• Keine Ergebnisse gefunden

1. Einleitung

1.2 Theoretischer Bezugsrahmen und Forschungsmethodik

Den Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit bilden Projektentwick-lungsunternehmen geringer bis mittlerer Leistungstiefe, deren Zielsetzung in der privatwirtschaftlichen Entwicklung insbesondere gewerblicher Immobilien liegt (vgl. dazu Punkt 2.1.2). Diese Unternehmen agieren auf dem atomistischen, intransparenten Markt für Projektentwicklungen und erbringen dort interdiszipli-näre, projektbezogene, bislang nur unzureichend beschriebene Leistungen.

Diese Charakteristika des Untersuchungsgegenstandes lassen eine qualitative

Forschungsmethodik als geeignet erscheinen, deren Zielsetzung allgemein in der Erschließung bislang wenig erforschter Wirklichkeitsbereiche liegt.11

In Verbindung mit der gestaltungsbezogenen Zielsetzung der vorliegenden Ar-beit wird gleichzeitig die Notwendigkeit des im Folgenden beschriebenen theo-retischen Bezugsrahmens deutlich, der unter Verwendung bestehender ökono-mischer Theorien im Sinne einer ‚Erklärungsskizze’ zu einem besseren Ver-ständnis von Zusammenhängen und zu einer Strukturierung von praxisrelevan-ten Problemstellungen beitragen soll.

Theoretischer Bezugsrahmen

In diesem Sinne soll der Bezugsrahmen dieser Arbeit nicht als exakte Anlei-tung, sondern nach Kirsch vielmehr als übergeordneter Orientierungsrahmen für das Vorgehen bei der Gestaltung der Dienstleistung und Integration der im nachfolgend beschriebenen Forschungsprozess gewonnen Erkenntnisse ver-standen werden.12

Im Rahmen der Arbeit wird das Ziel verfolgt, ein kundenorientiertes Dienstleis-tungsmodell für die Projektentwicklung herzuleiten. Die später in den Abschnit-ten 2.1 und 2.2 getroffenen Aussagen hinsichtlich der ProjekAbschnit-tentwicklungsleis- Projektentwicklungsleis-tung und deren dienstleisProjektentwicklungsleis-tungstypologischer Einordnung verdeutlichen, dass die erfolgreiche Durchführung der Projektentwicklung als Dienstleistung im Wesent-lichen zwei Punkte voraussetzt. Zum einen sollte der Developer über die Res-sourcen bzw. die Kompetenzen zur Leistungserbringung verfügen, zum ande-ren sollte der Beziehungsgestaltung zwischen Autragnehmer und Auftraggeber hohe Aufmerksamkeit zukommen. Diese beiden Anforderungen sind der Grund für die Auswahl von ‚Ressourcenorientierter Ansatz’ sowie ‚Agenturtheorie’ als gemeinsame Basis des theoretischen Bezugsrahmens dieser Arbeit.13

Aufbauend auf dem Rahmenkonzept der Immobilienökonomie14 wird insofern eine Erweiterung um die beiden, unter Berücksichtigung ihres Erklärungsbei- trags für die Problemstellung dieser Arbeit ausgewählten theoretischen

11 Vgl. Lamnek (2005), S. 32-33; Flick/Von Kardorff/Steinke (2004), S. 17.

12 Vgl. Kirsch (1981), S. 198-200; Rasche (2004), S. 6f.

13 Vgl. zu deren detaillierter Darstellung und den Implikationen für die weitere Dienstleis-tungsgestaltung ausführlich Punkt 2.3.

14 Vgl. hierzu Punkt 2.3.1 sowie grundlegend Schulte/Schäfers (2004), S. 58-64.

te vorgenommen und daraus der in Abbildung 1 dargestellte theoretische Be-zugsrahmen für die Gestaltung der Projektentwicklung als Dienstleistung herge-leitet.

