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PCDD/F- und PCB-Belastung von Legehennen und Eiern

Im Dokument 114/2015 (Seite 137-142)

d) Weitere PCB-Punktquellen

5.4 PCDD/F- und PCB-Belastung von Legehennen und Eiern

5.4.1 Legehennenhaltung in Deutschland und Legehennenhaltungsformen

Von den in Deutschland verfügbaren 44,5 Millionen Hennenhaltungsplätzen in Betrieben mit mehr als 3.000 Tieren entfielen 2013 26,8 Millionen Plätze (64,0%) auf die Bodenhaltung, 7,0 Millionen Plätze (15,7%) auf die Freilandhaltung und 5,1 Millionen Plätze (11,5%) in Klein-gruppenhaltung in ausgestalteten Käfigen. Weitere 3,7 Millionen Haltungsplätze (8,3%) gab es in ökologischer Erzeugung (Statistisches Bundesamt 2014). In Deutschland betrug in Betrieben mit mindestens 3.000 Hennenhaltungsplätzen am 1. Dezember 2013 die Gesamtzahl an Lege-hennen etwa 38,4 Millionen. Das waren 4,9% mehr als im Dezember 2012. Die Kapazitätsaus-lastung der Betriebe erreichte ca. 86,3%. Besonders hoch war der Anstieg mit 12,3% in der art-gerechten ökologischen Erzeugung. Auch die Haltung von Legehennen in Bodenhaltung (+ 4,0%) und in der Freilandhaltung (+13,2%) nahm zu. Legehennen in ausgestalteten Käfigen gingen hingegen um 42% auf 4,8 Millionen zurück (Statistisches Bundesamt 2014). Mit diesem Bestand wurden 2013 etwa 11 Milliarden Eier produziert.

5.4.2 PCDD/F- und PCB-Kontamination von Eiern in Deutschland

Im Rahmen einer nationalen Statuserhebung zu PCDD/F und PCB wurden auch Eier hinsicht-lich ihrer Gehalte an PCDD/F, dl-PCB und Indikator-PCB untersucht (BMELV 2009). Dabei wurden Eier von insgesamt ca. 200 Betrieben mit möglichst hoher Repräsentativität – Käfig-haltung, BioKäfig-haltung, Freilandhaltung und Bodenhaltung - beprobt. Die Gehalte an dl-PCB in Eiern lagen für alle vier untersuchten Haltungsformen im Median bei etwa 0,1 bis 0,2 ng TEQ/kg Fett und damit um mehr als den Faktor 10 unter dem damaligen Auslösewert von 2,0 ng TEQ/kg Fett96. Auch die PCDD/F-Gehalte in Eiern bewegten sich, mit einem Median im Bereich von 0,1 bis 0,2 ng TEQ/kg Fett, um einen Faktor von mehr als 10 unter dem damaligen Höchstgehalt von 3 ng PCDD/F-TEQ/kg Fett97 (BMELV 2009) und dem heutigen Höchstgehalt von 2,5 ng PCDD/F-TEQ/kg Fett. Die untersuchten Eierproben wiesen einen Median des Sum-mengehaltes der 6 Indikator-PCB-Kongenere zwischen 2 und 3 µg/kg Fett auf. Die Maximal-werte (ohne Ausreißer und ExtremMaximal-werte) wurden bei Bio- und Freilandhaltung gefunden (etwa 7 µg/kg Fett) (BMELV 2009). Diese Werte liegen noch immer um etwa den Faktor 6 unter dem 2012 eingeführten Summenhöchstgehalt der Indikator-PCB von 40 µg/kg Fett. Das CVUA Frei-burg hatte schon 2006 berichtet, dass die Mediane der vermarkteten Eier insgesamt eine ab-nehmende Tendenz aufwiesen und sich unabhängig von der Haltungsform ganz überwiegend auf einem niederen Niveau befanden (Malisch 2006).

