• Keine Ergebnisse gefunden

4 HAG AG und General Foods bis 1989

4.3 General Foods

4.3.4 Motive und Ziele von General Foods für den Kauf der HAG AG

In den Aufbaujahren bis 1968 hatte ein deutsches Management mit dem limitierten Sor-timent Maxwell Kaffee, Reis-Fit und Automatenprodukte bis 1967 jährlich Wachstums- und Gewinnverbesserungen erreicht. Konzepte, das Unternehmen durch Zukauf eines deutschen Unternehmens in eine höhere Umsatzdimension und verbesserte Marktakzeptanz zu entwi-ckeln, scheiterten an unterschiedlichen Vorstellungen zwischen der amerikanischen Unter-nehmenszentrale und dem lokalen Management. Innovative Wettbewerberaktivitäten im Lös-kaffeemarkt „zwangen“ General Foods zur Einführung eines gefriergetrockneten Löskaffees in Deutschland. Mit der Einführung dieses neuartigen Produkts und dem Management der neuen international ausgerichteten Produktionsanlage war das deutsche Führungsteam über-fordert und scheiterte. Das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit der deutschen Führung war aus Sicht der Zentrale nicht mehr vorhanden. Die Führungsmannschaft wurde fast komplett ausgetauscht. Ein international erfahrener GF-Manager übernahm die Leitung des Unterneh-mens und erreichte mit weiteren internationalen Führungskräften eine Konsolidierung und Neuausrichtung des Unternehmens. Dann wurde ein mit modernen Managementmethoden vertrautes deutsches Management etabliert. Lediglich die Besetzung der Position des Haupt-geschäftsführers mit einem deutschen Manager gelang nicht. Ein weiterer internationaler

229 Bericht über die Sitzung des GF-Wirtschaftsausschusses am 26. April 1979, Protokoll vom 21.5.79

neral Manager startete erneut eine Internationalisierung des Managements und überforderte die finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens mit einer aggressiven und nur teilweise erfolgreichen Expansionsstrategie. Ähnlich wie 1969 musste das Unternehmen 10 Jahre spä-ter wieder saniert werden.

Der Umsatz von General Foods betrug in 1979 ca. 300 Mio. DM. Zum Zeitpunkt der Übernahme der HAG AG Ende 1979 wurden ca. 900 Mitarbeiter beschäftigt.230 Aus Sicht des Elmshorner Managements lag folgende Situation vor:

• Das GF-„Nicht-Kaffeesortiment“ aus den USA war nur begrenzt auf den deutschen Markt übertragbar.

• Man war zu der Erkenntnis gekommen, dass Instantkaffee in Deutschland im Kaffee-markt nicht mehr als 15 % des Gesamtkaffeekonsums erreichen würde (in den USA 30 %).

• Die Hälfte des Instantkaffeemarkts war gefriergetrockneter Kaffee. Nach dem Misser-folg mit gefriergetrocknetem Instantkaffee Maxwell Exquisit in 1969/70 hatte man zwar immer wieder Produkt- und Konzepttests in diesem Marktsegment vorgenom-men, gegenüber der Qualität von Nescafé sah man sich allerdings nicht in der Lage, die qualitative Überlegenheit ökonomisch zu vermarkten.

Damit war klar, dass eine Akquisition in Deutschland nicht nur Sinn machen würde, son-dern für ein tragfähiges Geschäft auf Dauer unerlässlich sein würde.

Im November 1978 hatte James Ferguson, Chairman & Chief Executive Officer von Ge-neral Foods weltweit, erstmals eingeräumt, dass der Erwerb eines deutschen Unternehmens beziehungsweise eine finanzielle Partnerschaft erwogen werde, „um die Schlagkraft der Gruppe auf dem deutschen Markt zu erhöhen.“231 Deutschland war bis zu diesem Zeitpunkt für General Foods das einzige größere europäische Land ohne den Zukauf eines bestehenden Unternehmens. Durch den hohen Anteil von Röstkaffee im Gesamtkaffeemarkt war im Prin-zip vorgegeben, dass man eine Marktpräsenz im Röstkaffeegeschäft benötigen würde, um im Kaffeemarkt eine bedeutende Rolle spielen zu können.

