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Exkurs: Einbezug der soziodemografischen Daten126

4.2  Vorfeld-Ellipsen: Empirische Befunde im Korpus

4.2.1.8  Exkurs: Einbezug der soziodemografischen Daten126

Das ‚sms4science‘-Korpus verfügt, wie in Kapitel 3 dargelegt, über soziodemogra-fische Daten für ca. ¾ aller Nachrichten, die mithilfe eines Fragebogens erhoben worden sind und Angaben zu Alter, Geschlecht, Muttersprache und Schreib-gewohnheiten der teilnehmenden Personen enthalten.127 Im Subkorpus, das meiner Annotation zugrunde liegt, sind nur Nachrichten enthalten, für die die soziodemografischen Daten zugänglich sind, da ich mir die Möglichkeit zum Ein-bezug der aussersprachlichen Faktoren in die Analyse offenlassen wollte. Zwar bildet ein solches Vorgehen nicht den Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit, doch vermag es in Bezug auf das Phänomen der subjektpronominalen Vorfeld-Ellipsen, zu denen es schon einige Forschungsarbeiten gibt, neue Einsichten zu vermitteln.128

Dazu sind in der vorliegenden Arbeit drei Faktoren129 untersucht worden:

erstens das Geschlecht der Schreiber_innen, zweitens deren Muttersprache und drittens das Alter der User_innen. Aufgrund der durchgeführten Analyse sind Aussagen darüber möglich, ob diese drei Faktoren einen Einfluss auf die (Nicht)Realisierung des Subjektpronomens im Vorfeld schweizerdeutscher SMS haben: Sind es zum Beispiel, wie man vielleicht zunächst annehmen möchte,

126 Ein grosser Dank geht an Simone Ueberwasser für die Hilfe bei der Durchführung der Aus-wertung.

127 Folgende Kategorien wurden im Fragebogen berücksichtigt: Geschlecht, Alter, Mutterspra-che, Bildung, Beruf, Gebrauchsroutinen (SMS, E-Mail, Foren, Chat), Schreib- und Lesegewohn-heiten und Sprachenmischung. Detaillierte Angaben finden bei Ueberwasser (2015).

128 Daher habe ich die soziodemografischen Daten auch nur für die Vorfeld-Ellipsen in die Ana-lyse einbezogen.

129 Die Beschränkung auf diese drei Kategorien ist damit zu begründen, dass es sich dabei um einfach quantifizierbare und tendenziell objektivierbare Angaben handelt. Allerdings ist zu betonen, dass weitergehende Schlüsse den Einbezug weiterer Faktoren erfordert hätten, bspw.

im Hinblick auf die Frage, welchem Kontext (privat oder instutionell) die SMS-Kommunikate entstammen. Der im Rahmen der Schweizer Korpussammlung durchgeführte Fragebogen bot allerdings nicht die Möglichkeit, den Kontext einzelner SMS anzugeben; eine derartige Analyse kann deshalb nicht durchgeführt werden.

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eher jüngere Personen, die das Subjektpronomen auslassen, oder kommt das bei älteren Schreiber_innen genauso häufig vor? Eine andere exemplarische Frage lautet: Lassen nichtmuttersprachliche User_innen das Subjektpronomen eher aus (wenn sie z. B. von einer Pro-Drop-Sprache wie dem Italienischen geprägt sind) oder versuchen sie vielmehr durch (hyper)korrektes Schreiben, ihre Nicht-muttersprachlichkeit zu kompensieren?

Bevor ich auf die Resultate der Untersuchung eingehe, zunächst noch ein Wort zur Vorgehensweise: Ich bin bei der Datenauswertung vom einzelnen Sub-jektpronomen ausgegangen, wobei sich als Grundlage 2058130 realisierte und 2326 elliptische Subjektpronomen gegenüber standen. Ausgehend von den Sub-jektpronomen, die in den eingesandten SMS identifiziert wurden, sind die je dazugehörigen soziodemografischen Parameter der User_innen eruiert worden.

Diese Vorgehensweise ist zwar für die hier interessierenden Fragestellungen sinn-voll, birgt aber die Gefahr, dass einzelne Schreiber_innen, die besonders viele SMS eingeschickt haben, die Auswertung dominieren; dies ist der Art und Weise der Korpuszusammenstellung geschuldet und bedeutet für die hier präsentierten Resultate, dass die Ergebnisse über das Korpus hinaus nicht repräsentativ sind.

