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4 HAG AG und General Foods bis 1989

4.3 General Foods

4.3.3 General Foods Deutschland

4.3.3.5 General Foods von 1978 – April 1979

Trotz der sich verändernden Umweltbedingungen hatte sich Rhodes mit Unterstützung der Europa-Zentrale zum Ziel gesetzt, General Foods Deutschland auf einen deutlichen Ex-pansions- und Erfolgskurs zu führen. Das deutsche Unternehmen sollte die in den 1960er-Jahren nicht erfolgte und von Sylvester Hinkes vorsichtig begonnene Sortimentserweiterung nun mit neuen Produkten verstärken und die Abhängigkeit vom Kaffeegeschäft lockern.210 In 1978 wurde ein für General Foods bisher nicht übliches aggressives Marketing-Expansionsprogramm für alle Marken gleichzeitig begonnen:

Bei Maxwell Express wurde eine Qualitätsverbesserung für mehr Aroma erreicht und in Verbindung mit einer neuen Glasverpackung in den Markt eingeführt. Es handelte sich um eine unmittelbare Reaktion auf die Marktschwäche und die Marktanteilsverluste. Um eine höhere Aufmerksamkeit bei der Verbraucherzielgruppe zu erreichen, wurde der zur damaligen

209 O. V., „Gemeinsamkeit macht stark“, in: GF-Express, Nr. 32, März 1977, S. 2

210 O. V. „General Foods will mit neuen Produkten weiter expandieren“, in: Handelsblatt, 7.12.1977, o. S.

Zeit sehr bekannte und beliebte Schauspieler Curd Jürgens für eine Werbekampagne enga-giert. Er machte die Produktverbesserung der „Maxwell-Geschmacksknospen“ bekannt.

Bei Schlag-Fit wurde mit der Schlagersängerin Gitte eine Verkaufsförderungsaktivität ge-startet.

Ende 1977 wurde das Instant-Erfrischungsgetränk Quench zusätzlich zu Cefrisch ohne den sonst üblichen vorherigen Testmarkt national eingeführt. Im April 1978 begann die natio-nale Fernseh- und Rundfunkwerbung.

Nach amerikanischem Vorbild wurden unter dem Namen „Pop Rocks“ kohlensäurehalti-ge Knisterbonbons für Kinder einkohlensäurehalti-geführt. Später kam noch eine Variante mit dem Namen

„Space Dust“ dazu, ein in Tüten verpacktes Granulat, das zu Prickeleffekten im Mund führte.

Beide Produkte waren im Markt nur für einen Zeitraum von ein bis zwei Jahren vorgesehen.

Es folgte eine regionale Einführung trockener Salatdressings aus der Tüte mit dem Na-men Mix & Dress. In einer mitgelieferten Dressing-Mixflasche mit Maßeinheiten konnte un-ter Hinzugabe von Wasser, Essig und Öl durch Schütteln ein Salatdressing gemixt werden.

Dieses Produkt wurde in verschiedenen Geschmacksrichtungen angeboten.

1978 wurde nach der organisatorischen Eingliederung auch die rechtliche Eingliederung von Maple Leaf in die bisherige General Foods GmbH vollzogen. Insgesamt führte diese Ex-pansionsstrategie zu folgenden Ergebnissen: Der Markt für Instantkaffee hatte einen men-genmäßigen Zuwachs von 7 % zu verzeichnen. Der Marktanteil von Maxwell stieg von dem Allzeittief 8,3 % in 1977 auf 9,0 % in 1978. Dieser Zuwachs von Maxwell entsprach aller-dings nicht den Erwartungen. Nescafé hatte die Maxwell-Aktivität mit gezielten Preisnachläs-sen gestört, um keine Marktanteile zu verlieren. General Foods gewährte daraufhin ebenfalls zusätzliche Rabatte in gleicher Höhe, die zu einer zusätzlichen Belastung im zweiten Kalen-derquartal 1978 von fast zwei Millionen DM führten.211

Der Markt für Dessertschaum verzeichnete dauerhaft Rückgänge, bedingt durch die Ein-führung von haltbarer Sahne und Sprühsahne aus der Dose. Die Marke Schlag-Fit musste als Marktführer ebenfalls Volumenrückgänge hinnehmen. Die Einführung von Quench verlief für General Foods erfolgreich, allerdings gab es Kannibalisierungseffekte mit Cefrisch.

