• Keine Ergebnisse gefunden

Die Neue Institutionenökonomie verfolgt ebenfalls eine mikroökonomische, d.h. unter-nehmensorientierte Perspektive. Dazu liegt der Theorie die Annahme zugrunde, dass bei der Marktnutzung immer Transaktionskosten anfallen, da Güter und Leistungen nicht in einem imaginären Punkt in Raum und Zeit getauscht werden. Bei geringer Häufigkeit der Transakti-onen werden die Wirtschaftsakteure daher eher dahin tendieren, eine Marktlösung anzustre-ben. Der zentrale Aspekt der Transaktionskostentheorie ist die Verursachung von Kosten durch die Koordination des Leistungsaustauschs auf Märkten oder in Unternehmen. Dabei stehen nicht die Kosten des Güteraustauschs selbst, sondern die Kosten zur Übertragung von Verfügungsrechten an diesen Gütern im Mittelpunkt. Eine Transaktion lässt sich ohne

46 Casson, Mark: Der Unternehmer. Versuch einer historisch-theoretischen Deutung, in: Geschichte und Gesell-schaft, 27. Jg., 2001, Heft 4, S. 535

res als ein Prozess darstellen, der die Anbahnung, Vereinbarung, Kontrolle und Anpassung dieser Verfügungsrechte umfasst.47

Die Transaktionskostentheorie spielt für diese Untersuchung eine wesentliche Rolle, weil Fusionen ebenfalls diesen Prozess durchlaufen. Eine Fusion hat zur Folge, dass sich die Inte-ressenlage der Akteure verändert, neue Akteurs- und Entscheidungskonstellationen entstehen und sich damit auch Aufgaben- und Verantwortungsbereiche verändern. Während des Fusi-onsprozesses fallen Transaktionskosten in der folgenden Reihenfolge an:48

• Such- oder Anbahnungskosten:

Mit der geplanten Fusionsentscheidung fallen Suchkosten an, da sich die verschiede-nen Akteure, z.B. Manager, Aktionäre, Fremdkapitalgeber, erst finden müssen. Es fol-gen Spezifikationskosten durch die Unterstützung von Spezialisten wie Beratungsun-ternehmen. Die Beschaffenheit und Qualität des zu erwerbenden Unternehmens muss in dieser Phase erst noch definiert werden. Durch die nicht vollständige Information fallen für die Akteure Informationskosten durch systematische Preis- und Leistungs-vergleiche an.

• Verhandlungs- und Vertragskosten:

Kosten bis zum Vertragsabschluss entstehen durch Verhandlungen und abgestimmte Entscheidungen. Die Akteure ziehen in dieser Phase möglicherweise juristische Gut-achter und Beratungsunternehmen hinzu, die den Zweck, zeitlichen Horizont und Be-fugnisse der Vertragspartner miteinander abstimmen. Hierzu gehören bei einem Un-ternehmenszusammenschluss die Kosten für Vertragsverhandlungen, Unternehmens-bewertungen, Notariatskosten und Beratungsleistungen. Diese Kosten sind in der Re-gel geringer, als wenn die Vertragspartner die Verhandlungen in Eigenregie durchfüh-ren würden.49

• Kontroll- und Überwachungskosten:

Hierzu zählen Kosten der Überwachung und Durchsetzung von Leistungsverpflich-tungen in Bezug auf Termin-, Qualitäts-, Mengen- und Preisvereinbarungen sowie Kosten für die Sicherung und Durchsetzung von Ansprüchen wie beispielsweise Pa-tente, Produktionsverfahren und die Zusammenführung, Beibehaltung oder Anpassung

47 Sydow, Jörg: Strategische Netzwerke und Transaktionskosten. Über die Grenzen einer transaktionskostentheo-retischen Erklärung der Evolution strategischer Netzwerke, in: Stähle, Wolfgang H./ Conrad, Peter (Hrsg.):

Managementforschung 2, Berlin/ New York 1992, S. 255

48 Berghoff, Hartmut: Transaktionskosten: Generalschlüssel zum Verständnis langfristiger Unternehmensent-wicklung?, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1999, S. 163. Berghoff nimmt eine Einteilung nach Infor-mations-, Kommunikations-, Leitungs-, Überwachungs- und Durchsetzungskosten in Unternehmen vor.

49 Vgl. das Beispiel über Investmentbanken bei Lukas, Andreas: Unternehmensbewertung und intellektuelles Kapital. Preisfindung im Mergers & Acquisitionsprozess, Berlin 2004, S. 27f.

der jeweiligen Produktionsregime.50 Hierzu gehören auch Kosten für Anreizsysteme, um den Unternehmenszusammenschluss für die beteiligten Akteure attraktiv zu gestal-ten.

