• Keine Ergebnisse gefunden

1. Einleitung

1.1 Problemstellung und Zielsetzung

Das Geschäftsfeld der Projektentwicklung1 von Gewerbeimmobilien befindet sich in einem Strukturwandel, der auf die anhaltend schlechten marktbezoge-nen Rahmenbedingungen der vergangemarktbezoge-nen Jahre und die durch Basel II ausge-löste Verknappung von Fremdkapitalmitteln zurückzuführen ist.2 Darüber hinaus hat die zunehmende Internationalisierung und Institutionalisierung der deut-schen Immobilienwirtschaft zur Folge, dass erhebliche Anforderungen an die Professionalität von Projektentwicklern gestellt werden.3

An die Stelle von klassischen Projektentwicklungen, die von unternehmerisch agierenden Developern im eigenen Risiko und zumeist spekulativ durchgeführt wurden, treten zunehmend alternative Projektentwicklungsformen. Dabei han-delt es sich zum einen um kooperative Formen, bei denen Projekte auf Basis von Partnerschaften zwischen Developer und externen, zumeist institutionellen Kapitalgebern, durchgeführt werden. Zum anderen bietet sich Developern die Alternative, ihre Projektentwicklungsleistungen als Dienstleistungen für eine Reihe von institutionellen Auftraggebern anzubieten.4

Das Geschäftsfeld „Projektentwicklung als Dienstleistung“ verspricht grundsätz-lich ein erhebgrundsätz-liches Potential in drei Bereichen. Erstens weisen die Portfolios institutioneller Investoren einen hohen Anteil veralteter, revitalisierungsbedürfti-ger Bestandsobjekte auf.5 Zweitens müssen die aktuell auf dem deutschen In-vestmentmarkt aktiven Value-added und Opportunity Investoren erkennen, dass die Realisierung der avisierten Wertschöpfung oftmals die Durchführung von

1 Im weiteren Verlauf der Arbeit werden die Begriffe ‚Immobilien-Projektentwicklung’ ‚Projekt-entwicklung’, ‚Entwicklung’, ‚Real Estate Development’ ‚Property Development’ und ‚Deve-lopment’ sowie sämtliche Deklinationsformen synonym verwendet.

2 Vgl. Hardebusch (2002), S. 11-13; Pitschke (2004), S. 141-144.

3 Vgl. Bone-Winkel (2001), S. 10f; Kyrein (2002), S. 58; Pitschke (2004), S. 61-70; Plesser (2003), S. 668-670.

4 Vgl. Bone-Winkel (2003a), S. 11; Bone-Winkel/Pitschke (2006), S. 20.

5 Vgl. Bohn/Harlfinger (2003); Bone-Winkel (2003a), S. 10f; Harlfinger/Richter (2004).

Projektentwicklungsmaßnahmen voraussetzt.6 Und drittens veräußern In-dustrie- und Dienstleistungsunternehmen im Zuge der Fokussierung auf ihr Kerngeschäft die nicht-betriebsnotwendigen Immobilien und sind dabei zumin-dest teilweise auf externes Projektentwicklungs-Know-how angewiesen.7

Allerdings spielt die Projektentwicklung als Dienstleistung bis dato eine unter-geordnete Rolle. Dies ist umso erstaunlicher, als das Angebot der Projektent-wicklung als Dienstleistung eine Erweiterung des Geschäftsfeldes bewirkt, so-mit zu einer Stabilisierung des Unternehmens und einer Verbesserung der all-gemeinen Wettbewerbsposition beiträgt und daher aus betriebswirtschaftlicher Perspektive unbedingt zu empfehlen ist. Beispielhaft können hier anglo-amerikanische Projektentwicklungsunternehmen angeführt werden, in deren Strategien ‚Fee-Development’ bzw. ‚Real Estate Development Services’ we-sentliche Bestandteile darstellen.8

Demgegenüber reagierten Projektentwickler hierzulande auf Krisenzeiten oft-mals mit der Einstellung des Geschäftsbetriebs, nicht selten um diesen in Zei-ten wirtschaftlichen Aufschwungs und gesteigerter Flächennachfrage, dann un-ter neuer Firmierung, wieder aufzunehmen. Den Aufwand und die hohen Anfor-derungen des Geschäftsfeldes „Projektentwicklung als Dienstleistung“, konnten und wollten Projektentwickler bisher nicht erfüllen, insbesondere vor dem Hin-tergrund der im Vergleich zur klassischen Projektentwicklung geringeren Ent-lohnung. Stattdessen werden Dienstleistungen im Bereich Projektentwicklung bislang oftmals von Projektsteuerungsunternehmen und Architekturbüros ange-boten und erbracht. Obwohl deren Struktur und projektbezogene Arbeitsweise weitestgehend deckungsgleich mit derjenigen von Developern ist und diese Un-ternehmen als klassische Dienstleister eine hohe Kundenorientierung aufwei-sen, können sie die spezifische, wertschöpfungsbezogene Projektentwicklungs-leistung jedoch bislang allerhöchstens ausschnittsweise erbringen.

