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7 Vergleich der Fallstudien und Ableitung eines Zielsystems

7.1 Vergleich der betrachteten Fallstudien

7.1.3 Umsetzung der Vulnerabilitätsanalyse

Im dritten Vergleichsabschnitt geht es um die konkrete Umsetzung und Durchführung der vier be-trachteten Analysen. Dabei liegt gerade bei der methodischen Vorgehensweise ein besonderer Fokus auf den Komponenten der Akteursbeteiligung. Diese spielen aufgrund ihrer zentralen Funktion für diese Arbeit entsprechend auch bei der Ableitung eines Zielsystems bzw. bei der letztendlichen Be-wertung der vier Fallstudien anhand dieses Zielsystems eine wichtige Rolle. Weiterhin werden hier neben dem theoretischen Ansatz dem die jeweilige Analyse folgte, u.a. auch die Betrachtungsweise der Analysen (sektoral oder integriert), die Vulnerabilitätsbewertung und die Darstellungsform der jeweiligen Ergebnisse miteinander vergleichen.

Theoretischer Ansatz

Wie in den Kapiteln 5 und 6 dargelegt, orientieren sich alle betrachteten Fallstudien grundsätzlich an der in Kapitel 2.1.1 vorgestellten Definition des IPCC. Allerdings zeigt sich hier die ebenfalls be-reits in Kapitel 2.1 thematisierte Problematik der praktischen Umsetzung dieses Definitionsansatzes, weshalb dieser bisher nicht operationalisiert werden konnte. Teilweise versuchen die Fallstudien alle drei Komponenten der Vulnerabilität zu behandeln und zu analysieren, teilweise wurde aber auch bewusst auf die Behandlung einzelner Komponenten verzichtet.

Bei der Basisstudie Südhessen handelt es sich um eine im Grunde vereinfachte Vulnerabilitätsanaly-se. Grundsätzlich wurden die Exposition, die Sensitivität und die Anpassungskapazität in der Analy-se entsprechend berücksichtigt. Allerdings gab es insbesondere bei der Bestimmung der Anpas-sungskapazität in dem einen oder anderen Analysestrang Einschränkungen. Die Exposition des Un-tersuchungsraumes wurde mit Hilfe des zur Verfügung stehenden IDP-Tools abgeleitet. Im Zuge der Sensitivitätsabschätzung spielte neben den Erfahrungen und dem Wissen der Akteure zu neuralgi-schen Punkten die vereinfachte GIS-Analyse eine zentrale Rolle. Die Anpassungskapazität wurde im Rahmen der Vulnerabilitätsbewertung jeweils mehrheitlich aus den vorliegenden Erkenntnissen abgeschätzt und somit in den Prozess einbezogen. Für einzelne Analysestränge war die Abschätzung der Anpassungskapazität jedoch nur schwer bis gar nicht möglich. Aufgrund des Fokusses auf die Bestimmung der Sensitivität als treibende Komponente der Vulnerabilität geht die hier durchgeführ-te Akdurchgeführ-teursorientierdurchgeführ-te Vulnerabilitätsanalyse durchaus in Richtung des Ansatzes der Naturrisikofor-schung (vgl. Kapitel 2.1.1 und Kapitel 5.2).

Die Fallstudie Westsachsen stellt in dieser Arbeit den Analyseansatz dar, der der Definition des IPCC zur Vulnerabilität am nächsten kommt. Allerdings gab es auch in dieser Fallstudie an wenigen Stel-len bei der Projektion der Anpassungskapazität Schwierigkeiten, so dass diese nicht für alle Analy-sestränge komplett dargestellt werden konnte. Da in dieser Fallstudie der GIS-Analyse eine zentrale Rolle zukam, liegen in Westsachsen sehr detaillierte räumliche Ergebnisse sowohl zur Exposition, zur Sensitivität, aber auch zur Anpassungskapazität vor (siehe Kapitel 6.1.2).