• Anpassungskosten:

Hierbei handelt es sich um Kosten, die während der Laufzeit des Vertrags anfallen und auf Umweltveränderungen wie z.B. Termin-, Qualitäts-, Mengen- und Preisänderun-gen reagieren. Es kann sich um AufwendunPreisänderun-gen für Integrationsmaßnahmen, z.B. für betriebsbedingte Kündigungen, Abfindungszahlungen und Standortverlagerungen für die zusammengeschlossenen Unternehmen handeln.

Charakteristisch ist die unterschiedliche Gewichtung der Transaktionskostenarten, bei de-nen es sich im Hinblick auf die Häufigkeit um fixe oder eher um variable Kosten handeln kann. Bei einer am Markt orientierten Koordination dürften eher Such- und Vereinbarungs-kosten im Mittelpunkt stehen. Demgegenüber zeichnen sich hierarchische Koordinationsfor-men durch hohe Kontroll- und Anpassungskosten für ManageKoordinationsfor-ment- und Organisationsaufga-ben aus, wie nach einem Unternehmenszusammenschluss angenommen werden kann. „Die Wahl zwischen Markt und Internalisierung, die Kontrolle von Marktnutzungs- und Manage-mentkosten sowie die Bändigung von Opportunismus und begrenzter Rationalität sind solche zentralen Variablen der Entwicklung von Unternehmen, die in vielen deskriptiven Studien gleichwohl oft übersehen werden.“51 Bei einem häufigen Wechsel der Transaktionspartner haben die anfallenden Kosten weitgehend einen variablen und bei festen Transaktionspartnern eher einen fixen Charakter.52 Auch wenn diese Zuordnung auf den ersten Blick plausibel er-scheint, ist eine Operationalisierung der Transaktionskosten für die betriebswirtschaftliche Praxis bisher noch nicht gelungen.53 Aus diesem Defizit lässt sich eine theorieimmanente Kri-tik ableiten.54

Außerdem wird in der Literatur nach ex ante- und ex post-Transaktionskosten unterschie-den. Ex ante-Transaktionskosten entstehen vor oder während des Abschlusses vertraglicher Leistungsbeziehungen wie Verhandlungs- und Vertragskosten. Demgegenüber entstehen nach Abschluss eines Vertrags zur Absicherung und Durchführung einer Austauschbeziehung,

50 „Produktionsregime“ soll in dieser Arbeit als Schlüsselbegriff dienen. Auf eine Analyse wird in Abschnitt 2.5 eingegangen. Hartmut Berghoff: Transaktionskosten: Generalschlüssel zum Verständnis langfristiger Unter-nehmensentwicklung?, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte, 1999, Band 2, S. 161

51 Berghoff, Hartmut: Transaktionskosten: Generalschlüssel zum Verständnis langfristiger Unternehmensent-wicklung?, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1999, S. 172

52 Picot, Arnold: Transaktionskostenansatz in der Organisationstheorie: Stand der Diskussion und Aussagewert, in: Die Betriebswirtschaft, 42. Jg., 1982, Heft 2, S. 271

53 Berghoff, Hartmut: Transaktionskosten: Generalschlüssel zum Verständnis langfristiger Unternehmensent-wicklung?, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1999, S. 175

54 Berghoff, Hartmut: Transaktionskosten: Generalschlüssel zum Verständnis langfristiger Unternehmensent-wicklung?, in: Jahrbuch für Wirtschaftsgeschichte 1999, S. 175

besondere nach einem Unternehmenszusammenschluss, ex post-Transaktionskosten, die in Form von Anpassungs- oder Absicherungskosten anfallen.55

Die Transaktionskostentheorie spielt für diese Untersuchung deshalb eine zentrale Rolle, weil es bei allen Unternehmenszusammenschlüssen auch um die Frage ging, ob und wenn ja, wie eine Integration und Anpassung des Produktionsregimes im Anschluss an die Fusionsent-scheidung an das jeweils übernehmende und damit herrschende Unternehmen vollzogen wer-den konnte. Diese Frage kann vor dem Hintergrund der fehlenwer-den Berechnungsmöglichkeit von Transaktionskosten weitgehend nur qualitativ beantwortet werden. Es wird untersucht, ob im Anschluss an Fusionen beispielsweise neue Anreiz- und Kontrollsysteme in den Unter-nehmen eingeführt wurden, um die Durchsetzung der Verfügungsrechte zu erreichen.

