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5 HAG GF und Kraft bis 1992

5.1 Historische Entwicklung von Kraft

5.1.1 Kraft USA

wur-de wur-der Firmenname in Kraft Cheese Company umbenannt. Damit das weitere Wachstum fi-nanziert werden konnte, gab das Unternehmen 1924 Aktien aus, die seitdem an der Börse von Chicago gehandelt wurden.

In dieser Zeit entwickelte sich ein Unternehmen mit dem Namen The Phenix Cheese Company in South Edmeston, New York ebenfalls sehr erfolgreich. Es produzierte und ver-kaufte einen „cream cheese“ mit dem Produktnamen „Philadelphia“. Der Name Philadelphia war gewählt worden, weil in dieser Zeit Qualitätsprodukte häufig aus Pennsylvania kamen und „Philadelphia quality“ ein Qualitätsmerkmal war.

1928 fusionierten beide Unternehmen und gaben sich den Namen Kraft-Phenix Cheese Company. Die Fusion führte zu einer erheblichen Vergrößerung der Produktionskapazitäten von Philadelphia.1 Die Verpackung bestand aus Silberfolie. Die Werbung für die Marke er-folgte in Zusammenarbeit mit der Werbeagentur J. Walter Thompson, die auch heute noch die Marke betreut.2

1928 wurde die Marke „Velveeta“ eingeführt. James Lewis Kraft hatte die Idee gehabt, einen Schmelzkäse zu produzieren, bei dem die Wert- und Aufbaustoffe der Milch wieder zugeführt wurden. Dadurch hatte Velveeta einen einzigartigen Produktvorteil. Der Produkt-name wurde von dem englischen Begriff velvety (samtig) abgeleitet und sollte in der Wahr-nehmung der Verbraucher die Produkteigenschaften charakterisieren.

Nachdem das Unternehmen in den 1920er-Jahren mehrere lokale Salatdressing-Hersteller aufgekauft hatte, startete Kraft 1930 mit „Kraft-Mayonnaise“ das erste Nichtkäseprodukt. Mit

„Kraft French Dressing“ wurde kurze Zeit später ein weiteres Feinkostprodukt eingeführt.3 Mitten in einer wirtschaftlichen Depression führte Kraft 1933 mit hohem Werbeaufwand das Salatdressing „Miracle Whip“4 ein, das zu einem Erfolg wurde.

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs hatte Kraft 8.000 Mitarbeiter und 2.000 Kühltranspor-ter für die Distribution der Produkte. Wie die bereits zuvor beschriebenen UnKühltranspor-ternehmen stell-te auch Kraft die Produktion während der Kriegsjahre stell-teilweise auf die Belieferung der eige-nen Streitkräfte um. Die Kriegsjahre führten zu einer Aluminium-Knappheit, daher musste Philadelphia Frischkäse bis 1946 in einer Klarsichtfolie verpackt werden, die aber eine Ver-färbung des Produkts verursachte. Während dieser Jahre entwickelte das Unternehmen neue, patentierte Produktionstechnologien für Philadelphia, die eine gleichbleibend hohe Qualität des Produkts gewährleisteten.

1 Intranet-Informationen Kraft Foods, History Archive, Marketing Milestones 1929-1930

2 Abbildung 110 im Anhang

3 Intranet-Informationen Kraft Foods, History Archive, Product Introductions 1920-1939

4 Intranet-Informationen Kraft Foods, History Archive, Marketing Milestones 1920-1939, Abbildung 111 im Anhang

Bereits in 1947 startete Kraft das „Kraft Television Theatre“, das erste kommerzielle Fernsehprogramm. Das wöchentlich gesendete Ein-Stunden-Programm erfreute sich großer Beliebtheit. Die Aktivitäten im Fernsehen wurden durch das „Kraft Mystery Theatre“ noch ausgedehnt, ein einstündiges Drama, das von 1961 bis 1963 jeweils im Sommer für 16 Wo-chen ausgestrahlt wurde. Das bereits während der Kriegsjahre wieder in Kraft Cheese Com-pany umfirmierte Unternehmen führte in 1950 die ersten Käsescheiben aus Schmelzkäse ein, unter dem Namen „Kraft Deluxe“.

Die Marke Philadelphia erlebte während der nächsten Jahrzehnte mehrere Neuentwick-lungen. Es gab auf der einen Seite Geschmacksvariationen durch Zutaten, auf der anderen Seite neue Produktionstechnologien, die es erlaubten, Philadelphia in kleine Würfel zu for-men und als Salatbeigabe eine erweiterte Verwendung und weiteres Wachstum ermöglichten.