Bei der Fallstudie Jena handelt es sich dagegen um eine reine Betroffenheitsanalyse. Hier wurden lediglich die Komponenten der Exposition und der Sensitivität, die zusammen die jeweilige Betrof-fenheit gegenüber den Folgen des Klimawandels ergeben, berücksichtigt und bewusst auf die Be-stimmung der Anpassungskapazität verzichtet (siehe Kapitel 6.2.2). In der Fallstudie Syke handelt es sich im Grunde lediglich um eine vereinfachte Betroffenheitsanalyse, die aufbauend auf den

Er-gebnissen des DWD zur Exposition, die Sensitivitäten in den einzelnen Handlungsfeldern aufberei-tet und zusammenfasst. Projektteamintern wurde allerdings bei der abschließenden Abschätzung der Betroffenheiten bzw. Vulnerabilitäten zumindest teilweise auch die Anpassungskapazität Sykes und der dortigen Handlungsfelder mit berücksichtigt (siehe Kapitel 6.3.2). Aufgrund der recht ober-flächlich bleibenden Ergebnisse ist für die Fallstudie Syke jedoch eher von einer Betroffenheitsab-schätzung/-analyse als von einer Vulnerabilitätsanalyse zu sprechen.

Diese Ausführungen bestätigen, dass die meisten Vulnerabilitäts- oder Betroffenheitsanalysen die theoretischen Kriterien des IPCC nicht zu 100% erfüllen. Dies liegt einerseits an den technischen Möglichkeiten und Rahmenbedingungen, die in jedem Projekt unterschiedlich sind, an den vorhan-denen personellen und finanziellen Ressourcen und der Datenverfügbarkeit sowie der Schwierigkeit zur Bestimmung der Anpassungskapazität, mit der entsprechend jede Klimafolgenanalyse anders umgeht. Die vier hier näher betrachteten Analyseansätze erfüllen die Definition des IPCC mehr oder weniger, sind aber durchaus als vergleichbar anzusehen, da zumindest alle die jeweiligen Betrof-fenheiten analysieren, die aus Sicht des Autors die wesentliche Komponente der Vulnerabilität und somit die Basis zur Herausarbeitung von Anpassungsmaßnahmen darstellen (siehe Kapitel 2.1.2 und 3.3). Ob eine Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung der Anpassungskapazität Auswir-kungen auf die Zielerfüllung einer Akteursorientierten Vulnerabilitätsanalyse hat, wird im weiteren Verlauf der Arbeit zu beurteilen sein.

Auswahl der Untersuchungsfragen und Problemformulierung

Im Vorfeld der eigentlichen Analyse müssen „zu Beginn“ die Untersuchungsfragen geklärt und die konkreten Probleme der einzelnen Regionen formuliert werden, anhand derer die Notwendigkeit der Durchführung einer Vulnerabilitäts- oder Betroffenheitsanalyse ersichtlich wird. Durch die Prob-lemformulierung und die Aufstellung von Untersuchungsfragen werden in der Regel die zu untersu-chenden Klimawirkungen und die zu betrachtenden Handlungsfelder bzw. Bereiche und Sektoren festgelegt. Es stellt sich dabei die Frage, inwiefern die Akteure im Sinne einer akteursorientierten Vorgehensweise bereits an dieser Stelle in den Prozess eingebunden wurden.

Die Vorbereitungsphase der Pilotraumarbeit im Projekt KLARA-Net begann mit einer projektteamin-ternen geographischen und inhaltlichen Bestandsaufnahme zum Pilotraum. In diesem Zusammen-hang wurden Untersuchungsfragen für den Pilotraum festgehalten und eine erste Problemformulie-rung vorgenommen. Aufbauend auf den Erkenntnissen des laufenden Projektes und dem entstehen-den Wissen über das Untersuchungsgebiet wurentstehen-den die vermutlich relevanten Klimafolgen ientstehen-dentifi- identifi-ziert. Die zu beteiligenden Akteursgruppen wurden in Zusammenarbeit mit den Gewinnern des Wettbewerbes zusammengetragen und kontaktiert sowie der Pilotraumprozess gemeinsam geplant.

Parallel dazu begann die Auswertung der vorliegenden Klimaprojektionen zur Bestimmung der Ex-position des Gersprenz-Einzugsgebietes gegenüber den Folgen des Klimawandels. So wurde eine Vorauswahl der im Zuge der Pilotraumarbeit zu behandelnden Themen, Klimawirkungen und Fra-gen vor dem offiziellen Auftakt von den Projektverantwortlichen festgelegt. Diese wurde den Akteu-ren zusammen mit den grundsätzlichen Erkenntnissen zu Klimaveränderungen in Südhessen und den Ergebnissen der Klimaprojektionen speziell für den Pilotraum auf der Auftaktveranstaltung vor-gestellt. Im Zuge der Auftaktveranstaltung wurde den anwesenden Akteure die Möglichkeit einge-räumt Stellung zu den vorbereiteten Punkten zu beziehen, diese zu bestätigten oder sofern als

all-gemein notwendig angesehen zu korrigieren bzw. bei Bedarf zu ergänzen. Es wurde dabei Wert darauf gelegt, dass die bereits im Vorfeld getätigte Arbeit als Grundlage für den gemeinsamen Dia-log und die gemeinsame Arbeit und nicht als „Vorgabe von oben“ angesehen wurde. Im zweiten Teilprojekt KLA-DaDi wurde, aufbauend auf den Ergebnissen des KLARA-Net Pilotraumes, ebenso verfahren.

Eine ähnliche Vorgehensweise wurde auch in der Fallstudie Westsachsen gewählt. Im Zuge des Kli-ma MOROs war es notwendig bei der Antragsstellung bereits eine Problemformulierung für die je-weilige Region vorzunehmen und entsprechende Untersuchungsfragen zu stellen. Dabei konnte auf den bereits bestehenden Erkenntnissen zum Klimawandel in Sachsen und den ausgezeichneten Re-gionskenntnissen der Projektverantwortlichen zum Untersuchungsraum aufgebaut werden. Den-noch wurde auch in dieser Fallstudie Wert darauf gelegt, dass die so vorab vom Projektteam festge-legten Punkte nicht unabänderbar waren. Daher wurde den Akteuren zum Projektauftakt und im Zuge von bilateralen Fachgesprächen die Möglichkeit eingeräumt Ergänzungen zum Untersu-chungsprogramm vorzuschlagen, welche entsprechend genutzt wurde (vgl. Interview Projektleitung Westsachsen; Interview Forschungsassistenz Westsachsen).

Auch im Zuge der Antragstellung für die KlimaExWoSt-Projekte mussten bereits eine Problemfor-mulierung vorgenommen, die relevanten Klimawirkungen aufgezeigt und wichtige Untersuchungs-fragen formuliert werden. In der Fallstudie Jena konnten die Projektverantwortlichen an dieser Stel-le von den Ergebnissen der zuvor durchgeführten Vorstudie profitieren und diese direkt in die An-tragstellung einbeziehen. Die so gemeinsam mit den lokalen Akteuren erarbeiteten Ergebnisse wur-den aufgegriffen und entsprechend im weiteren Projektverlauf weitergeführt, so dass auch hier von einem zumindest indirekten Einfluss der Akteure auf die Problemformulierung gesprochen werden kann (vgl. Interview Projektverantwortliche Jena). In Syke fällt in diese Phase das projektteamin-terne Brainstorming, welches ebenfalls bereits im Zuge der Antragstellung durchgeführt und allge-mein als erste Betroffenheitsabschätzung angesehen werden kann. Diese im erweiterten Projekt-team geführte Diskussion legte die Problemstellung und die entsprechenden Untersuchungsfragen fest. Dabei standen nicht nur die Betroffenheiten Sykes im Vordergrund, sondern unabhängig davon auch die Frage, welche Akteure und Institutionen und somit Sektoren im Projekt zu beteiligen wä-ren. In dieser Fallstudie wurde den Akteuren daraufhin zum offiziellen Projektauftakt keine geson-derte Möglichkeit mehr eingeräumt am vorgesehenen Analysefahrplan noch Veränderungen bzw.