2012 wurden durch die Meldepflicht vermehrt Eier aus Freilandhaltung mit einer TEQ-Belas-tung oberhalb des gesetzlichen Höchstgehalts bekannt. Die Anzahl der über den EU-Höchst-gehalten liegenden Fälle sind jedoch nur ein sehr geringer Anteil aller untersuchten alterna-tiven Legehennenhaltungen. In den etwa 5000 untersuchten und von KAT98 zertifizierten Betrieben, die etwa 95% der Eier aus alternativen Haltungen an den Lebensmittelhandel liefern und in denen über KAT jährliche PCDD/F- und PCB-Messungen für diese Betriebe vorgeschrie-ben sind, wurden in 2012 nur in etwa 20 Betrievorgeschrie-ben Eier mit Gehalten über dem

96 seit 1. Januar 2012 liegt der Auslösewert bei 1,75 ng TEQ/kg Fett je für dl-PCB und Dioxine

97 seit 1.Jan 2012: 2,5 ng TEQ/kg Fett

98 Vereins für kontrollierte alternative Tierhaltungsformen e.V.

halt gefunden99. Diese Betriebe wurden gesperrt. Für einige der Betriebe wurde die Quelle gefunden und die Exposition dann auch gestoppt. In anderen Betrieben, in denen die Ursache noch nicht geklärt werden konnte, wurden die Hühner auf eine reine Stallhaltung umgestellt und teilweise laufen weitere Untersuchungen. Da Betriebe zum Teil auf Freilandhaltung wechseln und auch von bestehenden Betrieben neue Freilandflächen erschlossen werden oder Betriebe kurz nach neuer Aufstallung beprobt wurden100, muss auch in Zukunft mit neuen Kontaminationsfällen in schon beprobten Betrieben gerechnet werden.

Die BMELV-Studie hat jedoch auch gezeigt, dass Ausreißer der PCB- und PCDD/F-Gehalte in Eiern aus Freilandhaltung überwiegend aus Betrieben mit kleinen Herden stammen (BMELV 2009). Auch in den Niederlanden wurde bei der Untersuchung von 34 Betrieben mit Lege-hennen in Auslaufhaltung ein signifikanter negativer Zusammenhang zwischen der Anzahl der Hennen und der PCDD/F-Gehalte im Ei gefunden (Kijlstra et al. 2007). Betriebe mit weniger als 1.500 Hennen überschritten häufig (ca. 50%) den EU-Grenzwert für PCDD/F. Dabei lagen die Bodengehalte von dl-PCB und PCDD/F unterhalb von jeweils 5 ng TEQ/kg TM (Kijlstra et al.

2007). Auch die detaillierte Studie mit statistischer Auswertung von 195 Eiproben aus intensiver Auslaufhaltung vom CVUA Freiburg zeigte eine Abhängigkeit der Konzentrationen von PCDD/F und dl-PCB im Ei von der Betriebsgröße (CVUA Freiburg 2006; Abbildung 5-13). Je kleiner die Betriebe waren, desto höher waren im Durchschnitt sowohl die PCDD/F-TEQ- als auch die PCB-TEQ-Gehalte im Ei (Abbildung 5-13). Jedoch hatten in ländlichen Gebieten mit niedriger Hinter-grundbelastung 7 von 9 Kleinstbetrieben auch niedrige PCB-PCDD/F-TEQ Gehalte (CVUA Frei-burg 2006). Nur in 2 Betrieben dieses Sektors fand sich eine Höchstgehaltsüberschreitung. Der Höchstgehalt wurde in diesen beiden Haltungen deutlich überschritten, und zwar um das Drei-fache bzw. SechsDrei-fache. Als Ursache hierfür wurden lokale Verunreinigungen auf dem Gelände dieser Betriebe vermutet (CVUA Freiburg 2006). Dagegen lagen in Untersuchungen von Eiern aus 16 Kleinstbetrieben (weniger als 150 Hennen) im Raum der Industriestadt Kehl die Hälfte der Proben über dem EU-Höchstgehalt von 3 pg PCDD/F-TEQ(1998)/g Fett.

Fazit

In unbelasteten Regionen liegt der größte Anteil der Kleinstbetriebe von Freilandhaltungen unterhalb der EU-Höchstgehalte für PCDD/F, dl-PCB und Indikator-PCB in Eiern. Jedoch liegt in industriell beeinflusstem Gebiet ein großer Teil der Kleinstbetriebe über dem EU-Höchstgehalt.

Zusätzlich können aber auch Eier aus Betrieben in unbelasteten Regionen durch Punktquellen belastet sein und dadurch die EU-Höchstgehalte überschritten werden.

Der regelmäßige Konsum von Eiern von belasteten Haltungen führt zu erhöhten Gehalten im Menschen (Goldman et al. 2000).

Anders als bei Kleinstbetrieben liegen die PCDD/F- und dl-PCB-Konzentrationen von Eiern aus größeren Betrieben mit Freilandhaltung üblicherweise in gleicher Höhe wie die aus Boden- und Käfig-Haltung (CVUA Freiburg 2006). 2005 untersuchte das CVUA Freiburg in einem Sonder-programm die Eier aus der Freilandhaltung der 20 größten Betriebe in Baden-Württemberg auf PCDD/F und dl-PCB, darunter waren acht ökologisch arbeitende Betriebe. Von den 20 Proben lag eine Probe mit 4,0 pg WHO(1998)-TEQ/g Fett über dem damals geltenden

99 Diese Quote ist erfreulich gering, wenn man bedenkt, dass in den Niederlanden bei Untersuchungen 2002 und 2003 etwa 10% der niederländischen Freilandhaltungen über dem Dioxin-Grenzwert von 3 pg TEQ/g Fett lagen (De Vries 2002, Hoogenboom et al. 2006).

100 Nach Neueinstallung, d. h. mit dem neuen Hennenjahrgang dauert es mehrere Wochen bis die Hühner die PCB-Kontamination der Umgebung im Körper angereichert haben und an die Eier weitergeben (Anhang 3).

Höchstgehalt von 3 pg WHO(1998)-PCDD/F-TEQ/g Fett. Bei allen anderen Betrieben erreichte der höchste Gehalt einen Wert von 1,05 pg WHO(1998)-TEQ/g Fett. Die PCDD/F-Gehalte dieser Eier aus Großbetrieben mit Freilandhaltung unterschieden sich also praktisch nicht von den PCDD/F-Gehalten von etwa 225 Proben aus der Käfighaltung, die das CVUA Freiburg in den Jahren 2000 bis 2004 untersucht hatte (CVUA Freiburg 2006). Bei den dl-PCB wurde ein Maximalwert von 1,48 pg WHO(1998)-PCB-TEQ/g Fett erreicht. Die anderen 19 Proben wiesen Gehalte unter 1 pg WHO(1998)-PCB-TEQ/g Fett auf (Bereich 0,11 bis 0,92). Damit lagen auch die Gehalte der dl-PCB im Bereich der üblichen Belastung. Keine der untersuchten Proben überschritt den Summen-Höchstgehalt für PCDD/F und dl-PCB (CVUA Freiburg 2006).

Quelle: CVUA Freiburg (2006)

Abbildung 5-13: TEQ-Belastung (Median) von Eiern aus Auslaufhaltung in Baden-Württemberg differenziert nach Betriebsgröße

5.4.3 Kritische PCDD/F- und PCB-Gehalte in Böden und im Futter für Legehennen 5.4.3.1 Carry-Over und kritische Gesamt-TEQ Aufnahme

Die Carry-Over Raten (COR) von dl-PCB und PCDD/F sind beim Huhn für das Ei relativ hoch: Für die TEQ-relevanten PCB-Kongenere (PCB 126, PCB 156, PCB 118) fanden Hoogenboom et al. in Fütterungsversuchen Carry-Over Raten aus kontaminiertem Boden ins Ei von etwa 50%. Durch-schnittliche Carry-Over Raten für die TEQ-relevanten PCDD/F-Kongenere 2,3,7,8-TCDD (COR 44%), 1,2,3,7,8-PeCDD (COR 43%) und 2,3,4,7,8-PeCDF (COR 41%) aus dem Boden ins Ei waren in diesen Versuchen etwas geringer (Hoogenboom et al. 2006). Die aufgenommenen TEQ-relevan-ten PCDD/F- und dl-PCB-Kongenere werden im Huhn praktisch nicht metabolisiert101, sondern in das körpereigene Gewebe sowie in das Ei transferiert. Jedoch braucht es eine gewisse Zeit (ca. 3 Monate) bis sich bei frisch aufgestallten Hühnern das Gleichgewicht von Umweltexpo-sition, Gehalte im Huhn und Gehalte im Ei eingestellt hat (siehe Fallstudien; Anhang 3).

Bedingt durch die hohen Carry-Over Raten und den Output an Fett über das Ei (etwa 5 g) reicht bei einer Carry-Over Rate von 50% für eine Legehenne schon eine Aufnahme von 50 pg TEQ pro Tag (über Futter und/oder Boden), um den aktuellen EU-Höchstgehalt von 5 pg

101 PCB 52 und PCB 101 werden gut metabolisiert.

PCB-TEQ/g Fett im Ei für die Summe von PCDD/F und PCB zu erreichen bzw. 25 pg PCDD/F-TEQ/Tag um den aktuellen EU-Höchstgehalt von 2,5 pg PCDD/F-TEQ/g Fett im Ei für PCDD/F zu erreichen. Somit führt schon eine Aufnahme geringer Mengen an PCDD/F und dl-PCB durch das Huhn zu Höchstgehaltsüberschreitungen in den Eiern.

5.4.3.2 Kritische PCDD/F- und PCB-Gehalte in Futtermitteln

In Fütterungsexperimenten von Hoogenboom et al. (2006) wurde bei einem PCDD/F-Gehalt im Futter von 0,4 ng TEQ/kg TMder EU-Höchstgehalt für PCDD/F im Ei von 3 ng TEQ/kg Fett über-schritten (Hoogenboom et al. 2006). Die Studie schlussfolgert, dass der EU-Höchstgehalt für PCDD/F in Futtermitteln von 0,75 ng TEQ/kg 88% TM für das Lebensmittel Ei zu hoch ist und dass der Höchstgehalt im Futter um den Faktor 4 abgesenkt werden müsste (Hoogenboom et al.

2006). Bei einem Futtermittelgehalt von 0,2 ng TEQ/kg TM würde schon etwa die Hälfte des EU-Höchstgehaltes im Ei ausgeschöpft werden. Die Belastung des Futters liegen unter 0,1 ng TEQ/kg TM. Der Mediangehalt des PCDD-PCB-TEQ lag in Futtermitteln in der letzten nationalen Statuserhebung bei 0,03 ng TEQ/kg TM (BMELV 2009). Somit trägt das Futter im Median weni-ger als 10% zum kritischen Gesamt-TEQ bei.

5.4.3.3 Kritische PCDD/F- und PCB-Gehalte im Boden für Freilandhaltung

Hühner/Legehennen sind besonders sensible Bioindikatoren für Verunreinigungen von Böden mit PCDD/F und dl-PCB, da sie in Bezug auf ihr Körpergewicht mehr Boden als andere Tiere aufnehmen (CVUA Freiburg 2006). Hühner in Freilandhaltung nehmen bezogen auf den Out-put Fett im Ei eine große Menge Boden auf. Bei der Futteraufnahme, beim Scharren nach Wür-mern und/oder beim absichtlichen Picken nach Steinen/Bodenpartikeln nehmen Legehennen, bezogen auf die Trockenmasse der aufgenommenen Nahrung, etwa 10% (Giese 2012) bis maxi-mal 30% (Jurjanz 2011) Bodenpartikel auf. Bei einer mittleren Futteraufnahme von etwa 120 g pro Tag102 entspricht dies 12 bis 36 g Boden für Hühner in Freilandhaltung. Hühner in Frei-landhaltung nehmen somit, bezogen auf das Fettgewicht des Eis, eine relativ große Menge Boden auf. Bei einer Carry-Over Rate von 40% für die TEQ-relevanten PCDD/F-Kongenere errechnet sich ein kritischer Bodengehalt von 2 bis 5 ng TEQ/kg TM. Die Untersuchung von Kijlstra et al. (2007) zeigte, dass 50% der Hühnerfarmen mit weniger als 1500 Hühnern über dem EU-Höchstgehalt lagen und dabei oft Bodengehalte um 2 bis 4 ng TEQ/kg TM aufwiesen (Kijlstra et al. 2007). Dies bestätigt den hier berechneten kritischen TEQ-Gehalt. Diese Gehalte liegen um das 2- bis 4-fache über den Hintergrundgehalten von PCDD/F in unbelasteten Böden in Deutschland (Bussian et al. 2013; MLR Baden-Württemberg 2006).

Die TEQ-relevanten PCB-Kongenere haben höhere Carry-Over Raten (ca. 50%) als die PCDD/F und haben deshalb ähnliche oder sogar noch niedrigere kritische Gehalte im Boden (ca. 2 ng PCB-TEQ/kg TM). Dies wurde bisher in ersten Datensätzen bestätigt. So hatten auf zwei Höfen in Niedersachsen mit einer Bodenbelastung von 4,80 und 4,85 ng PCB-TEQ/kg TM (und mit ver-nachlässigbaren Gehalten im Futter) die Eier eine zweifache bzw. dreifache Überschreitung des EU-Höchstgehalts von 5 pg TEQ/g Fett (Anhang 3). Dies würde einen kritischen dl-PCB-Bodenge-halt für extensive Hühnerdl-PCB-Bodenge-haltung von ca. 2 ng TEQ/kg TM bestätigen.

Die hier abgeleiteten kritischen PCDD/F- und PCB-Gehalte sollten durch wissenschaftliche Studien für PCDD/F und PCB in unterschiedlichen Böden und von unterschiedlichen Quellen untersucht werden. So können PCDD/F je nach Quelle und Bodenart sehr unterschiedliche

102 http://www.huehner-info.de/infos/futter_bestandteile3.htm

verfügbarkeiten aufweisen. Daraus können evtl. geringere Carry-Over Raten resultieren und damit kritische PCDD/F-Gehalte auch höher liegen.

5.4.3.4 Vergleich der kritischen PCDD/F- und PCB-Gehalte mit bestehenden rechtlichen Regelungen und Bewertungsmaßstäben

Generell werden zur Beurteilung von Schadstoffgehalten in Böden die Vorsorge-, Prüf- und Maßnahmenwerte der Bundes-Bodenschutzverordnung (BBodSchV 1999) herangezogen103 (siehe Abschnitt 5.1.3.1). Für PCDD/F werden in der BBodSchV nur Maßnahmenwerte für den Wirkungspfad Boden-Mensch angegeben. Hier ist für die sensibelste Nutzung (Kinderspiel-plätze) ein Maßnahmewert von 100 ng I-TEQ/kg TM und für Wohngebiete ein Maßnahmewert von 1000 ng I-TEQ/kg TM festgelegt. Die kritischen PCDD/F-Gehalte für Hühnerhaltung liegen somit um ca. das 300-fache unter dem Maßnahmewert in Wohngebieten, in denen zum Teil auch Hühnerhaltung betrieben wird.

Da für die PCDD/F in der BBodSchV nur Maßnahmenwerte für den Wirkungspfad Boden-Mensch angegeben sind, werden als Bewertungshilfe für Gehalte im Boden von Behörden (und anderen) oft die Bodenrichtwerte herangezogen, die 1992 von der Bund/Länder-Arbeitsgemein-schaft DIOXINE für PCDD/F veröffentlicht wurden, welche sich auf Grünland- bzw. Acker- und Gartenbaunutzung beziehen (B/L-AG DIOXINE 1992). Hier wird für Böden mit Gehalten unter-halb 5 ng I-TEQ/kg TM eine uneingeschränkte landwirtschaftliche und gärtnerische Nutzung empfohlen. Erst zwischen 5 - 40 ng I-TEQ/kg TM wird eine Einschränkung der Beweidung bzw.

der Verzicht auf eine Freilandhaltung von Tieren für Selbstversorger empfohlen. Erst ab 40 ng I-TEQ/kg TM soll eine bodengebundene Nutztierhaltung gänzlich unterbleiben.

Für dl-PCB sind in bodenschutzrechtlichen Regelungen derzeit keinerlei Werte enthalten. Im Rahmen der geplanten Novellierung der BBodSchV wird aber für den Wirkungspfad Boden – Pflanze ein gemeinsamer Prüfwert für die Summe PCDD/F + dl-PCB für Grünland vorgeschla-gen. Im aktuellen Entwurf der sogenannten Mantelverordnung beträgt dieser 30 ng WHO1998-TEQ/kg TM (BMU 2012)104. Dieser ist für die Freilandhaltung von Hühnern (ohne Management-maßnahmen) mindestens um den Faktor 10 zu hoch.

5.4.3.5 Gründe für die durchschnittlich erhöhten Gehalte in Kleinstbetrieben

Der wahrscheinlich wichtigste Grund für die erhöhte Belastung von Eiern aus kleinen Hühner-haltungen (< 500 Hennen) ist die lange durchschnittliche Aufenthaltsdauer dieser Hühner im Freien (Kijlstra et al. 2007). Die Auswertung von Literaturstudien zur Freilandhaltung (Kijlstra et al. 2007) zeigt einen deutlichen negativen Zusammenhang zwischen der Anzahl der Hennen und der im Freilauf verbrachten Zeit (Kijlstra et al. 2007; Abbildung 3-14). Die Größe der Gruppe beeinflusst das soziale Verhalten der Hennen. Je größer die Anzahl der Hennen, desto größer ist ihre Neigung, im Stall zu bleiben. In Betrieben mit mehr als 10.000 Hennen ver-brachten die Tiere weniger als 10% der Zeit im Freien, während in kleinen Betrieben (50 bis 500) die Tiere ca. 40% der Zeit im Auslauf verbrachten (Kijlstra et al. 2007).

Hennen in kleinen Haltungen (50 bis 500 Hennen) verbringen somit dass ca. 4 bis 8-fache an Zeit im Auslauf im Vergleich zu großen Haltungen. Bei sehr kleinen Hühnerhaltungen (z.B.

Legehennen, die von Privatpersonen zum Eigenverbrauch gehalten werden) kann diese Zeit über 50% betragen, da viele dieser Hennenhalter den Tieren einen artgerechten zeitlich unbe-grenzten Zugang zum Auslauf gewähren. Dadurch können Hennen in kleinen Haltungen (50

103 Weiterhin können Hintergrundwerte bei der Bewertung von Bodenbelastungen hilfreich sein.

104 Die 30 ng WHO-TEQ/kg TM werden inzwischen vom UBA nicht mehr als geeigneter Prüfwert angesehen.

bis 500 Tiere) und in Kleinstallhaltungen (<50 Tiere) im Vergleich zu Großbetrieben (<10% der Zeit im Freilauf) ein Vielfaches an Boden aufnehmen. Somit können bei gleichen PCB- und PCDD/F-Bodenbelastungen die Eier von Kleinstbetrieben und kleinen Haltungen über den EU-Höchstgehalten liegen, während in Großbetrieben die Belastungen unter den EU-Höchstge-halten liegen.

Die Reduzierung der Aufenthaltsdauer im Auslauf in belasteten Kleinstbetrieben und kleinen Haltungen führte in ersten Studien zu einer signifikanten Reduktion der PCDD/F- und PCB-Gehalte (Kijlstra et al. 2007). Dies zeigt, dass infolge einer kürzeren Zeit im Auslauf weniger PCDD/F und PCB bzw. Boden aufgenommen wird. Eine zeitliche Begrenzung des Auslaufs kann daher als erste Managementmaßnahme in belasteten Betrieben angewandt werden.

Neben der Zeit im Auslauf wird als eine zweite Ursache für eine geringere Aufnahme von Boden in größeren Betrieben die Zugabe von Mineralien und Vitaminen im Futter vermutet (Kijlstra et al. 2007). Dies wurde bisher jedoch nicht experimentell untersucht.

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Quelle: Kijlstra et al. (2007) durch Literaturauswertung

Abbildung 5-14: Freilandhaltung: Abhängigkeit der Aufenthaltsdauer im Freien von der Herdengröße

Ein möglicher dritter Aspekt, der bisher nicht beachtet wurde, ist die potenzielle Entgiftung von Böden durch langjährige Bodenaufnahme durch Hühner im Auslauf. Hier könnte speziell auf Großbetrieben mit einer relativ kleinen durchschnittlichen Auslauffläche über die Jahre hinweg durch den kontinuierlichen Transfer der PCB und PCDD/F vom Boden ins Ei eine Entgiftung des Oberbodens stattfinden. Der Oberboden (obere 5 cm) hat bei einem durch-schnittlichen Auslauf von 4 m2 pro Huhn eine Masse von ca. 300 kg. Somit würde bei hoher Bodenaufnahme (36 g/Tag) der gesamte Boden innerhalb von 23105 Jahren einmal komplett durch die Hühner aufgenommen und entgiftet. Dies kann somit bei großen Haltungen (wenig durchschnittliche Freilauf-/Pickfläche pro Huhn) über die Jahre ein Mechanismus für die Entgiftung für den Boden darstellen. Bei Kleinsthaltungen mit großer durchschnittlicher

105 Da Hühner in den Freilaufflächen bevorzugte Pickareale haben und oft die oberste Bodenschicht (0-2 cm) höher belastet ist, kann die Entgiftung des Bodens hier auch schneller erfolgen bzw. kann auch bei einer kleineren durchschnittlichen Bodenaufnahme in dem selben Zeitraum eine Entgiftung stattfinden.

Im Dokument 114/2015 (Seite 137-142)

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