Gestaltung der Projektentwicklung

als Dienstleistung

Ressourcenorientierter Ansatz

Immobilienökonomie

Agenturtheorie

Abbildung 1: Theoretischer Bezugsrahmen der Arbeit15

Forschungsmethodik

Während das Ziel quantitativer Methoden in der Überprüfung deduktiv hergelei-teter Hypothesen mit Hilfe standardisierter Datenerhebungsverfahren und sta-tistischer Methoden besteht, liegt qualitativen Methoden16 eine induktive Vorge-hensweise zu Grunde.17 Der wissenschaftliche Erkenntnisprozess basiert also auf einem Erweiterungsschluss von Beobachtungen des Einzelfalls auf allge-meine Hypothesen bzw. Theorien. Ziel qualitativer Forschung ist demzufolge nicht die Prüfung bestehender, sondern die Entwicklung neuer Theorien und Modelle.18

15 Eigene Darstellung.

16 Es existiert eine Vielzahl unterschiedlicher qualitativer Ansätze. Für eine Übersicht vgl.

Bortz/Döring (2003), S. 295-352.

17 Zu einer Diskussion der Vorzüge qualitativer gegenüber quantitativer Forschung vgl.

Cropley (2002), S. 20-25; Bortz/Döring (2003), S. 298-301.

18 Vgl. Bortz/Döring (2003), S. 295-298; Cropley (2002), S. 58; Lamnek (2005), S. 32-33.

Zentrales Prinzip ist Offenheit der Methodik, sowohl im Hinblick auf das theore-tische Konzept als auch bezüglich der anzuwenden Erhebungstechniken.19 Zur Beurteilung der Wissenschaftlichkeit qualitativer Forschung sind die folgenden Gütekriterien zu erfüllen:20

• Zur Gewährleistung intersubjektiver Nachvollziehbarkeit sollte der gesamte Forschungsprozess dokumentiert werden.

• Darüber hinaus bildet die Angemessenheit des Forschungsprozesses ein Kriterium, welches sich auf die Auswahl geeigneter Erhebungs- und Auswer-tungsmethoden bezieht.

• Die empirische Verankerung der Ergebnisse sollte an Hand definierter Me-thoden und mit hinreichenden Textbelegen erfolgen.

• Limitationen im Sinne von Generalisierbarkeit und Gültigkeitsbedingungen der eigenen Ergebnisse sollten aufgezeigt werden.

• Die Relevanz der Fragestellung im Sinne eines Beitrages zur Wissenschaft sollte gegeben sein.

Untersuchungen mit dem Ziel der Hypothesen- und Theoriebildung werden in der empirischen Forschung als ‚explorative Untersuchungen’ bezeichnet.21 Die im Rahmen dieser Arbeit formulierte Zielsetzung, die Herleitung eines kunden-orientierten Dienstleistungsmodells für die Immobilien-Projektentwicklung, ist in diesem Sinne als Hypothesenbildung zu interpretieren. Bei explorativen Unter-suchungen, die wie im vorliegenden Falle auf der Grundlage von qualitativen Daten erfolgen, handelt es sich um ‚empirisch-qualitative Explorationsstrate-gien’.22

19 Vgl. Lamnek (2005), S. 30. Aufgrund der Neuartigkeit des Untersuchungsgegenstandes wählen Forscher oftmals einen weiten theoretischen Rahmen, der eine spätere Modifikation erlaubt.

20 Vgl. Bohnsack/Marotzki/Meuser (2003), S. 80-82; Lamnek (2005), S. 143f. Die hier be-schriebenen Gütekriterien werden keinesfalls von allen Forschern akzeptiert, vielmehr fin-det derzeit eine Debatte über Gütekriterien für qualitative Forschung statt.

21 Unterschieden werden des Weiteren ‚explanative Untersuchungen’, die der Prüfung von Theorien und Hypothesen dienen, sowie ‚deskriptive Untersuchungen’, mit deren Hilfe Po-pulationen beschrieben werden. Vgl. Bortz/Döring (2003), S. 360.

22 Bortz/Döring unterscheiden mit der ‚theoriebasierten Exploration’, der ‚methodenbasierten Exploration’, der ‚empirisch-quantitativen Exploration’ und der ‚empirisch-qualitativen Explo-ration’ insgesamt vier verschiedene Explorationsstrategien. Vgl. dazu ausführlich Bortz/Döring (2003), S. 361-396.