Ergänzungen vorzunehmen (vgl. Interview Forschungsassistenz Syke).

Der Fallstudienvergleich zeigt in diesem Punkt eine meist ähnliche Vorgehensweise. Im Zuge der Vorbereitung eines Projektes müssen die ersten Schritte von der Projektleitung und der Forschungs-assistenz durchgeführt werden. Sobald eine Arbeitsgrundlage besteht, macht es Sinn die Akteure einzubinden und die vorgelegten Ergebnisse diskutieren und ergänzen zu lassen. Durch das Vorge-hen in den Fallstudien Südhessen und Westsachsen wurde den Akteuren gleich zu Beginn aufge-zeigt, dass sie für den Prozess wichtig sind und durch ihre Teilnahme am Prozess an den Projekter-gebnissen mitwirken können und sollen. Zudem wurden die Akteure in Südhessen bereits im Vor-feld des Pilotraumauftaktes in die organisatorischen Vorbereitungen einbezogen. In Jena bestand über die Vorstudie die Möglichkeit Einfluss auf die Entwicklung der weitergehenden Forschungsfra-gen zu nehmen. Lediglich in Syke wurden die zu behandelnden Themen mehr oder weniger vorge-geben, ohne dass die Akteure hier Einfluss hatten.

Betrachtungsweise der Fallstudien

Das nächste Vergleichskriterium befasst sich mit der bei den vier Fallstudien an den Tag gelegten Betrachtungsweise bzw. der Perspektive, aus der heraus die Analyse angegangen wurde. Diese wur-de bereits in wur-den Kapiteln 5 und 6 grundsätzlich erläutert und wird hier noch einmal aufgegriffen.

Der dabei gewählte Weg hängt vor allem von der Intention des jeweiligen Projektes, aber auch da-von ab, wie man auf die beteiligten Akteure eingehen möchte. Es gibt die Möglichkeit eine Betrach-tung rein von den Klimawirkungen oder Klimafolgen her vorzunehmen und zu schauen, welche Klimawirkung räumlich gesehen welche Auswirkungen hat und dabei auch zu berücksichtigen, wel-che verschiedenen Handlungsfelder von den Klimawirkungen jeweils betroffen sind. Diese Betrach-tungsweise wurde in der Basisstudie Südhessen angewendet. Eine andere Möglichkeit der Vorge-hensweise ist die rein sektorale HerangeVorge-hensweise, die separat für jedes betrachtete Handlungsfeld oder jeden Sektor klärt, wie dieser von den verschiedenen Klimawirkungen betroffen ist und wie sich dies räumlich auswirkt. Dabei werden die unterschiedlichen relevanten Klimawirkungen jedoch möglicherweise mehrfach betrachtet. Diese Betrachtungsweise wurde in der Fallstudie Syke an den Tag gelegt. Wie die beiden Fallstudien Westsachsen und Jena zeigen, können die verschiedenen Vorgehensweisen auch miteinander kombiniert werden.

In der Fallstudie Südhessen entschieden sich die Projektverantwortlichen in beiden Teilprojekten dazu, ausgehend von dem Ziel jeweils ein integriertes Handlungskonzept zu erarbeiten, vom zuvor dort angewandten Schema der Themengruppenarbeit abzurücken und somit nicht sektoral, sondern von den Klimafolgen her an die Vulnerabilitätsanalyse heranzugehen. Die verschiedenen Akteurs-gruppen sollten über die unterschiedlichen Sektoren hinweg an einen Tisch gebracht werden und ein gemeinsames Verständnis zur Notwendigkeit der Anpassung an die Folgen des Klimawandels entwickeln. Darüber sollten die Bewusstseinsbildung und Akzeptanzentwicklung vorangetrieben werden. In der Analyse wurden die verschiedenen Klimawirkungen in einzelnen Analysesträngen genauer untersucht und die so herausgearbeiteten Vulnerabilitäten innerhalb des Untersuchungsge-bietes räumlich festgehalten (siehe Kapiteln 5.1).

