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I. THEORETISCHE BASIS (Kreuzer/Ruppitsch)

2. Pädagogische Konzepte und methodische Ansätze zur Bewältigung der alten und

2.5 Traumasensible Begleitung von UMFs (Ruppitsch)

2.5.3 Resilienz und Selbstwirksamkeit

Menschen können von kritischen Lebenserfahrungen in verschiedenster Art und Weise be-troffen sein und darauf unterschiedlich belastbar reagieren. Brigitte Dorst (2015) spricht da-her von „der spezifischen seelischen Verwundbarkeit eines Menschen, seiner Vulnerabili-tät, und seinen seelischen Widerstandskräften, der Resilienz“ (Dorst 2015, S. 16). Aber nicht nur die Vulnerabilität7 als negativer Indikator soll an dieser Stelle hervorgehoben wer-den, sondern auch Schutzfaktoren (Resilienzkräfte), die belastende Lebenseingriffe abweh-ren, mildern oder gar heilenden Einfluss darauf nehmen. „Als Schutzfaktoren werden dies-bezüglich Prozesse, Eigenschaften und Bedingungen bezeichnet, die die Wucht von Be-lastungen abmildern können und Menschen nach einem Niederschlag in ihr Gleichgewicht zurückbringen“ (Schwerwath/Friedrich 2014, S. 59). Durch diesen imaginären Schutzschild können traumatische Erlebnisse besser bewältigt und ein selbstbestimmtes Leben geführt werden. Dabei gilt es zwischen:

Personalen Schutzfaktoren (Veranlagungen wie u.a. Intelligenz, Temperament-strukturen etc.),

eigentlichen Resilienzfaktoren (die Menschen im Austausch mit ihrer Umwelt sowie durch Bewältigungserfolge erlangen) und zuletzt

7Vulnerabilität und Verwundbarkeit bzw. Verletzlichkeit (in Bezug auf seelische Traumata) werden in diesem Kontext synonym verwendet. Vulnerabilität wird nach Christina Aebischer und Lorenz Indermühle (2015) als

„Zusammenspiel politischer, sozialer, ökonomischer und physischer Faktoren, welche sowohl den Kontext wie auch die Fähigkeiten der Menschen beeinflussen“ (Aebischer/Indermühle 2015, S. 102) verstanden.

umgebungsbezogen Faktoren (welche durch eine sichere soziale aber auch emoti-onale Bindung zu Bezugspersonen, positive Rollenmodelle sowie durch die erfah-rene Hilfeleistung aktiviert werden) zu unterscheiden (vgl. Schwerwath/Friedrich 2014, S. 60).

Um diese Vulnerabilität zu verringern und um Ressourcen sowie die Selbstwirksamkeit zu stärken, bedarf es demnach einer gewissen Widerstandsfähigkeit sowie inneren Stabilisie-rung. Diese Widerstandskräfte können unter dem Begriff »Resilienz« zusammengefasst werden. Resilienz stammt vom lateinischen Wort resilire ab und bedeutet so viel wie zu-rückspringen, abprallen. Wenn die Jugendlichen demnach über resiliente Kräfte verfügen sollten, meint dies, dass sie dadurch leichter schwierige Lebenssituationen, Krisen und Traumata bewerkstelligen können. Krisen, Probleme, belastende Faktoren prallen quasi an ihnen ab und die seelische Gesundheit kann gewahrt werden. Durch die den UMFs zur Verfügung stehenden resilienten Fähigkeiten sowie Schutzfaktoren sind sie befähigt, mit seelischen Belastungssituationen, Schicksalsschläge sowie traumatischen Erlebnissen schneller und effektiver umzugehen bzw. diese bewältigen zu können.

„Resilienz gehört zu unserer seelischen Grundausstattung, die mit ihren jewei-ligen Eigenarten die seelische Stabilität bzw. Verletzlichkeit, die sogenannte Vulnerabilität, mit bestimmt“ (Dorst 2015, S.14).

Resilienz gehört dementsprechend zur menschlichen Grundausstattung, dennoch verfügt jedes Individuum über eine andere Kapazität und Wirkungskraft. Brigitte Dorst (2015) be-schreibt, dass es sich bei Resilienz um »innere Kräfte« handelt, die den Menschen helfen, den Anforderungen des Lebens zu begegnen und mit auftretenden Problemen sowie nega-tiven Lebensereignissen zurechtzukommen (vgl. ebd., S. 13 ff.). UMFs wissen zum Teil nicht um ihre Resilienzkräfte bzw. sind durch die oft unvorhersehbaren Belastungen sowie traumatischen Erfahrungen nicht im Stande, diese zu nutzen. Die Aufgabe der Sozialen Arbeit ist es, die Individuen zu stärken und ihnen bei ihrer Resilienzfindung, -aktivierung zu unterstützen, damit sie trotz widriger Umstände, diverser Belastungsfaktoren und lebens-einschneidender Ereignisse selbstwirksam ihr Leben bewältigen können. Als besonders bedeutsam, um mit belastenden Situationen sowie Lebensereignissen umgehen zu kön-nen, zeigt sich der Resilienzforschung nach (vgl. ebd., S. 19):

