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4.1 Hypothesen und Forschungsdesign

4.1.3 Stichprobe

Als Ausgangspunkt für die Beantwortung der Forschungsfrage werden zunächst die Einschät-zungen und Meinungen der Mitarbeiter im Zeitschriftenmanagement Wissenschaftlicher Bib-liotheken in Deutschland, Großbritannien und den USA berücksichtigt. Durch die Befragung von internationalen Vergleichsgruppen wird ermittelt, ob die Situation in Bezug auf OA im Zeitschriftenmanagement deutscher Bibliotheken vor allem durch die besonderen strukturel-len Rahmenbedingungen (siehe dazu u. a. Wissenschaftsrat, 2012, S. 21ff) in Deutschland bedingt wird. In einer Studie der Unternehmungsberatung Heinold, Spiller & Partner im Auf-trag der Deutschen Forschungsgemeinschaft zur Optimierung der Beschaffungsstrukturen im Jahr 2008, wurde in Experteninterviews und Workshops u. a. ermittelt, dass im Kontext von OA ein Bedarf an zentraler, nationaler Koordination besteht. (Spiller, 2008, S. 33) Gleichzei-tig beurteilten die Experten zentrale Strukturen aufgrund von befürchteten Leistungseinbußen und eines stark ausgeprägten Wettbewerbsgedankens zwischen den Bibliotheken als proble-matisch. (Spiller, 2008, S. 43f)

Im Vergleich mit anderen Staaten wird daher ermittelt, ob die Berücksichtigung von

OA-Publikationen im Angebot des Zeitschriftenmanagement von den Rahmenbedingungen in deutschen Bibliotheken beeinflusst wird.

Dazu werden die Mitarbeiter in den Staaten, in denen OA-Publikationen bereits bei einer Vielzahl von Einrichtungen aktiv eingebunden werden (siehe Tabelle 4), befragt. Die Auswahl begründet sich auf die Anzahl von Repositorien, die im Jahr 201455 in den USA, vor Großbri-tannien und Deutschland am meisten verbreitet sind (University of Nottingham, 2017b, o.

S.)56 sowie die ebenfalls hohe Verbreitung von OA-Zeitschriften in diesen Ländern: Plätze 1 (USA), 3 (Großbritannien) und 6 (Deutschland)) (Lund University, 2012, o. S.).

Tabelle 4: Anzahl Wissenschaftlicher Bibliotheken und ihrer Mitarbeiter57

Staat Anzahl

Wissen-schaftliche Biblio-theken

Anzahl Mitarbeiter (in Vollzeitäquivalent)

Deutschland 73058 (Jahr 2014) 11.39559 (Jahr 2014)

Großbritannien60 944 (Jahr 2012/13) 3.695 (Professionell), 10.637 (Total) (Jahr 2013/14) USA 3.793 (Jahr 2012)61 26.606 (Professionell), 98.751 (Total)62 (Jahr 2012) In den ausgewählten Staaten arbeiten im Jahr 2014 41.696 Personen professionell in 5.467 Wissenschaftlichen Bibliotheken. Die Angaben stammen von verschiedenen statistischen Er-hebungen in den jeweiligen Staaten. Unter anderem aufgrund der im Vergleich geringen An-zahl von professionellen Mitarbeitern in Großbritannien können hier verschiedene Zählweisen bzw. zu Grunde liegende Definitionen vermutet werden.

Für die Befragung ist nicht die Gesamtheit aller Bibliotheksmitarbeiter von Interesse, sondern der Teil, der im Zeitschriftenmanagement arbeitet. Es existieren keine Zahlen darüber, wie viele Mitarbeiter von Wissenschaftlichen Bibliotheken im Zeitschriftenmanagement beschäf-tigt werden. Der Versuch einer Schätzung kann über eine Analyse des Stellenmarktes oder über die Hochrechnung der Arbeitszeit im Zeitschriftenmanagement erfolgen.

In einer Analyse des US-amerikanischen Stellenmarktes 1992 ordnen Reser und Schuneman

55 Alle Angaben beziehen sich auf das Jahr 2014, da in diesem Jahr die Befragung durchgeführt wird. Falls keine Daten aus dem Jahr 2014 vorliegen, werden Daten aus den Vorjahren herangezogen.

56 Es werden jeweils nur die aktuellen Daten auf der Webseite angezeigt. Mittlerweile hat Japan mehr Reposito-rien verzeichnet als Deutschland.

57 Zur besseren Übersicht wurden die Quellen dieser Tabelle in Fußnoten verzeichnet.

58 Vgl.:(Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz), 2015a)

59 Vgl.: (Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz), 2015b)

60 Vgl.: (Loughborough University, 2015)

61 Vgl.: (American Library Association (ALA), 2015a)

62 Vgl.: (American Library Association (ALA), 2015b)

2,3 Prozent der Stellen „Serials“, also Zeitschriften, zu. (Reser et al., 1992, S. 51) Beile und Adams replizierten diesen Wert im Jahr 2000. (Beile et al., 2000, S. 339). In anderen Studien, wie z. B. einer Befragung von 15 wissenschaftlichen Bibliotheken in den USA 2002 kommt die Autorin Ellen Duranceau zu dem Schluss, dass der Bedarf an Personal im Zeitschriften-management mit der Anzahl der lizenzierten Zeitschriften wächst, jedoch ohne genaue Zahlen zu nennen. (Duranceau, 2002, S. 320). 2015 veröffentlichten Triumph und Beile eine weitere Anwendung der Methode aus dem Jahr 2011. Während die Stellenanzeigen für den Bereich

„Serials“ inzwischen auf 0,7 Prozent gefallen sind, werden neue Kategorien für Stellenbe-schreibungen zur Wissenschaftskommunikation (1,3 Prozent) und Electronic Resources (2,3 Prozent) berücksichtigt. (Triumph et al., 2015, S. 724) Tätigkeiten des Zeitschriftenmanage-ments könnten auch unter diesen Stellenbezeichnungen zusammengefasst werden. So wird in der Summe vermutet, dass etwa vier Prozent aller neu ausgeschriebenen Stellen im US-amerikanischen Bibliothekswesen dem Zeitschriftenmanagement zugeordnet werden könnten.