Damit komme ich zu den soziodemografischen Faktoren, die einen Einfluss auf die Subjekt(nicht)realisierung haben. Wertet man das Geschlecht131 der User_innen im Hinblick auf realisierte und elliptische Subjektpronomen aus, so ergibt sich das folgende Bild:

130 Die Anzahl der realisierten Subjekte, die in die multifaktorielle Analyse miteinbezogen wur-den, ist um 1 geringer als die Gesamtanzahl realisierter Subjekte, die 2059 beträgt. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Zuordnungen zu den ID-Nummern teilweise automatisch durchgeführt worden sind, wobei es zu der minimalen Diskrepanz gekommen sein muss. Diese geringfügige Abweichung hat aber keinen wesentlichen Einfluss auf die in der multifaktoriellen Analyse fest-gestellten Tendenzen.

131 Ich möchte betonen, dass es sich hierbei um sozialisierte Geschlechterunterschiede han-delt. Labov (2001: 263) geht auf diese Problematik ein und kritisiert, dass Analysen noch immer grösstenteils auf einer dichotomen Unterscheidung in männlich/weiblich beruhen, trotz des Wissens darum, dass die kausalen Faktoren soziale Instanziierungen von Gender-Rollen und nicht des biologischen Geschlechts sind. Er fährt weiter fort: „Unless there is specific infor-mation to the contrary, field workers record gender assignment as a given and obvious social factor, without explicit inquiry into the person’s sexuality, and this assignment is presumed to rest upon the subject’s biological sex.“ (ebd.). Auch im Fragebogen zum Schweizer SMS-Korpus stand nur die dichotome Antwortstruktur feminin/maskulin zur Verfügung, wobei es wenigstens die Möglichkeit gab, die Frage gar nicht zu beantworten. Auch wenn diese von Labov zurecht angesprochene Problematik aufgrund der feststehenden Beschaffenheit der verwendeten Daten im Rahmen dieser Arbeit nicht aufgelöst werden kann, so scheint es mir doch wichtig, dass sie angesprochen wird.

Abbildung 13: Einfluss des Faktors Geschlecht auf die (Nicht)realisierung des Subjektprono-mens im Vorfeld schweizerdeutscher SMS

Wie die Grafik zeigt, lassen weibliche SMS-Schreiberinnen (N = 2574) das Subjekt-pronomen im Vorfeld signifikant häufiger aus als männliche (N= 1834), wie ein Chi-Quadrat-Test ergibt (p-value = 0.0002109). Dieses Ergebnis ist insofern über-raschend, als in verschiedenen Studien zur SMS-Kommunikation, die den Ein-fluss des Geschlechts auf Schreibpraktiken untersuchen,132 festgestellt worden ist, dass weibliche Nutzerinnen syntaktisch komplexere Nachrichten verfassen und Gross- und Kleinschreibung sowie Interpunktion normgerechter verwenden (vgl. z. B. Ling 2005, der die SMS norwegischer Jugendlicher aus dem Jahr 2002 untersucht).133 Bernicot et al. (2012: 1702) befassen sich ebenfalls mit

Unterschie-132 Wieczorek (2014) befasst sich beispielsweise mit der Geschlechtsspezifik von Begrüssungs- und Verabschiedungsformeln in SMS, findet dabei aber keine stereotypen weiblichen oder männlichen Verwendungsformen. Baron/Campbell (2012) untersuchen ihrerseits den Einfluss von Gender auf die Kommunikation per Mobiltelefon in fünf verschiedenen Nationen.

133 Ling (vgl. 2005: 336) betont, dass die SMS-Kultur insgesamt um die Altersgruppe der Ju-gendlichen herum zentriert sei, darunter insbesondere weibliche, die er als deren grossen Motor

F M

Ellipserealisiert

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den in den Schreibpraktiken weiblicher und männliche Nutzer_innen; es handelt sich dabei um französisch sprechende Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren.

Sie stellen dabei fest, dass weibliche SMS-Schreiberinnen in der Tendenz längere Nachrichten produzieren als männliche. Im Hinblick auf diese Beobachtungen erscheint mein Befund in Bezug auf die häufigere Auslassung des Subjektpro-nomens im Vorfeld zunächst in eine andere Richtung zu zeigen; allerdings führt Ling (vgl. ebd.: 336) weiter aus, dass weibliche Schreiberinnen gleichzeitig auch geschickter in Bezug auf die Innovation neuer Formen sind (vgl. ebd.). Da es sich, wie oben gezeigt werden konnte, bei der subjektlosen V2-Konstellation um eine grammatische Variante mit Ausbreitungspotential handelt, ist deren Verwendung im Endeffekt auch Ausdruck einer sprachlichen Innovation – die, mit den Aus-sagen Lings übereinstimmend, von weiblichen User_innen häufiger gebraucht wird als von männlichen.134

