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5. Zusammenfassung und Ausblick

2.2.2 Entwicklung von Dienstleistungen

2.2.2.3 Modularisierung als Gestaltungsmethodik

Für den Einsatz in den Phasen des zuvor beschriebenen Vorgehensmodells existiert eine Vielzahl spezifischer Methoden.237 Angesichts der Zielsetzung dieser Arbeit sind insbesondere diejenigen von Interesse, die auf eine

235 Aufgrund der Heterogenität von Projekten und der daraus resultierenden Abweichungen der Leistungsinhalte sind standardisierte, streng sequentielle Vorgehensmodelle für die Projektentwicklung nicht geeignet.

236 Bullinger/Schreiner (2003), S. 71. Die Autoren betonen, dass die abgebildete Sequenz der Phasen als idealtypisch zu verstehen ist. Für den Fall, dass einzelne Phasen nicht erfolg-reich abgeschlossen werden, erfolgt ein Rücksprung in die vorangegangene Phase und ein erneuter Phasendurchlauf. Ergibt beispielsweise die Ideenbewertung in der Analysephase nur unzureichende Dienstleistungsideen, erfolgt ein Rücksprung in die Startphase und die Ideengenerierung wird erneut durchgeführt. Demzufolge handelt es sich hierbei nicht um ein streng lineares Phasenmodell, sondern um ein zyklisches Modell, das iteratives Durch-laufen der einzelnen Phasen ermöglicht.

237 Allgemein stellen Methoden definierte Handlungsanweisungen dar, die bestimmte Aktivitä-ten zur Erreichung eines vordefinierAktivitä-ten Ziels vorgeben. Vgl. Bullinger/Schreiner (2003), S. 71f.

tung der Dienstleistung im Sinne einer Modellierung zielen. Unter Modellierung versteht man „den Vorgang der Anwendung von Methoden zwecks Erstellung von Modellen“238 mit dem Ziel der vereinfachten Darstellung komplexer Sach-verhalte.239 Zur Auswahl einer geeigneten Modellierungsmethode empfehlen Bullinger/Meiren die Orientierung an Dienstleistungstypologien.240 Unter Be-rücksichtigung der dienstleistungstypologischen Einordnung (vgl. dazu Punkt 2.2.1.2) und der konstituierenden Merkmale der Projektentwicklung (vgl. dazu Punkt 2.1.1.2), erscheint das Konzept der Modularisierung als geeignete Ges-taltungsmethodik.241

Allgemein bewirkt Modularisierung die Reduktion von Komplexität innerhalb eines Systems, indem die Anzahl der Systemelemente und deren Beziehungen untereinander durch Bildung geeigneter Einheiten verringert werden.242 Wäh-rend das Prinzip der Modularität bei der Entwicklung und Produktion von Sach-gütern in der Form modularer Produktarchitekturen verbreitet zur Anwendung kommt, ist es für Dienstleistungen bislang kaum eingesetzt worden.243

Kern modularer Produktarchitekturen ist die Dekomposition des Produktes in voneinander möglichst unabhängige Module, die über standardisierte Schnitt-stellen miteinander verbunden sind.244 Ziel der Übertragung des Konzeptes auf Dienstleistungen ist der Aufbau eines Baukastens bestehend aus Dienstleis-tungsmodulen, der einen „Mittelweg zwischen kundenindividuellen und standar-disierten Dienstleistungen“245 bietet.246

238 DIN (1998), S. 47.

239 Vgl. Bullinger/Scheer (2003), S. 20. Ursprünglich entwickelt im Rahmen der Wirtschaftsin-formatik wurde die Methodik nach und nach auch für das Management von Geschäftspro-zessen eingesetzt. Auch für die methodische Dienstleistungsentwicklung erscheint ihr Ein-satz äußerst hilfreich.

240 Bullinger/Meiren empfehlen, Methoden der Dienstleistungsentwicklung situativ auszuwäh-len und sich dabei an Dienstleistungstypologien zu orientieren. Vgl. Bullinger/Meiren (2001), S. 157-159.

241 Zur besonderen Eignung der Modularisierung für komplexe, kundenindividuelle Unterneh-mensdienstleistungen vgl. Böhmann/Krcmar (2003), S. 413; Hermsen (2000), S. 48f;

Schneider/Wagner/Behrens (2003), S. 139.

