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4.3 Ergebnisse

4.3.2 Mögliche Einflussfaktoren

4.3.2.2 Kontakt mit Verlagen

Hypothese V wird nicht bestätigt d. h. der Umfang des direkten Kontaktes der Einrichtung mit einem Verlag hat keine Auswirkung darauf, wie häufig die Möglichkeiten eines OA-Zugangs in den Prozessen des Zeitschriftenmanagements berücksichtigt werden.

Im Lizenzmanagement als Teil des Zeitschriftenmanagements kommen Verlage und Bibliotheken bei vielen Prozessen in Kontakt. Dieser Kontakt ist jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt, bei-spielsweise je nachdem wie viele Verträge eine Einrichtung hat oder ob die Verträge direkt oder über einen Zwischenhändler (Zeitschriftenagentur oder Konsortium) verhandelt werden. Mit Hilfe der Befragung sollte geprüft werden, ob das Ausmaß dieses Kontaktes einen Einfluss auf die Berücksichtigung von OA-Publikationen in der Einrichtung hatte. So wäre vorstellbar, dass

141 Nach Pearson (bei Grundannahme, dass Frage 8 intervall skaliert ist) oder auch Kendall-Tau-b (bei Grundan-nahme, dass Frage 8 ordinal skaliert ist).

durch einen intensiveren Kontakt mit Verlagen das Angebot von OA-Zeitschriften oder – Publikationsmöglichkeiten im Zeitschriftenmanagement besser bekannt und daher stärker ge-nutzt würde. Es war auch der gegenteilige Effekt vorstellbar, dass z. B. durch einen häufigen und intensiven Kontakt mit Verlagen die Möglichkeiten alternativer Zugangsmöglichkeiten im Ver-gleich zu Lizenzmodellen nachrangig behandelt würden.

Zu diesem Zweck wurde in drei Fragen zum Subskriptionsverhalten die Intensität des Kontaktes mit den Verlagen ermittelt: Anzahl Einzeltitel vs. Paketlizenzierung (Frage 4), direkter Vertrag vs. Konsortium (Frage 5), Anzahl der Verträge (Frage 7). Im Anschluss wurde geprüft, ob diese mit den Ergebnissen von Frage 13 (Welche Prozesse und Aspekte von Open Access sind Teil des Zeitschriftenmanagements in Ihrer Bibliothek?) und den Ergebnissen zu einer Antwortmöglich-keit von Frage 20142 (Die Zukunft von Open Access (OA) wird zum Teil kontrovers diskutiert.

Welchen Aussagen stimmen Sie zu? „OA wird sich in den kommenden Jahren mit einer eigenen Gebührenstruktur durchsetzen.“) korrelieren.

Für die Erfassung des Subskriptionsverhaltens wurde zunächst die Häufigkeit der Anwendung der derzeit im Lizenzbereich verbreiteten Vertriebsmodelle erhoben (siehe Abbildung 20).

Abbildung 20: Häufigkeit des Subskriptionsmodelles (Frage 4)

142 Frage 20 wird ausführlich in Hypothese VII ausgewertet.

Die Lizenzierung von Einzeltiteln scheint das mit Abstand beliebteste Subskriptionsmodell zu sein. Dieses Ergebnis widerspricht den Angaben der Verlagsvertreter, die besonders das kom-plette Angebot eines Verlages oder aber Pakete nach Fachrichtung, sog. „Big Deals“, als den Hauptvertriebsweg angaben143. Auch frühere Studien aus dem Bibliotheksumfeld brachten hier andere Ergebnisse: In einer Studie der Bibliothekarin Jill Taylor-Roe von der Newcastle Univer-sity aus dem Jahr 2008, gaben 39 Prozent der Befragten an, dass 26 bis 50 Prozent des Budgets in „Big Deals“ gebunden sind, 23 Prozent sogar bis zu 75 Prozent des kommenden Budgets (Taylor-Roe, 2009, S. 116). Dies bestätigt Kittie Henderson vom EBSCO Information Service aus der Perspektive der Verlage (Henderson et al., 2014, S. 54f).

Die Auswertung nach Land bietet eine mögliche Erklärung für die Unterschiede der Gesamtaus-wertung mit der Verlagssicht und den Ergebnissen der US-amerikanischen Studien. Denn in Deutschland wurden Komplettes Angebot des Verlages, Pakete nach Fachrichtung und Sonstige Pakete d. h. der „Big Deal“ sehr signifikant seltener genutzt144. Die geringe Nutzung von Paket-angeboten der Verlage war eine eher deutsche Vorgehensweise, die möglicherweise mit der ver-stärkten Lizenzierung von Printformaten in Zusammenhang steht. Dies beeinflusste ggf. das Ge-samtergebnis.