1957 wurde Kraft von der National Dairy Products Corp. übernommen. 1969 entschloss man sich zu einer Namensänderung in KRAFTCO Corporation, weil man mehr als Milchprodukte herstellte und verkaufte und auch ein internationales Unternehmen war.5 Zu dieser Organisa-tion gehörten folgende Unternehmen:

• Kraft Foods

• Sealtest Food Division, ein Unternehmen für Milchprodukte, Speiseeis und andere ge-frorene Spezialitäten in den USA und Kanada

• Breyers Division, ein Unternehmen für Speiseeis

• Breakstone Sugar Creek Division, ein Unternehmen für Frischkäse, Joghurt und ande-re veande-redelte Milchprodukte

• Humko Product Division, ein Unternehmen mit Öl- und Fettraffinerien für die Le-bensmittelindustrie und für Konsumentenerzeugnisse

• Metro Glass Division, ein Unternehmen für Getränke-Glasbehälter

• zentrale Forschung und Entwicklung für die gesamte Unternehmensgruppe.

Diese Aufzählung zeigt, dass Kraft bereits sehr früh damit begonnen hat, ein Unterneh-menswachstum über Akquisitionen zu erreichen. Auffällig ist in diesem Zusammenhang die hohe Produktdiversifikation, die sich auch auf den Non-Food-Bereich erstreckt. Diese Wachs-tumsstrategie ist auch von Kraft Deutschland verfolgt worden, wie noch analysiert werden wird.

Die Unternehmensgruppe erzielte 1968 einen Umsatz von 2,4 Milliarden US-Dollar und gehörte zu den 30 größten Unternehmen der Welt. Über 47.000 Mitarbeiter produzierten in 90

5 Intranet-Informationen Kraft Foods, History Archive, Kraft Foods History, Key Events 1960-1979

Werken (in 17 Ländern) und verkauften die Produkte in über 100 Ländern der Welt.6 Wäh-rend der 1970er-Jahre etablierte Kraft eine Foodservice-Abteilung und eine Industrie-Service-Abteilung, die sich auf Produkte für die Mahlzeitenproduktion in Großküchen und auf die Nahrungsmittelproduktion in der Industrie spezialisierte. 1972 erwirtschaftete das Unterneh-men erstmals mehr als drei Milliarden US-Dollar.7 1975 führte das Unternehmen „Kraft Ma-caroni & Cheese“8 ein, ein Trockenfertiggericht, das der deutschen Marke Miracoli sehr ähn-lich war.

1980 gab es einen Zusammenschluss der Unternehmen Kraft Inc. und Dart Industries Inc.

Die inzwischen 6,6 Milliarden US-Dollar Umsatz von Kraft und 2,4 Milliarden US-Dollar von Dart machten das Unternehmen zur Nummer 27 in der Rangfolge der größten amerikani-schen Unternehmen. Dart Industries war ein Non-Food-Unternehmen, das aus fünf Bereichen bestand:

• Tupperware Kunststoffbehälter für Lebensmittel im Direktvertrieb

• Vanda Schönheitspflege im Direktvertrieb

• Duracell Batterien

• West Bend Küchen- und Tischgeräte sowie Artikel für Luftbefeuchtung

• Chemikalien und Kunststoff.

Der Grund von Kraft für diesen Zusammenschluss9 war, dass Dart Industries in den Jahren von 1970 bis 1979 den Umsatz verdreifacht hatte. Kraft war natürlich vornehmlich ein Nah-rungsmittelhersteller. Obwohl man noch ein erhebliches Potenzial für ein langfristiges Wachstum sah, ging man davon aus, dass das Wachstum in den angestammten Märkten zu-rückgehen würde. Aus diesem Grund sah man sich mehr oder weniger gezwungen, die „Basis des Geschäfts durch Diversifikation zu verbreitern.“10

1983 gab es einen Wechsel auf der Führungsebene. Arthur Woelfle, der zwischen 1966 und 1969 das Deutschland-Geschäft geleitet hatte, übergab die Funktion des Chief Operating Officer an Michael Miles, der von Kentucky Fried Chicken zu Dart & Kraft kam. Unter seiner Leitung formulierte Kraft 1984 die Corporate Mission, um zum weltweit führenden Unter-nehmen in der Nahrungsmittelbranche aufzusteigen. Dafür hatte man sich das Ziel gesetzt, eine Balance zwischen Wachstum und operativem Gewinn zu finden. Folgende Strategien wurden deshalb eingeleitet:

