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Die erste Person Singular: Nichtrealisierung als struktureller Normalfall Was die erste Person Singular anbelangt, hat die quantitative Auswertung der

4.2  Vorfeld-Ellipsen: Empirische Befunde im Korpus

4.2.1.3  Die erste Person Singular: Nichtrealisierung als struktureller Normalfall Was die erste Person Singular anbelangt, hat die quantitative Auswertung der

schweizerdeutschen SMS-Daten ergeben, dass diese öfter (knapp 60 %) in elliptischer als in realisierter Form vorkommt. Die Nichtrealisierung des 1sg-Subjektpronomens im Vorfeld ist damit zum Normalfall und zu der (bzw. einer) unmarkierten Option geworden – diese Erkenntnis wirft folglich die Frage auf, inwiefern die Tilgung der ersten Person im Vorfeld überhaupt noch als ‚Ellipse‘

im Sinne einer syntaktischen Unvollständigkeit zu bezeichnen ist oder ob hier

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nicht vielmehr freie (Valenz-)Realisierungsvarianten oder gar die Entwicklung hin zu einer Pro-Drop-Sprache mit regulärer Nichtrealisierung vorliegen. Ginge man allerdings von letztgenannter Hypothese aus, müsste jede Realisierung des Pronomens mit einer bestimmten Funktion (z. B.: Emphase, vgl. Ágel 2000: 227) einhergehen. Dies ist aber nicht zwangsläufig der Fall, wie die nachfolgenden Beispiele belegen:

(13) Hoi Liebä ich bin um 19.39 z Winti […] (10379)

‚Hoi Lieber ich bin um 19.39 in Winterthur‘

(14) […] Ø bin ca. am 8h20 im büro. bis spöter! :-) (1164)

‚bin ca. um 8h 20 im büro. bis später! :-)‘

(15) Hallo, ich chum uf die halbi 8. (9794)

‚Hallo, ich komme auf halb 8.‘

(16) […] Ø Chum uf 10 vor.chunsch au ohni mi ine. (3396)

‚Komme auf 10 vor kommst auch ohne mich rein‘

(17) Alles gueti zum geburtstag!I wünsch dr en tolle tag! […] (5018)

‚Alles gute zum geburtstag!Ich wünsche dir einen tollen tag!‘

(18) Haaaappppyyyy biiiiirthday!!! Ø wünsch der gaaanz en schöne tag![…] (1968)

‚Happy birthday!!! wünsche dir ganz einen schönen tag!‘

Die Beispiele (13)–(18) enthalten sowohl inhaltlich als auch von der Wortwahl her jeweils sehr ähnliche Nachrichten – einmal mit und einmal ohne Subjekt-pronomen in der Vorfeld-Position. Die Beispiele lassen aufgrund dessen den Eindruck entstehen, dass zwischen den beiden Versionen ‚realisiert‘ und ‚nicht realisiert‘ grundsätzlich frei variiert werden kann, denn es lässt sich – ausser der Subjekt(nicht)realisierung – kein wesentlicher Unterschied zwischen den jewei-ligen Versionen ausmachen; allein, die quantitativen Ergebnisse dokumentieren eine eindeutige Tendenz zur Nichtrealisierung.

In Bezug auf die erste Person Singular gilt gemäss den bisherigen Erkenntnis-sen demnach der Grundsatz, dass Nichtrealisierung im Korpus die unmarkierte Option ist. Auf Basis dieser Erkenntnis ist zu prüfen, ob in der weiteren Folge auch gilt, dass die realisierte Form nur dann gebraucht werden soll, wenn dies absolut notwendig ist – also im Sinne der bei Haegeman (2013: 89) in Anlehnung an Stowell (1997) zitierten Deletion Rule: „Delete any constituent whose meaning is recoverable, either from the context or from the grammar“. Für diese Hypo-these spräche etwa das nachfolgende Beispiel (19):

(19) […] guetnachtkuss? Odr eifach die 2 wörtli… Ø LIEB DI.. […] (3959)

‚gutenachtkuss? Oder einfach die 2 wörtchen… liebe dich..‘

Die normgrammatische Realisierung der für die Liebeskommunikation typischen Routineformel ich liebe dich besteht in der Regel aus einem Subjekt als