Es wurden weiterhin zahlreiche Signifikanzen mit den Variablen Bibliothekstyp und Position ermittelt. Von Leitern einer Einrichtung wurden alle Paketangebote signifikant seltener angege-ben als von Fachreferenten und / oder Abteilungsleitern.145 In hoher Leitungsposition mit gerin-gem Kontakt zu operationalen Prozessen schien das bereitgestellte Angebot häufiger als indivi-duell konzipiert wahrgenommen zu werden. Pakete wurden auch von Bibliotheken von For-schungseinrichtung seltener genutzt. Möglicherweise sind Pakete nicht geeignet den teilweise hochspezialisierten Informationsbedarf von Forschern zu bedienen. Die besonderen Herausforde-rungen des Literaturangebots in Universitäten im Spannungsfeld zwischen Forschern und Studie-renden vieler unterschiedlicher Fachrichtungen fand sich im Antwortverhalten wieder. So nutzten Universitätsbibliotheken sowohl die Individuelle Titelliste wie auch das Komplette Angebot des

143 Siehe Frage 3 der Verlagsbefragung im Anhang B.

144 Pakete nach Fachrichtung (F(3, 357) = 18,43, p < .01) wurden in Deutschland sehr signifikant seltener als in Nordamerika und Europa (ohne D); Sonstige Pakete (F(3, 357) = 4,01, p < .01) in Deutschland sehr signifikant sel-tener als in Nordamerika; Komplettes Angebot des Verlages (F(3, 357) = 12,20, p < .01) sehr signifikant selsel-tener als in Nordamerika und Europa (ohne D) genutzt.

145 Pakete nach Fachrichtungen (F(5, 352) = 5,03, p < .01) geben Fachreferenten signifikant häufiger als Sachbear-beiter und sehr signifikant häufiger als Leiter einer Bibliothek als das favorisierte Modell an. Sonstige Paketangebo-te (F(5, 352) = 4,80, p < .01) werden von LeiPaketangebo-tern einer Einrichtung sehr signifikant selPaketangebo-tener als Modell angegeben als von Abteilungsleitern. Das komplette Angebot eines Verlages (F(5, 352) = 6,27, p < .01) wird von Leitern einer Einrichtung sehr signifikant seltener als Modell der Wahl angegeben als von Abteilungsleitern und Fachreferenten.

Verlages signifikant häufiger.146

Die Wahl des Subskriptionsmodells ist abhängig von vielen Rahmenbedingungen. Im Kontext der Hypothese wird die Annahme überprüft, ob bei einer Vielzahl von Einzeltiteln und damit häufigem Kontakt mit Verlagen, eher OA-Aktivitäten realisiert werden oder ggf. auch OA positi-ver bewertet wird. Eine Korrelation zwischen der Häufigkeit der Lizenzierung von Einzeltiteln mit der Anzahl von berücksichtigten OA -Prozessen (siehe Ergebnisse Frage 13, Hypothese I) oder der Zustimmung zur Aussage „OA wird sich in den kommenden Jahren mit eigenen Gebüh-renstrukturen durchsetzen“ (siehe Frage 20, Hypothese VII) konnte nicht gefunden werden. Da aber auch bei einer Vielzahl von Einzeltiteln der Kontakt nicht mit Verlagen erfolgen muss, son-dern z. B. über eine Zeitschriftenagentur erfolgen kann, wird in der folgenden Frage ergänzend erhoben, welcher Vertriebsweg für die Subskription gewählt wurde.

Abbildung 21: Häufigkeit des Vertriebsweges (Frage 5)

146 Individuelle Titelliste (F(4, 357) = 3,44, p < .01) wurde von Universitätsbibliothek signifikant häufiger subskri-biert als Bibliotheken anderer Hochschuleinrichtungen. Pakete nach Fachrichtung (F(4, 357) = 9,60, p < .01) wurde von Bibliotheken von Forschungseinrichtungen sehr signifikant seltener subskribiert als Universitätsbibliotheken.

Sonstige Paketangebote (F(4, 357) = 4,78, p < .01) wurde von Bibliotheken von anderen Hochschuleinrichtungen signifikant häufiger subskribiert als von Bibliotheken von Forschungseinrichtungen. Komplettes Angebot eines Ver-lages (F(4, 357) = 13,99, p < .01) wurde sehr signifikant häufiger von Universitätsbibliotheken als von Bibliotheken von anderen Hochschuleinrichtungen und von Forschungseinrichtungen.