Die verursachten Transaktionskosten sind vom institutionellen Rahmen abhängig, in dem sich die Transaktion vollzieht. Die Transaktionskostentheorie befasst sich daher mit der Fra-gestellung, welche Formen von Transaktionen für bestimmte institutionelle Arrangements mit möglichst geringen Informations- und Kommunikationskosten sinnvoll sind. Die optimale Organisationsform wird nicht nur durch Parameter wie Technologie- und Produktionskosten bestimmt, sondern auch durch die Höhe der Transaktionskosten.56 Es wird folglich nach einer Koordinationsform gesucht, die in Bezug auf Kosten, Zeit und Qualität der Austauschbezie-hung eine hohe Effizienz aufweist.

Bei einer großen Zahl von Transaktionen kann es sinnvoll sein, Unternehmen zu gründen und die Internalisierung solcher Transaktionen vorzunehmen. Die volkswirtschaftliche Frage von Markt und Hierarchie entspricht dabei dem betriebswirtschaftlichen Problem der Eigen-fertigung oder des Fremdbezugs.57 Durch die Internalisierung der Aktivitäten lässt sich die Zahl der Verträge zwischen Parteien erheblich senken und zu geringeren Kosten gestalten.

Die wichtigsten Unternehmenstransaktionskosten lassen sich folgendermaßen feststellen:

• Kosten für die Organisationsstruktur, d.h. fixe Transaktionskosten wie Personalver-waltung, Investitionen in Informationstechnologien, Kosten für Public Relations, Lob-byarbeit, Rechtsabteilung usw.

• Kosten des Betriebs einer Organisation, d.h. variable Transaktionskosten, z.B. Infor-mations- und Entscheidungskosten, Kosten der Überwachung von Ausführungen, Kosten für die Messung der Arbeitskräfteleistung, Managementkosten, Kosten für die

55 Williamson, Oliver E.: Die ökonomischen Institutionen des Kapitalismus, Tübingen 1990, S. 22-25

56 Sydow, Jörg: Strategische Netzwerke und Transaktionskosten. Über die Grenzen einer transaktionskostentheo-retischen Erklärung der Evolution strategischer Netzwerke, in: Stähle, Wolfgang H./ Conrad, Peter (Hrsg.):

Managementforschung 2, Berlin, New York 1992, S. 256

57 Picot, Arnold: Transaktionskosten im Handel. Zur Notwendigkeit einer flexiblen Strukturentwicklung in der Distribution, in: Der Betriebsberater, Beilage 13/1986 zu Heft 27/1986, 2. Halbjahr, S. 2

Informationsbearbeitung sowie für die physische Übertragung von Gütern und Dienst-leistungen über innerbetriebliche Schnittstellen, z.B. betriebliche Logistik.58

Den Einsparungen bei der Internalisierung häufig auftretender Transaktionen stehen des-halb Erhöhungen bei den Managementkosten im Unternehmen gegenüber.59 Zu den Transak-tionskosten zählen beispielsweise finanzielle Aufwendungen für eine Rechtsabteilung, die Verträge ausarbeitet, die wiederum eine Grundlage für eine neue Geschäftsbeziehung sein sollen. Die Frage der Internalisierung von Aktivitäten beziehungsweise des Fremdbezugs durch den Markt ist in Unternehmen immer wieder zu überprüfen.

Es gibt bisher keine empirischen Befunde über die Höhe von Transaktionskosten in Un-ternehmen. Eine Annäherung ist möglich, indem die Gemeinkosten eines Unternehmens zugrunde gelegt werden, die aus Produktionskosten und unternehmensinternen Transaktions-kosten bestehen. Obwohl der Ansatz der Neuen Institutionenökonomik darin besteht, die Transaktionskosten durch Internalisierung zu senken, ist von einem Anstieg der Transakti-onskosten in der Wirtschaft insgesamt auszugehen. Dieser vermeintliche Widerspruch be-steht, weil es durchaus zu sinkenden Transaktionskosten pro Transaktion kommen kann, al-lerdings mehr Transaktionen vorgenommen werden, unabhängig davon, ob die Wertschöp-fung im Unternehmen oder von Marktteilnehmern vorgenommen wird.

Technischer Fortschritt, der neue, kapitalintensive Produktionsverfahren ermöglicht, er-fordert teilweise eine Standortkonzentration zur Erreichung von „Economies of Scale“ und damit verbunden bei internationalen Unternehmen häufig einen internationalen Warenaus-tausch innerhalb der innerbetrieblichen Wertschöpfungskette. Grobe Schätzungen von Rich-ter/Furubotn gehen davon aus, dass die Transaktionskosten von Unternehmen inklusive der Vertriebskosten zwischen 18 bis 30 Prozent liegen.60