Die erfolgreiche, nachhaltige Positionierung der Projektentwicklung als Dienst-leistung setzt grundlegende Änderungen im Geschäftsmodell von Projektent-wicklungsunternehmen voraus. Diese sind ursächlich darauf zurückzuführen,

6 Vgl. Leykam (2005), S. 3.

7 Vgl. May/Eschenbaum/Breitenstein (1998), S. 23f.

8 Vgl. Interview Brendgen, S. 291; Interview Reschke, S. 291.

dass die Dienstleistungsvariante eine Umkehr des Risiko-Renditeprofils impli-ziert. Während der institutionelle Akteur bei klassischen oder kooperativen Pro-jektentwicklungsformen als Endinvestor bzw. passiver Gesellschafter auftritt und keine bzw. begrenzte Projektentwicklungsrisiken trägt, nimmt er in der Dienstleistungsvariante die Rolle des Auftraggebers und somit alleinigen Risiko-trägers ein. Entgegen seiner unternehmerischen Herkunft arbeitet der Projekt-entwickler als Dienstleister dagegen weitgehend risikoneutral.9 Dem erhöhten Risiko des Auftraggebers gegenüber stehen die mit einem Engagement in der Projektentwicklung verbundenen Chancen, die sich durch Aktivierung von Wertschöpfungspotentialen in Bestandsobjekten und -grundstücken ergeben.

Aus Perspektive des Auftraggebers stellt sich somit allgemein die Frage, ob die Chancen aus einem Engagement in der Projektentwicklung die Risiken aufwie-gen können, ob die Projektentwicklung intern, beispielsweise durch eine eiaufwie-gene Entwicklungsabteilung erbracht werden kann, ob die Projektentwicklung als Joint Venture mit einem Developer durchgeführt wird oder ob der Kaufalternati-ve der Vorzug zu geben ist.10

Anbieter von Projektentwicklungsdienstleistungen stehen demnach in einem Wettbewerb mit Anbietern alternativer Projektentwicklungsformen, welcher durch die aktuell instabile Lage auf den deutschen Immobilienteilmärkten, ab-nehmenden Restriktionen für Auslandsinvestments institutioneller Investoren und deren traditionell risikoaverse Anlagepolitik zusätzlich verschärft wird.

So wird bei näherer Betrachtung deutlich, dass sich der Projektentwicklungs-prozess für den Auftraggeber nach wie vor als ‚Black Box’ darstellt, angesichts des auftraggebertypischen Risikoprofils und dessen Verantwortung gegenüber Anteilseignern bzw. Anlegern ein ‚K.O.-Kriterium’ für die Beauftragung.

Die unzureichende Berücksichtigung der spezifischen Anforderungen dieser Projektentwicklungsform und die daraus resultierende mangelnde Nachfrage auf Seiten der Auftraggeber bilden das Ausgangsproblem dieser Arbeit.

Zielsetzung der vorliegenden Arbeit ist demzufolge die Konzeption eines kun-denorientierten Dienstleistungsmodells für die Immobilien-Projektentwicklung,

9 Vgl. Leary/Prinn (1992), S. 32.

10 Vgl. Lietz (1999), S. 3-6.

welches insbesondere mittelständischen, projektorientierten Unternehmen wie Developern, aber auch Projektsteuerern und Architekten als Leitfaden bei der Implementierung dienen kann und dazu beitragen soll, eine nachhaltige Positi-onierung der Dienstleistungsvariante auf dem Markt für Projektentwicklungen zu erreichen.

Den Kern dieses Modells bildet ein modulares Leistungsspektrum, das auf Sei-ten des Anbieters die Integration weiterer externer Immobiliendienstleister er-möglicht und für den Auftraggeber individuell gestaltbare, transparente Lösun-gen bietet, die einen nachvollziehbaren Beitrag zu dessen Wertschöpfung lie-fern und eine anreizoptimale Strukturierung der Delegationsbeziehung sicher-stellen. Im Rahmen der Zielsetzung stellen sich dabei die folgenden For-schungsfragen, deren Beantwortung Gegenstand der nachfolgenden Untersu-chung ist.

• Wie lässt sich die Projektentwicklung als Dienstleistung von anderen Pro-jektentwicklungsformen abgrenzen und durch welche Akteure des Planungs- und Bauprozesses wird sie angeboten?

• Welche Leistungen des Planungs- und Bauprozesses stellen Projektent-wicklungsleistungen dar?

• Wie können Projektentwicklungsleistungen unter Integration weiterer Leis-tungen für den Auftraggeber nachvollziehbar erbracht werden?

• Wie ist das Nachfragepotential für diese Projektentwicklungsvariante zu be-urteilen und welche auftraggebertypischen Nachfragearten existieren?

• Wie kann die Beziehung zwischen Auftraggeber und Projektentwickler zur Erbringung der Dienstleistung optimal gestaltet werden?