In der Fallstudie Westsachsen war es in Bezug auf das Hauptziel des Projektes, belastbare Grundla-gen zur Vulnerabilität der Region für eine Fortschreibung des Regionalplanes zu schaffen, ebenfalls notwendig eine räumlich-regionale Betrachtung, von den Klimawirkungen ausgehend, vorzuneh-men. Damit konnten die Ergebnisse für die gesamte Region räumlich untergliedert nach den ver-schiedenen betrachteten Klimawirkungen dargestellt werden. Gleichzeitig waren sich die Projekt-verantwortlichen einig, dass es aus der Vulnerabilitätsanalyse heraus auch einen konkreten Mehr-wert für die Akteure und Institutionen der beteiligten Sektoren und Bereiche geben sollte. So wurde zusätzlich auch eine sektorale Betrachtung für die in der Region wichtigen Handlungsfelder und Sektoren vorgenommen und dargestellt. Darüber hinaus entschieden sich die Projektverantwortli-chen eine Vulnerabilitätsbetrachtung für die gesamte in Westsachsen sehr bedeutsame Kulturland-schaft durchzuführen, so dass innerhalb des MORO-Projektes auf regionaler Ebene insgesamt eine dreigliedrige Vulnerabilitätsanalyse durchgeführt wurde (siehe Kapitel 6.1.2 und Abb.6.3). Die so erarbeiteten Erkenntnisse wurden in den Fokusgebieten je nach räumlicher oder sektoraler Prägung des jeweiligen Fokusgebietes weiterentwickelt (vgl. Interview Forschungsassistenz Westsachsen).

Eine ähnliche Vorgehensweise lieferte die Fallstudie Jena mit dem bereits in Kapitel 6.2.2 ausführ-lich erläuterten „Drei-Perspektiven-Ansatz“, in dem zumindest in Bezug auf die Akteursbeteiligung letztlich die sektorale Betrachtung überwog (siehe Abb. 6.7). Aufgrund des Verzichts auf räumliche Analysen in der Fallstudie Syke, machte hier nur eine rein sektorale Vorgehensweise zur Analyse der Betroffenheiten Sinn. Deswegen wurden die jeweiligen Betroffenheiten für die als wichtig iden-tifizierten Handlungsfelder aufbereitet und festgehalten (siehe Kapitel 6.3.2 und Abb. 6.9).

Die vier Fallstudien zeigen die gesamte Bandbreite möglicher Betrachtungsweisen bei Vulnerabili-täts- bzw. Betroffenheitsanalysen auf. Jede Vorgehensweise ist für sich gesehen nachvollziehbar und gerechtfertigt. Die Fallstudie Südhessen hatte dabei den Vorteil, dass auf der Vorarbeit der KLARA-Net Themengruppen aufgebaut werden konnte und somit die grundsätzlichen Vulnerabilitäten der wichtigen Sektoren und Bereiche zu Beginn der Pilotraumarbeit, bezogen auf die Gesamtregion, bereits bekannt waren. Diese Grundlage gab es in den Fallstudien Westsachsen, Jena und Syke in dieser Form nicht. Um den grundsätzlichen Projektzielen, die belastbare Grundlagen für die Regio-nal- oder Stadtplanung erforderten, aber auch allen beteiligten Akteursgruppen gerecht zu werden, entschied man sich hier für einen Mehr-Perspektiven-Ansatz bzw. eine rein sektorale Betrachtung.

So wurden aber letztlich integrierende Diskussionen und gemeinsame Betrachtungen der Vulnerabi-litäten zumindest in Jena und Syke vernachlässigt. Die Bewertung der Fallstudien in Kapitel 8 geht der Frage nach, welche der in den hier betrachteten Fallstudien angewendeten Vorgehensweisen im Zuge einer Akteursorientierten Vulnerabilitätsanalyse sinnvoll bzw. am geeignetsten erscheinen.

