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3 B ETEILIGUNG VON P ROTEINEN MIT SH2 D OMÄNEN AN CEACAM- VERMITTELTEN

3.3 Identifikation Phosphotyrosin-abhängiger Interaktionspartner für den zytoplasmatischen

3.3.2.4 Die Überexpression der Yes-, Nck2- oder PI3KR3-N-SH2 Domäne

Wenn die durch die SH2 Domänen vermittelte Rekrutierung der Signalproteine Yes, Nck2 und PI3K eine funktionelle Relevanz bei der Phagozytose von Bakterien hat, müsste ein Überschuss der isolierten SH2 Domänen einen inhibitorischen Effekt auf die Aufnahme der Bakterien haben. Diese Theorie basiert auf der Idee, dass der Überschuss an isolierter SH2 Domäne das entsprechende endogene Protein aus dem Signalkomplex verdrängt und somit die CEACAM3/4-vermittelte Signalweiterleitung unterbrochen wird. Um diese Theorie genauer zu untersuchen, wurden weitere Infektionsexperimente durchgeführt. Hierfür wurde die CEACAM3/4-Chimäre jeweils mit der SH2 Domänen von Yes, Nck2, PI3KR3-N oder Slp76 in HEK293T Zellen koexprimiert und der Einfluss der jeweiligen SH2 Domäne mittels Gentamicin-Protektions Assays untersucht. Die Western-Blot Analysen in Abbildung 3.3.5C zeigen, dass in den verschiedenen Ansätzen sowohl der chimäre Rezeptor CEACAM3/4 als auch die einzelnen SH2 Domänen in gleichen Mengen exprimiert wurden. Die Überexpression der SH2 Domänen von Nck2, Yes und der N-terminalen SH2 Domäne der PI3KR3 hatte keinen signifikanten Einfluss auf die Bindung der Bakterien an die CEACAM3/4-exprimierenden Zellen (Abb. 3.3.5B). Im Gegensatz dazu führte die Überexpression der SH2 Domänen zu einer reduzierten Aufnahme der Gonokokken (Abb. 3.3.5A). Im Einzelnen betrachtet bewirkte die Überexpression der SH2 Domänen von Yes und Nck2 eine Reduktion der Phagozytoserate von circa 20 %. Eine wesentlich dramatischere Inhibierung der Aufnahme von Bakterien wurde durch Überexpression der PI3KR3-N-SH2 Domäne erzielt, hier betrug der Rückgang der Aufnahme rund 45 %. Auch die Überexpression der SH2 Domäne von Slp76 resultierte in einer reduzierten Aufnahme von Gonokokken, verglichen mit den Zellen, welche lediglich die CEACAM3/4-Chimäre exprimierten. Diese Beobachtung ist in sofern interessant, da für die SH2 Domäne von Slp76 weder eine phosphorylierungsabhängige Assoziation mit CEACAM4 (vgl. Abb. 3.3.1 und 3.3.2C) noch eine Kolokalisation mit der CEACAM3/4-Chimäre während der Infektion mit Opa52-exprimierenden Gonokokken (vgl. Abb. 3.3.4) nachgewiesen werden konnte.

Abb. 3.3.5 Die Überexpression der isolierten Yes-, Nck2-, Slp76 oder PI3KR3-N-SH2 Domäne beeinflusst die CEACAM3/4-vermittelte Phagozytose von Bakterien. (A) HEK293T Zellen wurden mit einem Leervektor (pCDNA) oder Plasmiden, die für GFP oder die GFP-fusionierte CEACAM3/4-Chimäre kodieren, transfiziert.

Zusätzlich wurden diese Zellen, wie angegeben, noch mit Plasmiden, kodierend für mKate allein oder mKate-fusionierte SH2 Domänen von Yes, Nck, PI3KR3-N oder Slp76 kotransfiziert. Die transfizierten Zellen wurden für 60min mit Opa52-exprimierenden N. gonorrhoeae (Ngo Opa52) infiziert (MOI = 20). Mittels Gentamicin-Protektions Assays wurde die Anzahl der internalisierten Bakterien bestimmt. Die Grafik zeigt die Mittelwerte

±Standardfehler des Mittelwerts aus Dreifachbestimmungen von drei unabhängigen Experimenten. (B) Die Anzahl der zellassoziierten Bakterien des unter (A) beschriebenen Experiments wurde durch einen Adhärenz Assay ermittelt. Die Grafik zeigt die Mittelwerte ±Standardfehler des Mittelwerts aus Dreifachbestimmungen von drei unabhängigen Experimenten. (C) Die unter (A) und (B) verwendeten Zellen wurden mittels Western Blot Analyse hinsichtlich der Expression von CEACAM3/4-Chimäre-GFP und mKate-SH2 Domänen überprüft.