Affektträ-ger, dem finiten Prädikat lieben sowie einem direkten Akkusativobjekt als Affekt-rezipienten (vgl. Auer 1988: 13). Der Sender dieser Nachricht interpretiert die Lie-beserklärung allerdings als aus lediglich zwei Worten bestehend – dem Prädikat liebe und dem Akkusativobjekt dich. In meiner Arbeit (vgl. Frick 2014: 39) zur Paar-Liebeskommunikation auf Facebook weise ich darauf hin, dass die Reali-sierung des liebenden Subjekts für das kommunikative Verständnis nicht zwin-gend nötig ist. Der Sender der SMS in Beispiel (19) setzt entsprechend auch auf einer strukturellen Ebene nur zwei syntaktische Stellen für die Liebeserklärung an. Neben diesem Beispiel, das für die oben ausgeführte Pro-Drop-Hypothese ins Feld geführt werden könnte, gibt es jedoch auch zahlreiche andere, die gegen eine solche Interpretation sprechen. Dazu gehören unter anderem die Beispiele (20)–(22):

(20) Hei min Schatz Ø hans es u schöns Weekend gfunde u wünsche dir hüt en schöne Tag und ich freu mich fest uf dich! […] (9996)

‚Hei mein Schatz habe es ein sehr schönes Weekend gefunden und wünsche dir heute einen schönen Tag und ich freue mich fest auf dich!‘

(21) Ø Säg gschwind sälü. Ig han gad chli, fescht a Di dänkt.. U das het eifach gad nacheme sms gschroue! […] (5227)

‚Sage schnell salü. Ich habe gerade bisschen, fest an Dich gedacht.. Und das hat einfach gerade nach einem sms geschrien!‘

(22) Hahahahaha, ia ‚ch ben aifd eh stund z‘früeh ufgstandä.XD ia kunsch au tf dä 09:06 zug,‘ch warta bim bänkli.xD Ld. (1316)

‚Hahahahaha, ja ‚ch bin einfach eine stunde zu früh aufgestanden.XD ja kommst auch auf den 9:06 zug, ‚ch warte beim bänkchen.xD Liebe dich.‘

Im ersten Beispiel liegt zunächst ein unmarkiert nichtrealisiertes Subjektpro-nomen vor, das erst in einem weiteren Äusserungsteil syntaktisch realisiert und damit als Rückwärtsellipse (vgl. Klein 1993: 772 f.)111 verwendet wird. Es stellt sich dabei die Frage, warum das Subjektpronomen zunächst nicht und anschliessend doch realisiert wird, obwohl auch diese quasi nachträgliche Realisierung zur Ver-ständnissicherung nicht notwendig gewesen wäre – zumal die Äusserungsteile durch Konjunktionen miteinander koordiniert sind, wodurch die Rekonstruktion der Identitätsbeziehung erleichtert wird. In Beispiel (20) kann jedenfalls keine Rede davon sein, dass eine Realisierung unbedingt notwendig wäre; vielmehr wirkt die nachträgliche Realisierung überflüssig, beinahe markiert, und sie dient

111 Als wesentliches Merkmal der Rückwärtsellipse nennt Klein (vgl. 1993: 773) den Umstand, dass die ausgelassene Information bei der ‚Lücke‘ noch nicht kontextuell verfügbar sei. Dies trifft auf 1sg-Vorfeldauslassungen nur bedingt zu, da die erste Person aufgrund ihrer diskursiven Prä-senz verfügbar und rekonstruierbar ist.

