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Übersicht: Ellipsen im schweizerdeutschen Subkorpus

In diesem Kapitel beschäftige ich mich mit den Auftretenshäufigkeiten der ver-schiedenen Ellipsenkategorien, die im Korpus gemäss den oben aufgeführten Richtlinien annotiert worden sind. Dazu folgt zur Übersicht zunächst ein Schau-bild, das alle Kategorien und Subkategorien mit der Anzahl der dazu im Korpus gefundenen Ellipsen aufführt:

Abbildung 4: Überblick über die Vorkommenshäufigkeiten der einzelnen Ellipsenkategorien In den 3999 untersuchten SMS wurden 2959 Ellipsen in insgesamt 1877 SMS anno-tiert. Rund 46,9 % aller untersuchten SMS enthalten demnach Ellipsen gemäss der zugrunde gelegten Definition und Kategorisierung. Die Zahlen zeigen, dass häufig mehrere Ellipsen in einer Nachricht zu finden sind: Dies ist in über der Hälfte (63,4 %) der 1877 SMS mit Ellipse(n) der Fall.

Die Übersicht in Abbildung 4 lässt dabei eine deutliche Mehrheit auf Seiten der Vorfeld-Ellipsen erkennen: Mit 2645 absoluten Vorkommen übertreffen sie die Kopf-Ellipsen, von denen sich nur 314 im Korpus befinden, um ein Vielfaches.

Die prozentuale Verteilung dieser beiden Hauptellipsenkategorien ist aus dem Diagramm in Abbildung 5 ersichtlich.

Abbildung 5: Prozentuales Verhältnis zwischen Vorfeld- und Kopf-Ellipsen im schweizerdeut-schen Subkorpus

Diese eindeutige Mehrheit zugunsten der Vorfeld-Ellipsen zeigt, dass es sich dabei offenbar um die geläufigere Auslassungsvariante handelt. Weshalb das so ist, darauf komme ich in den Kapiteln 4 und 6 zu sprechen. An dieser Stelle sei aber schon einmal festgehalten, dass Elemente in Initialstellung (bzw. im Vorfeld)  – darunter insbesondere Subjektpronomen  – umstandsloser fehlen können als Elemente, die den Kopf einer Phrase bilden.

Das unten abgebildete Diagramm (vgl. Abbildung 6) illustriert die Mehrheit subjektpronominaler73 Ellipsen im Subkorpus. Mit 78,6 % betreffen mehr als ¾ aller im Korpus annotierten Ellipsen das Subjektpronomen. Aufgrund dieser starken Dominanz wird im folgenden Kapitel 4 deshalb zum einen die Frage auf-zuwerfen sein, welche inner- und aussersprachlichen Faktoren die Auslassung des Subjektpronomens begünstigen und ob sie zum anderen in dialektalen SMS allenfalls sogar schon zum Normalfall geworden ist. Was die weiteren Vorkom-men anbelangt, so folgen den SubjektpronoVorkom-men mit einer VorkomVorkom-mensrate von 6.1 % die Expletiva. Die anderen beiden es-Formen ‚Korrelat-es‘ und

‚Platzhalter-73 Wenn im Folgenden von subjektpronominalen Ellipsen die Sprache ist, dann sind damit aus-schliesslich Ellipsen von Personalpronomen gemeint, nicht aber diejenigen von Expletiva. Diese werden aufgrund ihres besonderen Status gesondert betrachtet.

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es‘ treten mit 1.8 % resp. 0.8 % im Korpus auf. Die verschiedenen es-Kategorien werden in Kapitel 4.2.3 ausführlicher behandelt. Mit 6.3 % sind am dritthäufigs-ten Determinativ-Auslassungen vertredritthäufigs-ten. Weitere 3.7 % der annotierdritthäufigs-ten Ellip-sen betreffen Verschmelzungen von Determinativen und Präpositionen und nur gerade 0.7 % blosse Präpositionen. Auf diese drei Kategorien von Kopf-Ellipsen wird in Kapitel 6 eingegangen. 2 % der annotierten Ellipsen entsprechen der Kategorie (pronominale) Objekte, die zu den Vorfeld-Ellipsen gehören und unter 4.2.2 erörtert werden. Mit drei absoluten Vorkommen beläuft sich die Kategorie

‚Bestandteil Pronominaladverb‘ schliesslich auf nur 0,1 %. Diese letzte Kategorie wird aufgrund ihres seltenen Vorkommens in der Arbeit nicht ausführlich behan-delt.

Das folgende Kapitel setzt sich stattdessen mit unterschiedlichen Vorkom-men von Vorfeld-Ellipsen auseinander und bildet aufgrund deren quantitativer Dominanz den Hauptteil der vorliegenden Arbeit.

Abbildung 6: Prozentuale Verteilung der annotierten Ellipsenkategorien

((Abb. 6 nicht verankert))

Das folgende Kapitel widmet sich vorwiegend einem Phänomen, das je nach the-oretischem Ansatz entweder als ‚Topic-Drop‘ (Klein 1993), als ‚uneigentliche Verb-spitzenstellung‘ (Auer 1993) oder als ‚Vorfeld-Ellipse‘ (Wöllstein 2014) bezeichnet wird. Es geht, mit anderen Worten, im Folgenden um nicht realisierte Elemente im Vorfeld des (schweizer)deutschen V2-Satzes (z. B. Ø bin gleich da). Dabei ist insbesondere die Nichtrealisierung von Subjektpronomen der ersten Person Sin-gular ein Phänomen, das in der einschlägigen Literatur immer wieder als charak-teristisch für SMS-Kommunikation genannt wird: Androutsopoulos/Schmidt (vgl.

2002: 66) zeigen etwa schon in einer der ersten Studien zur SMS-Kommunikation im deutschen Sprachraum, dass der Wegfall von Subjektpronomen im Vorfeld zu den häufigsten Typen syntaktischer Reduktion gehört.74 Diesen Befund bestäti-gen Schlobinski et al. (2001: 21) in einer Pilotstudie: „Die Tatsache, dass das Sub-jektpronomen, insbesondere der 1. Person Singular, am häufigsten getilgt wird, zeigt sich auch in unseren Analysen.“. Neben der Nichtrealisierung von Subjekt-pronomen können im Vorfeld unter bestimmten Umständen auch verschiedene es-Formen oder pronominale Objekte ausgelassen werden (vgl. Duden 2009:

880f). Auch diese Fälle sind im Korpus annotiert worden und finden weiter unten Beachtung.

Dass dieses Phänomen auch in den schweizerdeutschen SMS-Daten häufig auftritt, ist im vorangehenden Kapitel gezeigt worden. Im Folgenden interessiert die Frage, unter welchen Bedingungen ‚Vorfeld-Ellipsen‘ in den schweizerdeut-schen SMS-Daten auftreten. Zur Beantwortung dieser Frage werden in einem ersten Schritt zunächst einige theoretische Perspektiven dargestellt (vgl. 4.1), um anschliessend die annotierten Daten aus dem Korpus auszuwerten. Dabei geht es zuerst um ausgelassene Subjektpronomen (vgl. 4.2.1), die den mit Abstand umfangreichsten Teil der Vorfeld-Auslassungen ausmachen. Nach der Diskus-sion der im Korpus erhobenen Zahlen und einer detaillierten Darstellung der einzelnen grammatischen Personen werden in der weiteren Folge die soziode-mografischen Daten in die Analyse miteinbezogen (vgl. 4.2.1.8), um in Erfahrung bringen zu können, ob Faktoren wie Geschlecht, Alter oder Muttersprache einen Einfluss auf die Subjekt(nicht)realisierung haben. In einem nächsten Schritt nehme ich den Wegfall pronominaler Objekte in den Blick (vgl. 4.2.2), bevor ich im Anschluss daran auf die Auslassung verschiedener es-Formen im Vorfeld

74 Die Studie wurde zwar erst 2002 publiziert, ist aber schon vorher entstanden. Daher ist es möglich, dass Schlobinski et al. sich in ihrer früher veröffentlichten Arbeit darauf beziehen.

DOI 10.1515/9783110517859-004

Theoretische Einbettung der Vorfeld-Ellipsen  67

eingehe (vgl. 4.2.3). Nach der Datenanalyse werden in einem Zwischenfazit die Ergebnisse aus dem Kapitel zusammenfassend dargestellt (vgl. 4.3).