Mehrfach war in den 1970er-Jahren darüber diskutiert worden, ob die HAG AG ein ge-eigneter Partner für den deutschen Markt sein könnte. Die langjährige Verbindung zu der HAG AG bezüglich der Entkoffeinierung war ein wesentlicher Grund für diese Absichten.

Als die Kontakte mit der HAG AG intensiver wurden, wurde eine Task-Force gebildet aus dem bisherigen Personaldirektor Wolf-Dieter Bausch, dem Finanzmanager Walter Brammann und dem für Recht zuständigen Prokuristen Klaus Suhr. Dieses Führungstrio bereitete in

230 O. V., „General Foods übernahm HAG AG“, in: Weser Kurier, 28.09.1979, o. S.

231 O. V., „ Expansionspläne und die Suche nach einem Partner“, in: Handelsblatt, 11. Oktober 1978, S. 13

reren Sitzungen in Hamburg und in Bremen den Kauf des Unternehmens HAG AG vor. Sie konnten im Büro des HAG-Aufsichtsratsvorsitzenden Sieber in Unterlagen der HAG AG Ein-sicht nehmen. Als Unterstützung wurden Mitarbeiter von der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Price Waterhouse hinzugezogen. Es folgte also die Phase II einer idealtypischen Akquisition, die Transaktionsphase. Allerdings gab es in dieser Projektgruppe keine Vorschläge und Dis-kussionen über die Höhe des zu zahlenden Kaufpreises.

Der im Rahmen des Vertragsabschlusses anwesende Direktor der Entwicklungsabteilung von General Foods weltweit Anthony Hass erläuterte die Ziele von General Foods:

• Die Akquisition sollte den Zugang zu der anerkannt weltweit besten Entkoffeinie-rungstechnologie für Kaffee und den weit gediehenen Entwicklungsarbeiten des neuen Entkoffeinierungsverfahrens von HAG ermöglichen.

• Die Akquisition bot Zugang zu einem der größten Röstkaffeeverbrauchsmärkte der Welt und zusätzlich nach Österreich und in die Schweiz.

• Die Akquisition ermöglichte eine Verstärkung der Internationalisierung und Verbesse-rung der internationalen Profitabilität. Mit 1% Jahresüberschuss (8 Millionen US-Dollar bei 731 Millionen US-US-Dollar Umsatz) hinkten die bisherigen Europa-Aktivitäten des General Foods-Konzerns erheblich hinter den übrigen Gewinnraten hinterher.232 Die vergleichbare Umsatzrendite war in den USA fünfmal so hoch.

Ein weiterer wichtiger Grund war für General Foods USA die Befürchtung, dass das in den USA angewendete Entkoffeinierungsverfahren für die GF-Marke Sanka verboten werden könnte. Weil es bereits öffentliche Diskussionen gab, war General Foods durchaus unter Zeit-druck, eine Lösung für sich herbeizuführen. Damit erklärt sich auch, dass das Kaufangebot und Kaufpreis für die HAG AG deutlich höher lag, als eine aus deutscher Sicht vorgenomme-ne Untervorgenomme-nehmensbewertung von eivorgenomme-ner Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ergeben hatte.233

In den ersten Interviews betonte der amerikanische GF-Manager Hass, dass bei der HAG AG möglichst alles beim Alten bleiben solle und keine Arbeitsplätze gefährdet seien. Der für das internationale Geschäft zuständige GF-Manager Robert Bauman, der bei Vertragsunter-zeichnung anwesend war, sprach davon, dass man in der weiteren Entwicklung vor allem auf die HAG-Mitarbeiter zählen werde. Es bestand aus Sicht der Firmenzentrale allerdings kein Zweifel daran, dass beide Unternehmen in Deutschland zusammengeführt werden würden,

232 O. V., „Nahrungsmittelriese mit einer glänzenden Finanzverfassung“, in: Handelsblatt, 1.10.1979, o. S.

233 Gutachten über die Ermittlung des angemessenen Ausgleichs gemäß § 304 Aktiengesetz und der angemesse-nen Abfindung gemäß § 305 Aktiengesetz für die aussenstehenden Aktionäre der HAG AG Bremen, Fides Wirtschaftprüfungsgesellschaft, Bremen, 29.7.1980

denn dies entsprach der amerikanischen Denk- und Vorgehensweise, wie bereits in Abschnitt 4.3.1 ausgeführt worden ist.

4.4 Veränderungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen im Handel