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auch nicht der Emphase oder der Markierung von Kontrast o. Ä. Der Fall in Bei-spiel (21) scheint zunächst ähnlich zu sein, bei genauerer Betrachtung stellt sich allerdings heraus, dass die erste Äusserung auch eine direktive Lesart enthalten könnte: säg gschwind sälu könnte also entweder als Aufforderung an den/die Empfänger_in oder aber als (metakommunikative) deklarative Aussage des SMS-Senders verstanden werden. Die Ambiguität wird erst durch die nachfolgende Subjektrealisierung, die kataphorisch auf die vorangehende Aussage zurück-wirkt, aufgelöst. Hier macht also die Realisierung des ich-Pronomens nicht nur Sinn, sondern sie ist für die Interpretation der Nachricht unentbehrlich. Beispiel (22) hingegen zeigt eine interessante stilistische Variante: Das Subjektpronomen der 1sg wird hier nicht in seiner üblichen Form, sondern um den Vokal i redu-ziert realisiert, wobei an dessen Stelle ein Apostroph gesetzt wird. Diese Form der ich-Realisierung ist nicht nur aufgrund der generellen Unmarkiertkeit der ellipti-schen Variante ungewöhnlich, sondern auch deshalb, weil ihre Produktion einen erheblich höheren Aufwand mit sich bringt, da auf der mehrfachbelegten SMS-Tastatur die Realisierung von Sonderzeichen besonders umständlich ist. Hier liegt einmal mehr ein Beleg dafür vor, dass eine Ökonomiebegründung allein für die Erklärung sprachlicher Phänomene in SMS ungenügend ist.

Zuletzt ist schliesslich noch die Frage nach dem Einfluss der nachfolgenden Verbart zu klären: Spielt es eine Rolle, welche Verbart nach dem elliptischen bzw.

realisierten Subjektpronomen folgt? Abbildung 11 zeigt, wie bereits erwähnt, bei der ersten Person Singular auf den ersten Blick ein relativ ausgeglichenes Ver-hältnis. Zwar überwiegt bei allen Verbarten der Anteil elliptischer Subjekte, das ist jedoch auch auf die bereits besprochene Tatsache zurückzuführen, dass diese bei der 1sg generell häufiger sind als die realisierten. Bei genauerem Hinsehen jedoch ergibt die Signifikanzberechnung mithilfe des Chi-Quadrat-Tests, dass es durchaus signifikante Unterschiede zwischen den Kategorien der Verbart gibt:

Modalverben verhalten sich nicht signifikant abweichend (p-value = 0.1753), ebenso wenig die Hilfsverben, für die jedoch zu wenig Daten vorliegen, um statis-tisch aussagekräftige Ergebnisse erhalten zu können. Bei den Kopulaverben zeigt sich, dass sie zwar einen (allerdings nur knapp) signifikanten Unterscheid zur allgemeinen Tendenz (p-value = 0.01886), nicht aber zu den Modalverben aufwei-sen (p-value = 0.4352). Das (Nicht)Realisierungsverhalten der 1sg vor reflexiven Verben weicht allerdings signifikant ab (p-value = 4.827e-10). Dieser Umstand ist weiter oben bereits erläutert und erklärt worden. Schliesslich zeigt auch die Kate-gorie der Vollverben ein signifikant abweichendes Verhalten von der allgemeinen (Nicht)Realisierungstendenz (p-value = 0.0004705).

Es ist daher festzuhalten: Während Modal-, Kopula- und Hilfsverben ein ähn-liches Muster hinsichtlich der Realisierung bzw. Auslassung des vorangehenden 1sg-Subjektpronomens zeigen, liegt der Fall bei den reflexiven Verben und

Voll-verben anders. Vor diesen beiden Verbkategorien wird das 1sg-Subjektpronomen offenbar bedeutend häufiger ausgelassen als realisiert. Das mag analog zu den reflexiven Verben auch bei den Vollverben unter anderem damit zu erklären sein, dass gewisse Musterhaftigkeiten auftreten, die sich in Richtung ‚fixed formulae‘, also lexikalisierten Ausdrücken, bewegen. Dazu gehört beispielsweise auch die Routineformel wünsche dir, die bedeutend öfter ohne (128-mal) als mit (47-mal) 1sg-Subjektpronomen vorkommt. Bei wünschen ist also ähnlich wie bei sich freuen die Tendenz zu beobachten, dass sich die subjektlose Variante zur Standardform entwickelt.112

Stellt man für die 1sg besonders häufige Verben (unabhängig von der Katego-rie Verbart) und deren (Nicht)Realisierungshäufigkeiten zusammen, ergibt sich nachfolgendes Bild:

Tabelle 7: Häufige Verben und deren Realisierungsverhalten vor der 1sg

Verb realisiert elliptisch

sein 194 327

haben 202 203

wünschen 47 128

freuen, sich 28 112

müssen 39 96

können 50 64

wollen 10 65

lieben 51 48

kommen 74 36

gehen 62 33

In Tabelle 7 bestätigen sich zum einen die Vorhersagen von Androutsopoulos/

Schmidt (2002) und Zifonun et al. (1997): Neben den beiden häufig gebrauch-ten Verben haben und sein fehlt das 1sg-Subjektpronomen besonders oft vor Modalverben wie müssen und wollen. Bei können hingegen ist der Unterschied

112 Auch diese Feststellung lässt Rückschlüsse auf inhaltliche Prioritäten in den SMS-Botschaf-ten zu: Offenbar sind gute Wünsche etwas, das SMS-Sender_innen mit einer gewissen Regelmäs-sigkeit zum Ausdruck bringen.

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zwischen realisierten und elliptischen Formen relativ gering. Ansonsten sticht der hohe Anteil unrealisierter 1sg-Subjekte bei den Verben wünschen und (sich) freuen besonders heraus. Dass es sich hierbei um gegenwärtig stattfindende Lexi-kalisierungsprozesse handelt, ist weiter oben schon erläutert worden. Interes-sant ist auch das Verhältnis realisierter und elliptischer ich-Pronomen bei den Verben kommen und gehen: Hier überwiegt erstmals der Anteil an realisierten Subjektpronomen und dies ziemlich deutlich mit jeweils knapp der doppelten Anzahl. Bei Bewegungsverben – zumindest bei den genannten – ist demnach die Nichtrealisierung des Ich-Pronomens (noch?) nicht zum Regelfall geworden. Hier zeichnet sich in den Daten eine eindeutige Präferenz zur Realisierung ab. Dies mag auch darauf zurückzuführen sein, dass im Schweizerdeutschen bei gehen und kommen die 1sg-Verbalform und die Imperativform der 2sg synkretistisch sein können: Ich gehe kann als ich gange oder als ich gang realisiert werden, ebenso ich komme als ich chume und ich chum.113 Gang und chum stimmen dabei in manchen Dialektregionen mit den Imperativformen überein. Hier dient also das Setzen des 1sg-Subjektpronomens der Disambiguierung.

Das führt zu einem weiteren Punkt, der für die unproblematische Auslas-sung der ersten Person Singular eine zentrale Rolle spielt und der unter anderem bei Auer (1993: 198) angesprochen wird: „Die Morphologie des Deutschen ist im Singular noch differenziert genug, um auch ohne pronominale Markierung die Person flektivisch ausdrücken zu können.“ Auch die Verbalflexion des Schwei-zerdeutschen ist (im Singular) eindeutig ausgeprägt (vgl. Cooper 1995: 64) und zuordenbar – ausgenommen ist allerdings der eben erwähnte Synkretismus mit den Imperativformen sowie übereinstimmende Formen bei den Modalverben der 1sg und 3sg (vgl. ebd.; vgl. auch Schobinger 2007):

1sg mu(e)s cha(n) söll dörf wil(l) 3sg mu(e)s cha(n) söll dörf wil(l)

Fassen wir an dieser Stelle zusammen: Bei der ersten Person Singular zeichnet sich eine eindeutige Tendenz dahingehend ab, dass die Nichtrealisierung die unmarkierte Variante darstellt. Das heisst mit Bezug auf die 1sg auch, dass hierbei nicht mehr von einer Ellipse im Sinne einer unvollständigen syntaktischen Struk-tur gesprochen werden kann. Angebrachter wäre an dieser Stelle deshalb der Terminus ‚Nichtrealisierung‘ – oder, möchte man einen Schritt weitergehen, der

113 Bei beiden Verben existieren daneben auch zahlreiche weitere Realisierungsformen, unter anderen: gan, goh, gah, ga, gahne, go bzw. kum, chom, chome, chumme usw.