Hierzu wurden ein polyklonaler anti-GFP bzw. ein monoklonaler anti-mKate Primärantikörper verwendet. Die Signifikanzen für (A) und (B) wurden mittels zweisitigem, ungepaarten Student-t-Test ermittelt; ** p < 0,01 und

*** p < 0,005.

Neben der reduzierten Aufnahme resultierte die Überexpression der isolierten Slp76-SH2 Domäne auch in einer verringerten Anzahl zellassoziierter Bakterien (Abb. 3.3.5B). Die Gentamicin-Protektions Assays lassen den Schluss zu, dass die Proteine Yes, Nck2 und PI3K über ihre SH2 Domänen am CEACAM3/4-vermittelten Phagozytoseprozess von Neisseria gonorrhoeae beteiligt sind. Die reduzierte Aufnahme von Gonokokken, bedingt durch die Überexpression der Slp76-SH2 Domäne, könnte möglicherweise auf eine indirekte CEACAM3/4-Assoziation dieses Proteins im Signalkomplex zurückzuführen sein.

3.3.3 Diskussion

Das ausschließlich auf Granulozyten exprimierte Mitglied der CEACAM-Familie, CEACAM4, wurde seit seiner erstmaligen Beschreibung im Jahr 1991 (Kuroki et al. 1991) bis zum heutigen Zeitpunkt nur sehr ungenügend hinsichtlich seiner Funktion untersucht. Dies mag vor allem darin begründet liegen, dass gegenwärtig noch kein Ligand für die extrazelluläre Igv-ähnliche Domäne identifiziert wurde.

Bisher wurde CEACAM4 lediglich für Vergleichsstudien mit den anderen Mitgliedern der CEACAM-Familie herangezogen. Einige dieser Untersuchungen deuten darauf hin, dass der

3 Beteiligung von Proteinen mit SH2 Domänen an CEACAM-vermittelten Signalwegen

sehr effiziente phagozytische Rezeptor CEACAM3 von CEACAM4 abstammt. Grundlage dieser Annahme ist, dass beide Proteine sowohl auf DNA Ebene eine ähnliche Exon/Intron Struktur aufweisen, als auch die Abfolge der Aminosäuren in ihrem zytoplasmatischen Abschnitt zu 73 % identisch ist (Pils et al. 2008). Sowohl CEACAM3 als auch CEACMA4 besitzen in ihrem zytoplasmatischen Abschnitt phosphorylierbare Tyrosinreste, die in ITAM Konsensussequenzen eingebettet sind. Für CEACAM3 wurde bereits eingehend untersucht, dass die Phosphorylierung dieser Tyrosinreste essentiell für die CEACAM3-vermittelte Phagozytose von Bakterien ist. In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass ein Teil der bereits für CEACAM3 identifizierten phosphoylierungsabhängigen Interaktionspartner auch mit den phosphorylierten Tyrosinen von CEACAM4 interagieren kann. Unter Einsatz des SH2 Domänen Arrays wurden SH2 Domänen-tragende Proteine, die auch bei der CEACAM3-vermittelten Phagozytose eine Rolle spielen, auf Interaktion mit phosphoryliertem CEACAM4 untersucht. Durch diese Methode konnten die Src-Kinasen Hck, Yes und Lck sowie das Adapterprotein Nck2 und die Lipidkinase PI3K als mögliche Interaktionspartner für CEACAM4 identifiziert werden. Diese Phosphotyrosin-abhängigen Interaktionen konnten auch mittels GST-SH2 Domänen pull-down Experimenten verifiziert werden.

Die nähere Untersuchung dieser pull-down Ergebnisse zeigte, dass alle untersuchten SH2 Domänen direkt an beide phosphorylierten Tyrosinreste (Tyr222 und Tyr233) der ITAM-Sequenz von CEACAM4 binden können. Im Gegensatz dazu konnten für die ITAM-ähnliche Sequenz von CEACAM3 bisher nur direkte Bindungen an einen Tyrosinrest, nämlich das phosphorylierte Tyr230, nachgewiesen werden (vgl. Abb. 3.1.3 und Abb. 3.2.4 sowie (Schmitter et al. 2007a)). Auch im Fall der Src-Kinase Yes zeigen bisher unveröffentlichte Beobachtungen unserer Arbeitsgruppe eine direkt Bindung an das phosphorylierte Tyr230, nicht aber an Tyr241 von CEACAM3.

Während die Aminosäuresequenz Y233CQI von CEACAM4 der Konsensussequenz entspricht, wie sie in klassischen ITAMs (YxxL/I) vorkommt, ist das Motiv Y241CRM von CEACAM3 nicht dieser klassischen Aminosäureanordnung zuzuordnen. Dies deutet darauf hin, dass bereits minimale Veränderungen in der ITAM-Konsensussequenz, wie der Austausch einer Aminosäure, zu erheblichen Abweichungen im Bindungsverhalten von SH2 Domänen führen können. In diesem Zusammenhang wäre es sehr interessant, zu untersuchen, ob der Austausch des Ile236 in der ITAM-Sequenz von CEACAM4 gegen Methionin die Interaktion der SH2

Domänen von Nck, Yes und PI3K an phosphoryliertes CEACAM4 wurde auch ihre Beteiligung an CEACAM4-vermittelten Signalprozessen analysiert. Infektionsexperimente mit Opa52-exprimierenden Ngo zeigten, dass die SH2 Domänen von Nck2, Yes und die N-terminale SH2 Domäne der PI3KR3 spezifisch in die Nähe der mit Bakterien-assoziierten CEACAM3/4-Chimäre rekrutiert werden. Dies deutet darauf hin, dass diese Proteine über ihre SH2 Domänen an der CEACAM4-vermittelten Aufnahme von Bakterien beteiligt sein könnten. Erste Hinweise, die diese Theorie stützen, konnten durch weitere Infektionsexperimente erbracht werden. HEK293T Zellen, welche die CEACAM3/4-Chimäre zusammen mit der SH2 Domäne von Yes, Nck2 oder der N-terminalen SH2 Domäne von PI3KR3 exprimierten, zeigten nach Infektion mit Opa52-exprimierenden Bakterien eine deutlich reduzierte Anzahl intrazellulärer Bakterien. Die adäquate Überprüfung der Hypothese, dass diese Proteine am Phagozytoseprozess beteiligt sind, könnte durch zwei verschiedene Versuchsansätze erbracht werden. Eine Möglichkeit wäre die gezielte Inhibierung der Aktivität von endogener Yes-Kinase und PI3K. Eine zweite Möglichkeit besteht in der stabilen oder transienten Expressionsreduktion von endogener Yes, PI3K bzw.

Nck2 durch shRNA oder siRNA.

Die bisherigen Beobachtungen zur Rekrutierung der isolierten SH2 Domänen an den Rezeptor und ihr Einfluss auf die Phagozytose stehen im Einklang mit den bisherigen Erkenntnissen für den CEACAM3-vermittelten Phagozytoseprozess. Auch für CEACAM3 konnte die spezifische Bakterien-abhängige Rekrutierung der SH2 Domänen von Src-Kinasen (Schmitter et al. 2007b; Buntru et al. 2009), der PI3K (vgl. Abb. 3.1.4, (Buntru et al. 2011)) und des Adapterproteins Nck (Pils et al., Manuskript in Revision) gezeigt werden. Ebenso zeigten auch CEACAM3-exprimierende Zellen eine reduzierte Anzahl intrazellulärer Bakterien, wenn die isolierten SH2 Domänen von Src-Kinasen oder Nck überexprimiert wurden. Neben diesen Gemeinsamkeiten zwischen CEACAM3- und CEACAM4-vermittelten Signalprozessen konnten allerdings auch Unterschiede festgestellt werden. Einer dieser Unterschiede ist, dass die Überexpression der isolierten SH2 Domäne von Slp76 sowohl die Adhäsion der Bakterien an die Zelle, als auch die CEACAM3/4-vermittelte Phagozytose negativ beeinflusste, während dies bei CEACAM3 nicht der Fall ist (Pils et al., Manuskript in Revision).