Die Zusammenführung des Kaugummigeschäfts mit dem bisherigen „Lebensmittelange-bot“ von General Foods im Vertrieb erwies sich als sehr schwierig. Das Problem lag im Ver-trieb aufgrund der nur begrenzt deckungsgleichen Absatzkanäle für das GF- und Maple Leaf-Sortiment. Der Umsatz hatte sogar abgenommen. Aus diesem Grund wurde das im Testmarkt erfolgreiche Produkt Longlife Gum nicht national eingeführt.

211 Bericht über die Sitzung des GF-Wirtschaftsausschusses vom 21.7.1978, Erläuterungen zum Juni-Quartal-Ergebnis, S. 1

Nach Probierkäufen und erstmaligem Konsum verloren die neuartigen Produkte „Pop Rocks“ und „Space Dust“ bei den Verbrauchern an Attraktivität. Es folgten nur geringe Nachkäufe, sodass die Absätze hinter den Erwartungen zurückblieben. Der Verkauf wurde wie geplant eingestellt.

Die Testmarkteinführung der Marke Mix & Dress verlief ebenfalls unbefriedigend,212 da die Verbraucherresonanz zu gering war. Das Produkt wurde deshalb wieder aus dem Markt genommen.

Ein Jahr nach der Fusion mit Maple Leaf zeigte sich, dass die erreichten Kostensynergien geringer gewesen waren als die verlorenen Roherträge durch Volumenverluste. Es arbeitete zwar ein erheblich größerer Verkaufsaußendienst für Kaugummi, aber die Gesprächspartner im Handel und die Verkaufstechniken waren andere als bei Kaffee und Reis. Deshalb wurde im April 1979 mitgeteilt, dass General Foods das in 1971 erworbene Kaugummigeschäft auf internationaler Ebene verkauft hatte, um sich nach einer Phase der Produktdiversifikation wieder auf die Kernkompetenzen zu konzentrieren. Die Zusammenführung der Produktions-regime hatte sich damit nicht als erfolgreich erwiesen.

Das Marketing-Expansionsprogramm hatte auch zur Folge, dass für 1978 nach einigen Jahren der Zurückhaltung bei der Personalakquisition wieder Mitarbeiter eingestellt wurden.

Die Mitarbeiterzahl erhöhte sich von März 1977 bis März 1978 um 105 Mitarbeiter von 849 auf 954, im Juni 1978 waren 964 Mitarbeiter plus 107 Teilzeitbeschäftigte tätig.213 Um die Raumknappheit zu beseitigen, wurde das Verwaltungsgebäude um ein Stockwerk erhöht.

Der Gesamtumsatz war im Geschäftsjahr 1978 auch durch die Integration von Maple Leaf von 260 auf 308 Millionen DM gestiegen.214 Der Umsatz mit ausländischen Konzerngesell-schaften betrug ca. 100 Millionen DM. Der Umsatz in Deutschland von 200 Millionen DM zeigte ein sehr breit ausgeprägtes Produktsortiment, wie es in den USA üblich war und teilte sich in folgende Anteile auf:215

• 25 % Löskaffee

• 25 % Instant-Getränkepulver

• 20 % Reis-Fit

• 10 % Kaugummi

• 5 % Schlag-Fit

212 Information an die Belegschaft über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens nach § 110 des Betriebs-verfassungsgesetzes vom 30.8.1979, S. 2

213 Information an die Belegschaft über die wirtschaftliche Situation des Unternehmens nach § 110 des Be-triebsverfassungsgesetzes vom 21. Juli 1979, S. 1

214 O. V., „General Foods / Elmshorn bleibt trotz aller Rückschläge optimistisch“, in: Extrakte, Nr. 82/78 NG, 13. Oktober 1978, S. 3

215 O. V., „General Foods hält sich auch weiterhin fit“, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. 2. 1979, S. 15

• 15 % kohlensäurehaltige Bonbons.

Die Marketinginvestitionen waren um 45 % und die Personalkosten um 15 % gestie-gen.216 Damit war das Unternehmen finanziell überfordert. Die Folge waren erstmalig wieder Verluste in 1978 und 1979.

Rhodes hatte die Faktorspezifität bei der Instantkaffeeproduktion, die Umweltbedingun-gen wie Rohkaffeemärkte und Wettbewerberaktivitäten bei Kaffee, Kannibalisierungseffekte bei Instant-Getränkepulver und die geringen Wiederkaufsraten des Bonbonsortiments nicht ausreichend berücksichtigt. Nach weniger als drei Jahren wurde er im Mai 1979 abgelöst.