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4.3 Ergebnisse

4.3.1 Berücksichtigung von Open Access im Zeitschriftenmanagement

4.3.1.2 Bewertung von Lizenz- und Open-Access-Zugangsmodellen

Hypothese II ist abzulehnen d. h. Lizenzmodelle wie „Big Deal“ oder Print-Abonnements wer-den nicht von der Mehrheit der Befragten als wichtiger bewertet als der Zugang durch OA.

Hypothese II wurde auf Grundlage der Auswertungen des Pre-Tests der Befragung formuliert. So wurden von mehreren Testern die große Bedeutung von Print-Abonnements für die Kunden und die Arbeitsabläufe im Zeitschriftenmanagement betont. Des Weiteren wurde mehrfach die Ver-mutung geäußert, dass das Verlagsmodell des „Big Deal“, d. h. der Erwerb einer großen Menge oder aller Zeitschriften eines Verlags zu einem, in Relation zur Summe der Einzelpreise pro Zeit-schrift, reduzierten Festpreis, das Zeitschriftenmanagement wesentlich stärker beeinflusst als die OA -Initiative. Denn mit dem Geschäftsmodell des „Big Deal“ sind die Möglichkeiten geschaf-fen worden, ein großes Angebot bereitzustellen und auf einen Auswahlprozess weitgehend zu verzichten. In Folge dessen mussten neue Prozesse für die Administration einer großen Menge von Zeitschriften geschaffen und im Gegenzug Auswahlprozesse hinterfragt werden, d. h. das Zeitschriftenmanagement stark verändert werden, so die Argumentation einzelner Tester (Crawford, 2013).

Zur Falsifizierung der Hypothese wurde in Frage 6 zunächst erhoben, wie weit der Bezug der Print-Form in den Einrichtungen verbreitet ist und ob die Bedeutung damit tatsächlich so hoch ist, wie im Pre-Test ermittelt. In Frage 11 sollte dann die Bedeutung des Zugangs mittels OA für das Angebot des Zeitschriftenmanagements im Vergleich zu anderen Zugangsmodellen bewertet werden.

Zeitschriften wurden, wie in Abbildung 15 ersichtlich, in den Einrichtungen von knapp über 50 Prozent der Teilnehmer ausschließlich elektronisch lizenziert. Die Subskription in Form von Print, auch in Kombination mit einer elektronischen Ausgabe, spielte eine deutlich untergeordne-te Rolle. Allerdings zeigen sich im Vergleich der Länder, Positionen und Bibliothekstyp zahlrei-che signifikante Unterschiede in der Einschätzung des eigenen Subskriptionsverhaltens. Deut-sche Teilnehmer bevorzugten bei der Wahl des Lizenzierungsformats Print-Ausgaben deutlich im Gegensatz zu den Teilnehmern aus anderen Ländern.124 Eine möglicher Grund für dieses Verhal-ten kann u. a. in, im Gegensatz zu Großbritannien und den USA, weniger leistungsbezogenen und eher traditionell ausgerichteten Hochschulstrukturen in Deutschland vermutet werden. (Kre-ckel, 2011, S. 244ff) In Bezug auf die Positionen zeigen sich für die Sachbearbeiter ähnliche Tendenzen wie für Deutschland im Ländervergleich.125 Eine Erklärung für dieses Antwortverhal-ten wäre, dass Print-Ausgaben Arbeitsprozesse auf einer anderen Hierarchiestufe voraussetzen als elektronische Ausgaben von Zeitschriften. Print-Ausgaben erfordern für jedes Heft jeder

124 Der Bezug ausschließlich der Print-Ausgabe einer Zeitschrift (F(3, 354) = 5,61, p < .01) wird in Europa (ohne D) sehr signifikant seltener genannt als in Deutschland oder Nordamerika. Gleichzeitig wird die Variante Nur Elektro-nisch (F(3, 354) = 12,01, p < .01) in Deutschland sehr signifikant seltener gewählt als in Nordamerika und Europa (ohne D)

125 So wird Nur Print (F(3, 354) = 2,52, p < .05) signifikant häufiger von Sachbearbeitern als von Fachreferenten genannt. Nur Elektronisch (F(3, 354) = 4,37, p < .01) dagegen sehr signifikant weniger als von Abteilungsleitern und Fachreferenten.

Abbildung 15: Subskriptionsformat von Zeitschriften (Frage 6)

Zeitschrift einzelne Arbeitsschritte, während elektronische Ausgaben häufig in Paketen gesam-melt bearbeitet werden können. Print-Zeitschriften wurden vermutlich aufgrund dessen im Auf-wand wesentlich größer und von den ausführenden Mitarbeitern als zahlenmäßig höher vermutet.

Die Wahl des Formats war zudem abhängig von der Arbeitsweise der Kunden oder den instituti-onellen Strukturen, wie die Auswertung nach Bibliothekstyp belegt. In Universitätsbibliotheken mit der, in der Regel, höchsten Kundenanzahl aller Bibliothekstypen scheint eher die Bereitstel-lung von elektronischen Ausgaben erforderlich zu sein. 126

Trotz dieser Unterschiede bleibt in der Auswertung über alle Teilnehmer die Einschätzung beste-hen, dass die elektronischen Formate wesentlich weiter verbreitet sind und somit ist dieser Teil der Hypothese II, dass Print-Abonnements eine hohe Bedeutung haben, abzulehnen.

