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I. THEORETISCHE BASIS (Kreuzer/Ruppitsch)

1. Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge – Jugendliche alleine auf der Flucht

1.4 Rechtliche Grundlagen

1.4.2 Rechtslage in Österreich

Der Begriff Asyl stammt ursprünglich vom griechischen Wort asylon ab, welcher so viel bedeutet wie unverletzlich. Im Zusammenhang mit dem Asylgesetz versteht sich der Begriff aber auch vor allem als Ort, an dem ein/e Verfolgte/r nicht ergriffen werden darf und an welchem die Verfolgten Schutz finden können (vgl. Rogowicz 2009, S. 27). Heutzutage ist der Begriff Asyl im Zusammenhang mit dem Recht wesentlich konkreter zu sehen und soll in folgendem Zitat beschrieben werden:

„Unter Asylrecht ist die Summe der Rechtsnormen zu verstehen, welche die Schutzgewährung regelt, und nach einem engeren, subjektiven Verständnis auch der Anspruch eines Betroffenen auf Einräumung des Schutzes“ (ebd., S.

27).

Im folgenden Kapitel soll nun basierend auf der österreichischen Asylrechtsgrundlage der lange Weg des Wartens für neu ankommende Personen beschrieben werden und welche

verschiedenen Schritte notwendig sind, um einen positiven oder negativen Asylbescheid zu bekommen.

Der Weg des Wartens – Von der Ankunft bis zum Asylbescheid

Für die meisten AsylwerberInnen, vor allem für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, stellt die Zeit des Wartens während des Asylverfahrens eine besonders große Herausforderung dar. Doch wie gestaltet sich der Ablauf, wenn eine geflüchtete Person neu in Österreich ankommt? Folgend soll der Weg von der Antragstellung bis hin zum Asylbescheid beschrie-ben werden.

Asylantrag / Erstaufnahmestelle

Wenn eine geflüchtete Person nach Österreich einreist, um hier Asyl zu erhalten, so ist es notwendig, persönlich einen Asylantrag in einer Erstaufnahmestelle zu stellen. In den meis-ten Fällen reisen diese Personen unrechtsmäßig nach Österreich ein, da sie in ihrem Land kein Visum für Österreich erhalten können, wenn sie mit der Absicht einen Asylantrag zu stellen, einwandern. Der illegale Weg der Einreise bringt hohe Risiken mit sich und das Geld für die teuren Dienste eines Schleppers muss auch aufgebracht werden, um die be-wachten Außengrenzen zu überwinden. In Österreich ist für die Bearbeitung der Asylan-träge in erster Instanz das Bundesasylamt (BAA) zuständig. Dies ist eine Bundesbehörde, welche dem Bundesministerium für Inneres untergeordnet ist und deren Sitz sich in Wien befindet. Das Bundesamt befindet sich auch in so genannten Außenstellen, welche in Graz, Innsbruck, Eisenstadt, Linz, Salzburg und Traiskirchen positioniert sind. Zum Bundesasyl-amt gehören auch die Erstaufnahmestellen (EASt), in welchen neu ankommende Asylwer-ber anfangs untergebracht werden und in welchen auch das Zulassungsverfahren durch-geführt wird. In Österreich befinden sich diese Erstaufnahmestellen in Traiskirchen (EASt Ost), St. Georgen im Attergau (EASt West) und am Flughafen Schwechat (vgl. Schuma-cher/Peyrl 2006, S. 190 ff.).

Zulassungsverfahren

Durch die persönliche Einbringung des Asylantrages soll erreicht werden, dass alle neu ankommenden Asylwerber freiwillig oder unfreiwillig in eine der Erstaufnahmestellen ge-hen, wo dann ein 20-tägiges Zulassungsverfahren durchgeführt wird. Eine geflüchtete Per-son, welche einen Asylantrag gestellt hat, wird dadurch vorläufig vor einer Abschiebung geschützt. Das heißt, dass er/sie so lange nicht zurückgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben werden darf, bis ein positiver oder negativer Bescheid des Asylverfahrens verkündet wird. Im Zulassungsverfahren wird überprüft, ob die österreichischen Asylbehör-den überhaupt für das Asylverfahren des Antragstellers/der Antragstellerin zuständig ist.

Österreich ist nämlich nicht zuständig, wenn der Asylwerber auch in einem anderen Staat Schutz vor Verfolgung finden kann oder wenn ein anderer Staat zur Prüfung des Asylan-trags aufgrund der Dublin II-Verordnung verpflichtet ist. In solchen Fällen werden die Asyl-gründe nicht überprüft und der Asylantrag wird als unzulässig zurückgewiesen. Um die Zu-ständigkeit des Landes zu ermitteln, werden folgende Kriterien überprüft.

 Wenn es sich um einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling handelt, dann ist jener Staat zuständig, in welchem sich die zugehörige Familie befindet. Dies muss aber ebenfalls im Interesse des Jugendlichen liegen. In vielen Fällen ist es jedoch so, dass die Jugendlichen ohne Begleitung nach Österreich gekom-men sind. Wenn es demnach keine Familienangehörigen gibt, dann ist jener Staat zuständig, in welchem ein Asylantrag von dem Minderjährigen selbst ge-stellt wurde.

 Wenn der Asylwerber Familienangehörige hat, welchen in einem Mitgliedsstaat Asyl gewährt wird oder aber auch noch keine erste Entscheidung über deren Antrag verkündet wurde, dann ist ebenfalls dieser Staat zuständig.

 Wenn ein Asylwerber illegal über die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mit-gliedsstaates gelangt, dann ist dieser Mitgliedsstaat zuständig für den gestellten Asylantrag.