242 Vgl. Göpfert/Steinbrecher (2000), S. 3.

243 Vgl. Burr (2002), S. 106.

244 Vgl. Baldwin/Clark (1998), S. 40.

245 Böhmann/Krcmar (2003), S. 393.

246 Vgl. dazu ausführlich Burr (2002), S. 106-132.

Böhmann/Krcmar haben ein dreigliedriges Service Engineering-Konzept für die Modularisierung von Dienstleistungen entwickelt (vgl. Abbildung 22), dass die Basis für die Konzeption eines modularen ‚Baukastens für Dienstleistungen’

darstellt.247

(1) Servicearchitektur

(Leistungsspektrum)

(2) Serviceprodukt

Leistungsumfang des Projektentwicklers;

bestehend aus verschiedenen Modulen

Anpassung von Leistungsmodulen gemäß der spezifischen Kundenanforderungen Für die Leistung im Allgemeinen auszuwählende Module aus dem Leistungsumfang des Projektentwicklers

(3) Servicekonfiguration

Ebenen Beispiel

Abbildung 22: Ebenen des Service Engineering für die Modularisierung248

Servicearchitektur bzw. Leistungsspektrum

Zentral ist die Ebene der Servicearchitektur,249 da sie das Leistungsspektrum des Unternehmens bestimmt. Hier werden die einzelnen Module und Schnitt-stellen definiert und deren Leistungsmerkmale festgelegt.250 Ausgehend von dieser Ebene können die Inhalte von einzelnen Dienstleistungsmodulen be-schrieben werden. Burr definiert ein Dienstleistungsmodul als Bestandteil einer übergeordneten, modularen Dienstleistungsstruktur, „das eindeutig definierte Dienstleistungsfunktionen erfüllt, eine abgegrenzte Teildienstleistung umfasst,

247 Vgl. Böhmann/Krcmar (2003), S. 406-410.

248 In Anlehnung an Böhmann/Krcmar (2003), S. 407. Vgl. für ähnliche Modularisierungsmo-delle Berger (2004), S. 88f; Burr (2002), S. 113-128; Hermsen (2000), S. 111-141.

249 In der Literatur zur Dienstleistungsentwicklung wird in Anlehnung an den Begriff ‚Produktar-chitektur’ der Begriff ‚Servicear‚Produktar-chitektur’ verwendet. Aufgrund der fachlichen und inhaltli-chen Nähe von Projektentwicklung und Architektur und somit bestehender Verwechse-lungsgefahr wird im Rahmen dieser Arbeit im Folgenden der Begriff ‚Leistungsspektrum’

verwendet.

250 Burr identifiziert vier sequentielle Konstruktionselemente modularer Servicearchitekturen.

Nach der Zerlegung der Gesamtfunktionalität in Teilfunktionalitäten erfolgt die Zerlegung der Gesamtdienstleistung in Teildienstleistungen. Daran schließt sich die Zuordnung von Teilfunktionen und Teildienstleistungen zu einer organisatorischen Einheit an. Den Ab-schluss bildet die Definition standardisierter Schnittstellen zwischen den Modulen. Vgl. zum Vorgehen ausführlich Burr (2002), S. 113-128.

einer organisatorischen Einheit eindeutig zugeordnet ist und standardisierte Schnittstellen zu anderen Dienstleistungsmodulen besitzt“.251

Zur Abbildung der einzelnen Modulinhalte können sowohl Produktmodelle als auch Prozessmodelle eingesetzt werden. Während Produktmodelle die Dekom-position von Leistungen analog einer Aufbaustruktur vornehmen und die Unter-gliederung einer Gesamtaufgabe in Teilaufgaben sowie die Verteilung von Teil-aufgaben auf Aufgabenträger betrachten, orientieren sich Prozessmodelle am Ablauf von Geschäftsprozessen und untergliedern diesen mit dem Ziel einer standardisierten Leistungserstellung in Teilprozesse.252 Da sich die prozessuale Erfassung von Dienstleistungen nicht für komplexe, kundenindividuelle Arbeits-abläufe mit intensivem, jedoch nur eingeschränkt strukturierbaren Informations- und Wissensaustausch zwischen den Prozessbeteiligten eignet, erscheint an-gesichts der Merkmale der Projektentwicklung eine aufbauorientierte Beschrei-bung der Dienstleistungsmodule besser geeignet (vgl. dazu ausführlich Punkt 3.2.2). Die Ebene Servicearchitektur und die dazugehörigen Dienstleistungs-module für die Projektentwicklung als Dienstleistung werden in Abschnitt 3.3 als Leistungsspektrum der Projektentwicklung gestaltet.

Serviceprodukt

Die Ebene des Serviceproduktes stellt die Marktsicht auf die gesamte Dienst-leistung dar. Hier werden die DienstDienst-leistungsmodule der Servicearchitektur mit-tels Produktdefinitionen beschrieben und zielgruppenspezifisch zu Produkten bzw. Dienstleistungen zusammengestellt. Auf Basis der Servicearchitektur kön-nen somit Angebote für unterschiedliche Märkte oder Nachfragergruppen zuge-schnitten und zu nachfrageorientierten Leistungsbündeln kombiniert werden.