6 O. V. „Unsere Mutter heißt jetzt KRAFTCO“, in: Wir Kraft Leute, 17. Jg., 1969, Heft 3, S. 2

7 O. V. „ KRAFTCO: Über 3 Milliarden Dollar Umsatz erzielt“, in: Wir Kraft Leute, 22. Jg., 1973, Heft 2, S. 2

8 Intranet-Informationen Kraft Foods, History Archive, Kraft Foods History, Product Introductions 1960-1979

9 O. V. „ Ein neues Großunternehmen: Dart & Kraft Inc.“, in: Wir Kraft Leute, 29. Jg., Nr. 8, 1980, S. 4

10 O. V. „ Ein neues Großunternehmen: Dart & Kraft Inc.“, in: Wir Kraft Leute, 29. Jg., Nr. 8, 1980, S. 4

• Kraft trennte sich 1986 wieder vom Non-Food-Geschäft mit Duracell-Batterien und anderen Produkten, ebenso von Produkten, die nicht den strategischen Zielsetzungen entsprachen.

• Durch organisches Wachstum und Akquisitionen wurde Kraft zum zweitgrößten Foodservice-Anbieter der USA und hatte damit Zugang zu dem wachsenden Bereich des Außer-Haus-Verzehrs.

• Kraft erarbeitete sich durch Akquisitionen wie u.a. den Kauf von Tombstone Pizza Corporation einen Jahresumsatz von 500 Millionen Dollar im wachsenden Tiefkühlbe-reich.

• Der Anteil des Auslandsumsatzes erreichte 24 % und versprach ebenfalls erhebliche Wachstumspotenziale.

• Kraft setzte in dieser Phase auf Produktneueinführungen im US-Markt und war in 1988 dafür von einem Fachmagazin zur „New Products Company of the Year“ ge-wählt worden.11

Es wurde eine systematische Aufteilung seiner Produktgruppen in folgende Kategorien vor-genommen:

• Return Category

Das waren alle Produkte mit hohem Marktanteil und geringem Wachstum, deren Hauptaufgabe es war, hohe Gewinne zu erzielen. Sie repräsentierten 44 % des Um-satzes mit einem Gewinnanteil von 74 %.

• Growth Category

Diese Gruppe von Produkten repräsentierte 42 % des Umsatzes und 19 % des Ge-winns. Zu dieser Gruppe gehörten auch die Aktivitäten in Europa, insbesondere vor dem Hintergrund des in 1992 bevorstehenden Abbaus von Handelsbarrieren in der Europäischen Union.

• Transition Category

In dieser Gruppe waren alle Produkte, die nicht den Kriterien der ersten beiden Grup-pen entsprachen und daher entweder zu Wachstum oder höherem Gewinn geführt werden mussten, oder wenn die beiden Möglichkeiten nicht realisierbar waren, zum Verkauf standen. Sie repräsentierten 14 % des Umsatzes und 7 % des Gewinns.12

11 Kraft Presentation by Michael A. Miles, President and Chief Operating Officer Kraft, Inc., The Investment Analysts Society of Chicago, Illinois, September 8, 1988, Inter-Office Communication Headquarters, p. 2

12 Kraft Presentation by Michael A. Miles, President and Chief Operating Officer Kraft, Inc., The Investment Analysts Society of Chicago, Illinois, September 8, 1988, Inter-Office Communication Headquarters, p. 4 ff.

Die Einordnung der Aktivitäten in Europa in die Growth Category zeigten zwar das Wachstumspotenzial auf, deutete aber auch darauf hin, dass Europa im Hinblick auf die Profi-tabilität das schwierigere Geschäft im Vergleich zu den USA war.

Der President und Chief Operating Officer Mike Miles stellte Kraft in einer Präsentation vor der „Investment Analysts Society of Chicago“ am 8. September 1988 als ein erfolgreiches Unternehmen vor. Die Präsentation von Kraft überzeugte durch das Geschäftsverständnis, die differenzierten Ziele und die abgeleiteten Strategien und führte zu beeindruckenden Projek-tionen in Bezug auf die Umsatz- und Gewinnentwicklung sowie die Entwicklung der Kapital-rendite.13