokalen Konzentrationen der vorhandenen Bindungspartner ergeben. Andererseits sind die Interaktionen des zytoplasmatischen Abschnitts von CEACAM3 und seiner zytoplasmatischen Bindungspartner nur transienter Natur. Diesbezüglich wurde konnte durch Lebendzellmikroskopie herausgefunden werden, dass nach Bindung von OpaCEA -exprimierenden Bakterien und anschließender Bündelung mehrer CEACAM3 Moleküle die SH2 Domäne von Hck sehr schnell in der Nähe des Rezeptors akkumuliert und binnen 5-10 min wieder verschwindet (Buntru et al. 2009). Demzufolge könnte eine Hierarchie der zytoplasmatischen Faktoren existieren, die in einer zeitlich geordneten Abfolge mit dem intrazellulären Abschnitt von CEACAM3 interagieren. Weitere Untersuchungen mittels Lebendzellmikroskopie unter Einsatz von unterschiedlich markierten SH2 Domänen sowie die biochemische Ermittlung der Dissoziationskonstanten von CEACAM3 und einer Reihe von SH2 Domänen könnten zur Klärung dieses Sachverhalts beitragen.

Trotz der noch ungeklärten Mechanismen, wie mehrere SH2 Domänen an ein Phosphotyrosin binden können, geben die neu identifizierten Interaktionspartner für CEACAM3 Anlass zu detaillierteren Untersuchungen. So ist beispielsweise die PI3K bei Phagozytoseprozessen diverser ITAM-tragender Rezeptoren von essentieller Bedeutung (Fruman and Cantley 2002;

Joshi et al. 2006). Die in dieser Arbeit vorgelegten Ergebnisse zeigen jedoch, dass der CEACAM3-vermittelte Phagozytoseprozess von der Aktivität dieser Lipidkinase unabhängig ist. Doch der Umstand, dass die Degradation der aufgenommen Bakterien nur dann erfolgt, wenn die PI3K enzymatisch aktiv ist, wirft ein neues Licht auf diese direkte Assoziation und unterstreicht die Unterschiede in Signaltransduktionsprozessen, die durch ITAM-ähnliche (CEACAM3) und klassische ITAM (z. B. Fcγ- oder T-Zell-Rezeptor) Sequenzen vermittelt werden.

Im Gegensatz zur PI3K spielt Grb14, der zweite neu identifizierte Interaktionspartner für CEACAM3, bei der Rezeptor-vermittelten Aufnahme von Bakterien eine Rolle. Die Daten der vorliegenden Arbeit deuten daraufhin, dass Grb14 den Phagozytoseprozess negativ reguliert. Grb14 wurde bereits als Negativregulator für Wachstumsfaktor-vermittelte Signalprozesse beschrieben. Dieser negativ regulierende Effekt ist auf die BPS Domäne zurückzuführen, die als Pseudosubstrat die Kinasedomäne des Rezeptors blockiert und somit die Phosphorylierung natürlicher Effektoren unterbindet. Zwar besitzt CEACAM3 keine eigene Kinasedomäne, wird jedoch als Folge der Bindung von Bakterien durch

Gang gesetzt wird. Es ist somit denkbar, dass die Bindung von Grb14 an phosphoryliertes CEACAM3 einen inhibitorischen Effekt auf die Aktivität der rezeptorassoziierten Src-Kinasen und somit auch auf den Phagozytoseprozess hat. In Bezug auf die Notwendigkeit einer solchen Negativregulierung des CEACAM3-vermittelten Phagozytoseprozesses kann in diesem Zusammenhang nur spekuliert werden. So ist es beispielsweise denkbar, dass ein Gleichgewicht zwischen der Anzahl an internalisierten Bakterien und der enzymatischen Kapazität der NADPH-Oxidase hergestellt werden muss. Weitere Untersuchungen mit definierten Deletions- oder Punktmutanten von Grb14 sollten die Rolle, die dieses Protein in der CEACAM3-vermittelten Phagozytose übernimmt, ergründen.

Für CEACAM4, den evolutionären Vorläufer von CEACAM3, konnten keine Anhaltspunkte für eine direkte Bindung des Signalproteins Grb14 an den zytoplasmatischen Abschnitt gefunden werden. Eine Analyse der Bindungspartner des zytoplasmatischen Abschnitts von CEACAM4 ergab noch weitere Unterschiede zu CEACAM3. Diese erstreckten sich sowohl auf die identifizierten Bindungspartner als auch deren Bindungsverhalten in Bezug auf das erkannte Tyrosinmotiv.