Die Bezugsform stellt damit kein Hindernis für die Integration von OA, das ausschließlich in elektronischer Form erscheint, im Zeitschriftenmanagement von Bibliotheken dar. Zudem wurde die Bedeutung von OA im Speziellen hoch eingeschätzt, wie die Auswertung von Frage 11 zeigt (siehe Abbildung 16).

Abbildung 16: Bedeutung der Subskriptionsmodelle (Frage 11)

126 So wird Nur elektronisch (F(3, 354) = 7,02, p < .01) von Universitätsbibliotheken sehr signifikant häufiger ge-nannt als von Bibliotheken einer anderen Hochschuleinrichtung.

Die Bedeutung von OA-Publikationen für das Zeitschriftenangebot wurde an zweiter Stelle di-rekt hinter der Lizenzierung über regionale Konsortien eingeordnet. Die Lizenzierung über nati-onalen Konsorten, „Big Deal“ oder auch Print-Angebote wurden in ihrer Bedeutung geringer eingeschätzt. Die Auswertung nach Ländern zeigt lediglich bei der Lizenzierung über nationale Konsortien keinen Unterschied. OA-Publikationen und regionale Konsortien werden in Nord-amerika als am wichtigsten bewertet. Vor allem die Antworten der deutschen Teilnehmer unter-scheiden sich stark von denen der übrigen Befragten: Print-Publikationen wurden hier signifikant wichtiger bewertet, während OA-Publikationen im Vergleich zu den anderen Ländern die ge-ringste Bedeutung hatten.127 Länderspezifischen Rahmenbedingungen haben damit einen sehr großen Einfluss auf die Bewertung von Zugangsmodellen.

Position und Bibliothekstyp zeigen nur bei jeweils zwei Antwortitems Unterschiede. Die Bedeu-tung von Print-Publikationen wurde erneut von Sachbearbeitern höher eingeschätzt als von Mit-arbeitern in Leitungspositionen128 und repliziert so die vorangegangen Ergebnisse. Bei der Ein-schätzung des „Big Deals“ dagegen herrschte eine hohe Uneinigkeit zwischen allen Hierarchie-stufen. Da vor allem Fachreferenten die Bedeutung hoch einschätzten129, schien die regelmäßige Auseinandersetzung in dieser Position mit dem Bedarf der Wissenschaftler ausschlaggebend zu sein. Der Einfluss der Kundenbedarfe bestätigt sich in den Auswertungen nach Bibliothekstyp.

Die Bedeutung des „Big Deals“ wurde von Universitätsbibliotheken, die mit Wissenschaftlern unterschiedlicher Forschungsgebiete und einer Vielzahl von Studierenden eine sehr heterogene Kundengruppe bedienen müssen, wesentlich höher eingeschätzt. 130

OA-Publikationen waren für die Befragten wichtiger als der „Big Deal“, ebenso wurde von der Mehrheit der Befragten das elektronische Format deutlich wichtiger als die Print-Ausgabe einer Zeitschrift gewertet. Hypothese II ist somit abzulehnen. Die Bedeutung wurde höher angegeben als die geringe Verbreitung von Aktivitäten zu OA (siehe Hypothese I) erwarten ließ.

127 Der Big Deal (H(3) = 62,43 p = 0,000), wird in Deutschland sehr signifikant geringer eingeschätzt als in Europa (ohne D) und Nordamerika, Open Access-Publikationen (H(3) = 23,13 p = 0,000) und regionale Konsortien (H(3) = 59,77 p = 0,000) geringer als in Nordamerika und Print-Publikationen (H(3) = 59,77 p = 0,000) erwartungsgemäß sehr signifikant höher als in Nordamerika und Europa (ohne D). Hinzu kommt noch, dass in Europa (ohne D) die Bedeutung von Open Access-Publikationen, Print-Publikationen und regionalen Konsortien mind. signifikant gerin-ger eingeschätzt wird als in Nordamerika.

128 (H(5) = 27,35 p = 0,000) von Sachbearbeitern sehr signifikant höher eingeschätzt als von Abteilungsleitern und Fachreferenten

129 (H(5) = 50,45 p = 0,000) Bibliotheksleiter und Sachbearbeitern sehr signifikant geringe Bedeutung des Big Deals für das Angebot der Einrichtung als Abteilungsleiter und Fachreferenten.

130 Hier wird die Wichtigkeit des Big Deals (H(4) = 34,58 p = 0,000) von Universitätsbibliotheken sehr signifikant höher eingeschätzt als von Bibliotheken anderer Hochschuleinrichtungen und von Bibliotheken von Forschungsein-richtungen. Zudem werden regionale Konsortien H(4) = 48,44 p = 0,000) von Bibliotheken von Forschungseinrich-tungen als sehr signifikant weniger wichtig bewertet, als von Universitätsbibliotheken und Bibliotheken von anderen Hochschuleinrichtungen.

Einschränkend gilt jedoch, dass diese Aussage nicht für die deutschen Teilnehmer zutrifft, wel-che OA-Publikationen eine wesentlich geringere und Print-Abonnements eine wesentlich größe-re Bedeutung zuwiesen.