Umgang mit Unsicherheiten

Klimaprojektionen und Prognosen sind bisweilen mit Unsicherheiten verbunden (siehe Kapitel 3.1.1), die es im Zuge der Anpassung an die Folgen des Klimawandels aufzuzeigen gilt, um Missver-ständnisse bei der Bewertung der Ergebnisse zu vermeiden. Gerade vor dem Hintergrund der Be-wusstseinsbildung und insbesondere der Entwicklung von Akzeptanz für Anpassungsmaßnahmen ist es wichtig die vorhandenen Unsicherheiten klar zu kommunizieren und gleichzeitig Wege zu fin-den, den Akteuren begreiflich zu machen, dass ein Handeln trotz Unsicherheiten bereits heute er-forderlich ist. Der Umgang mit den Unsicherheiten ist daher ein wichtiger Aspekt im Rahmen einer Vulnerabilitäts- bzw. Betroffenheitsanalyse u.a. bei der Herausarbeitung der Exposition.

Insgesamt lässt sich hier für alle Fallstudien ein recht einheitliches Vorgehen feststellen. Es wurde von allen Projektverantwortlichen Wert darauf gelegt, die bestehenden Unsicherheiten von Beginn an klar und deutlich herauszuarbeiten und dabei die einerseits sicheren Trends in Bezug auf die Entwicklung von Temperatur und Niederschlag in den Vordergrund zu stellen und andererseits die weiterhin daraus ableitbaren wahrscheinlichen aber noch nicht abschließend bewiesenen Trends in Bezug auf die Entwicklung von Extremwetterereignissen zu thematisieren.

Wichtig ist an dieser Stelle die Kommunikation von Bandbreiten des möglichen Temperaturanstiegs oder der Niederschlagsveränderungen über den Ensembleansatz und dabei der klare Hinweis wel-che Folgen daraus zu erwarten und welwel-che Vulnerabilitäten damit verbunden sind. Diese Vorge-hensweise wurde in allen vier Fallstudien recht einheitlich praktiziert. In Südhessen lag darüber hinaus ein Schwerpunkt in beiden Teilprojekten auf der Kommunikation der zu erwartenden und direkt erfahrbaren Veränderungen in Bezug auf auch heute schon stattfindende Extremwetterereig-nisse. In der Fallstudie Westsachsen wurden nur sichere Trends für die Region überhaupt in der

Vulnerabilitätsanalyse weiterverfolgt (vgl. Interview Forschungsassistenz Westsachsen), während bei der Fallstudie Jena bei noch unsicheren Trends lediglich die potenziellen Sensitivitäten aufge-zeigt wurden (vgl. Interview Projektverantwortliche Jena). Auch in Syke wurde bevorzugt mit den sicheren und den wahrscheinlichen Trends gearbeitet (vgl. Interview Forschungsassistenz Syke).

Inwiefern der Umgang mit den bestehenden Unsicherheiten bei den Akteuren zur Bewusstseinsbil-dung und Entwicklung von Akzeptanz beigetragen hat, wird im Kapitel 8 näher zu beleuchten sein.

Methodische Vorgehensweise

Der nächste Abschnitt vergleicht mit der jeweils in den Fallstudien konkret angewendeten Methodik bzw. den im Rahmen („während“) der Vulnerabilitäts-/Betroffenheitsanalyse durchgeführten Kom-ponenten den Kern der vier Fallstudien. Dabei richtet sich das Augenmerk insbesondere auf die je-weilige Akteursbeteiligung. Es wird aufbauend auf den Aussagen zur Intention und Grundstruktur der Analyseansätze der Kapitel 5 und 6 gegenübergestellt, welche verschiedenen Komponenten die jeweiligen Analysen besaßen und wo dabei etwaige Schwerpunkte lagen.