Im Rahmen der Untersuchung werden auf der Basis vorhandener Daten und Experteninterviews qualitative Daten über den Untersuchungsgegenstand die-ser Arbeit, Projektentwicklungsunternehmen geringer bis mittlerer Leistungstie-fe, welche Projektentwicklungsdienstleistungen für institutionelle Auftraggeber erbringen, erhoben (vgl. dazu Punkt 2.1.2.4). Diese werden in einem nächsten Schritt analysiert und unter Berücksichtigung der Elemente des theoretischen Bezugsrahmens (vgl. dazu detailliert Punkt 2.3) Implikationen und Wirkungszu-sammenhänge für das Erkenntnisobjekt der Arbeit, die Projektentwicklung als Dienstleistung, gewonnen.23

Grundsätzlich beinhaltet das Prinzip aufeinander folgende Forschungsstufen, die von zunächst allgemeinen Aspekten des Untersuchungsgegenstandes zu speziellen Merkmalen wie Typen, Strukturen, Ursachen, Gründen, Verläufen, Prozessen und Systemen führen.24

Für die vorliegende Problemstellung wird, angesichts der Neuartigkeit des Themas und der daraus resultierenden Notwendigkeit einer anfänglichen Identi-fikation und Eingrenzung relevanter Bestandteile des Untersuchungsgegen- standes, ein zweistufiges Forschungsdesign (vgl. Abbildung 2) gewählt.

Stufe I: Leitfragen 15 Interviews mit Anbietern und Nachfragern von Projektentwicklungsleistungen

Abbildung 2: Übersicht der Interviewpartner in den beiden Forschungsstufen25

23 Vgl. Bortz/Döring (2003), S. 385f.

24 Vgl. Bortz/Döring (2003), S. 386-392.

25 Eigene Darstellung.

Aufgrund der bis dato relativ geringen Forschungsaktivität auf dem Gebiet der Immobilien-Projektentwicklung kommt der eigenen Datenerhebung eine beson-dere Bedeutung zu. Im Zusammenhang mit der Wahl der zu untersuchenden Stichprobe spielt in der qualitativen Methodologie das Kriterium der statisti-schen Repräsentativität eine untergeordnete Rolle. Von hoher Relevanz ist stattdessen die Forderung nach inhaltlicher Repräsentation mittels der geeigne-ten Zusammenstellung der Stichprobe. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit bie-tet sich die Methode des ‚qualitativen Stichprobenplans’ (auch bezeichnet als

‚selektives Sampling’) zur Auswahl der Stichprobe an. Das Prinzip besteht hier-bei in einer bewusst heterogenen Auswahl der Merkmalsträger auf Basis hypo-thetisch relevanter Merkmale.26 Hierzu werden zwei Stichprobenpläne erstellt.

Für die erste Interviewrunde wird der Stichprobenplan auf Basis von bestehen-den Veröffentlichungen und Expertenverzeichnissen27 hergeleitet, als Grundla-ge für die zweite Runde dienen zusätzlich die Erkenntnisse und EmpfehlunGrundla-gen aus der vorangegangen Befragung.28

Im Rahmen der ersten Forschungsstufe werden fünf Interviews mit Experten der Immobilien-Projektentwicklung durchgeführt. Ziel dieser Experteninterviews ist die Analyse der Problemfelder des Untersuchungsgegenstandes aus Per-spektive des zentralen Akteurs und darauf basierend die Identifikation weiterer Akteure sowie die Konzeption eines vorläufigen Modellrahmens für die Immobi-lien-Projektentwicklung als Dienstleistung. Um der Komplexität des Untersu-chungsgegenstandes Rechnung zu tragen und dennoch eine Vergleichbarkeit der Antworten zu gewährleisten, wurde auf Basis bestehender Literatur und unter Berücksichtigung vorab als relevant identifizierter Themen ein Interview-leitfaden mit zwölf Leitfragen entwickelt.29

26 Neben dieser Methode existieren weitere Verfahren zur theoretischen Auswahl der Popula-tion. Hierzu gehören ‚Theoretical Sampling’, ‚Trial-and-Error-Prinzip’ und ‚Analytische In-duktion. Vgl. dazu Glaser/Strauss (1998), S. 53-60; Lamnek (2005), S. 187-193.

27 Die Auswahl der Interviewpartner erfolgte auf Basis der Mitgliederverzeichnisse von Im-moebs und gif sowie dem Ausstellerverzeichnis der Expo REAL 2004 und dem Branchen-verzeichnis ‚Who is who der Immobilienwirtschaft 2004’.