Vorausgesetzt, dass der prozentuale Anteil der Stellenanzeigen in den USA gleichzusetzen wäre mit der Verteilung in der bestehenden Mitarbeiterstruktur in den verschiedenen Ländern, würden ca. 1.668 Personen im Zeitschriftenmanagement in Deutschland, Großbritannien und den USA arbeiten. Das wären pro Einrichtung 0,04 Personen und ist damit eher wenig wahr-scheinlich.

Die Schätzung, nicht an Hand von Stellenanzeigen, sondern mittels erforderlicher Arbeitszeit ergibt vollkommen andere Werte. Eine Studie zur Ressourcenplanung an Universitäts- und Fachhochschulbibliotheken in Deutschland im Jahr 2005 legt einen Richtwert von 45 Minuten Bearbeitungszeit pro laufender Zeitschrift fest. (Vogel et al., 2005, S. 80) Nach den Angaben in der Deutschen Bibliotheksstatistik werden im Jahr 2014 im Schnitt knapp 17.808 gedruckte und elektronische Zeitschriften von Wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland lizen-ziert (Hochschulbibliothekszentrum des Landes Nordrhein-Westfalen (hbz), 2014, o. S.)63. Umgerechnet wären dies ca. 13.356 Arbeitsstunden, d. h. bei einer 40-Stunden-Stelle und durchschnittlich 250 Arbeitswochen im Jahr ca. 1,3 Stellen pro Einrichtung. Bei 5.467 Ein-richtungen wären mit 7.107 d. h. 17 Prozent aller Mitarbeiter Wissenschaftlicher Bibliotheken im Zeitschriftenmanagement beschäftig.

Eine belastbare Ableitung der Grundgesamtheit der Zielgruppe aus den bestehenden statisti-schen Werten ist damit nicht möglich. Auch gibt es keine alleinige Ausbildung, die für diesen Bereich maßgeblich wäre. Die Tätigkeiten werden meist rein operativ und nicht nach außen

63 Die Berechnung ergibt sich aus Addition der von 427.489 gedruckten Zeitschriften-Abonnements und 4.024.562 elektronischen Zeitschriften geteilt durch 250 Hochschulbibliotheken.

sichtbar in individuellen internen Strukturen durchgeführt. Zudem wurden die Tätigkeiten im Zeitschriftenmanagement auch schon vor dem Aufkommen der elektronischen Version der Zeitschriften meist nicht im traditionellen Geschäftsgang integriert und in jeder Einrichtung unterschiedlich organisiert und benannt. (Chen, 1995, S. 26f)

Ergänzend zu den Mitarbeitern aus Bibliotheken werden Beschäftigte von Verlagen als zweite Stichprobe definiert. Mit Hilfe ausgewählter Verlagsvertreter soll die Außenwahrnehmung der Bibliothekstätigkeiten erfasst und die Einschätzung der Bibliotheksbeschäftigten überprüft, ergänzt oder relativiert werden.

Die Ausprägung und Verteilung der wissenschaftlichen Zeitschriftenverlage ist systematisch kaum erfasst. (MORRIS, 2007, S. 299) Die Datenbank Scopus umfasst 22.000 Zeitschriften von über 5.000 Verlagen. Hinzu kommen über 10.000 Zeitschriften, die nicht in Scopus er-fasst sind. (Ware et al., 2015, S. 45) Generell wird der Markt für wissenschaftliche Zeitschrif-ten von wenigen zentralen Anbieter dominiert wie Reed Elsevier, John Wiley & Sons, Sprin-ger Science + Business Media, Wolters Kluwer, Holtzbrinck und Informa. (Beverungen et al., 2012, S. 3). Die fünf Anbieter mit den meisten Zeitschriftentiteln (Springer, Elsevier, Wiley, Taylor & Francis, Sage) bringen über 35 Prozent aller Titel heraus, während über 95 Prozent aller Verleger nur eine oder zwei Zeitschriften veröffentlichen. Je nach Vorgehensweise bei der Ermittlung der Daten, werden zwischen 20 und 50 Prozent aller Zeitschriftentitel von ge-meinnützigen oder staatlichen Organisationen herausgebracht. (Ware et al., 2015, S. 45) Um dem heterogen Anbietermarkt gerecht zu werden, werden Verlage unterschiedlicher Größe in Umsatz und Anzahl von veröffentlichen Zeitschriften sowie verschiedene Umsetzungen von OA ausgewählt. In den jeweiligen Verlagen sollten Personen mit Führungsverantwortung an-gesprochen werden, denen die strategische Ausrichtung des Verlages in Bezug auf OA und auch das Vorgehen im kommerziellen Zeitschriftengeschäft bekannt ist.