• Keine Ergebnisse gefunden

Reservoire von PCDD/F, PCB und anderen persistenten Stoffen mit Relevanz für Hochwasserereignisse

Im Dokument 114/2015 (Seite 180-183)

Anzahl der Hühner

6 PCDD/F- und PCB-Belastung von Fischereierzeugnissen

7.2 Reservoire von PCDD/F, PCB und anderen persistenten Stoffen mit Relevanz für Hochwasserereignisse

andere POPs aus Reservoiren und Kläranlagen in Flüssen und Flussauen freigesetzt werden (Oetken et al. 2005, UFZ 2003, UBA 2005, Wölz et al. 2010, Zennegg et al. 2010a,b).

Wegen der Relevanz der Belastung von Überflutungsgebieten durch PCDD/F und PCB und der damit zusammenhängenden Belastung von Nutztieren (Kamphues et al. 2011, Lake et al. 2014, Schulz et al. 2005) besteht hier ein Forschungsbedarf; vor allem im Hinblick darauf, dass bei Extremhochwasser der letzten Jahre auch Flächen betroffen sind, die zuvor nicht überflutet wurden und somit bisher über diesen Pfad noch nicht belastet wurden. Auch können durch solche Extremhochwasser PCDD/F, PCB und andere Schadstoffe aus Reservoiren mobilisiert werden, die bisher nicht durch Hochwasser erreicht wurden. Deshalb wurde Forschungsbedarf zu der Thematik Hochwasser (Klimawandel) und Dioxine/PCB und andere kritische persistente Stoffen formuliert (Anhang 2).

7.2 Reservoire von PCDD/F, PCB und anderen persistenten Stoffen mit Relevanz für Hochwasserereignisse

Relevant für die Abschätzung der Gefahr von Belastungen durch Hochwasserereignisse sind die Reservoire von PCDD/F, PCB und anderen persistenten Stoffen (POPs, PBT- und vPvB-Stoffe) und ihr (Re-)Mobilisierungspotenzial. Eine wichtige Abschätzung ist hier inwieweit belastete Areale oder Reservoire durch Mobilisierung unbelastete oder wenig belastete Areale kontaminieren können (zum Beispiel Deichvorland und Hinterland (Schulze et al. 2014) und die damit verbun-dene Nahrungsmittelproduktion oder Trinkwassergewinnung).

7.2.1 Kontamination von Sedimenten und Überflutungsflächen

PCB und PCDD/F werden aus Flusssedimenten kontinuierlich remobilisiert. Sedimente sind eines der wichtigen Reservoire von PCDD/F, PCB und anderen persistenten Schadstoffen (einschließlich Schwermetalle) (Förstner & Salomons 2010, Nizzetto et al. 2010, Hollert et al.

2009, Swedish EPA 2009, Verta et al. 2009). Diese Remobilisierung wird durch Starkregenfälle und Hochwasser verstärkt, was zum Beispiel an einem starken Anstieg von PCDD/F in

Schwebstoffen in Rhein, Neckar (Wölz et al. 2010) und der Elbe (Oetken et al. 2005) während Starkregenereignissen gezeigt werden konnte. Aber auch durch Baumaßnahmen wie Aus-baggerungen können PCDD/F, PCB und andere Schadstoffe aus Sedimenten remobilisiert werden (Heinisch et al. 2006).

Bei Überschwemmungen werden kontaminierte Sedimente zum Teil aus dem Flussbett in Flussauen geschwemmt und haben so zu Kontaminationen von Überflutungsflächen geführt (Kamphues et al. 2011, Lake et al. 2014, Schulz et al. 2005). Auch im Bereich des Rheins bei Karlsruhe konnte gezeigt werden, dass kontaminierte Schwebstoffe eines Hochwassers in oft überfluteten Bereichen der Rheinauen signifikant höhere PCDD/F- und PCB-Gehalte sowie erhöhte dioxin-ähnliche Aktivität im Bioassay besaßen als in den selten überfluteten Bereichen (Hollert et al. 2001, Schulze et al. 2014, UFZ 2003).