Die hier als Ausgangsstudie für eine Akteursorientierte Vulnerabilitätsanalyse angeführte Fallstudie Südhessen beinhaltete im Wesentlichen sowohl ausgeprägte partizipative Elemente, um qualitativ das Wissen der Akteure zur Vulnerabilität der Region in die Analyse einzubeziehen, als auch eine im Vergleich zur Fallstudie Westsachsen vereinfachte GIS-Analyse. Dabei waren sowohl die qualitati-ven, als auch die quantitativen Analyseelemente für den Gesamtprozess gleich wichtig, so dass sich an dieser Stelle keine entsprechenden Kernelemente hervorheben lassen (siehe Kapitel 5.2).

Direkt zu Beginn der Analyse wurde im Rahmen der KLARA-Net-Pilotraumauftaktveranstaltung eine schriftliche Befragung der Akteure vorgenommen. Mit dieser Auftaktbefragung wurden zwei Ziele verfolgt. Einerseits sollte in einer Art Bestandsaufnahme herausgearbeitet werden, welches Wissen bei den Akteuren zu Klimaveränderungen und Extremereignissen in der Region bereits vorhanden ist. Andererseits wollten die Projektverantwortlichen die Ergebnisse der Befragung mit den durch die Klimaprojektionen bereits abgeleiteten relevanten Klimawirkungen abgleichen und dadurch das Untersuchungsspektrum für die Vulnerabilitätsanalyse festlegen. Die Auftaktbefragung bildete somit einen wichtigen Startpunkt für die Akteursorientierte Vulnerabilitätsanalyse. Weiterhin wurden im späteren Verlauf der Vulnerabilitätsanalyse aufbauend auf den Ergebnissen der GIS-Analyse Inter-views mit Vertretern jeder im Projekt beteiligten Kommune geführt. Diese fanden im Rahmen der kommunalen Vertiefung statt. Unter anderem wurden hier noch einmal gezielt die relevanten Kli-mawirkungen und Schäden im Zuge von Extremereignissen in der Vergangenheit besprochen und zentrale Leitlinien und künftige Projekte der Stadtentwicklung thematisiert. So wurde die konkrete Situation in der jeweiligen Gemeinde herausgearbeitet und dabei die Vulnerabilitäten räumlich und inhaltlich weiter konkretisiert. In den Pilotraumsitzungen wurden Zwischenergebnisse der Analyse diskutiert und gemeinsam teilweise workshopartig weiterentwickelt. Im Anschluss an die Pilotraum-sitzungen wurden gemeinsame Ortsbegehungen zu neuralgischen Punkten oder bereits umgesetzten Anpassungsmaßnahmen durchgeführt, um die zuvor behandelten Thematiken an konkreten Beispie-len zu vertiefen. Hier übernahm jeweils ein Akteur vor Ort die Leitung und erläuterte die betrachte-te Maßnahme oder den neuralgischen und im Zuge von Extremereignissen häufig betroffenen Punkt. Des Weiteren fanden zwischen den Pilotraumsitzungen und den konkreten Beteiligungsele-menten immer wieder bilaterale Konsultationen zu wichtigen Fragen und Punkten mit

ausgewähl-ten Institutionen und Akteuren statt, deren Ergebnisse ebenfalls in die Vulnerabilitätsanalyse ein-flossen.

Im zweiten Teilprojekt KLA-DaDi wurde ähnlich vorgegangen. Im Zuge des Auftaktworkshops wur-den anstatt einer schriftlichen Befragung der Akteure sogenannte Arbeitssteckbriefe an die Kommu-nalvertreter verteilt, die diese ausfüllen sollten. Dabei wurden im Wesentlichen die gleichen Inhalte abgefragt wie auch bei der Pilotraum-Auftaktveranstaltung. Darauf aufbauend wurde die Vulnerabi-litätsanalyse ausgeweitet und vertieft. Zur weiteren Konkretisierung wurden erneut Interviews mit den Vertretern der einzelnen Kommunen des Landkreises Darmstadt-Dieburg geführt, in denen ne-ben den Vulnerabilitäten auch speziell auf die jeweilige Kommune ausgerichtete Anpassungsmaß-nahmen thematisiert wurden. Aufgrund der deutlich kürzeren Projektlaufzeit wurden bei KLA-DaDi insgesamt nur zwei Workshops zu Beginn und zum Ende des Projektes mit den Akteuren durchge-führt, auf denen es Gelegenheit zur Diskussion von Ergebnissen gab. Da dies zentrale Veranstaltun-gen im Kreishaus des Landkreises waren, wurde auf OrtsbegehunVeranstaltun-gen verzichtet. Jedoch wurden auch hier bilaterale Fachgespräche mit ausgewählten Akteuren geführt.