Wenden wir uns damit dem zweiten Faktor ‚Muttersprache‘ zu. Zunächst ein Wort zur Zusammenfassung der Sprachen in dieser Kategorie: Muttersprachliche User_innen (D-MS) sind solche, die im Fragebogen eine oder mehrerer Varietäten des Deutschen als Muttersprache angegeben haben (N = 3650). Die Bezeichnung

‚D-Bilinguale‘ bezieht sich auf die SMS all derjenigen Schreiber_innen, die eine oder mehrere Varietäten des Deutschen sowie eine andere Sprache als Mutter-sprache genannt haben (N = 591). Als nicht-muttersprachlich (Nicht-MS) sind schliesslich diejenigen User_innen kategorisiert worden, die nur eine andere Sprache als Deutsch angeführt haben (N = 132). Die Ergebnisse der Analyse dieser Kategorien, bezogen auf realisierte und elliptische Subjektpronomen, sind in Abbildung 14 zu sehen:

bezeichnet. Dazu passt die Beobachtung von Androutsopoulos/Schmidt (vgl. 2004: 68), die dar-auf hinweisen, dass weibliche Nutzerinnen generell häufiger schreiben als männliche (vgl. dazu auch Baron/Campbell 2012: 22).

134 Es muss an dieser Stelle allerdings noch einmal betont werden, dass die erhobenen Daten nur eingeschränkt valide sind, da eine aussagekräftige Beurteilung geschlechtsspezifischer Un-terschiede den Einbezug weiterer sozialer Daten erfordert hätte (z. B. Kommunikationssituation, soziale Rolle, thematische Ausrichtung etc.). Hinzu kommt die weiter oben bereits problemati-sierte Geschlechter-Dichotomie im Fragebogen.

Abbildung 14: Einfluss der Muttersprache auf die (Nicht)Realisierung des Subjektpronomens im Vorfeld schweizerdeutscher SMS

Auch hier liegen gemäss Chi-Quadrat-Test signifikante Ergebnisse vor (p-value

= 6.341e−11). Die Darstellung zeigt einerseits, dass User_innen mit Deutsch als Muttersprache den grössten Gesamtanteil an Subjektpronomen stellen. Dabei gestaltet sich das Verhältnis in Bezug auf die Realisierung als ausgeglichen  – Muttersprachler_innen lassen das Subjektpronomen etwa gleich häufig aus, wie sie es realisieren (genau: 50.79 % elliptisch, 49.21 % realisiert). Bei bilingualen User_innen und den Nicht-Muttersprachler_innen zeigt sich demgegenüber, dass der Anteil elliptischer Subjektpronomen denjenigen der realisierten (anders als bei muttersprachlichen User_innen) deutlich übertrifft. Mit anderen Worten und simplifizierend ausgedrückt: Während Muttersprachler_innen in Bezug auf die Realisierung des Subjektpronomens ein ausgeglichenes Verhältnis aufweisen, lassen bilinguale User_innen und Nicht-Muttersprachler_innen es eher aus.

Aus diesen Ergebnissen ergibt sich die Frage, warum bilinguale und nicht-muttersprachliche Schreiber_innen das Subjektpronomen eher weglassen als muttersprachliche. Eine Ursache dafür liegt möglicherweise in der zweiten bzw.

anderen Muttersprache der Schreibenden begründet: Handelt es sich dabei um eine Pro-Drop-Sprache, so wiese das auf (falsche) Analogieschlüsse hin, denn in diesen Sprachen wird das Subjektpronomen ja regelhaft als Nullsubjekt

(mikro)-Muttersprache

Subjektpronomen D−MS D−Bilinguale Nicht D−MS

Ellipse

Realisiert

Vorfeld-Ellipsen: Empirische Befunde im Korpus  121

realisiert. Exemplarisch ist dieser Frage mithilfe des Italienischen nachgegangen worden. Dabei bestätigt sich die Vermutung, wie Abbildung 15 zeigt:

Abbildung 15: Einfluss der Muttersprache Italienisch auf die (Nicht)Realisierung von Subjekt-pronomen im Vorfeld schweizerdeutscher SMS