Die Subskription über eine Zeitschriftenagentur war mit Abstand der favorisierte Vertriebsweg (siehe Abbildung 21). Fachliche Konsortien scheinen dagegen kaum verbreitet zu sein. Die Ant-wortalternative Direkt beim Verlag wurde vergleichsweise selten gewählt. Auch hier unterschei-det sich die Wahrnehmung der Teilnehmer aus Bibliotheken deutlich von der Einschätzung der Teilnehmer aus Verlagen147. Diese nahmen die Verhandlung Direkt beim Verlag mit Abstand als häufigsten Vertriebsweg war. Über eine Zeitschriftenagentur befand sich hier dagegen im Mittel-feld der genutzten Möglichkeiten. Die weitere Auswertung zeigt zum wiederholten Male deutli-che Unterschiede in der Vorgehensweise in Deutschland. Zeitschriftenagenturen wurden in Deutschland am seltensten genutzt, fachliche Konsortien häufiger. Regionale Konsortien sind in Nordamerika am häufigsten vertreten. Der Weg über nationale Konsortien wird in Europa (ohne D), vermutlich aufgrund der nationalen Organisation durch JISC in Großbritannien, am häufigs-ten noch vor Deutschland gewählt.148

Während in den vorangegangenen Auswertungen zu Fragen zu OA-Publikationen häufig Unter-schiede zwischen Leitungspositionen und Sachbearbeitern ermittelt wurden, zeigen sich auch bei dieser Frage Unterschiede im Antwortverhalten zwischen Leitung der Einrichtung und Fachrefe-renten: Die Leitung nannte Zeitschriftenagentur und regionales Konsortium seltener, das fachli-che Konsortium häufiger.149 Auch hier könnte der Abstand der Leitung zum operationalen Ge-schäft ursächlich sein. Nur wenige Unterschiede ergab die Überprüfung von Zusammenhängen nach Bibliothekstyp (Regionales Konsortium für Bibliothek einer Forschungseinrichtung selte-ner von Interesse).150

Während das Vertriebsmodell in der vorangegangen Frage Abhängigkeiten zu vielen Rahmenbe-dingungen aufwies, war der Vertriebsweg im Schwerpunkt von länderspezifischen Gegebenhei-ten beeinflusst. Da die bisherigen Ergebnisse zur Berücksichtigung von OA-Publikationen eben-falls einen starken Zusammenhang mit der Variable Land nahe legen, scheint eine Korrelation zwischen der Häufigkeit der Subskription Direkt beim Verlag wahrscheinlich, konnte jedoch nicht ermittelt werden. Auch in diesem Fall kann die Hypothese nicht bestätigt werden.

147 Siehe Frage 4 der Verlagsbefragung im Anhang B.

148 Über eine Zeitschriftenagentur (F(3, 357) = 9,95, p < .01) wurde in Deutschland sehr signifikant weniger als Nordamerika und signifikant weniger als Europa (ohne D) genannt. Fachliches Konsortium (F(3, 357) = 7,46, p <

.01) wurde in Deutschland sehr signifikant häufiger als in Nordamerika und Europa (ohne D) genannt. Regionales Konsortium (F(3, 357) = 24,69, p < .01) wurde in Deutschland sehr signifikant weniger als Nordamerika und sehr signifikant mehr als Europa (ohne D) genannt. Nationales Konsortium (F(3, 357) = 21,01, p < .01) wurde in Nord-amerika sehr signifikant weniger als Deutschland und in Europa (ohne D) am häufigsten genannt.

149 Über eine Zeitschriftagentur (F(5, 352) = 4,07, p < .01) nannte Leitung signifikant weniger als Fachreferent.

Fachliches Konsortium (F(5, 352) = 3,01, p < .05) nannte Leitung signifikant mehr als Fachreferent. Regionales Konsortium (F(5, 352) = 3,57, p < .01) nannte Leitung sehr signifikant weniger als Abteilungsleiter und Fachrefe-renten.

150 Regionales Konsortium (F(4, 357) = 20,14, p < .01) wurde in Bibliothek einer Forschungseinrichtungen sehr signifikant weniger als Universitätsbibliothek und Bibliothek einer anderen Hochschuleinrichtung genannt.

Abbildung 22: Anzahl Subskriptionsverträge von Zeitschriften (Frage 7)

Abschließend wurde die Anzahl der Verträge pro Einrichtung erhoben, um zu prüfen, ob durch einen Kontakt mit vielen verschiedenen Verlagen und Anbietern, OA-Publikationen häufiger im Zeitschriftenmanagement berücksichtigt wurden. Wie in Abbildung 22 zu sehen, gab es nur bei wenigen Einrichtungen eine sehr große Zahl (über 50) von Verträgen. Allerdings konnten 20 Prozent der Befragten die Frage nicht beantworten. Für diese Frage konnten keine signifikanten Unterschiede nach Land, Position oder Bibliothekstyp gefunden werden. Auch wurde keine Kor-relation zwischen der Anzahl der OA-Prozesse bzw. „OA wird sich in den kommenden Jahren mit eigenen Gebührenstrukturen durchsetzen“ und der Anzahl von Verträgen ermittelt.

OA-Prozesse wurden also nicht eher implementiert bzw. ihre Durchsetzung für wahrscheinlich gehalten, wenn durch eine hohe Anzahl von Einzeltiteln und Verträgen oder viele Verhandlungen direkt mit dem Verlag ein häufiger Kontakt der Bibliotheksmitarbeiter mit Verlagen und Anbie-tern vermuteten werden konnte und damit eine häufige Auseinandersetzung mit verschiedenen Zugangs- und Publikationsmöglichkeiten wahrscheinlich wäre.