Als zentrale quantitative Analyseelemente der Fallstudie Südhessen gelten die Auswertung der Klimaprojektionen für den Untersuchungsraum mit Hilfe des IDP-Tools zur Bestimmung der Exposi-tion58 sowie die vereinfachte GIS-Analyse59 mit Fokus auf die Bestimmung der Sensitivität und die Analyse von zusätzlichen nicht digital vorliegenden Daten. Um einen Überblick über die Gescheh-nisse in der Region zu erhalten und möglichen Hinweisen auf Schäden nach Extremwetterereignis-sen nachgehen zu können, wurde zusätzlich eine durchgehende Sichtung der regionalen Presse vor-genommen. Diese Komponenten waren im Wesentlichen in beiden Teilprojekten gleich. Beim zwei-ten Teilprojekt KLA-DaDi kam als Ergänzung noch die räumliche Auswertung und Analyse von Feu-erwehreinsätzen und damit verbundenen Schwerpunkten im Zuge von Extremwetterereignissen oder Flächen- und Waldbränden innerhalb des Landkreises Darmstadt-Dieburg als wichtige Kompo-nente hinzu. In diesem Zusammenhang wurden über 3100 Einsätze aus den Jahren 2002 bis 2012 ausgewertet. Sich daraus ableitende räumliche Schwerpunkte wurden vor Ort genauer untersucht bzw. im Zuge der dortigen Interviews mit den kommunalen Akteuren diskutiert. Erkenntnisse dar-aus flossen entsprechend in die Vulnerabilitätsbewertung der einzelnen Kommunen ein.

Insgesamt lässt sich an dieser Stelle für die Fallstudie Südhessen ein breites Spektrum an Kompo-nenten der Akteursbeteiligung in Kombination mit eher vereinfachten quantitativen Analyseelemen-ten nachvollziehen. Dabei wurde nicht nur auf die Information der Akteure und die gemeinsame Diskussion von Zwischenergebnissen gesetzt, sondern das Wissen und die Erfahrung der Akteure

58 Mit dem IDP-Tool konnten Klimaprojektionen verschiedener Klimamodelle und Szenarien für das Land Hessen von den Projektverant-wortlichen selbst erstellt und für Südhessen bis zum Jahr 2100 aufbereitet werden. Dabei konzentrierte man sich auf die Klimamodelle REMO, CLM und WETTREG und unterschiedliche Klimaszenarien des SRES-Gruppe. Besondere Bedeutung für das Projekt hatten zu-dem die Projektionen der Klimakenntage für das Gersprenz-Einzugsgebiet. Die Ergebnisse wurden nicht mit zu-dem GIS verknüpft. Für weitere Informationen siehe KLARA-Net 2011: 8ff.

59 Im Rahmen der GIS-Analyse wurden Geobasisdaten mit Geofachdaten zum Untersuchungsraum unter zuvor festgelegten Kriterien miteinander verknüpft und verschnitten, um die Sensitivitäten innerhalb der Region gegenüber den einzelnen Klimawirkungen be-stimmen zu können. Auf die Anwendung von Algorithmen wurde verzichtet. In weiteren Schritten wurden die separat vorliegenden Ergebnisse zur Exposition sowie die Interpretation der Anpassungskapazität und weitere vorliegende Daten in die Ergebnisse einge-pflegt und mit Hilfe des GIS in Karten dargestellt. Für weitere Informationen hierzu siehe KLARA-Net 2011: 15ff.