28 Grundsätzlich können Stichprobenpläne sowohl vor Aufnahme der Untersuchung als auch in deren Verlauf entwickelt werden. Typischerweise trifft ersteres bei theoriegeleiteten Un-tersuchungen zu, während sich letzteres bei exploratorischen UnUn-tersuchungen anbietet.

Vgl. Lamnek (2005), S. 192.

29 Vgl. Anhang, S. 300.

Die darin abgefragten Themen geben ein allgemeines Gerüst zur Datenerhe-bung vor, in den spezifischen Interviews werden darauf aufbauend ad-hoc Son-derformen und neue Fragestellungen mit Hilfe themenbezogener Detailfragen analysiert.30

Gegenstand der Analyse innerhalb der zweiten Forschungsstufe sind neben Interviews mit neun weiteren Anbietern von Projektentwicklungsleistungen sechs Interviews mit (potentiellen) Nachfragern der Projektentwicklung als Dienstleistung. Auf Basis der Erkenntnisse der ersten Interviewrunde wurde ein spezifischer Leitfaden entwickelt. Dieser setzt sich aus übergeordneten, im Rahmen sämtlicher Interviews behandelten Themenkomplexen zusammen, innerhalb welchen detaillierte Eventualfragen situationsabhängig zur Anwen-dung kommen.31 Die befragten Experten beider Interviewrunden bekamen eini-ge Taeini-ge vor Durchführung des Interviews den gruppenspezifischen Leitfaden sowie eine Projektskizze der Arbeit zugeschickt. Die Befragung erfolgte im Rahmen persönlicher Interviews vor Ort, lediglich ein Interview wurde fern-mündlich durchgeführt.32

Zur Auswertung qualitativer Daten werden Verfahren herangezogen, die eine Interpretation des nichtnumerischen Datenmaterials vornehmen. Das Gütekrite-rium der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit verlangt, dass die Interpretationen konsensfähig sind, also auch von Dritten als zutreffende Deutungen akzeptiert werden.33 Lamnek hat ein vierphasiges Modell zur Auswertung und Analyse qualitativer Interviews entwickelt, welches eine allgemeine interpretativ-reduktive Handlungsanweisung darstellt und im Rahmen dieser Arbeit zum Ein-satz kommen soll (vgl. Abbildung 3).34

Die Ergebnisse der Auswertung fließen teilweise in die Grundlagen des Ab-schnittes 2.1 ein, hauptsächlich dienen sie jedoch in Kombination mit den Ele-menten des zuvor beschriebenen theoretischen Bezugsrahmens als Basis für die Analyse und Gestaltung der Projektentwicklungsleistungen im dritten Kapitel

30 Vgl. zu Leitfadeninterviews Bohnsack/Marotzki/Meuser (2003), S. 114 und Bortz/Döring (2003), S. 315.

31 Vgl. Anhang, S. 301.

32 Eine Übersicht der befragten Experten findet sich im Interviewverzeichnis, S. 289.

33 Vgl. Bohnsack/Marotzki/Meuser (2003), S. 331.

34 Vgl. zur Auswertung qualitativer Daten Froschauer/Lueger (2003), S. 158-162; Lamnek (2005), S. 402-407.

sowie zur Herleitung verschiedener Beauftragungsvarianten und der Bezie-hungsgestaltung zwischen Auftraggeber und Projektentwickler in den Abschnit-ten 4.1 und 4.2. Darüber hinaus bilden sie die Basis für die Durchführung der Anwendungsbeispiele in Abschnitt 4.3, deren Zweck in der Veranschaulichung des Ablaufs der idealtypischen35 Projektentwicklung als Dienstleistung liegt.

Transkription

Verschriftung der Tonaufnahmen

Einzelanalyse

Konzentration der zentralen Textteile und inhaltsanalytische Auswertung

Generalisierende Analyse Analyse von Gemeinsamkeiten und Unterschieden

Ableitung unterschiedlicher Syndrome und Grundtendenzen

Kontrollphase

Vergleich der reduzierten Inhalte mit den transkribierten Interviews

Abbildung 3: Analyserahmen nach Lamnek36