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3.1 Definition, Motivation und Varianten

3.2.2 Angebotsmodelle aus Perspektive von Lesern und Bibliotheken

Aus Perspektive der Leser und Bibliotheken ist für die Beschaffung der Typ der OA-Veröffentlichung, d. h. die Unterscheidung, ob der Zugang im Rahmen von Green oder Gold OA ermöglicht wurde, nicht wesentlich - auch wenn die Zugangstypen und damit der Kontext einer Publikation, auch als „Accessibility Information Quality“ bezeichnet, für die Bewertung der Qualität einer Publikation ein entscheidender Faktor ist. (Müller, 2008, S. 21) Diese Qua-litätsbewertung der Leser erfolgt unabhängig von den Prozessen der Bibliotheken und zu-nächst auch des Publikationsmarktes. Aus diesem Grund wird dieser Aspekt hier nicht weiter

berücksichtigt und beide Open-Access-Typen (Green und Gold OA) in einer Abbildung (Abbildung 4) ohne dezidierte Unterscheidung berücksichtigt.

Abbildung 4: Angebotsmodelle des Nullpreis-Marktes von Open-Access-Publikationen (Green und Gold OA) aus Perspektive der Leser und Bibliotheken

Bei der Betrachtung der schematischen Struktur fällt auf, dass es bei der Beschaffung von OA-Publikationen kein Angebotsmodell gibt, in denen Preis oder Bündelung wesentlich sind (schwach grau im Hintergrund). Der Zugang mittels OA ist per Definition Entgelt möglich, und da kein Geld bezahlt wird, entfällt auch die Begründung für eine Bündelung, welche die verschiedenen preisbedingten Zugangsbeschränkungen strukturiert.

Im Gegensatz zum Zugang bei Subskriptionszeitschriften, ist auch der Faktor Format nicht erheblich, da OA-Publikationen für einen offenen Zugang online über das Internet konzipiert wurden. (Schirmbacher, 2006, S. 228) Das Konzept ist über Print-Formate nicht darstellbar

und damit ist der Zugang zu diesen Veröffentlichungen stets gebunden an ein Endgerät in Form eines Computers, Laptops, Tablets oder Smartphones sowie Zugang zum Internet.

Der Bezugsweg, d. h. die Art wie der Zugang hergestellt wird, unterscheidet sich deutlich von dem der Subskriptionszeitschriften. Während bei kommerziellen Zeitschriftentiteln unter „Be-zugsweg“ hauptsächlich der Verhandlungspartner und der „Ort“ der Lizenzierung verstanden wird, bezeichnet dies hier, da keine Verträge notwendig sind, den „Ort“ an dem OA-Publikationen zugänglich gemacht werden. Die Veröffentlichungen sind entweder über Ver-lagswebseiten und damit vergleichbar zu Subskriptionszeitschriften erreichbar, in (institutio-nellen oder fachlichen) Repositorien oder über andere Webseiten.

Da jeder Bezugsweg von einer anderen kommerziellen oder öffentlichen Institution oder gar Privatpersonen betrieben wird, wäre ein umfassender Vergleich nur mit erheblichem Aufwand möglich. Studien darüber, welcher Bezugsweg häufiger genutzt wird, oder umfassende und vergleichbare Downloadstatistiken wurden daher bislang nicht versucht. (Research Informati-on Network, 2015, S. 9)

Es existieren jedoch Studien, die die Nutzung von Veröffentlichungen, welche OA erschienen sind, indirekt nachweisen. So werden OA zugängliche Veröffentlichungen in den meisten Fäl-len, jedoch nicht immer, häufiger zitiert. (Swan, 2010, S. 17) Wenn sie zitiert werden, wurden sie folglich auch gelesen und ggf. von mehr Personen als zugangsbeschränkte Artikel. Davis analysierte im Jahr 2011 die Downloads von 3245 Artikeln in 36 Zeitschriftentiteln, haupt-sächlich aus dem Fachbereich Psychologie, von sieben verschiedenen Verlegern. Die Zeit-schriftenartikel wurden dabei zufällig und zu verschiedenen Zeitpunkten frei zugänglich ge-macht. Es zeigte sich, dass OA-Artikel, insbesondere in der HTML-Version signifikant häufi-ger und von einer größeren Anzahl an unterschiedlichen Personen heruntergeladen wurden.

(Davis, 2011, S. 2131) Eine Analyse der Nutzungsdaten durch den Verlag “Oxford University Press” aus dem Jahr 2008 zeigte zwar, dass ein Großteil der Downloads durch die Roboter von Suchmaschinen erzeugt wird, die tatsächliche Steigerung der Nutzung jedoch trotzdem noch bei ca. sieben bis acht Prozent liegt. (Bird, 2008, S. 207)

Bei dem Vergleich der Anzahl von Zitaten von OA-Publikationen je nach Bezugsweg, zeigte sich, dass OA-Artikel von Verlagsseiten häufiger zitiert werden als andere OA-Publikationen.

Dies wird mit dem Umstand erklärt, dass diese OA-Zeitschriften meist länger existieren und sich somit bereits etablieren konnten. (Bjork et al., 2012, S. 9)

Auch zur Statistik von Repositorien haben sich zahlreiche Projekte ((Deutsche Initiative für Netzwerkinformationen e.V. ), (Leeuw et al.)) etabliert. Vor allem wird mit dem „PIRUS Code of Practice“, der Standards für Statistiken von Repositorien auf dem gleichen Level bzw. ver-gleichbar zu Statistiken von Subskriptionszeitschriften setzt, (COUNTER, 2014, o. S.), eine standardisierte Grundlage für die umfassende Analyse der Nutzung von Repositorien geschaf-fen. Bislang konnte sich PIRUS jedoch nicht flächendeckend durchsetzen und die Analyse der Nutzung von Repositorien ist daher wenig standardisiert und kann je nach eingesetztem Ver-fahren zu stark unterschiedlichen Ergebnissen führen. (Obrien et al., 2016, 870f)

Für das Repositorium des MIT werden teilweise hohe Downloadzahlen gemessen. (Shearer, 2015, S. 13f) Eine gemeinsame Analyse über sieben bis zehn Monate von sechs institutionel-len Repositorien in Großbritannien erbrachte über eine halbe Million Downloads von mehr als 6.000 verschiedenen Artikeln, die nahezu gleichverteilt zwischen ca. 80 und maximal 86 Downloads pro Artikel aufweisen. (Needham et al., 2012, S. 263)Es wirkt fast so, als hätte keine inhaltliche Auswahl stattgefunden. In Großbritannien ist es den Einrichtungen möglich, die Statistik ihres Repositoriums in einem zentralen Dienst (sog. IRUS-UK) abzurufen. Bei insgesamt 87 Repositorien berichteten die Betreiber von über 40 Millionen Downloads der mehr als 400.000 verschiedenen Publikationen im August 2015 seit Beginn des Projektes mit fünf Repositorien im Jahr 2012. (MacIntyre et al., 2016, S. 104) Aufgrund des ständigen Zu-wachses an Repositorien ist die Aussagekraft dieser Zahl jedoch eingeschränkt.

In einer weltweiten Befragung im Jahr 2011 von 1.685 Wissenschaftlern (zu knapp 60 Prozent aus der Physik) gaben über 80 Prozent an, digitale, meist fachliche Repositorien zu nutzen.

Vor allem die schnelle und leichte Verfügbarkeit von Publikationen ist für die Befragten at-traktiv, eher negativ werden dagegen die Unterschiede in der Qualität der Publikationen wahrgenommen. (Nicholas et al., 2012, S. 201ff) Burns et al. befragten im Jahr 2013 Betrei-ber von institutionellen Repositorien zu einer Vielzahl von Angaben üBetrei-ber ihr Repositorium u.

a. auch der Nutzung. Laut den Daten von 17 Repositorien wurden im Schnitt 1.822.348 PDF-Artikel runtergeladen. Dies waren wesentlich mehr als es Besuche auf den Webseiten (im Schnitt 1.132.796 Besuche von 18 Repositorien) gab. Die Anzahl der Suchen im Repositori-um selber waren verschwindend gering (im Schnitt 83.578 Suchen von 12 Repositorien). Da-her ist anzunehmen, dass für die Nutzer die Oberfläche des Repositoriums selber nur eine untergeordnete Rolle spielt. Wichtiger ist die Erschließung der Inhalte in freien Suchmaschi-nen. (Burns et al., 2013, o. S.)

In einer Vergleichsanalyse von Verlagsangeboten und institutionellen Repositorien im Jahr 2008 wertete Swan nur die Punkte „Accessibility“ (Zugänglichkeit) und „ Cost to user“

(Kos-ten für den Nutzer) bei Repositorien als besser umgesetzt aus Leserperspektive.

In den Bereichen „Registration, Certification, Availability / Dissemination, Navigability, Edi-torial value” wurden sehr große Defizite bei Repositorien, bei “Presentation, Additional func-tionality, Usage feedback, Archiving / Preservation“ immer noch mittleres Verbesserungspo-tential festgestellt. Im Gegensatz dazu schneidet das Angebot der Verlage nur bei den Kosten defizitär ab. (Swan, 2008, S. 17)

Jedoch kann auch die, bei Swan positiv bewertete, Zugänglichkeit mit Schwierigkeiten ver-bunden sein, wie folgendes Beispiel aus der Praxis zeigt: Der oben zitierte Artikel “The Ac-cess/Impact Problem and the Green and Gold Roads to Open Access” von Stevan Harnad aus dem Jahr 2012 ist zunächst in der Subskriptionszeitschrift “Serial Review” des Elsevier-Verlages erschienen und anschließend im Repositorium der University of Southampton „e-Prints Soton“ zweitveröffentlicht worden. Eine Suche des Titels in Google und Google Scholar35 bringt als ersten Treffer den Hinweis zur Verlagsseite. Hier wird der Zugang zum Volltext, bei nicht vorhandener Lizenz, verwehrt. Der Link zur Zweitveröffentlichung er-scheint auch nach der Durchsicht von fünf Trefferseiten nicht. Erst durch den Zusatz „pdf“

wird der Link zum Repositorium angezeigt. Eine aktuelle deutsche Studie kam zu dem Ergeb-nis, dass die Sichtbarkeit der Repositorien in Deutschland u. a. in Google Web und Google Scholar Defizite aufweist und viele freie Publikationen nicht gefunden werden. (Linhart, 2015, S. 11)

Es kann also vermutet werden, dass OA-Publikationen, insbesondere durch Green OA, noch nicht in der Breite und Häufigkeit genutzt werden, wie es möglich wäre, wenn eine bessere Erschließung und auch höhere Sichtbarkeit vorhanden wäre. Die Angebotsmodelle von OA-Publikationen, insbesondere OA-Zeitschriften von Verlagsseiten, scheinen aus Perspektive von Bibliotheken und Lesern scheinen jedoch grundsätzlich angenommen zu werden. Das Vertrauen in die Qualität von freien Publikationen außerhalb des Verlagskontextes scheint noch zu stark eingeschränkt zu sein, um dem Bedarf zu entsprechen.

3.2.3 Angebotsmodelle aus Perspektive von Autoren und Publikationsunterstützern