Allerdings zeigte die Slp76-SH2 Domäne weder im SH2 Domänen Array noch im pull-down Experiment eine phosphorylierungsabhängige Assoziation mit CEACAM4. Auch konnte für diese SH2 Domäne keine Bakterien-abhängige Rekrutierung zur CEACAM3/4-Chimäre beobachtet werden. Aufgrund dieser unterschiedlichen Ergebnisse sind weitere

3 Beteiligung von Proteinen mit SH2 Domänen an CEACAM-vermittelten Signalwegen

Untersuchungen nötig, um die mögliche Beteiligung von Slp76 am Phagozytoseprozess eingehender zu analysieren. Ein weiterer sehr interessanter Unterschied zwischen CEACAM3 und CEACAM4 betrifft die Beteiligung des Adapterproteins Nck an diesen Signalprozessen.

Für CEACAM3-vermittelte Phagozytoseprozesse wurde festgestellt, dass Nck über seine SH2 Domäne am CEACAM3-vermittelten Phagozytoseprozess beteiligt ist (Pils et al., Manuskript in Revision). Allerdings deuten bisher unveröffentlichte Beobachtungen darauf hin, dass dieser SH2 Domänen-vermittelte Einfluss von Nck nicht auf einer direkten Bindung der Nck-SH2 Domäne an das phosphorylierte CEACAM3 beruht. Dies steht im Gegensatz zu den Interaktionsstudien der Nck2-SH2 Domäne, welche in einem zellfreien System eine direkte Interaktion mit beiden phosphorylierten Tyrosinen der ITAM-Sequenz von CEACAM4 zeigte. Ob diese Interaktion auch in lebenden Zellen stattfindet, könnte beispielsweise durch FRET-basierte Interaktionsstudien untersucht werden. Interessanterweise konnten sowohl für Grb14 als auch den Guaninnukleotid-Austauschfaktor Vav keine SH2 Domänen vermittelte Assoziation mit phosphoryliertem CEACAM4 festgestellt werden. Dies ist insofern interessant, als das diese Proteine direkt über ihre SH2 Domäne an CEACAM3 binden und bei der CEACAM3-vermittelten Phagozytose eine Rolle spielen.

Ein Vergleich der Konsensussequenzen beider Rezeptoren zeigt, dass die ITAM-Sequenz von CEACAM4 einem klassischen ITAM, wie es beispielsweise in T-Zellrezeptoren (TZR) und Fcγ-Rezeptoren (FcγR) vorkommt, sehr viel ähnlicher ist, als dies für die ITAM-ähnliche Sequenz von CEACAM3 der Fall ist. Während die Phagozytose über den FcγR von der Aktivierung der PTK Syk abhängt, welche über ihre SH2 Domänen direkt an das phosphorylierte ITAM bindet, ist der CEACAM3-vermittelte Phagozytoseprozess Syk-unabhängig (Hauck et al. 1998; Sarantis and Gray-Owen 2007). Bis heute konnte auch noch keine direkte Interaktion zwischen den phosphorylierten Tyrosinen von CEACAM3 und den Syk-SH2 Domänen nachgewiesen werden. Auch im Fall von CEACAM4 wurde im Array keine phosphorylierungsabhängige Interaktion mit den SH2 Domänen von Syk gefunden.

Allerdings sollte dies zum Beispiel durch pull-down Experimente mit Tyrosin-mutierten CEACAM4-Varianten und Peptid-Bindeexperimente, zum Nachweis einer direkten Interaktion, eingehender untersucht werden. Funktionelle Unersuchungen unter Einsatz pharmakologischer Syk Inhibitoren oder Überexpression dieser Kinase sollten weitere Gemeinsamkeiten oder Unterscheide zum CEACAM3 Signalweg aufzeigen können.

Zusammenfassend zeigen die in dieser Arbeit vorgestellten Ergebnisse Gemeinsamkeiten,

CEACAM3 und CEACAM4. Die Unterschiede in den Signalnetzwerken, die auf die Abweichungen in den tyrosinbasierten Signalmotiven dieser Rezeptoren beruhen, sollten ebenfalls detailierter untersucht werden. Hierdurch könnten sich interssante Einblicke in die evolutionäre Veränderung von Signalwegen ergeben, die zunächst zum selben Ergebnis, in diesem Fall der Phagozytose von gebundenen Partikeln, führen.

Schlußbetrachtung