Die beiden Abbildungen belegen, dass User_innen mit der angegebenen Mut-tersprache Italienisch  – im Vergleich zu Sprecher_innen anderer Mutterspra-chen135 – das Subjektpronomen proportional betrachtet eher auslassen. In der linken Grafik sind dabei diejenigen Schreiber_innen, die nur Italienisch als Mut-tersprache angegeben hatten (N= 42), mit Sprecher_innen anderer Mutterspra-chen (N = 4331) vergliMutterspra-chen worden. Der durchgeführte Chi-Quadrat-Test deutet auf ein signifikantes Ergebnis hin (p-value = 0.02512). In der rechten Spalte hin-gegen sind User_innen berücksichtigt, die Italienisch und eine andere Sprache als Muttersprache nannten (N = 140), ebenfalls im Vergleich mit Sprecher_innen anderer Muttersprachen (N = 4233). Auch hier zeigt der Test ein signifikantes Ergebnis (p-value = 1.447e-05). Diese Befunde lassen den Schluss zu, dass ein

135 Was die Kategorisierung anbelangt, so ist festzuhalten, dass sich die genaue Aufschlüsse-lung der Kategorie ‚andere‘ Muttersprachen als schwierig gestaltet. Das liegt daran, dass im Rah-men der Fragebogenauswertung eine Gruppe explizit als ‚andere Muttersprachen‘ kategorisiert worden ist. Darunter fallen z. B. Albanisch, aber auch afrikanische Sprachen oder Japanisch;

eine genaue Decodierung ist nicht möglich. Es handelt sich hier aber nur um einen sehr kleinen Prozentsatz, der – sollten hier allenfalls einzelne Pro-Drop-Sprecher_innen darunter sein – nicht stark ins Gewicht fallen dürfte. Neben dieser ‚Restkategorie‘ gehören zu den ‚anderen Mutter-sprachen‘ folgende (nicht Pro-Drop-) Sprachen: Schweizerdeutsch, Französisch, Hochdeutsch und Rätoromanisch.

Muttersprache

Subjektpronomen

Andere Italienisch

EllipseRealisiert

Muttersprache

Subjektpronomen

Andere Italienisch+

EllipseRealisiert

Einfluss der syntaktischen Regularitäten der Muttersprache in Bezug auf die Rea-lisierung des Subjektpronomens im Schweizerdeutschen vorhanden ist. Da also im Italienischen als Pro-Drop-Sprache das Subjektpronomen nur in Ausnahme-fällen als syntaktische Einheit auf der Makroebene realisiert wird, übernehmen Italienisch-Muttersprachler_innen diese Vorgehensweise für das (Schweizer)-Deutsche. Dies trifft zumindest auf die informelle schriftliche Kommunikation in SMS zu, da dort, wie oben gezeigt worden ist, die Aussparung des Subjektprono-mens je nach grammatischer Person ohnehin umstandslos möglich ist.

Einschränkend ist hierzu allerdings festzuhalten, dass die von den Schrei-ber_innen getätigten Angaben zur Muttersprache im Fragebogen zu den sozio-demografischen Daten nicht immer besonders aussagekräftig sind, da keine eindeutige und einheitliche Definition von Muttersprache vorliegt. So kann bei-spielsweise jemand, dessen Vater oder Mutter zuhause Italienisch geredet hat, dies als Muttersprache angeben, obwohl die Sprache nicht schriftlich beherrscht wird; andererseits mögen viele Sprecher_innen des Rätoromanischen Deutsch nicht als Muttersprache angegeben haben, auch wenn sie es seit der ersten Klasse in der Schule gelernt haben.136 Die Ergebnisse sind daher mit der gebotenen Vor-sicht zu betrachten, was die Kategorisierungen betrifft; trotzdem ist, und das soll an dieser Stelle als Zwischenfazit festgehalten werden, erstens eine deutliche Tendenz dahingehend erkennbar, dass User_innen, die sich selbst nicht als mut-tersprachlich oder als bilingual einschätzen, das Subjektpronomen eher ausfal-len lassen. Zweitens haben die Analysen ergeben, dass Italienisch-Muttersprach-ler_innen aufgrund ihrer Prägung durch die Pro-Drop-Sprache eher dazu neigen, das Subjektpronomen im Vorfeld zu tilgen.

136 Für den Hinweis auf diese Problematik danke ich Simone Ueberwasser.

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Abbildung 16: Einfluss des Alters auf den Prozentsatz an elliptischen Subjektpronomen im Vorfeld schweizerdeutscher SMS

Als letzten Einflussfaktor auf die Subjektpronomen-(Nicht)realisierung im Vorfeld wird im Folgenden das Alter der Partizipant_innen untersucht.137 In der Grafik in Abbildung 16 wird in einem ersten Schritt der Prozentsatz an elliptischen Sub-jektpronomen (vertikale Achse) pro Lebensjahr (horizontale Achse) dargestellt.