Bei großen Überschwemmungsereignissen wie 2002 und 2013 („Jahrhundertfluten“; (HQ100 und HQextrem), die zu Dammbrüchen führen, können ganze Landstriche neu überschwemmt und dadurch evtl. belastet werden. So waren in den Auenböden sowie in Flusssedimenten im Mulde-Einzugsgebiet und, unterhalb der Muldemündung, auch in den Elbauen erhöhte Schad-stoffgehalte nachzuweisen, wobei hauptsächlich Schwermetalle (Quecksilber, Cadmium und Kupfer) sowie Arsen dominierten131 (UFZ 2003). Von wenigen Ausnahmen (v.a. im Muldegebiet) abgesehen sind die Schadstoffgehalte in Auenböden und Sedimenten (einschließlich Dioxine) nicht höher als vor der Flut (Knoth et al. 2002, 2003, UFZ 2003, UFZ 2003, Stachel et al. 2006).

Ein einzelnes Flutereignis muss hier keinen signifikanten Einfluss auf die Schadstoffbelastung haben, vor allem nicht in Arealen, die schon häufig überflutet wurden und bei denen ein Hochwasserereignis primär zu einer Verfrachtung und ggf. sogar zu einer Reduktion des Schadstoffinventars führen kann. Der schwer messbare Einfluss eines einzelnen Hochwasser-ereignisses auf die Gesamtkontamination darf jedoch keinesfalls darüber hinwegtäuschen, dass Böden und Sedimente belastet sind und Handlungsbedarf besteht (UFZ 2003). Es sollten hier Schadstoffinventare erstellt und ihre Mobilisierung im Hinblick auf Hochwasserereignisse einschließlich dem Einfluss auf die Verfrachtung und Belastung von Arealen untersucht und abgeschätzt werden.

7.2.2 Kontaminationspotenzial durch Deponien

Das Remobilisierungs- und Kontaminationspotenzial von Reservoiren wie Deponien und Alt-lasten werden - neben Sedimenten - als wichtige Problematik im Schnittpunkt von Klimawandel

& Chemikalien gesehen (Weber et al. 2012; Abhilash 2013). Das Risiko der Remobilisierung von PCDD/F, PCB und anderen POPs und anderen persistenten Stoffen aus Deponien und Altlasten wird aktuell vor dem Hintergrund des Klimawandels und erhöhter Starkregenfälle/Überflu-tungen diskutiert und eine Inventarisierung der Reservoire von POPs und PBT-Substanzen gefordert (Weber et al. 2012). Durch den Klimawandel (UBA 2013b) werden „Jahrhundert-fluten“ mit Dammbrüchen in den nächsten Jahrzehnten wahrscheinlich vermehrt auftreten.

Dabei können auch Deponien und Altlasten überschwemmt werden. Die Überschwemmung

131 Zu der Zeit des UFZ-Berichts war die Dioxinproblematik erhöhter Werte in Milch und Rindfleisch nicht bekannt.

einer Deponie kann zu starker Erhöhung von Kontaminationsfrachten führen (Laner et al.

2009)132.

Viele Deponien liegen in der Nähe von Flüssen. Flussnahe Industrien haben bis vor etwa 40 Jahren auch in überflutungsgefährdeten Gebieten deponiert (z.B. in ehemaligen Kiesgruben).

Das einzige Deponieinventar, das in Europa in Bezug auf Überflutungsrisiken bisher erstellt/ver-öffentlicht wurde, ist das für Hausmülldeponien in Österreich (Laner et al. 2009). Hier wurde für etwa 30% der Altdeponien ein Überflutungsrisiko festgestellt. Hohe PCB-Emissionen wurden für eine Schweizer Deponie beobachtet, die zum Teil PCB-Kondensatoren (etwa 20 t PCB) ent-hält und jährlich überflutet wird (Zennegg et al. 2010b). Deponien der chemischen Industrie können mehrere 100.000 t Chemieabfälle enthalten und damit Kontaminationsreservoire darstellen, die die Gesamtinventare der in Sedimenten gespeicherten POPs und anderen Schadstoffe übersteigen. Zum Beispiel enthält die Grube Antonie in Bitterfeld etwa 60.000 t Hexachlorcyclohexan(HCH)-Abfälle aus der Lindan-Produktion133 und 48.000 t Abfälle aus der Dichlordiphenyltrichlorethan(DDT)-Produktion (Wycisk et al. 2013), die als unbeabsichtigte Nebenprodukte auch PCDD/F enthalten (Vijgen et al. 2011). Nach dem Hochwasser 2002 wurden in Fischen der Mulde und Elbe hohe HCH-Kontaminationen (das Mehrfache des Höchstgehalts für beta-HCH) gemessen (UBA 2005, 2006), was zeigt, dass bei diesem Hoch-wasser relevante HCH-Mengen in die Mulde und Elbe verfrachtet wurden. Bei dem HochHoch-wasser 2013 war die Hochwasserlage in Bitterfeld tagelang kritisch. Ein Deichbruch konnte erfolgreich verhindert werden.

