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II. EMPIRISCHE FORSCHUNG (Kreuzer/Ruppitsch)

7. Auswertung der empirischen Daten und Interpretation (Kreuzer/Ruppitsch)

7.4 Pädagogische Konzepte und methodische Ansätze als Beitrag zur

7.4.5 Gruppenarbeit

Da aus der Literatur hervorgeht, dass die Gruppenarbeit für eine positive Lebensbewälti-gung als sehr unterstützend angesehen wird, haben wir dazu auch die Jugendlichen sowie die Fachkräfte befragt und wollten auch wissen, welche gruppenspezifischen Methoden und Ansätze in den Einrichtungen verwendet werden. Diese Ergebnisse sollen folgend dar-gestellt werden.

Zwei von den drei Unterbringungseinrichtungen setzen das einfache Kochen als gruppen-fördernde Methode ein, wobei eine Fachkraft dies als „kreativ-expressive Methode“ und gleichzeitig auch als „ernährungspädagogische Methode“ bezeichnet. Es geht dabei um eine Kochgruppe, die einmal die Woche zusammen kocht. Die Teilnahme ist freiwillig und alle Tätigkeiten werden von der Gruppe gemeinsam ausgeführt. Dazu zählen gemeinsam ein Rezept suchen, gemeinsam Einkaufen gehen, zusammen Kochen und Essen. Dies ist ein Gruppenprozess, welcher als Gemeinschaftsereignis gesehen werden kann.

In einer weiteren Einrichtung kommt eine ähnliche Methode zum Einsatz, jedoch geht es dabei zweitrangig nicht ums Essen, sondern ums Trinken. Alle 10 Tage findet ein so ge-nanntes „Chai-Treffen“ statt. Chai – auch als Teesorte bekannt – soll als Symbol herange-zogen werden, dass eine Art ‚Teerunde‘ stattfindet. Es geht dabei um die Gruppenarbeit und auch um die Peergroupstärkung. Themen wie zum Beispiel Warten, Heimweh, Familie, Sexualität, uvm. werden dort in einem kleinen, gemütlichen Rahmen besprochen. Diese Gesprächsrunden sollen die Jugendlichen dabei unterstützen, sodass sie merken, sie sind nicht alleine in dieser Situation. Auch die Reaktionen, Erfahrungen, Umgangsweisen der Anderen stärken die Jugendlichen, das eigene Leben besser bewältigen zu können und eventuell durch die anderen UMFs neue Bewältigungsstrategien herauszufinden. Es hilft also nicht nur dabei, individuell mit dem Schicksal besser umgehen zu lernen, sondern för-dert auch den Zusammenhalt der Gruppe, welche als eine gute Stütze gesehen werden

kann. Die Fachkräfte empfinden es dabei als wichtig, jeden einzelnen in der Gruppe wahr-zunehmen und auch einzeln zu sehen. Die individuelle Persönlichkeit in der Gruppe soll erkannt, gefördert und gestärkt werden.

Weitere Ansätze, welche durch die Gruppe etwas bewirken können, sind zum Beispiel Kunst- oder Musik Projekte. Diese gelten als Gemeinschaftsaktionen mit einem gemeinsa-men Ziel. Außerdem bieten sie als praktischen Nebeneffekt auch noch eine gewisse Ent-spannung, welche für die Jugendlichen wichtig ist, um einfach einmal abschalten zu kön-nen. Im Zusammenhang mit Musik und Kunst wird in einer Einrichtung ein tanztherapeuti-sches Projekt angeboten, welches es aber noch nicht so lange gibt. Allerdings wird dieses eher weniger von den Jugendlichen angenommen. Einer der Jugendlichen berichtet, dass er nur bei den Malworkshops/Maleinheiten mitmachen würde, da er ja sonst ohnehin nichts zu tun habe und dass noch immer besser ist als Langeweile. Er erwähnte, dass dies, seiner Meinung nach, eigentlich etwas für Kinder sei.

Sport als eine gruppenpädagogische Methode wird auch häufig eingesetzt. Meistens wird als Freizeitaktivität Fußball gespielt, was aber ebenfalls als gruppenfördernder bzw. ge-meinschaftsfördernder Sport gesehen werden kann. Ein Zusammenhalt der Gruppe wird durch ein gemeinsames Ziel automatisch erzeugt.

In einer Einrichtung werden auch so genannte Jahreszeitenfeste veranstaltet, wo die ge-samte Gruppe österreichische Feste wie Ostern, Weihnachten, usw. zusammen feiert und ihnen somit die Kultur nähergebracht wird. Gerne sind die Jugendlichen auch immer dazu eingeladen, Erfahrungen aus ihrem Leben bzw. Bräuche aus ihrem Heimatland einzubrin-gen und vorzustellen.

Bei einer weiteren Unterbringungseinrichtung besteht eine Kooperation mit den Kinder-freunden, wo sich die UMFs mit anderen Leuten aus Österreich verschiedenster Altersklas-sen einmal wöchentlich treffen, und gemeinsam Aktivitäten durchführen. Kurz vor Weih-nachten gab es das gemeinsame Kekse backen, im Sommer gehen alle zusammen schwimmen, oder es findet einfach ein gemütlicher Spielenachmittag in den Räumlichkeiten der Kinderfreunde statt.

Eine Fachkraft erzählt, dass es einmal im Jahr einen großen Ausflug gibt mit allen Bewoh-nern des Hauses und allen BetreuerInnen zusammen. Die Teilnahme ist allerdings freiwillig, doch meistens fahren so ziemlich alle mit. Als ein „Problem“ bzw. eine Herausforderung sieht es diese befragte Person, dass die große Mehrheit von einer Kultur (Afghanistan) stammt und sich deshalb viele Kleingruppen gebildet haben.

„Das Haus hat einen sehr hohen Anteil an Afghanen und dann ein paar Soma-lier, ein paar Syrer, ein Iraker, ein Koronarer und zwei Nigerianer glaube ich.

Das heißt, wir haben eine große Mehrheit, die einfach schon aufgrund der kul-turellen Ähnlichkeiten und der gemeinsamen Sprache sich besser verstehen, als jetzt zum Beispiel ein Iraker mit einem Somali“ (F4, 38-39).

Es ist deshalb besonders schwierig, passende Gruppenangebote zu finden, welche für 50 Jugendliche passen. Sie sieht es daher als sinnvoll an, auch eher die Kleingruppen teil-weise zu fördern. Die Jugendlichen selbst würden sehr gerne mehrere Ausflüge mit der gesamten Gruppe zusammen machen. Sie empfinden auch, dass die BezugsbetreuerInnen zu wenig mit ihnen gemeinsam außerhalb der Unterbringungseinrichtung machen.

Abschließend lässt sich sagen, dass die Jugendlichen sich viel mehr gruppenpädagogische Angebote wünschen würden. Auch geht nicht hervor, ob gewisse Aktionen von den Jugend-lichen als Gemeinschaftsaktionen wahrgenommen werden, oder einfach nur als ‚das Ko-chen‘ oder ‚das Malen‘. Es ist aber durchaus sinnvoll, Gespräche in Kleingruppen durchzu-führen, da die einzelnen durch die Gruppe etwas für sich persönlich lernen und mitnehmen können. Auch auf die Art und Weise, wie mit den Jugendlichen gruppenpädagogisch gear-beitet werden sollte, äußert eine Fachkraft, dass eine spielerische und niederschwellige Art wesentlich mehr bringen würde.