Während bei CEACAM3 alle gefunden Bindunsgpartner an den Tyrosinrest im YEEL Sequenzmotiv binden, fanden sich bei CEACAM4 auch Interaktionen mit dem im YCQI Sequenzkontext stehenden Tyrosinrest. Der entsprechendene Tyrosinrest im YCRM Kontext von CEACAM3 zeigte keinerlei Interaktionen mit den überprüften SH2 Domänen. Jedoch fanden sich nicht nur Abweichungen in den Mustern der erkannten Tyrsoninreste, sondern auch in den bindenden SH2 Domänen. So zeigten Grb14 und Vav, für die eine starke Interaktion mit CEACAM3 gefunden wurde (Kapitel 3.2 und (Schmitter et al. 2007a)), keine Interaktion mit CEACAM4. Dies ist zunächst verwunderlich, da die Sequenzmotive um die Tyronsinreste 230 (CEACAM3) und 222 (CEACAM4) sehr ähnlich sind. Für die Bindung sind normalerweise die 3-4 das Tyrosin flankierende Aminosäuren verantwortlich. Eine signifikante Abweichung findet sich allerdings nur in der -2 Position (Serin vs. Prolin) oder in der +5 Position (Lysin vs. Tyrosin). Welcher der Reste für das stark abweichende Bindungs-verhalten verantwortlich ist, könnte durch Punktmutationen in den beiden Sequenzen untersucht werden. Die direkte Bindung könnte hierfür im Peptid-Bindeexperiment relativ schnell und unkompliziert ermittelt werden.

Die N-terminale, Igv-ähnliche Domäne von CEACAM4 weist nur wenig Sequenzähnlichkeit zu anderen CEACAMs auf. In CEACAM3 wurde diese N-terminale Domäne durch eine

Schlußbetrachtung

OpaCEA-bindende Domäne ersetzt, während die Tramsmembrandomäne und der zytoplasmatische Abschnitt von CEACAM4 beibehalten wurde. Der zytoplasmatische Abschnitt veränderte sich im Laufe der Evolution und wurde ein effizienter phagozytoseauslösender Signalgeber. Ob der zytoplasmatische Abschnitt von CEACAM4 ebenfalls diese phagozytische Funktion hat, konnte nicht mit einem natürlichen Liganden überprüft werden, da ein solcher noch nicht bekannt ist. Eine neu hergestellte Chimäre, welche die OpaCEA-bindende Domäne von CEACAM3 mit der Transmembrandomäne und der zytoplasmatischen Sequenz inklusive des ITAMs von CEACAM4 verbindet, ermöglichte funktionelle Untersuchungen in Hinblick auf die phagozytische Aktivität dieses Rezeptors. In der vorliegenden Arbeit konnte die phagozytische Aktivität der Chimäre nachgewiesen sowie einige am Phagozytoseprozess beiteiligte Faktoren identifiziert werden. Neben den auch bei CEACAM3 beschriebenen Effektoren wie Src Kinasen (Yes) (Hauck et al. 1998; Schmitter et al. 2007b) oder Nck (Pils et al., Manuskript in Revision) zeigt auch die SH2 Domäne der PI3K einen inhibitorischen Effekt auf die Aufnahme. Inwieweit dies an einer enzymatischen Beteiligung der PI3K liegt, oder einfach an der Blockierung der Tyrosinreste für aufnahmerelevante Proteine sollte durch Versuche unter Inhibierung der Kinaseaktivität geklärt werden. Ein überraschender Effekt stellte sich bei Untersuchungen mit der SH2 Domäne von Slp76 ein. Weder in biochemischen, noch in mikroskopischen Untersuchungen assoziierte diese SH2 Domäne mit CEACAM3 oder CEACAM4. Jedoch zeigte die Überexpression der isolierten Slp76-SH2 Domäne einen negativen Einfluss auf die CEACAM3/4-vermittelte Adhärenz und Phagozytose der verwendeten Pathogene. Diese Effekte wurden nicht beim CEACAM3-vermittelten Prozessen beobachtet (Pils et al., Manuskript in Revision). Da die Mengen an exprimiertem CEACAM3/4 in den einzelnen Versuchsansätzen annähernd konstant waren, könnte der Effekt einerseits auf einer schlechteren Oberflächenverfügbarkeit des Rezeptors beruhen. Eine Rezeptorfärbung mit anschließender durchflusszytometrischer Analyse könnte darüber Aufschluss geben.

Andererseits fungiert Slp76 in klassischen ITAM-Signalwegen als Gerüstprotein zwischen Tec Kinasen und Vav (Zeng et al. 2003; Andreotti et al. 2010). Interessanterweise wurde, im Gegensatz zu CEACAM3 (Schmitter et al. 2007a), keine Interaktion der Vav-SH2 Domäne mit CEACAM4 gefunden. Diese Tatsachen stützen die These, dass CEACAM3 sich divergent entwickelt hat und der Signalweg zur effizienten Phagozytose angepasst wurde. Die uneindeutigen Ergebnisse zum Einfluss der Slp76-SH2 Domäne erfordern weitere Experiment, um eine mögliche Beteiligung dieses Gerüstproteins im CEACAM4-vermittelten

Signalweg zu untersuchen. Es gab bereits Versuche bakterielle Liganden für CEACAM4 zu finden, allerdings bisher ohne Resultat. Unter der Annahme, dass CEACAM4 im Menschen noch von Nutzen ist, könnte eine Ausweitung der Suche auf andere Fremdkörper wie Pilze oder Parasiten sinnvoll sein.

Insgesamt zeigt die hier vorliegende Arbeit sowohl Gemeinsamkeiten wie auch Unterscheide in den CEACAM3- und CEACAM4-vermittelten Signalwegen auf. Die detailiertere Untersuchung dieser Unterschiede verspricht interessante Einblicke in die Entwicklung verschiedener Signalwege, welche zum selben Ziel, der Phagozytose, führen.

Eigenabgrenzungen