Die Punkte in der Grafik zeigen also beispielsweise, wie viel Prozent aller Subjekt-pronomen, die von 20-jährigen Teilnehmer_innen stammen, elliptisch sind. Die bogenförmige Linie repräsentiert eine auf dem Mittelwert beruhende Glättung der Ergebnisse. Die relativ starke Steigung am Anfang der Linie und der deutliche Abfall am Ende derselben lassen darauf schliessen, dass jüngere und ältere User_ -innen einen geringeren Prozentsatz an Subjektpronomen elliptisch realisieren.

Um diese Aussage zu überprüfen, ist das Verhältnis zwischen realisierten und elliptischen Subjektpronomen in einem weiteren Schritt anhand von Altersgrup-pen errechnet worden.138 Dabei ergibt sich das folgende Bild:

137 Auch hier ist allerdings anzunehmen, dass weitere Faktoren einen Einfluss haben (z. B.

gruppenspezifische Aspekte), die im Fragebogen nicht erhoben wurden.

138 An dieser Stelle sei angemerkt, dass die Gruppierung der Altersklassen einen Einfluss auf die Resultate hat; je nach gewählter Gruppierung fallen diese teilweise anders aus. Die hier

Abbildung 17: Einfluss von Altersgruppen auf das Verhältnis realisierter vs. elliptischer Subjektpronomen im Vorfeld schweizerdeutscher SMS

Diese Darstellung bestätigt die in der obigen Grafik festgestellte Tendenz: In den Altersgruppen der bis 17-Jährigen (N = 656) und über 50-Jährigen (N = 236) übersteigt die Anzahl realisierter Subjektpronomen diejenige der elliptischen.

Am häufigsten fehlt das Vorfeld-Subjektpronomen hingegen in den SMS von User_innen, die zum Zeitpunkt der Fragebogenerhebung zwischen 25 und 34 Jahre alt waren (N= 1048). Auch in den SMS der Altersgruppe der 18 bis 24-Jäh-rigen (N = 1765) finden sich mehr elliptische als realisierte Subjektpronomen, während sich das (Nicht)realisierungsverhältnis bei der zweitältesten Gruppe, den 35–49-Jährigen (N = 677), ausgeglichen darstellt. Die Überprüfung mithilfe des Chi-Quadrat-Tests offenbart wiederum ein signifikantes Ergebnis (p-value = 1.056e−11).

Die Grafik weist eine U-Form auf, die gemäss Labov (2001: 76) typisch ist für eine stabile (Alters-)Variation. Das heisst:

gewählte Darstellung entspricht derjenigen, die für den Fragebogen des geplanten WhatsApp-Projektes (vgl. Kapitel 7) gewählt worden ist. Sie entstammt dem Faxanmeldungsformular der Volkshochschule Leipzig.

0−17 18−24 25−34 35−49 50−

RealisiertEllipse

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Thus […] the distribution does not indicate language change, which would entail a rise or fall from younger to older chatters, but rather variation that remains stable over time. (Sie-benhaar 2008: 9)

Halten wir fest: Die jüngsten und ältesten Partizipant_innen tendieren – so geht es aus der Analyse hervor – am ehesten dazu, das Subjektpronomen im Vorfeld dialektaler SMS der Norm entsprechend zu realisieren. Dies könnte in Bezug auf die erste Gruppe darauf hindeuten, dass deren Vertreter_innen (noch) stärker unter dem normierenden Einfluss der Schule stehen. Bei den über 50-Jährigen hingegen erklärt sich die häufigere Realisierung damit, dass diese in der dialek-talen Schriftlichkeit aufgrund der früheren medialen Diglossie weniger geübt als die Nutzer_innen der mittleren Altersklassen.

Fasst man diese – über das Korpus hinaus nicht generalisierbaren – Ergeb-nisse zum Einfluss der soziodemografischen Daten auf die (Nicht)realisierung der Subjektpronomen im Vorfeld schweizerdeutscher SMS zusammen, so lässt sich sagen, dass

a) weibliche SMS-Schreiberinnen das Subjektpronomen signifikant häufiger auslassen als männliche,

b) das Verhältnis zwischen realisierten und elliptischen Subjektpronomen in den SMS von Muttersprachler_innen relativ ausgeglichen ist, während Bilin-guale und Nichtmuttersprachler_innen es öfter ausfallen lassen und

c) Subjektpronomen in SMS von Schreiber_innen zwischen 25 und 34 Jahren am häufigsten fehlen, während sie bei den jüngsten und ältesten Teilneh-mer_innengruppen tendenziell realisiert werden.

Nach diesem Exkurs zu möglichen aussersprachlichen Faktoren, die einen Ein-fluss auf die Subjekt(nicht)realisierung haben, gehe ich im Folgenden auf weitere Formen von Auslassungen im Vorfeld ein.