 Dass, in unserem Fall für die UMFs, eine Verbundenheit sowie ein tragfähiges so-ziales Netzwerk mit anderen bestehen,

 Hilfe gesucht wird, wenn Hilfe benötigt wird,

 die Jugendlichen über emotionale Ausgeglichenheit und Frustrationstoleranz verfü-gen,

 dass sie über eine positive Einstellung zum Leben und über Werte verfügen bzw.

anderen Menschen wertschätzend begegnen,

 eine gesunde Selbstwahrnehmung haben,

 und dass sie „Vertrauen in die eigene Selbstwirksamkeit, d.h. die Überzeugung zu haben, das eigene Leben selbst beeinflussen zu können [und] die Fähigkeit, an Probleme lösungsorientiert heranzugehen [besitzen]“ (Dorst 2015, S. 19).

Sollten diese aufgezählten Merkmale vorhanden sein, kennzeichnen diese Menschen mit guter Resilienz. Im Fall der UMFs lässt sich erst im Laufe der Aufenthaltszeit in den Unter-bringungseinrichtungen – ähnlich wie bei den Ressourcen – feststellen, über wie viele oder wenige Resilienzkräfte sowie Schutzfaktoren die Jugendlichen verfügen bzw. sie sich durch Hilfeleistung von außen aneignen können. Für die SozialpädagogInnen sowie Sozialarbei-terInnen gilt es, dies in einem gemeinsamen Prozess mit den UMFs herauszufinden, da gewisse Ressourcen sowie eine Widerstandsfähigkeit bedeutsam für ein selbstbestimmtes Leben sind und für ihre Lebensbewältigung benötigen werden. Dabei können sowohl die Resilienz als auch die Vulnerabilität vielschichtig und dynamisch sein und sich kontextab-hängig verändern. Jeder Jugendliche ist individuell, verfügt über unterschiedliche Kompe-tenzen, Fähigkeiten sowie Fertigkeiten und geht mit Problemen anders um. Auch äußerli-che Rahmenbedingungen spielen bei der lebensweltliäußerli-chen Orientierung eine Rolle und be-einflussen die Befähigung sowie Selbstwirksamkeit der UMFs. Wie nachhaltig die Resilienz durch die pädagogisch ausgebildeten Fachkräfte gestärkt werden kann, zeigt sich jedoch erst im Laufe der Arbeit mit den Jugendlichen (vgl.Aebischer/Indermühle 2015, S. 102 ff.).

Eine bedeutende Rolle übernimmt die Auseinandersetzung und vor allem das Erkennen dieser schutzbietenden, stabilisierenden Faktoren in der persönlichen Entwicklung der Ju-gendlichen, sowohl in der neueren Traumapädagogik und ihren Handlungsansätzen, als auch in der Sozialen Arbeit im Allgemeinen (vgl. Schwerwath/Friedrich 2014, S. 60).

Ein positives Selbstbild, das Gefühl zu haben, selbstständig leben zu können und auf eige-nen Beieige-nen zu stehen, sind die Voraussetzungen für ein gelingendes Leben. Jedoch kön-nen traumatisierte Jugendliche oft kein stabiles Selbst entwickeln, deshalb ist es umso wichtiger, dass sie durch die Unterstützung der pädagogisch ausgebildeten Fachkräfte an positiven Selbstwert, Selbstregulation, Selbstverstehen und Selbstwirksamkeit erfahren (vgl. Weiß 2013, S. 120 ff.).

Die Beachtung sowie Beobachtung spezifischer Belastungen der Jugendlichen ist ein Teil des professionellen sozialpädagogischen Umgangs und die Kenntnis darüber erleichtert das pädagogische Handeln. Den UMFs professionelle Hilfe gewährleisten zu können, ist nur dann möglich, wenn die Fachkräfte über bestimmte Grundkompetenzen wie:

Sachkompetenz (Aneignung von spezifischen Fachwissen, breit gefächertes Me-thodenrepertoire),

Selbstreflexion sowie

Selbstfürsorge, als notwendiger Bestandteil beruflicher Identität verfügen (vgl.

Weiß 2013, S. 223 f.).

Wichtig dabei ist, dass jeder pädagogische, therapeutische, sozialpolitische wie sozialpä-dagogische Ansatz Wertschätzung, Respekt sowie Verständnis den betroffenen Personen entgegenbringt und die Bereitschaft, in Kontakt mit den lebensgeschichtlichen belasteten Jugendlichen zu treten, auf ihre Bedürfnisse einzugehen und sie in ihrer Lebenswelt, ihrer Lebensbewältigung sowie Selbstverwirklichung zu unterstützen, vorhanden ist (vgl. ebd., S. 92).