 Wenn keine der zuvor genannten Kriterien für die Zuständigkeit zutreffen, dann ist jener Staat zuständig, in dem der Erstantrag gestellt wurde.

Trifft eines dieser genannten Kriterien zu, so ist der Staat zuständig für das Asylverfahren.

Pro Asylwerber kann nur ein Antrag in einem Mitgliedsstaat gewährt werden. Um sicher zu gehen, dass nur ein Antrag in einem EU-Mitgliedsstaat gestellt wurde, wird das Eurodac-System benutzt. Dabei werden im europäischen Raum durch Scan-Geräte die Fingerab-drücke der AsylwerberInnen gespeichert und abgeglichen. Wenn ein Antrag bereits in ei-nem anderen Staat gestellt wurde, dann wird diese Person dem zuständigen Staat über-stellt. Das Zulassungsverfahren kann also positiv oder negativ entschieden werden. Wenn Österreich für das Asylverfahren zuständig ist, dann erhält der Asylwerber / die Asylwerbe-rin eine sogenannte Aufenthaltsberechtigungskarte (vgl. Schumacher/Peyrl 2006, S. 193 ff.).

Inhaltliches Verfahren

Wurde ein Asylantrag in Österreich gestellt, so wird innerhalb von 48 Stunden, jedoch längstens 72 Stunden, eine erste Befragung durch öffentliche Sicherheitsorgane durchge-führt. Es geht dabei darum, die Identität und die Reiseroute der geflüchteten Person her-auszufinden. Die näheren Umstände und Fluchtgründe sind noch nicht Teil dieses

Ge-sprächs. Diese werden dann in der Einvernahme durch Organe des Bundesasylamts ermit-telt. Jener Beamte, der diese Befragung durchführt, entscheidet schlussendlich über den Asylantrag, da er sich während des Gesprächs einen persönlichen Eindruck machen kann, ob der Asylwerber glaubwürdig ist oder nicht. Der Schilderung der geflüchteten Personen wird ein hoher Stellenwert zugeschrieben, da meistens keine speziellen Beweismittel vor-gelegt werden können. Durch die sprachliche Barriere der Neuankömmlinge kann auf einen Dolmetscher bei einem solchen Gespräch nicht verzichtet werden. Am Anfang der Einver-nahme werden die Asylwerber darauf hingewiesen, die Fragen wahrheitsgemäß zu beant-worten und auch ein Vertreter oder eine Vertrauensperson darf als Begleitperson hinzuge-zogen werden. Das Bundesasylamt hat nach der Durchführung der notwenigen Ermittlun-gen eine positive oder negative Entscheidung zu treffen. Dabei werden inhaltlich drei Fra-gen abgeklärt:

 Wird der Asylwerber/ die Asylwerberin im Sinne der GFK verfolgt und liegen keine Asylausschluss- oder endigungsgründe vor? Ist dies der Fall, dann wird dem Asyl-werber/ der Asylwerberin der Status eines Asylberechtigten zugeschrieben und an-erkannt.

 Wenn der Asylantrag abgelehnt wird, dann stellt sich folgende Frage: Ist eine Ab-schiebung ins Herkunftsland im Sinne des Non-Refoulement Schutzes (auch Grundsatz der Nichtzurückweisung) zulässig oder nicht? Für den Fall, dass eine Abschiebung nicht zulässig ist, ist dem Asylwerber/ der Asylwerberin ein Status als subsidär Schutzberechtigte/r anzurechnen.

 Sollte kein Asylstatus oder kein Status als subsidär Schutzberechtigte/r3 erfolgen, dann wird die Ausweisung der Asylwerberin/des Asylwerbers beschlossen. Sie/Er wird aufgefordert, das Bundesgebiet zu verlassen.

Die Entscheidung über den Asylantrag wird der geflüchteten Person in Bescheidform über-mittelt und in eine Sprache übersetzt, die für sie/ihn verständlich ist (vgl. Schumacher/Peyrl 2006, S. 201 ff.). Für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge gelten nach dem Asylgesetz Sonderbestimmungen. Unter 18-Jährige sind nicht befähigt, selbstständig im Verwaltungs-verfahren zu handeln. Grundsätzlich werden die Minderjährigen von einem gesetzlichen Vertreter vertreten, welcher vom Gesetz als ein solcher bestellt wird. Im Zulassungsverfah-ren ist diese Person ein Rechtsberater, nach der Zulassung des Asylantrags ist es der Ju-gendwohlfahrtsträger des Bundeslandes. Alle UMF haben in der Regel das Recht, einen Asylantrag zu stellen. Über 14-jährige gelten als so genannte mündige Minderjährige und

3 Subsidiärer Schutz wird geflüchteten Menschen zugesprochen, wenn diese laut der Europäischen

Menschen-rechtskonvention Schutz benötigen. Dazu zählen zum Beispiel die Befürchtung, im Heimatland gefoltert oder grausam behandelt zu werden, aber auch, wenn diese Menschen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Todesstrafe ausgesetzt sind (vgl. Fronek 2010, S. 98).

können daher selbst einen Antrag in einem Erstaufnahmezentrum stellen. Für jene, die un-ter 14 Jahre alt sind, wird dies von einem gesetzlichen Vertreun-ter erledigt. Nach der Zulas-sung des Verfahrens werden die UMFs einer bestimmten Betreuungsstelle zugewiesen, in welcher dann der örtlich zuständige Jugendwohlfahrtsträger zuständig ist. Dieser hat die gesetzliche Obsorge für den Jugendlichen zu übernehmen (vgl. Schumacher/Peyrl 2006, S. 214 f.). In der folgenden Grafik soll der Ablauf des Ankommens bis hin zum Asylbescheid nochmals zusammengefasst dargestellt werden: