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PCB-Quellen und historischer Eintrag in Böden und Umwelt

Im Dokument 114/2015 (Seite 48-51)

Erweiterung des Datenbestandes der POP-Dioxin-Datenbank

Anhang 4: Öffentlicher Amtsleitungsvortrag „PCB- und Dioxin-Belastung der Umwelt und von Lebensmitteln“ vom 22.10.2014 (Umweltbundesamt Dessau)

4 Quellen, Emissionen, Senken und Reservoire von PCDD/F und PCB

4.2 PCB-Quellen und historischer Eintrag in Böden und Umwelt

Datierte Sedimentkernstudien sind die besten Indikatoren, um historische Emissionstrends von PCDD/F, PCB und anderen POPs in die Umwelt zu untersuchen. Studien aus der Schweiz und Schweden zeigen, dass die größten Mengen an PCB in den 1960er bis Anfang der 1980er Jahre in die Umwelt ausgebracht wurden (Kjeller und Rappe 1995, Zennegg et al. 2007) (Abbildung 4-3). Ein vergleichbarer Zeittrend für PCDD/F wurde auch im Bodensee gefunden (Hagenmaier et al. 1986).

Quelle: Zennegg et al. (2007)

Abbildung 4-3: Historischer Eintrag von dl-PCB und PCDD/F (in WHO-TEQ) in Sedimente des Greifensees/Schweiz Auch die einzige deutsche Bodenstudie, die über einen Zeitraum von 42 Jahren die PCB- und Dioxin-Gehalte in einem mit Klärschlamm beaufschlagten Feld untersucht hat, bestätigt diesen Zeitverlauf (Umlauf et al. 2004): In den 1960er und bis Mitte der 1970er Jahre nahm der PCB-TEQ-Gehalt des kontinuierlich mit Klärschlamm beaufschlagten Bodens zu, blieb einige Jahre in etwa konstant und nimmt seit Anfang der 1980er Jahre leicht ab (Abbildung 4-4). Auch in dem nur mit Mineraldünger beaufschlagten Ackerboden nahmen die PCB-TEQ-Werte in den 1960er bis 1980er Jahre bis auf etwa 1,2 ng TEQ/kg zu und blieben in dem untersuchten Ackerboden seither konstant (Abbildung 4-4).

Zeitlicher Verlauf der PCB-Gehalte (TEQ) in einem deutschen Ackerboden, der seit Anfang der 1960er Jahre mit Klärschlamm beaufschlagt wurde (rote Quadrate) im Vergleich zu einem Boden, der über diesen Zeitraum mit Mineraldünger behandelt wurde (blaue Rauten). Quelle: Umlauf et al. (2004)

Abbildung 4-4: Vergleich des zeitlicher Verlaufs der PCB-TEQ-Gehalte in Ackerböden, die mit Klärschlamm bzw.

Mineraldünger behandelt wurden

PCB-Quellen werden sinnvoll anhand des Material- und Stoffflusses (Lebenszyklus) von PCB – Produktion, Verwendung und Entsorgung (einschließlich Recycling und Altlasten) – beschrie-ben (Abbildung 4-2). Aus den PCB-Verwendungen und der Entsorgung können PCB-Quellen identifiziert werden. Im folgenden Abschnitt werden die einzelnen (historischen) PCB-Quellen beschrieben und, wo bekannt, auch Belastungen von Boden und Umwelt genannt.

Der historische PCB-Eintrag hat zu einer Belastung der Böden und Sedimente geführt. Die Belastung der einzelnen Böden und Sedimente hängt vom Gesamteintrag aller PCB-Quellen für den jeweiligen Standort ab. Dabei müssen die historischen Emissionen der Quellen und der Eintrag (z.B. über Deposition) in Böden und Sedimente der Umgebung der jeweiligen Quelle berücksichtigt werden. Welche Bodengehalte dabei als kritisch für die Erzeugung tierischer Lebensmittel anzusehen sind, hängt auch von der Nutztierart und der Haltungsform ab. Eine Priorisierung von PCB-Quellen und kritische Bodengehalte sind in den Kapiteln zu den einzel-nen Nutztieren zu finde (siehe Abschnitte 5.2.7, 5.4.4 und Kapitel 6.3). Der Material- und Stoff-fluss kann auch als Grundlage für eine systematische Untersuchung von Risikorealen, z.B. von Weiden von Rinderherden, dienen.

4.2.1 PCB-Produktionen, PCB verarbeitende Firmen, PCB-Anwender und Recyclingunternehmen 4.2.1.1 PCB-Produktionen

Von ehemaligen PCB-Produktionsstandorten in der USA, der Slowakei oder Italien sind schwere Boden- und Umweltkontaminationen einschließlich Exposition der lokalen Bevölkerung doku-mentiert (USEPA 2008, Turrio-Baldassarri et al. 2009, Kocan et al. 2001). Potenziell betroffene Areale sind die ehemaligen Produktionsgelände, belieferte Deponien sowie Gebiete, die durch

die Ausbreitung über atmosphärische Emission und über Fließgewässer, einschließlich

belasteter Sedimente, kontaminiert wurden. Die Emission aus der ehemaligen PCB-Produktion in der Slowakei führte zu einer messbaren Humanbelastung bis in eine Entfernung von über 30 km (Wimmerova et al. 2014).

In den alten Bundesländern wurden PCB ausschließlich von der Bayer AG hergestellt. Von 1930 bis 1983 wurden auf dem Werksgelände in Leverkusen ca. 159.000 t PCB synthetisiert (De Voogt & Brinkmann 1989; Breivik et al. 2002). Auf dem Areal wurden zum Teil Sanierungen durchgeführt (Knoop 2012). Es gibt keine Dokumentation der Umweltkontamination durch diese Produktion.

Die einzige Produktion in der ehemaligen DDR (Deutsche Solvay Werke, Westeregeln, Kreis Staßfurt) produzierte von 1955 bis 1964 etwa 1000 t PCB (Heinisch et al. 2003). Die Fabrik wurde am 15.01.1961 durch einen Großbrand zerstört. Dabei verbrannten eine nicht mehr zu ermittelnde Menge PCB und etwa 500 t Naphthalin (Heinisch 2012; Berliner Zeitung 1994). Bei unvollständiger Verbrennung oder Pyrolyse von PCB (Brände; Kleinverbrennungsanlagen) entstehen große Mengen von PCDF (Buser et al. 1978; Weber 2007) die zu Umweltkontamina-tionen führen (O’Keefe et al. 1985; Hutzinger et al. 1985). Über die Umweltkontamination durch die historischen Emissionen aus der Produktion in Staßfurt ist nichts dokumentiert.

4.2.1.2 Standorte von ehemals PCB verarbeitenden Firmen

Zu diesen Standorten zählen unter anderem Produktionsstätten von Firmen, die Transforma-toren und KondensaTransforma-toren mit PCB ausgerüstet haben. Weiterhin zählen auch Firmen dazu, die PCB-haltige Fugendichtungen12, Farblacke, Bodenbeschichtungen oder mit PCB behandelte Papiere herstellten (Landesanstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg 1997) sowie große Betriebe der Chemieindustrie (Heinisch et al. 2006b, 2007).

Potenziell betroffene Areale sind auch hier die Produktionsgelände, Deponien und möglicher-weise Sedimente angrenzender Oberflächengewässer.

Ein gut dokumentierter und aktueller Fall sind die Altlasten der FRAKO GmbH in Teningen, Baden-Württemberg. Dieser Fall wurde 1992 als Modellvorhaben in das Altlastenprogramm des Landes Baden-Württemberg zur Erkundung des Schutzgutes Wasser aufgenommen (Landes-anstalt für Umweltschutz Baden-Württemberg 1997). In einer Kiesgrube nahe dem Gewerbe-gebiet „Rohrlache“ in Teningen, in der bis 1958 Kies abgebaut wurde, wurde von 1958 bis 1972 Hausmüll, Industrie- und Gewerbemüll im grundwassergesättigten Bereich eingelagert. In den 1970er Jahren wurden dort auch etwa 320 t stark PCB-haltiger Wickelkondensatoren deponiert.

Nach dem Ende der Einlagerung wurde als einzige Abdichtungsmaßnahme eine bis zu 0,5 Meter mächtige Deckschicht aus Lößlehm aufgetragen. Weitere Sicherungsmaßnahmen, insbe-sondere Abdichtungen gegen das durchströmende Grundwasser, wurden nicht getätigt. Im Rahmen von Routineuntersuchungen des Wasserwirtschaftsamtes Freiburg wurde die Grund-wasserkontamination im direkten Umkreis der Altlast Mitte der 1980er Jahre entdeckt. Von 1986 bis Ende der 1990er Jahre wurde das Gebiet hydrogeologisch intensiv erkundet und saniert. Bei der Sanierung wurde der Deponiekörper mit einer Umschließungswand sowie einer Oberflächenabdichtung eingekapselt.

PCB-kontaminiert ist auch das Produktionsgelände der ehemaligen Kondensatorenfabrik in Teningen. Von dem Areal geht eine PCB-Kontamination des Grundwassers aus, die bis in ein

12 Zum großen Teil wurden Fugendichtungen vor Ort gemischt (Varbelow 2013)

angrenzendes Wohngebiet reicht13. Aktuelle Untersuchungen von Aalen aus dem Vorfluter des Produktionsgeländes (Dammgraben) zeigen Gehalte von bis zu 259 pg PCB-TEQ/g FG (CVUA Freiburg 2013) und damit bis zum 26-Fachen des EU-Höchstgehalts. Dies deutet auf eine Konta-mination des Gewässers bzw. der Sedimente hin. Die Untersuchungen von Eiern aus zwei privaten Hühnerhaltungen in der Nähe des ehemaligen Produktionsgeländes ergaben dl-PCB Gehalte von etwa 25 pg TEQ/g Fett und damit dem 5-fachen des EU-Höchstgehaltes.

Auch das Areal einer ehemaligen Kondensatorfabrik in Ostdeutschland (VEB Isokond) inmitten eines Berliner Wohngebiets ist stark mit PCB kontaminiert. Die Luft in Bodennähe hatte bis 22500 ng PCB/m3 und die PCB-Grundwasserfahne (8000 ng/l) reicht bis außerhalb des Geländes.

Das Areal wird seit 2000 saniert (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt Berlin 2014).

Die Deponie einer Kondensatorfabrik in der Schweiz ist für die PCB-Kontamination des Flusses Saane und der dort lebenden Fauna verantwortlich (Zennegg et al. 2010a,b).

Diese drei Fälle zeigen zum einen die aktuelle Relevanz von PCB-Kontaminationen ehemaliger Anwender. Sie zeigen aber auch, dass zwischen 1985 und 2010 keine systematische Unter-suchung von Nutztieren und der damit verbundene Exposition von direkt betroffenen An-wohnern bzw. Konsumenten erfolgt ist. Im Fall Teningen wurden die Fische im Vorfluter der Kondensatorfabrik von Anglern genutzt. Mit einer Portion Aal (200 g; 259 pg WHO-TEQ FG) schöpft ein Erwachsener (70 kg) den TDI für ein Jahr aus; ein Kind (16 kg) mit einer Portion (100 g) für 2,2 Jahre. Dies zeigt, dass Areale und Deponien ehemaliger PCB- Verwender im Hinblick auf die Lebensmittelsicherheit untersucht werden sollten.

4.2.1.3 PCB-Anwender und Verwendung von PCB-haltigen Geräten

Stahlwerke, Sekundärmetallindustrien und andere Industrien mit hoher historischer PCB-Verwendung

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