7.2.3 Kontaminationspotenzial aus Industriebetrieben und Haushalten

Neben Chemikalien in Reservoiren werden durch Hochwasser auch Chemikalien aus aktueller industrieller Verwendung, aus Haushalten und Fahrzeugen ausgeschwemmt und in die Umwelt verteilt. Etwa 20.000 t PCB wurden in Deutschland in offenen Anwendungen in der Industrie, in öffentlichen Gebäuden und Haushalten eingebracht (Detzel et al. 1998). PCB aus offenen Anwendungen (siehe Anhang 1) werden zum Teil ausgewaschen und in Sedimente verlagert (Jartun 2008). Auch eine Reihe aktuell verwendeter Chemikalien wie Chloranil, Farbpigmen-te134, Chlorparaffine und Pestizide135 enthalten PCDD/F und unbeabsichtigt gebildete PCB (UNEP 2013, Weber 2014). Ein Kontaminationsrisiko geht jedoch vor allem auch von anderen aktuell in Verwendung befindlichen PBT-Stoffen aus, die durch solche Hochwasserereignisse zum Teil in die Umwelt verteilt werden. Nach einem aktuellen Monitoring von etwa 100.000 in Europa verwendeten Chemikalien sind bis zu 1200 Substanzen POPs/PBT-Kandidaten (Sche-ringer et al. 2012; Strempel et al. 2012). Somit gibt es auch (bzw. besonders) heute das noch nicht adäquat abgeschätzte Risiko der Emission von aktuell in Verwendung befindlichen POP/PBT-Chemikalien. Für IVU Betriebe136 werden im Rahmen von Hochwasserrisikomanage-mentplänen gemäß „Richtlinie über die Bewertung und das Management von

132 Laner et al. (2009) nennen hier eine Zunahme der Emission von bis zu sechs Größenordnungen.

133 Bei der Produktion von einer Tonne Lindan (gamma-HCH) werden 6 bis 10 Tonnen alpha- und beta-HCH Isomere gebildet (Vijgen et al. 2010). Diese wurden meist in der Nähe der jeweiligen Produktion deponiert und resultiert heute in der Kontamination von Grundwasser und Oberflächengewässer (Wycisk et al. 2013; Fernández et al.

2013).

134 Die japanische Regierung hat 2013 eine Reihe von Farbpigment-Importen nicht zugelassen, da diese über 50 ppm PCB aufwiesen (Japanese Ministry of Economy, Trade and Industry 2013).

135 Die in Deutschland verwendeten Pestizide werden als gering belastet angesehen.

136 Betriebe, die der Richtlinie über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung (IVU) unterliegen.

risiken“137 die Hochwasserrisiken abgeschätzt und Vorkehrungen getroffen. Dies beinhaltet auch das Management von wassergefährdenden Stoffen in IVU Betrieben. Hierzu werden Hochwassergefahrenkarten und Hochwasserrisikokarten erstellt und die Auswirkungen für die IVU Betriebe für die unterschiedlichen Szenarien (HQ10, HQ100 und HQextrem) abgeschätzt und entsprechende Maßnahmen etabliert. Andere Betriebe und Privathaushalte werden hier nicht berücksichtigt.

Wegen der zukünftigen Relevanz von Hochwasserereignissen wurde Forschungsbedarf zu der Thematik PCDD/F-, PCB- und andere POP/PBT-Stoff-Reservoire und dem Mobilisierungsrisiko durch den Klimawandel formuliert (siehe Anhang 2).

8 Vorkommen und mögliche Relevanz dioxinähnlicher bromierter und

Im Dokument 114/2015 (Seite 180-183)

Outline

ÄHNLICHE DOKUMENTE