Die Gestaltung des Serviceproduktes in Form von nachfrageorientierten Leis-tungsbündeln ist Gegenstand des Abschnittes 4.1 dieser Arbeit.

Servicekonfiguration

Inhalt der abschließenden Servicekonfiguration ist die kundenindividuelle An-passung des Serviceproduktes bzw. der Servicearchitektur. Diese Ebene ist

251 Burr (2002), S. 115.

252 Vgl. dazu ausführlich Scheer/Grieble/Klein (2003), S. 28-46.

insbesondere für komplexe Dienstleistungen mit einem geringen Standardisie-rungsgrad relevant und stellt die Kundensicht auf die Leistung dar.Eine kunden-individuelle Servicekonfiguration für die Projektentwicklung als Dienstleistung wird in Abschnitt 4.3 vorgenommen.

Zum besseren Verständnis kann der Zusammenhang der drei Ebenen am ver-einfachten Beispiel, dargestellt in Abbildung 22 rechts, erläutert werden: Ein Developer verfügt über einen bestimmten, aus Modulen zusammengesetzten Leistungsumfang, der gleichsam das Leistungsspektrum des Unternehmens darstellt. Auf Basis dieser Struktur kann das Unternehmen flexibel auf Anforde-rungen des Marktes reagieren, indem es beispielsweise aufgrund der hohen Nachfrage nach Re-Developments die benötigten Module mit vorab definierten Leistungsinhalten zusammensetzt und diese auf dem Markt anbietet. Davon ausgehend erfolgen für Auftraggeber mit abweichenden Anforderungen, bspw.

der Durchführung einer detaillierten Wettbewerbsanalyse für das zu revitalisie-rende Objekt, spezifische Anpassungen des Leistungsumfangs.

Allgemein weisen modular aufgebaute Dienstleistungen eine Reihe von Vortei-len auf,253 denen allerdings auch einige Risiken gegenüberstehen. Die Redukti-on der Komplexität führt zu einer besseren Strukturierung vRedukti-on Wissen und In-formation und zur Verbesserung von Leistung und Qualität. Darüber hinaus er-möglicht der modulare Aufbau die simultane Entwicklung von Teildienstleistun-gen und kann somit zu Zeitgewinnen führen. Hervorzuheben ist darüber hinaus der Optionswert einer modularen Struktur, der durch Wiederverwendung, Wei-terverwendung oder Neukombination bestehender Module für die kundenindivi-duelle Entwicklung neuer Dienstleistungen entsteht. Die Risiken bestehen darin, dass modulare Servicearchitekturen gegenüber kundenspezifisch entwickelten Dienstleistungen ein höheres Maß an Standardisierung und damit evtl. einen geringeren Kundennutzen aufweisen. Der modulare Aufbau kann des Weiteren zu Redundanzen führen, da innerhalb verschiedener Module die gleichen Res-

253 Die Vorteile bestehen insbesondere dort, „wo sich Anbieter sowohl heterogenen Anforde-rungen der Kunden wie auch heterogenen Inputfaktoren mit unterschiedlichen Lebenszyk-len gegenübersehen.“ Böhmann/Krcmar (2003), S. 392.

sourcen teilweise separat vorgehalten werden. Weitere Risiken bestehen in der Imitation des Leistungsspektrums durch Wettbewerber sowie dem ‚Aufschnü-ren’254 der Module durch Kunden.255

Abschließend bleibt festzuhalten, dass mit Beschreibung der drei Modularisie-rungsebenen als Gestaltungsmethodik und den Phasen ‚Analyse’ und ‚Konzep-tion’ des zuvor erläuterten, idealtypischen Vorgehensmodells somit ein Konzept beschrieben ist, welches der Gestaltung der Projektentwicklung als Dienstleis-tung zu Grunde gelegt werden kann. Im folgenden Abschnitt gilt es nun, dieses Konzept mit einer auf die spezifische Problemstellung angepassten theoreti-schen Basis in Beziehung zu setzen und somit die Elemente des Bezugsrah-mens darzustellen.

2.3 Theoretische Grundlagen

Nachfolgend sollen die in Punkt 1.2 einleitend beschriebenen und in Abbildung 1 dargestellten Elemente des theoretischen Bezugsrahmens detailliert be-schrieben und deren Implikationen aufgezeigt werden. Gemeinsam mit den Er-kenntnissen des Foschungsprozesses bilden diese theoretischen Elemente die Grundlage für die Gestaltung der Projektentwicklung als Dienstleistung in den folgenden Kapiteln der Arbeit.