von Ágel (1995) geprägte Begriff der ‚Mikrorealisierung‘114. Letzterer beinhaltet, dass das Subjektpronomen im strukturellen Normalfall nicht auf der sichtbaren Makroebene, sondern analog zu den Pro-Drop-Sprachen im finiten Verb, also auf der Mikroebene, enthalten ist.115 Grundsätzlich und vereinfacht gesagt drücken zwar beide Termini den Sachverhalt aus, dass eine oberflächenstrukturelle Rea-lisierung des 1sg-Subjektpronomens weder strukturell noch kommunikativ erfor-derlich ist. Allerdings kommt im Terminus ‚Mikrorealisierung‘ zusätzlich zum Ausdruck, dass das Subjekt im Finitum realisiert ist, während ‚Nichtrealisierung‘

diesen Aspekt nicht beinhaltet. Letzterer ist aus diesem Grund für die ich-Analyse vorzuziehen (vgl. aber Kapitel 5).

In der weiteren Folge bedeutet dies, dass die 1sg-Vorfeldbesetztung in Bezug auf die Valenzrealisierungsvariante des Subjektpronomens freier Variation unter-liegt, wobei die Variante ohne Subjektpronomen im Kontext der informellen Pri-vatkommunikation in SMS eindeutig die präferierte ist. Dies wird möglicherweise im Laufe der Zeit sogar dazu führen, dass sich die Realisierung des 1sg-Subjekt-pronomens in privat-schriftlichen Kontexten zur markierten Variante entwickelt (vgl. dazu auch die Diskussion von Beispiel (20)) – oder zumindest mit bestimm-ten kommunikativen Funktionen behaftet wird. Diese Hypothese gilt es jedoch in umfangreichen Korpora alltagssprachlicher Schriftlichkeit, die auch andere Kommunikationsformen als SMS beinhalten, noch zu überprüfen.

Tabelle 8: Realisierungsbedingungen für die 1sg im Vorfeld in formellen vs. informellen Kontexten

1sg Formell Informell

Realisierung unmarkiert unmarkiert

(Tendenz zur Markiertheit?) Nichtrealisierung markiert unmarkiert

präferiert

114 Der Begriff geht zurück auf Pasierbsky (1981), der die Termini Makro- und Mikrovalenz ein-geführt hat, sowie auf László (1988), die zur Präzisierung von Pasierbskys Modell zwei Valenzre-alisierungsebenen ansetzt: die Mikroebene der morphologischen Aktanten und die Makroebene der syntaktischen Aktanten. Auf dieser Basis entwickelt Ágel (1995) ein Valenzrealisierungsmo-dell, das verschiedene Muster valenzieller Realisierungen in den Einzelsprachen erfasst.

115 Eine solche Valenzrealisierungsstruktur, in der „[…] im strukturellen Normalfall der Mi-kroebene des Erstaktanten eine 0-MaMi-kroebene […]“ entspricht, nimmt Ágel (1995: 13) für den Imperativ im Deutschen an.

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Die oben abgebildete Kreuztabelle fasst die besprochenen ‚Regeln‘ für die (Nicht) Realisierung des 1sg-Subjektpronomens im Vorfeld zusammen, wobei einerseits formelle und andererseits informelle Texte bzw. kommunikative Gattungen116 berücksichtigt werden. In diesem Zusammenhang weisen Androutopoulos/

Schmidt (vgl. 2002: 53) zu Recht darauf hin, dass SMS keine einheitliche Gattung sind, sondern dass innerhalb der Kommunikationsform unterschiedliche kom-munikative Gattungen realisiert werden können (vgl. dazu auch Dürscheid 2005:

8 f.), die sich nach gewissen Variablen – darunter z. B. die Formalität – unter-scheiden; es gibt also beispielsweise private oder geschäftliche SMS. Dabei zeichnen sich informelle kommunikative Gattungen wie private SMS- oder WhatsApp-Nachrichten durch die gegenseitige Bekanntheit der Kommunikati-onspartner_innen, einen gemeinsam geteilten Orientierungskontext und Dia-logizität aus (vgl. Kapitel 2.1).117 Diese Parameter treffen hingegen auf formelle kommunikative Gattungen, zu denen etwa ein wissenschaftlicher Aufsatz, ein Geschäftsbrief oder eine Online-Reportage zählen, nicht zu.